Dossier Schrecklich nette Investoren
von Steffen Klusmann (Hamburg), Oliver Wihofszki (Stuttgart) und Ute Göggelmann (Frankfurt)
Ein Familienunternehmen aus Stuttgart wird an Finanzinvestoren verkauft - und der Wahnsinn nimmt seinen Lauf. Zwischenzeitlich weiß niemand mehr, wem die Firma eigentlich gehört. Ein Lehrstück über geldgierige Geschäftemacher und einen Kasino-Kapitalismus, der nach ganz eigenen Gesetzen funktioniert.
Irren ist menschlich, manchmal aber sehr gefährlich. Als der Stuttgarter Technologiekonzern MW Zander im Juni 2006 den Besitzer wechselt, feiert der Vorstand dies als "Befreiungsschlag". Der Grund für die Freude ist verständlich: Jahrelang hing der Spezialist für Reinraumtechnik am Tropf der finanzschwachen Mutter Jenoptik. Durch den Verkauf an einen Finanzinvestor glaubt MW Zander, sich endlich "entfesselt von Holdingzwängen" entfalten zu können. Der Konzern, so verkündet die Chefetage übermütig, werde "jetzt beim Wachstum einen Gang höher schalten".
Doch der Traum von der neuen Freiheit gerät zum Albtraum. Was sich seit dem Erwerb durch den Finanzinvestor bei dem Stuttgarter Konzern ereignet hat, gleicht einem Schurkenstück, das Hollywood nicht besser hätte inszenieren können. In den Hauptrollen: ein geldhungriger Emporkömmling, ein aggressiver Hedge-Fonds-Manager, zwei wenig zimperliche österreichische Finanzjongleure und verunsicherte Banker. Auch die Nebenrollen sind hochkarätig besetzt mit Staatsanwälten, Finanzaufsehern und einer betrogenen Ehefrau.
Ein Wirtschaftswesen mit verheerendem Potenzial: die HeuschreckeDie Story kann mit dem Drehbuch jedes Grisham-Thrillers mithalten: Heuschrecke übernimmt Familienunternehmen, überwirft sich mit anderer Heuschrecke, es kommt zum Machtkampf, die Firma wird unter dubiosen Umständen weiterverkauft, die Käufer fühlen sich erpresst, nehmen es aber mit ihren eigenen Pflichten offenbar selbst nicht so genau und verschieben ihre Besitztümer in die abstrusesten Subgesellschaften. Die Hausbank wird nervös und will die Darlehen kündigen. Derweil wächst die Unruhe im Unternehmen.
Öffentlich Stellung nehmen mag keiner der Beteiligten, sie haben Stillschweigen vereinbart. Alle fahren bei diesem Geschäft volles Risiko - nicht nur finanziell. Der Fall MW Zander offenbart die perverse Seite des Kapitalismus. Das System funktioniert wie ein Kasino, nur ist der Einsatz weitaus höher. Und die Regeln macht sich jeder selbst.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Dezember des Jahres 2005. Nach einem verunglückten Börsengang in Singapur gelingt es dem damaligen Jenoptik-Chef Alexander von Witzleben doch noch, die ungeliebte Sparte loszuschlagen. Zwar steuert die Stuttgarter Tochter MW Zander, die komplette Chipfabriken und auch Produktionsstätten für Solaranlagen baut und betreibt, mit 2 Mrd. Euro rund drei Viertel zum Gesamtumsatz des ostdeutschen Vorzeigekonzerns bei. Doch das liquiditätsintensive Geschäft ist zu komplex und vor allem zu riskant für Jenoptik. Die Großaufträge für MW Zander kommen zyklisch, müssen teuer vorfinanziert werden und werfen nur geringe Margen ab.
Ex-Jenoptik-Patriarch Lothar Späth, der das ehemalige Kombinat Carl Zeiss Jena nach der Wende dank üppiger Subventionen und durch wilde Zukäufe zu einem internationalen Hightech-Konzern aufpumpen wollte, muss die Rückabwicklung seiner Vision vom Aufsichtsrat aus mittragen.
Den Zuschlag für MW Zander erhält der Finanzinvestor Springwater Capital aus Genf. Hinter Springwater steht Martin Gruschka, ein Rheinländer, der einst als Investmentbanker in Diensten der Deutschen Bank in London stand und seine ganz eigenen Wertvorstellungen pflegt. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Gründungspartner Gruschka, als er seinen Posten als Aufsichtsratschef beim darniederliegenden deutschen Puppenhersteller Zapf hinwarf - kurz vor der Hauptversammlung
Der Kaufpreis für den Stuttgarter Konzern kommt einem Schnäppchen gleich. Er beläuft sich auf 350 Mio. Euro, abzüglich Finanzschulden und Pensionsverpflichtungen fließen Jenoptik am Ende gerade mal 150 Mio. Euro zu.
Nach dem Kauf baut Gruschka das Unternehmen um. Die Töchter sollen eigenständiger agieren. Die bisherige Managementholding MW Zander Holding AG wird auf die MWZ Beteiligungs GmbH verschmolzen, in der die operativen Einheiten gebündelt werden. Diese GmbH ist wiederum zu 100 Prozent im Besitz einer Gesellschaft nach luxemburgischem Recht, der MW Zander Luxembourg Holding S.A. Daran hält Springwater 73 Prozent, die übrigen 27 Prozent verbleiben bei den Nachfahren der Familie Zander.
