Schmankerl für Aktienkäufer

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mothy:

Schmankerl für Aktienkäufer

 
16.08.01 10:45
ftd.de, Do, 16.8.2001, 2:00  
Geldanlage: Schmankerl für Aktienkäufer

Während die meisten etablierten Aktienmärkte im laufenden Jahr weiter an Boden verloren haben, trotzt die Börse Wien dem Trend: 15 Prozent Zuwachs seit Ultimo 2000.

"Wie sich die Zeiten ändern: Viele Kommentatoren sahen an der Wiener Börse schon die Lichter ausgehen, als bekannt wurde, die HypoVereinsbank werde das größte österreichische Geldinstitut Bank Austria schlucken. Die Besorgnis schien auch nicht ganz unbegründet, denn 1999 entfielen etwa 20 Prozent aller Börsenumsätze in Wien auf die Bank Austria, und ihre Gewichtung im maßgeblichen Index ATX erreichte zeitweise um die 25 Prozent. Wenn nun der mit Abstand wichtigste Titel vom Kurszettel verschwinden würde, so die Schwarzseher, würden internationale Großanleger einen noch weiteren Bogen um den Wiener Börsenplatz machen, als sie es bisher ohnehin schon getan hatten.

Zunächst schien die Skepsis auch berechtigt: Der ATX sank im Börsenjahr 2000 um elf Prozent. Das allerdings war kein auf Österreich beschränktes Problem, weil rings um den Globus die Indizes in die Knie gingen. Während die meisten etablierten Wertpapiermärkte im laufenden Jahr weiter an Boden verloren, gab es in Wien eine deutliche Trendwende: Seit Ultimo 2000 hat der ATX um gut 15 Prozent zugelegt und den Verlust des Vorjahres mehr als aufgeholt. Noch besser haben seither lediglich ausgesprochen spekulative Börsen wie Moskau, Shanghai und Mexico City abgeschnitten.



Titel waren unterbewertet


Die positive Entwicklung hat mehrere Ursachen. Eine davon: Die Erholung startete von einem sehr niedrigen Niveau aus. An keiner anderen europäischen Börse gab es zu Jahresbeginn so viele Standardwerte mit einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV). Die auffällige Unterbewertung österreichischer Dividendentitel, verursacht durch jahrelanges Desinteresse der internationalen institutionellen Anleger, lud zu Käufen ein.


Daran hat sich auch nach dem jüngsten Kursanstieg nicht viel geändert. Gerade jetzt, wo sich so mancher Investor mit den kärglichen Resten seines einstigen Vermögens für immer von Internetaktien verabschiedet, sind Qualität und Stabilität gefragter denn je. In Wien sind zahlreiche Titel aus "altmodischen" Branchen notiert, die genau das zu bieten haben. Wenn solche Aktien dann noch auffällig preiswert sind, gar mit dem Zusatzschmankerl üppiger Dividendenrenditen locken - umso besser.



Tabakaktien wieder Börsenstars


In den USA hat es Weltmarktführer Philip Morris vorexerziert: Seit Mitte 2000 sind die ehemals weltweit verschmähten Tabakaktien zu Börsenstars geworden. Der frühere Staatsbetrieb Austria Tabak hat von dieser Entwicklung stark profitiert und notiert derzeit in der Nähe seines Allzeithochs. Gegenüber dem Tief vom Sommer 2000 bedeutet dies eine Kurssteigerung von mehr als 100 Prozent.


Dennoch ist die Aktie mit einem KGV von etwa 13 auf Basis der für das Jahr 2002 erwarteten Gewinne noch immer nicht zu teuer. Austria Tabak gilt als klassischer Übernahmekandidat. Aber auch wenn eine Übernahme noch einige Zeit auf sich warten lassen sollte, können sich Anleger beruhigt zurücklehnen: Die Dividendenrendite von etwa vier Prozent und ein stabiles Gewinnwachstum dürften den Kurs wirksam nach unten absichern. Der Zigarettentitel gehört inzwischen zu den schwersten Indexwerten an der Wiener Börse: Mit einer Gewichtung im ATX von 11,9 Prozent liegt Austria Tabak haarscharf hinter dem Öltitel OMV (zwölf Prozent) auf Rang drei. Unangefochtener Spitzenreiter, jedenfalls seit dem Abgang der Bank Austria, ist die Erste Bank mit einer Indexgewichtung von knapp 19 Prozent.


