Ein Artikel für Leute,die die Skandale noch nicht vergessen haben.
Schluss mit lecker!
....Die Agrarmafia hat wieder zugeschlagen, ungeniert hat sie ihre Macht zur Schau gestellt. Es hat ihnen zu lange gedauert, die Reumütigen zu spielen und Reformwilligkeit vorzutäuschen. Unsere Bauernfunktionäre, diese Lobbyisten der Agrarindustrie, haben zu erkennen gegeben, was sie von all dem Gerede über Verbraucherschutz und Konsumentenwohl halten: gar nichts. Sie wollen weiter in Massen produzieren und dafür subventioniert werden.
Massen von Getreide, das wir nicht brauchen, Milch, die niemand trinkt, und Schlachtvieh, vor dem sich Tierfreunde grausen und Feinschmecker ekeln. Hohnlachend spotten sie über den Begriff Öko, die geplante Agrarwende ist ihnen ein rotes Tuch.
Kein Wunder, dass der Vorstoß des EU-Landwirtschaftskommissars Fischler entrüstet abgelehnt wird. Er schlug vor, die Bauern nicht mehr für Produktionssteigerungen zu subventionieren! Stattdessen sollen sie die ihnen anvertraute Natur hegen und pflegen und sie nicht weiterhin rücksichtslos ausbeuten.
Da haben sie aufgeheult wie Lourdes-Pilger, denen statt der Heiligen Jungfrau der Leibhaftige erschienen ist. Und alle Politiker, soweit sie der CSU angehören, haben mitgeheult. Bei dieser Gelegenheit meldete sich ein Herr Carstensen besonders lautstark. Er ist der Mann, welcher, sollte Stoiber die Wahl gewinnen, unter dem Bayern neuer Landwirtschaftsminister werden wird. Carstensen würde, kündigte der Kandidat an,»die einseitige Bevorzugung des ökologischen Landbaus« beenden.
Damit ist die Katze aus dem Sack. Alles, was an Agrarreformen in den letzten vier Jahren zugunsten der Verbraucher realisiert wurde, ist in den Augen Stoibers eine einseitige Bevorzugung des ökologischen Landbaus. Die will der Herr durch sein Kompetenzteam wieder rückgängig machen lassen. Sollten diese Herrschaften die Wahl gewinnen, weiß der Konsument jedenfalls, was ihm blüht.
Es existiert noch eine andere Gruppe in unserem Land, die nicht gerade heult, aber doch unüberhörbar jammert. Das sind die Gastronomen; jedenfalls die, die sich in ihren Etablissements um Qualität bemühen. Als hätte es ihnen die Regierung nicht schwer genug gemacht mit Sozialabgaben, mit der Verweigerung von Billigjobs und Arbeitszeitverkürzung, als hätten sie nicht genug zu leiden unter unsinnigen Reglementierungen und schikanösen Auflagen der Kommunen, bleiben ihnen jetzt auch die Gäste weg.
Gäste sind Konsumenten. Bleiben sie aus, lahmt die Konjunktur. Jeder erkennt es in den Ladenstraßen unserer Städte: Die Konsumenten konsumieren nicht mehr. Die Boutiquen mit den Luxusartikeln sind menschenleer. Dabei waren die Reichen noch nie so reich wie heute, und zahlenmäßig sind sie stark genug für eine eigene Partei, die Shopper-Union.
Aber nichts da, sie verjuxen ihre Euros in Übersee, wo sie ihre Landhäuser haben, das schont ihre Bentleys.
Aber auch zu Hause meiden sie die heimischen Dreisternerestaurants, denn bekanntlich spart der deutsche Mensch zuerst beim Essen, auch wenn er gar nicht sparen muss. Also sind unsere Restaurants leer, vor allem mittags, wenn der seriöse Geschäftsmann noch nicht ans Genießen denken darf (oder weil es keine seriösen Geschäftsleute mehr gibt).
Aus Berlin, der Heimstatt deutscher Politiker, hört man alarmierende Nachrichten: Der hat geschlossen, dieser macht demnächst Pleite, und der Dritte kann sich auch nicht lange mehr halten. Die Krise, so hört man allenthalben, nage am Fundament unserer mühsam errichteten Spitzengastronomie.
Und wer ist schuld? Niemand, denn sie ist weltweit virulent.
Leider stimmt das nicht. Auf meinen regelmäßigen Informationsreisen habe ich in den vergangenen Wochen gesehen, wo die Angst vor der Armut den Menschen den Appetit verschlägt. Bei uns.
Und nur bei uns. Jenseits der Grenzen sind die Restaurants voll, sogar sehr voll! Da wird nicht am Essen gespart, da gehört der kulinarische Genuss noch zu den Grundmustern zivilisierter Lebensart. Wann und wo ist zum letzten Mal der Ruf gehört worden: »Nobel geht die Welt zugrunde«? Bei uns jedenfalls nicht. Wir jammern lieber ein bisschen und gehen jämmerlich zugrunde.
Kann ja nicht jeder Stil besitzen.
Kürzlich hörte ich Paul Bocuse im Fernsehen sagen: »Es wurde noch nie so gut gekocht wie heute, und niemals hatten wir so erstklassige Produkte zur Verfügung.«
Bevor jetzt Herr Sonnleitner sich aufsetzt und ruft: »Deshalb brauchen wir auch keine Agrarwende!«, möchte ich daran erinnern, dass das Restaurant des Monsieur Bocuse in Frankreich steht und dass dort die Kartoffeln nicht so dick sind wie bei uns.