Die Finanzinvestoren haben bereits kurz nach dem Erwerb hochtrabende Pläne: Gruschka will das Stuttgarter Unternehmen Insidern zufolge aufteilen und danach in Häppchen verkaufen, es laufen bereits erste Gespräche mit Interessenten. Auch einen Börsengang einzelner Teile schließt er nicht aus. In seine Sparten zerlegt, glauben manche Fonds, könnte MW Zander bis zum Vierfachen des ursprünglichen Kaufpreises einbringen.
Doch zu einem ausgeruhten Weiterverkauf kommt es nicht: Die Gier macht Gruschka einen Strich durch die Rechnung. Weil der Finanzinvestor den Kauf möglichst ohne den Einsatz von eigenem Eigenkapital stemmen will, verbündet er sich mit dem umstrittenen Investor Florian Homm und dessen Hedge-Fonds Absolute Capital Management (ACM). Homm, ein Neffe des Versandhauskönigs Josef Neckermann, gilt selbst in der Szene als einer der aggressivsten Finanzinvestoren. Er raucht die dicksten Zigarren, residiert in einem Anwesen auf Mallorca und steht für all das, was die Öffentlichkeit an Finanzinvestoren abstoßend findet.
Homm, so das Abkommen, soll die Hälfte des Eigenkapitals beisteuern - über eine Kapitaleinlage von ACM bei Springwater. Und der tut dies auch, mit einem Eigenkapital-ähnlichen Mezzanine-Darlehen, das typisch ist für diese Art Geschäfte. Schon bald nach Abschluss des Deals bezahlt er brav seinen Anteil, rund 45 Mio. Euro. Springwater indes soll seine Hälfte am Eigenkapital nie eingebracht haben, berichten Insider.
Gruschka hat sich die Finanzierung des MW-Zander-Deals - getreu dem Motto "OPM" (Other People's Money) - anderweitig besorgt. Unter anderem bei der Investmentbank Morgan Stanley: Dort erhält er einen Kredit über 30 Mio. Euro, offenbar besichert mit dem Holding-Anteil, den Homm erworben hat. Von diesem Kredit überweist Gruschka etwa die Hälfte an Jenoptik; die Ostdeutschen haben ihm zuvor ein Verkäuferdarlehen gewährt. Der Rest des Geldes verschwindet in Gruschkas undurchschaubaren Kanälen.
Weitere Millionen zweigt Gruschka bei MW Zander ab, offenbar verdeckt über eine fingierte Rechnung eines Düsseldorfer Anwalts und einer Bank, deren Geschäftsführer mit Gruschka befreundet sein soll. Die Geschäftsführung seines Stuttgarter Zukaufs ist empört und erstattet im Februar 2007 Strafanzeige gegen den zupackenden Neueigner. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat inzwischen Durchsuchungen gestartet und ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue. Sie will herausfinden, "ob es für die Rechnung eine Gegenleistung gab und wenn ja, wer diese Leistung dann hätte bezahlen müssen".
Teil 3: MW Zander wird zweimal verkauft
Als Homm erfährt, dass nur seine Millionen in die Jenoptik-Transaktion eingeflossen sind, droht er damit, die Banken zu informieren. Die Gruschka-Seite sieht den Sachverhalt ganz anders: Für sie ist Homm ein "aggressiver Erpresser, der einen kleinen technischen Fehler nutzen wollte, um sich ins Eigenkapital zu drängen".
Dennoch wird Gruschka nervös: "Um des lieben Friedens willen" gewährt Springwater seinem Erzfeind im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps eine Minderheitsbeteiligung an der Luxemburger MW Zander Holding. Als Homm mehr will, stellt Gruschka auf stur. Daraufhin sei "Homm irre gegangen" und habe Gruschka mit Drohungen traktiert, die man "sonst nur aus Russland kennt".
Während eines Mexiko-Urlaubs im April 2007 erhält Gruschka in Acapulco Besuch von angeblichen Freunden seines Geschäftspartners Homm. Die Herren, so wird kolportiert, machen mit Gruschka einen kleinen Ausflug zu den Klippen. Dort teilen sie ihm unmissverständlich mit, dass Homm unter Partnerschaft etwas anderes verstehe und er entschädigt werden möchte. Gruschka lässt die Beschreibung dieser Szene unwidersprochen.
Bei ihm hinterlässt Acapulco nachhaltig Eindruck: Noch im April verkauft er die Anteile an der Luxemburger Holding an ACM. Homm muss davon ausgehen, er habe damit auch ein Recht an der operativen Gesellschaft darunter erworben. Doch Gruschka wäre nicht Gruschka, wenn er nicht einen Plan B hätte: Und so veräußert sein Partner bei Springwater, Manilo Marocco, zeitgleich die operative Beteiligungsgesellschaft von MW Zander an die Beteiligungsfirma Victory, die den beiden berühmt-berüchtigten österreichischen Investoren Ronny Pecik und Georg Stumpf gehört. Victory kontrolliert den Schweizer Mischkonzern Oerlikon und hält die eidgenössische Wirtschaft seit Monaten mit Großkonzernfantasien, gewagten Optionsgeschäften und Zoff im Eigentümerkreis in Atem.
Es klingt geradezu abenteuerlich: MW Zander wird zweimal verkauft. Einmal als Holding, einmal als Beteiligungsgesellschaft. Die zeitverzögerte Eintragung solcher Deals ins Handelsregister macht's möglich.
Der Öffentlichkeit bietet sich im April 2007 ein völlig chaotisches Bild: Zuerst verkündet Homm, er habe MW Zander zu 73 Prozent übernommen, kurz darauf reklamiert die österreichische Victory für sich, neuer Eigentümer in Stuttgart zu sein. Für Victory ist das Durcheinander höchst gefährlich: Pecik und sein Kompagnon Stumpf haben Gruschkas 30-Mio.-Euro-Kredit bei Morgan Stanley abgelöst und stehen jetzt dumm da. Die US-Bank ist indes heilfroh, Gruschka als Kunden los zu sein.