Die Aktie des Indexriesen hat sich 2001 ebenfalls recht gut entwickelt: Sie stieg von 47 Euro bis auf 62 Euro in der Spitze und konsolidiert seither auf hohem Niveau. Durch Übernahmen von Bankhäusern in Tschechien und in der Slowakischen Republik hat sich die Erste Bank in diesen Ländern gut positioniert. Nach 4,20 Euro im Vorjahr sollen 2001 4,47 Euro und im kommenden Jahr 5,39 Euro verdient werden. Mit einem 2002er KGV von etwa elf ist die Bankaktie noch immer nicht teuer und eignet sich als Beimischung für konservativ geführte Depots.



Günstiger Einstieg bei OMV möglich


Vervollständigt wird das Spitzentrio der Wiener Börse durch den Öl- und Gaskonzern OMV. Auch für die Aktie des ehemaligen Staatsbetriebs gilt: solide und billig. Die jüngste Kursentwicklung bereitete den Anlegern allerdings wenig Freude: Von 123 Euro in der Spitze sackte der Energietitel bis auf etwa 100 Euro ab. Als Ursache dafür gilt, dass OMV das Rennen um Aral gegen den Ölmulti British Petroleum verloren hat. Es galt schon fast als sicher, dass OMV sich mit Eon einig würde, Veba Oel und damit die Aral-Tankstellen zu übernehmen. Als Folge fällt OMV als Tankstellenbetreiber in Österreich auf einen ungewohnten zweiten Platz zurück. Konservative Langfristanleger sollten den Kursrückschlag als Chance zum günstigen Einstieg betrachten: Die OMV-Aktie ist derzeit zu einem KGV von etwa acht zu haben.


In Zeiten weltweit flauer Konjunkturaussichten sind Stahlaktien im Allgemeinen nicht gerade erste Wahl. Allerdings weiß man an der Börse schon seit mehr als 100 Jahren, dass man gerade Stahltitel in der Rezession kaufen und in der Hochkonjunktur verkaufen muss, wenn man damit Gewinne erzielen will. Für vorausschauende Anleger könnte es also durchaus lohnen, sich die Aktie der VA Stahl einmal etwas näher anzusehen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch diese Aktie mit einem KGV von weniger als acht recht preiswert ist und dass es sich auch hier um einen ehemaligen Staatsbetrieb handelt.


Knapp 38 Prozent des Aktienkapitals liegen noch immer in Staatsbesitz, der Anteil soll aber demnächst deutlich reduziert werden. Die interessantesten Aspekte an VA Stahl sind die Produktpalette und die Absatzmärkte. Massenprodukte spielen nur eine geringe Rolle, denn VA Stahl hat sich wegen der weitaus höheren Gewinnmargen und der geringeren Konjunkturabhängigkeit auf Spezialprodukte konzentriert.


Damit sind die Gewinnschwankungen deutlich niedriger als branchenüblich, und die Aktie hätte eigentlich eine Bewertung verdient, die über dem Branchendurchschnitt liegt. Bislang ist das Gegenteil der Fall, aber das könnte sich im Zuge der "Entdeckung" österreichischer Aktien ändern. Da VA Stahl 95 Prozent ihres Umsatzes in Europa erzielt, ist das Unternehmen zudem von Konjunkturschwankungen in Übersee kaum betroffen.



Positive Entwicklung dürfte anhalten


Es spricht einiges dafür, dass die positive Entwicklung an der Wiener Börse anhält. In diesem Fall dürften auch deutsche Anleger keinen Fehler machen, wenn sie sich einige Blue Chips aus dem Nachbarland ins Depot legen.




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Günstig bewertete österreichische Dividendentitel


KGV Keine andere europäische Börse kann so viele Standardwerte mit einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnissen vorweisen.


Gewichtung Mit 19 Prozent ist die Erste Bank der "schwerste" Wert im Index ATX.



Schmankerl für New-Economy-gestresste Anleger
Acht Blue Chips aus "altmodischen" Branchen  

Name  
WKN  
Branche  
Kurs*  
Hoch/Tief**  
KGV 2002e  


Austria Tabak  
909 907  
Genussmittel  
84,05  
84,05/37,80  
13,1  



Erste Bank  
909 943  
Finanzdienstleister  
58,70  
63,00/44,00  
10,9  



Mayr-Melnhof  
890 447  
Papier  
54,38  
56,00/40,50  
9,4  



OMV  
874 341  
Öl, Gas  
105,77  
123,00/77,50  
7,9  



VA Stahl  
897 200  
Stahl  
34,39  
36,40/25,30  
7,6  



VA Technologie  
890 774  
Maschinenbau  
32,72  
58,00/27,20  
8,0  



Wienerberger  
852 894  
Baustoffe  
20,09  
24,40/18,50  
11,6  



Wolford  
893 975  
Mode  
17,80  
31,50/15,80  
9,1  







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