Erst nach einigen Tagen lichtet sich der Nebel, übers Wochenende haben sich die beiden "Neueigner" auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Homm verzichtet auf die Ausübung der Rechte zum Erwerb der Luxemburger Holding und bekommt dafür von Victory zunächst 28 Mio. Euro in Form von Oerlikon-Aktien, die er einlöst. Zudem sagen ihm die Österreicher weitere Zahlungen zu, insgesamt etwa 70 Mio. Euro.
Teil 4: Entscheidendes Detai
Beide Parteien sichern sich vertraglich zu, dass sie nicht strafrechtlich gegeneinander vorgehen werden. Und so verhält sich Homm ruhig, obwohl das versprochene Geld von Victory lange nicht auf seinem Konto ankommt.
Ein entscheidendes Detail übersehen Homms Hedge-Fonds ACM und Victory bei der Transaktion jedoch. Und diese Nachlässigkeit könnte noch ein Nachspiel haben.
MW Zander hält 51 Prozent an dem börsennotierten IT-Dienstleister Caatoosee. Der neue Eigner hätte nach Übernahme der Mehrheit bei MW Zander die geänderten Stimmrechtsverhältnisse binnen sieben Tagen melden und ein Pflichtangebot für die Tochter Caatoosee abgeben müssen. So sieht es das Aktienrecht vor. Victory und Homms ACM hätten sich bei der Finanzaufsicht BaFin von einer solchen Übernahmepflicht befreien lassen können, haben dies aber nicht getan.
Seit Wochen untersucht die BaFin, ob es bei Caatoosee verdeckte Absprachen zwischen Homm und Victory gegeben hat, um ein teures öffentliches Angebot an die Minderheitsaktionäre zu umgehen. Zudem versuchen die Aufseher herauszufinden, wer ab wann über die Aktien der MW-Zander-Tochter verfügen konnte. Liegt ein Vergehen vor, wofür einiges spricht, drohen empfindliche Bußgelder wegen versäumter Fristen und Schadensersatzklagen der freien Caatoosee-Aktionäre. Die härteste Strafe, eine Rückabwicklung der Transaktion, scheint eher unwahrscheinlich. Vor allem Homms Hedge-Fonds ACM wäre damit wohl auch überfordert.
Eine nachträgliche Komplettübernahme von Caatoosee zum damals noch höheren Kurs von 2,40 Euro würde rund 60 Mio. Euro kosten. Nachdem Homm seine Frau bei der Scheidung mit ACM-Anteilen abgefunden haben soll, hat er sich vor Kurzem selbst filmreif aus seinem Hedge-Fonds verabschiedet. ACM gilt inzwischen als schwer angeschlagen.
Auch Pecik und Stumpf stehen unter Hochdruck. Seit Wochen verhandeln sie mit den Banken, um MW Zander endgültig kaufen und bei sich eingliedern zu können. Als ein bevorzugter Finanzpartner gilt die österreichische Raiffeisen Zentralbank. Joseph Eberle, Chef der österreichischen Firmenkundeneinheit, hat sich des Falls persönlich angenommen.
Die Zeit drängt. Bis Ende Februar 2008 müssen die Kreditlinien bei MW Zander erneuert werden. Die derzeitige Haus- und Konsortialbank der Stuttgarter, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hat eine sogenannte Change-of-Control-Klausel gezogen und die Darlehen des Bankenkonsortiums über rund 310 Mio. Euro fällig gestellt. Den Landesbankern sind die ständigen Eigentümerwechsel nicht mehr geheuer. Da sei einfach zu vieles "nicht sauber gelaufen", verlautet aus Finanzkreisen. Ursprünglich wollte die LBBW die Kredite bereits zum 30. November auslaufen lassen, hat dann aber aus Kulanzgründen noch einmal um drei Monate verlängert.
Falls Victory bis Februar keine neuen Darlehensgeber findet, will die LBBW ihre weitreichenden Pfandrechte bei MW Zander nutzen und den 8000-Mitarbeiter-Konzern vor seinen Eigentümern verwerten, sprich das gesamte Unternehmen oder die verschiedenen Sparten an strategische Investoren verkaufen. Nur so, glauben die Landesbanker, lasse sich von dem baden-württembergischen Technologieunternehmen dauerhafter Schaden abwenden und ein Arbeitsplatz-GAU am Standort Stuttgart vermeiden.
Der Plan erscheint ehrenwert, er hat nur einen Haken: Bis letzte Woche konnte niemand mit Sicherheit sagen, ob die Pfandrechte überhaupt wirksam sind.
Denn beim Eigentümerwechsel von Gruschkas Springwater auf Homms ACM und Peciks Victory haben die Käufer ein weiteres Detail übersehen. Vor dem Verkauf von MW Zander hat Gruschka eine Schweizer Komplementär GmbH zwecks späterer Rechtsformänderung gegründet und darauf den Geschäftswert von gerade einmal 100 Euro übertragen. Diese kleine Gesellschaft ist jedoch nicht miterworben worden, der Eigentümerwechsel auf Victory mithin unwirksam. Der "Mini-Treuhänder" sei ein "technischer Mishap", räumt Springwater ein.
Aber Gruschka ist ja ein achtbarer Geschäftsmann. Zur schnellen Klärung der Eigentumsverhältnisse ist er bereit, das Missverständnis zu "heilen", und die 100-Euro-Bude nachzureichen - gegen "kleines Entgelt". Seine Preisvorstellung soll bei mindestens 25 Mio. Euro gelegen haben, was Springwater allerdings ins Reich der Fantasie verbannt.
Sowohl Homm als auch Pecik und sein Partner Stumpf sind außer sich. Mitte November informieren sie die Staatsanwälte in Stuttgart und reichen ein Kurzgutachten des deutschlandweit bekannten Strafrechtlers Klaus Volk mit ein. Die Strafverfolger gehen jetzt dem Verdacht auf Betrug nach.
Von der Dreistigkeit ihres Geschäftsfreundes Gruschka überrumpelt, suchen die sonst selbst nicht zimperlichen Finanzinvestoren Stumpf und Pecik zudem Hilfe an höherer Stelle: Sie sprechen bei der LBBW vor. Um ihrem Anliegen das nötige Gewicht zu verleihen, statten sie obendrein Landesvater Günther Oettinger einen Besuch ab. Ihre Forderung: Falls die LBBW auf ihrer Change-of-Control-Klausel bestehe, müsse ein Ministerentscheid her, der die Landesbank zwinge, die Fälligstellung zurückzunehmen. Oettinger lässt die Herren höflich, aber bestimmt abblitzen.
Für Victory steht viel auf dem Spiel, Pecik und Stumpf haben bereits rund 100 Mio. Euro in den Erwerb von MW-Zander investiert - vom abgelösten Morgan-Stanley-Kredit bis hin zur Anzahlung für Homm. Den Österreichern wird nachgesagt, MW Zander mit ihrer Schweizer Beteiligung Oerlikon eng verzahnen zu wollen und so das Fundament für ein europäisches Pendant zum US-amerikanischen Technologiekonzern General Electric zu legen. Derzeit bereitet Oerlikon eher Sorgen: Der Aktienkurs ist nach einem durch Spekulationen getriebenen Höhenflug wieder in sich zusammengefallen. Das hat bei Victory zu empfindlichen Werteinbußen geführt. Es muss dringend eine neue Börsenstory her. MW Zander und Oerlikon tummeln sich in den gleichen Geschäftsfeldern, die Unternehmen würden perfekt zueinander passen. Zu perfekt vielleicht - aus Sicht der Kartellwächter.
Wohl auch aus Sorge, die Kartellwächter könnten auf falsche Gedanken kommen und den Deal vielleicht untersagen, haben Stumpf und Pecik ihre neu erworbene Stuttgarter Tochter gleich an eine Firma mit dem unverdächtigen Namen Colton Petfood weitergereicht. Oberster Tierfütterer und Geschäftsführer von Petfood ist der befreundete Alexander Grünwald, Managing Director der Londoner M&A-Gesellschaft Altium, die bereits Jenoptik beim Verkauf von MW Zander beraten durfte. Altium gilt in der Szene als Haus- und Hofberater von Peciks Victory und seiner Beteiligung Oerlikon.
Doch selbst die Tierfutter-Ära von MW Zander ist mittlerweile Geschichte: Der neueste Eigentümer der Stuttgarter heißt seit Mitte vergangener Woche Salveo und ist ein Erwerbsvehikel von Victory. Denn, so verlautet aus Beraterkreisen, die Transaktion sei nun "quasi geclosed" worden. Die letzte ausstehende Kartellbehörde in Russland habe den Deal durchgewinkt, das "Mishap" sei geheilt, die straf- und zivilrechtlichen Streitereien seien vom Tisch. "Wir haben uns wieder alle lieb", säuselt es aus den Ecken der ehemaligen Kampfhähne.
Ob wirklich alles im Reinen ist, bleibt abzuwarten. Denn auch Salveo muss sich bei der BaFin von einem Pflichtangebot für die Tochter Caatoosee befreien lassen. Noch ist kein Geld an Springwater geflossen, noch ist kein Bankenkonsortium für die Anschlussfinanzierung der Kreditlinie bei MW Zander gefunden. "Bei der Umschuldung wird noch Blut fließen", fürchtet ein beteiligter Banker. Und wenn Homm bei all dem nicht angemessen entschädigt werde, jage der Gruschka "bis ans Ende der Welt".
Bei dem Objekt der Begierde, der MW Zander in Stuttgart, liegen längst die Nerven blank. Der Eigner-Zoff lastet schwer auf dem Management. Zwar läuft das aktuelle Geschäftsjahr dank des weltweiten Aufschwungs noch ausgezeichnet, doch allmählich wirken sich die Irritationen auch operativ aus: Die ersten langfristigen Verträge in dreistelliger Millionenhöhe sind nicht verlängert worden. In Unternehmenskreisen heißt es, dass Firmenchef Wolfgang Häfele persönlich bei Großkunden vorspricht, um sie zu beruhigen.
Vor einem Szenario graut es der Belegschaft bei MW Zander besonders: der Rückkehr von Martin Gruschka. Der Springwater-Mann dachte in einem Brief zwischenzeitlich laut darüber nach, den gesamten MW-Zander-Deal rückabzuwickeln und die Firma wieder unter seine Fittiche zu nehmen. Mit den bodenständigen Mitarbeitern war der weltmännisch auftretende Finanzinvestor aus Genf, der sich gern Lufttaxis bestellt, weil ihn bei Linienflügen das Umsteigen in Zürich nervt, nie wirklich warm geworden. Einmal schwebte er im Stuttgarter Vorort Weilimdorf per Helikopter ein. "Alle dachten, es sei etwas passiert", so ein Mitarbeiter. Ganz unrecht hatten sie damit nicht.
Mitarbeit: Sven Clausen, Christian Höller
Die neuen Leiden der Private Equity (www.ftd.de/boersen_maerkte/geldanlage/...20Equity/284427.html)
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von Steffen Klusmann (Hamburg), Oliver Wihofszki (Stuttgart) und Ute Göggelmann (Frankfurt)
Ein Familienunternehmen aus Stuttgart wird an Finanzinvestoren verkauft - und der Wahnsinn nimmt seinen Lauf. Zwischenzeitlich weiß niemand mehr, wem die Firma eigentlich gehört. Ein Lehrstück über geldgierige Geschäftemacher und einen Kasino-Kapitalismus, der nach ganz eigenen Gesetzen funktioniert.
Irren ist menschlich, manchmal aber sehr gefährlich. Als der Stuttgarter Technologiekonzern MW Zander im Juni 2006 den Besitzer wechselt, feiert der Vorstand dies als "Befreiungsschlag". Der Grund für die Freude ist verständlich: Jahrelang hing der Spezialist für Reinraumtechnik am Tropf der finanzschwachen Mutter Jenoptik. Durch den Verkauf an einen Finanzinvestor glaubt MW Zander, sich endlich "entfesselt von Holdingzwängen" entfalten zu können. Der Konzern, so verkündet die Chefetage übermütig, werde "jetzt beim Wachstum einen Gang höher schalten".
Doch der Traum von der neuen Freiheit gerät zum Albtraum. Was sich seit dem Erwerb durch den Finanzinvestor bei dem Stuttgarter Konzern ereignet hat, gleicht einem Schurkenstück, das Hollywood nicht besser hätte inszenieren können. In den Hauptrollen: ein geldhungriger Emporkömmling, ein aggressiver Hedge-Fonds-Manager, zwei wenig zimperliche österreichische Finanzjongleure und verunsicherte Banker. Auch die Nebenrollen sind hochkarätig besetzt mit Staatsanwälten, Finanzaufsehern und einer betrogenen Ehefrau.
Ein Wirtschaftswesen mit verheerendem Potenzial: die HeuschreckeDie Story kann mit dem Drehbuch jedes Grisham-Thrillers mithalten: Heuschrecke übernimmt Familienunternehmen, überwirft sich mit anderer Heuschrecke, es kommt zum Machtkampf, die Firma wird unter dubiosen Umständen weiterverkauft, die Käufer fühlen sich erpresst, nehmen es aber mit ihren eigenen Pflichten offenbar selbst nicht so genau und verschieben ihre Besitztümer in die abstrusesten Subgesellschaften. Die Hausbank wird nervös und will die Darlehen kündigen. Derweil wächst die Unruhe im Unternehmen.
Öffentlich Stellung nehmen mag keiner der Beteiligten, sie haben Stillschweigen vereinbart. Alle fahren bei diesem Geschäft volles Risiko - nicht nur finanziell. Der Fall MW Zander offenbart die perverse Seite des Kapitalismus. Das System funktioniert wie ein Kasino, nur ist der Einsatz weitaus höher. Und die Regeln macht sich jeder selbst.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Dezember des Jahres 2005. Nach einem verunglückten Börsengang in Singapur gelingt es dem damaligen Jenoptik-Chef Alexander von Witzleben doch noch, die ungeliebte Sparte loszuschlagen. Zwar steuert die Stuttgarter Tochter MW Zander, die komplette Chipfabriken und auch Produktionsstätten für Solaranlagen baut und betreibt, mit 2 Mrd. Euro rund drei Viertel zum Gesamtumsatz des ostdeutschen Vorzeigekonzerns bei. Doch das liquiditätsintensive Geschäft ist zu komplex und vor allem zu riskant für Jenoptik. Die Großaufträge für MW Zander kommen zyklisch, müssen teuer vorfinanziert werden und werfen nur geringe Margen ab.
Ex-Jenoptik-Patriarch Lothar Späth, der das ehemalige Kombinat Carl Zeiss Jena nach der Wende dank üppiger Subventionen und durch wilde Zukäufe zu einem internationalen Hightech-Konzern aufpumpen wollte, muss die Rückabwicklung seiner Vision vom Aufsichtsrat aus mittragen.
Den Zuschlag für MW Zander erhält der Finanzinvestor Springwater Capital aus Genf. Hinter Springwater steht Martin Gruschka, ein Rheinländer, der einst als Investmentbanker in Diensten der Deutschen Bank in London stand und seine ganz eigenen Wertvorstellungen pflegt. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Gründungspartner Gruschka, als er seinen Posten als Aufsichtsratschef beim darniederliegenden deutschen Puppenhersteller Zapf hinwarf - kurz vor der Hauptversammlung
Der Kaufpreis für den Stuttgarter Konzern kommt einem Schnäppchen gleich. Er beläuft sich auf 350 Mio. Euro, abzüglich Finanzschulden und Pensionsverpflichtungen fließen Jenoptik am Ende gerade mal 150 Mio. Euro zu.
Nach dem Kauf baut Gruschka das Unternehmen um. Die Töchter sollen eigenständiger agieren. Die bisherige Managementholding MW Zander Holding AG wird auf die MWZ Beteiligungs GmbH verschmolzen, in der die operativen Einheiten gebündelt werden. Diese GmbH ist wiederum zu 100 Prozent im Besitz einer Gesellschaft nach luxemburgischem Recht, der MW Zander Luxembourg Holding S.A. Daran hält Springwater 73 Prozent, die übrigen 27 Prozent verbleiben bei den Nachfahren der Familie Zander.
Die Finanzinvestoren haben bereits kurz nach dem Erwerb hochtrabende Pläne: Gruschka will das Stuttgarter Unternehmen Insidern zufolge aufteilen und danach in Häppchen verkaufen, es laufen bereits erste Gespräche mit Interessenten. Auch einen Börsengang einzelner Teile schließt er nicht aus. In seine Sparten zerlegt, glauben manche Fonds, könnte MW Zander bis zum Vierfachen des ursprünglichen Kaufpreises einbringen.
Doch zu einem ausgeruhten Weiterverkauf kommt es nicht: Die Gier macht Gruschka einen Strich durch die Rechnung. Weil der Finanzinvestor den Kauf möglichst ohne den Einsatz von eigenem Eigenkapital stemmen will, verbündet er sich mit dem umstrittenen Investor Florian Homm und dessen Hedge-Fonds Absolute Capital Management (ACM). Homm, ein Neffe des Versandhauskönigs Josef Neckermann, gilt selbst in der Szene als einer der aggressivsten Finanzinvestoren. Er raucht die dicksten Zigarren, residiert in einem Anwesen auf Mallorca und steht für all das, was die Öffentlichkeit an Finanzinvestoren abstoßend findet.
Homm, so das Abkommen, soll die Hälfte des Eigenkapitals beisteuern - über eine Kapitaleinlage von ACM bei Springwater. Und der tut dies auch, mit einem Eigenkapital-ähnlichen Mezzanine-Darlehen, das typisch ist für diese Art Geschäfte. Schon bald nach Abschluss des Deals bezahlt er brav seinen Anteil, rund 45 Mio. Euro. Springwater indes soll seine Hälfte am Eigenkapital nie eingebracht haben, berichten Insider.
Gruschka hat sich die Finanzierung des MW-Zander-Deals - getreu dem Motto "OPM" (Other People's Money) - anderweitig besorgt. Unter anderem bei der Investmentbank Morgan Stanley: Dort erhält er einen Kredit über 30 Mio. Euro, offenbar besichert mit dem Holding-Anteil, den Homm erworben hat. Von diesem Kredit überweist Gruschka etwa die Hälfte an Jenoptik; die Ostdeutschen haben ihm zuvor ein Verkäuferdarlehen gewährt. Der Rest des Geldes verschwindet in Gruschkas undurchschaubaren Kanälen.
Weitere Millionen zweigt Gruschka bei MW Zander ab, offenbar verdeckt über eine fingierte Rechnung eines Düsseldorfer Anwalts und einer Bank, deren Geschäftsführer mit Gruschka befreundet sein soll. Die Geschäftsführung seines Stuttgarter Zukaufs ist empört und erstattet im Februar 2007 Strafanzeige gegen den zupackenden Neueigner. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat inzwischen Durchsuchungen gestartet und ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue. Sie will herausfinden, "ob es für die Rechnung eine Gegenleistung gab und wenn ja, wer diese Leistung dann hätte bezahlen müssen".
Teil 3: MW Zander wird zweimal verkauft
Als Homm erfährt, dass nur seine Millionen in die Jenoptik-Transaktion eingeflossen sind, droht er damit, die Banken zu informieren. Die Gruschka-Seite sieht den Sachverhalt ganz anders: Für sie ist Homm ein "aggressiver Erpresser, der einen kleinen technischen Fehler nutzen wollte, um sich ins Eigenkapital zu drängen".
Dennoch wird Gruschka nervös: "Um des lieben Friedens willen" gewährt Springwater seinem Erzfeind im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps eine Minderheitsbeteiligung an der Luxemburger MW Zander Holding. Als Homm mehr will, stellt Gruschka auf stur. Daraufhin sei "Homm irre gegangen" und habe Gruschka mit Drohungen traktiert, die man "sonst nur aus Russland kennt".
Während eines Mexiko-Urlaubs im April 2007 erhält Gruschka in Acapulco Besuch von angeblichen Freunden seines Geschäftspartners Homm. Die Herren, so wird kolportiert, machen mit Gruschka einen kleinen Ausflug zu den Klippen. Dort teilen sie ihm unmissverständlich mit, dass Homm unter Partnerschaft etwas anderes verstehe und er entschädigt werden möchte. Gruschka lässt die Beschreibung dieser Szene unwidersprochen.
Bei ihm hinterlässt Acapulco nachhaltig Eindruck: Noch im April verkauft er die Anteile an der Luxemburger Holding an ACM. Homm muss davon ausgehen, er habe damit auch ein Recht an der operativen Gesellschaft darunter erworben. Doch Gruschka wäre nicht Gruschka, wenn er nicht einen Plan B hätte: Und so veräußert sein Partner bei Springwater, Manilo Marocco, zeitgleich die operative Beteiligungsgesellschaft von MW Zander an die Beteiligungsfirma Victory, die den beiden berühmt-berüchtigten österreichischen Investoren Ronny Pecik und Georg Stumpf gehört. Victory kontrolliert den Schweizer Mischkonzern Oerlikon und hält die eidgenössische Wirtschaft seit Monaten mit Großkonzernfantasien, gewagten Optionsgeschäften und Zoff im Eigentümerkreis in Atem.
Es klingt geradezu abenteuerlich: MW Zander wird zweimal verkauft. Einmal als Holding, einmal als Beteiligungsgesellschaft. Die zeitverzögerte Eintragung solcher Deals ins Handelsregister macht's möglich.
Der Öffentlichkeit bietet sich im April 2007 ein völlig chaotisches Bild: Zuerst verkündet Homm, er habe MW Zander zu 73 Prozent übernommen, kurz darauf reklamiert die österreichische Victory für sich, neuer Eigentümer in Stuttgart zu sein. Für Victory ist das Durcheinander höchst gefährlich: Pecik und sein Kompagnon Stumpf haben Gruschkas 30-Mio.-Euro-Kredit bei Morgan Stanley abgelöst und stehen jetzt dumm da. Die US-Bank ist indes heilfroh, Gruschka als Kunden los zu sein.
Erst nach einigen Tagen lichtet sich der Nebel, übers Wochenende haben sich die beiden "Neueigner" auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Homm verzichtet auf die Ausübung der Rechte zum Erwerb der Luxemburger Holding und bekommt dafür von Victory zunächst 28 Mio. Euro in Form von Oerlikon-Aktien, die er einlöst. Zudem sagen ihm die Österreicher weitere Zahlungen zu, insgesamt etwa 70 Mio. Euro.
Teil 4: Entscheidendes Detai
Beide Parteien sichern sich vertraglich zu, dass sie nicht strafrechtlich gegeneinander vorgehen werden. Und so verhält sich Homm ruhig, obwohl das versprochene Geld von Victory lange nicht auf seinem Konto ankommt.
Ein entscheidendes Detail übersehen Homms Hedge-Fonds ACM und Victory bei der Transaktion jedoch. Und diese Nachlässigkeit könnte noch ein Nachspiel haben.
MW Zander hält 51 Prozent an dem börsennotierten IT-Dienstleister Caatoosee. Der neue Eigner hätte nach Übernahme der Mehrheit bei MW Zander die geänderten Stimmrechtsverhältnisse binnen sieben Tagen melden und ein Pflichtangebot für die Tochter Caatoosee abgeben müssen. So sieht es das Aktienrecht vor. Victory und Homms ACM hätten sich bei der Finanzaufsicht BaFin von einer solchen Übernahmepflicht befreien lassen können, haben dies aber nicht getan.
Seit Wochen untersucht die BaFin, ob es bei Caatoosee verdeckte Absprachen zwischen Homm und Victory gegeben hat, um ein teures öffentliches Angebot an die Minderheitsaktionäre zu umgehen. Zudem versuchen die Aufseher herauszufinden, wer ab wann über die Aktien der MW-Zander-Tochter verfügen konnte. Liegt ein Vergehen vor, wofür einiges spricht, drohen empfindliche Bußgelder wegen versäumter Fristen und Schadensersatzklagen der freien Caatoosee-Aktionäre. Die härteste Strafe, eine Rückabwicklung der Transaktion, scheint eher unwahrscheinlich. Vor allem Homms Hedge-Fonds ACM wäre damit wohl auch überfordert.
Eine nachträgliche Komplettübernahme von Caatoosee zum damals noch höheren Kurs von 2,40 Euro würde rund 60 Mio. Euro kosten. Nachdem Homm seine Frau bei der Scheidung mit ACM-Anteilen abgefunden haben soll, hat er sich vor Kurzem selbst filmreif aus seinem Hedge-Fonds verabschiedet. ACM gilt inzwischen als schwer angeschlagen.
Auch Pecik und Stumpf stehen unter Hochdruck. Seit Wochen verhandeln sie mit den Banken, um MW Zander endgültig kaufen und bei sich eingliedern zu können. Als ein bevorzugter Finanzpartner gilt die österreichische Raiffeisen Zentralbank. Joseph Eberle, Chef der österreichischen Firmenkundeneinheit, hat sich des Falls persönlich angenommen.
Die Zeit drängt. Bis Ende Februar 2008 müssen die Kreditlinien bei MW Zander erneuert werden. Die derzeitige Haus- und Konsortialbank der Stuttgarter, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hat eine sogenannte Change-of-Control-Klausel gezogen und die Darlehen des Bankenkonsortiums über rund 310 Mio. Euro fällig gestellt. Den Landesbankern sind die ständigen Eigentümerwechsel nicht mehr geheuer. Da sei einfach zu vieles "nicht sauber gelaufen", verlautet aus Finanzkreisen. Ursprünglich wollte die LBBW die Kredite bereits zum 30. November auslaufen lassen, hat dann aber aus Kulanzgründen noch einmal um drei Monate verlängert.
Falls Victory bis Februar keine neuen Darlehensgeber findet, will die LBBW ihre weitreichenden Pfandrechte bei MW Zander nutzen und den 8000-Mitarbeiter-Konzern vor seinen Eigentümern verwerten, sprich das gesamte Unternehmen oder die verschiedenen Sparten an strategische Investoren verkaufen. Nur so, glauben die Landesbanker, lasse sich von dem baden-württembergischen Technologieunternehmen dauerhafter Schaden abwenden und ein Arbeitsplatz-GAU am Standort Stuttgart vermeiden.
Der Plan erscheint ehrenwert, er hat nur einen Haken: Bis letzte Woche konnte niemand mit Sicherheit sagen, ob die Pfandrechte überhaupt wirksam sind.
Denn beim Eigentümerwechsel von Gruschkas Springwater auf Homms ACM und Peciks Victory haben die Käufer ein weiteres Detail übersehen. Vor dem Verkauf von MW Zander hat Gruschka eine Schweizer Komplementär GmbH zwecks späterer Rechtsformänderung gegründet und darauf den Geschäftswert von gerade einmal 100 Euro übertragen. Diese kleine Gesellschaft ist jedoch nicht miterworben worden, der Eigentümerwechsel auf Victory mithin unwirksam. Der "Mini-Treuhänder" sei ein "technischer Mishap", räumt Springwater ein.
Aber Gruschka ist ja ein achtbarer Geschäftsmann. Zur schnellen Klärung der Eigentumsverhältnisse ist er bereit, das Missverständnis zu "heilen", und die 100-Euro-Bude nachzureichen - gegen "kleines Entgelt". Seine Preisvorstellung soll bei mindestens 25 Mio. Euro gelegen haben, was Springwater allerdings ins Reich der Fantasie verbannt.
Sowohl Homm als auch Pecik und sein Partner Stumpf sind außer sich. Mitte November informieren sie die Staatsanwälte in Stuttgart und reichen ein Kurzgutachten des deutschlandweit bekannten Strafrechtlers Klaus Volk mit ein. Die Strafverfolger gehen jetzt dem Verdacht auf Betrug nach.
Von der Dreistigkeit ihres Geschäftsfreundes Gruschka überrumpelt, suchen die sonst selbst nicht zimperlichen Finanzinvestoren Stumpf und Pecik zudem Hilfe an höherer Stelle: Sie sprechen bei der LBBW vor. Um ihrem Anliegen das nötige Gewicht zu verleihen, statten sie obendrein Landesvater Günther Oettinger einen Besuch ab. Ihre Forderung: Falls die LBBW auf ihrer Change-of-Control-Klausel bestehe, müsse ein Ministerentscheid her, der die Landesbank zwinge, die Fälligstellung zurückzunehmen. Oettinger lässt die Herren höflich, aber bestimmt abblitzen.
Für Victory steht viel auf dem Spiel, Pecik und Stumpf haben bereits rund 100 Mio. Euro in den Erwerb von MW-Zander investiert - vom abgelösten Morgan-Stanley-Kredit bis hin zur Anzahlung für Homm. Den Österreichern wird nachgesagt, MW Zander mit ihrer Schweizer Beteiligung Oerlikon eng verzahnen zu wollen und so das Fundament für ein europäisches Pendant zum US-amerikanischen Technologiekonzern General Electric zu legen. Derzeit bereitet Oerlikon eher Sorgen: Der Aktienkurs ist nach einem durch Spekulationen getriebenen Höhenflug wieder in sich zusammengefallen. Das hat bei Victory zu empfindlichen Werteinbußen geführt. Es muss dringend eine neue Börsenstory her. MW Zander und Oerlikon tummeln sich in den gleichen Geschäftsfeldern, die Unternehmen würden perfekt zueinander passen. Zu perfekt vielleicht - aus Sicht der Kartellwächter.
Wohl auch aus Sorge, die Kartellwächter könnten auf falsche Gedanken kommen und den Deal vielleicht untersagen, haben Stumpf und Pecik ihre neu erworbene Stuttgarter Tochter gleich an eine Firma mit dem unverdächtigen Namen Colton Petfood weitergereicht. Oberster Tierfütterer und Geschäftsführer von Petfood ist der befreundete Alexander Grünwald, Managing Director der Londoner M&A-Gesellschaft Altium, die bereits Jenoptik beim Verkauf von MW Zander beraten durfte. Altium gilt in der Szene als Haus- und Hofberater von Peciks Victory und seiner Beteiligung Oerlikon.
Doch selbst die Tierfutter-Ära von MW Zander ist mittlerweile Geschichte: Der neueste Eigentümer der Stuttgarter heißt seit Mitte vergangener Woche Salveo und ist ein Erwerbsvehikel von Victory. Denn, so verlautet aus Beraterkreisen, die Transaktion sei nun "quasi geclosed" worden. Die letzte ausstehende Kartellbehörde in Russland habe den Deal durchgewinkt, das "Mishap" sei geheilt, die straf- und zivilrechtlichen Streitereien seien vom Tisch. "Wir haben uns wieder alle lieb", säuselt es aus den Ecken der ehemaligen Kampfhähne.
Ob wirklich alles im Reinen ist, bleibt abzuwarten. Denn auch Salveo muss sich bei der BaFin von einem Pflichtangebot für die Tochter Caatoosee befreien lassen. Noch ist kein Geld an Springwater geflossen, noch ist kein Bankenkonsortium für die Anschlussfinanzierung der Kreditlinie bei MW Zander gefunden. "Bei der Umschuldung wird noch Blut fließen", fürchtet ein beteiligter Banker. Und wenn Homm bei all dem nicht angemessen entschädigt werde, jage der Gruschka "bis ans Ende der Welt".
Bei dem Objekt der Begierde, der MW Zander in Stuttgart, liegen längst die Nerven blank. Der Eigner-Zoff lastet schwer auf dem Management. Zwar läuft das aktuelle Geschäftsjahr dank des weltweiten Aufschwungs noch ausgezeichnet, doch allmählich wirken sich die Irritationen auch operativ aus: Die ersten langfristigen Verträge in dreistelliger Millionenhöhe sind nicht verlängert worden. In Unternehmenskreisen heißt es, dass Firmenchef Wolfgang Häfele persönlich bei Großkunden vorspricht, um sie zu beruhigen.
Vor einem Szenario graut es der Belegschaft bei MW Zander besonders: der Rückkehr von Martin Gruschka. Der Springwater-Mann dachte in einem Brief zwischenzeitlich laut darüber nach, den gesamten MW-Zander-Deal rückabzuwickeln und die Firma wieder unter seine Fittiche zu nehmen. Mit den bodenständigen Mitarbeitern war der weltmännisch auftretende Finanzinvestor aus Genf, der sich gern Lufttaxis bestellt, weil ihn bei Linienflügen das Umsteigen in Zürich nervt, nie wirklich warm geworden. Einmal schwebte er im Stuttgarter Vorort Weilimdorf per Helikopter ein. "Alle dachten, es sei etwas passiert", so ein Mitarbeiter. Ganz unrecht hatten sie damit nicht.
Mitarbeit: Sven Clausen, Christian Höller
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