Auch ein paar andere Dinge unterscheiden sich nach Art und Aussehen sehr von unserem Bauernstolz. Deshalb ist das Restaurant von Paul Bocuse immer gut besucht.
Damit will ich jedoch nicht sagen, dass größere Hühner und kleinere Bohnen unsere Lokale füllen würden. Es bedarf mehr als hormonfreier Lebensmittel, um deutsche Knauser an den fein gedeckten Tisch zu locken. Vom preußischen Erbe, das uns so überraschend in den Schoß gefallen ist, haben wir ausgerechnet die elende Bescheidenheit adoptiert. Die Bescheidenheit des Konsumenten bedeutet immer die Verschlechterung seiner Lebensqualität. Denn sie bewirkt ja nichts anderes, als dass diese scheinbar edle Eigenschaft automatisch ausgenutzt wird von den Anbietern der billigen Massenware, auf Deutsch Schund genannt.
Jedes Mal, wenn uns jemand mahnt, den Gürtel enger zu schnallen, können wir sicher sein, dass der Mahner hinter seinem Rücken ein Billigangebot bereithält, an dem er klotzig verdient. Kann ja nicht jeder ein Preuße sein!
Dachten sich auch die Reiseveranstalter und haben sich umgehört in den Ländern, wohin sie uns pauschal verfrachten, und siehe da - wir sind beliebt.
Nicht nur beliebt, sondern auf der nach unten offenen Beliebtheitsskala nehmen wir den ersten Platz ein! Tusch!
Wer jetzt nicht mindestens die dritte Strophe laut singt, ist kein Patriot. Kann aber nicht jeder ein Tenor sein.
Doch während wir den Gürtel enger schnallen und schnallen, machen Restaurants wie Adermann, E. T. A. Hoffmann und Langhans (alle Berlin) die Schotten dicht, vermehren sich die Arbeitslosen sowie unsere Chancen, vom schwarzen Truthahn Stoiber und seinen Amigos regiert zu werden, woraufhin Lobbyisten Ministerämter besetzen und Rechtspopulisten ihre Schafe ins Trockene bringen.
Kann ja nicht jeder Grün wählen.
Wolfram Siebeck,das kulinarische Gewissen der Nation,in zeit.de
PS:Natürlich werden sie nicht gewinnen!! Es ist schon Scheisse,dass man die Schwarzwähler zu ihrem Glück zwingen muss!!
Ich kann mich auch noch an den first of mai 1986 erinnern:Radioaktivität in Deutschland niiiiiiiieeeeeeeeeeee!!Welche Pfeife war denn damals Innenminister!!
Ich werde den Namen der Pfeife hier nicht noch aussprechen.
Nur so nebenbei...
Schluss mit lecker!
....Die Agrarmafia hat wieder zugeschlagen, ungeniert hat sie ihre Macht zur Schau gestellt. Es hat ihnen zu lange gedauert, die Reumütigen zu spielen und Reformwilligkeit vorzutäuschen. Unsere Bauernfunktionäre, diese Lobbyisten der Agrarindustrie, haben zu erkennen gegeben, was sie von all dem Gerede über Verbraucherschutz und Konsumentenwohl halten: gar nichts. Sie wollen weiter in Massen produzieren und dafür subventioniert werden.
Massen von Getreide, das wir nicht brauchen, Milch, die niemand trinkt, und Schlachtvieh, vor dem sich Tierfreunde grausen und Feinschmecker ekeln. Hohnlachend spotten sie über den Begriff Öko, die geplante Agrarwende ist ihnen ein rotes Tuch.
Kein Wunder, dass der Vorstoß des EU-Landwirtschaftskommissars Fischler entrüstet abgelehnt wird. Er schlug vor, die Bauern nicht mehr für Produktionssteigerungen zu subventionieren! Stattdessen sollen sie die ihnen anvertraute Natur hegen und pflegen und sie nicht weiterhin rücksichtslos ausbeuten.
Da haben sie aufgeheult wie Lourdes-Pilger, denen statt der Heiligen Jungfrau der Leibhaftige erschienen ist. Und alle Politiker, soweit sie der CSU angehören, haben mitgeheult. Bei dieser Gelegenheit meldete sich ein Herr Carstensen besonders lautstark. Er ist der Mann, welcher, sollte Stoiber die Wahl gewinnen, unter dem Bayern neuer Landwirtschaftsminister werden wird. Carstensen würde, kündigte der Kandidat an,»die einseitige Bevorzugung des ökologischen Landbaus« beenden.
Damit ist die Katze aus dem Sack. Alles, was an Agrarreformen in den letzten vier Jahren zugunsten der Verbraucher realisiert wurde, ist in den Augen Stoibers eine einseitige Bevorzugung des ökologischen Landbaus. Die will der Herr durch sein Kompetenzteam wieder rückgängig machen lassen. Sollten diese Herrschaften die Wahl gewinnen, weiß der Konsument jedenfalls, was ihm blüht.
Es existiert noch eine andere Gruppe in unserem Land, die nicht gerade heult, aber doch unüberhörbar jammert. Das sind die Gastronomen; jedenfalls die, die sich in ihren Etablissements um Qualität bemühen. Als hätte es ihnen die Regierung nicht schwer genug gemacht mit Sozialabgaben, mit der Verweigerung von Billigjobs und Arbeitszeitverkürzung, als hätten sie nicht genug zu leiden unter unsinnigen Reglementierungen und schikanösen Auflagen der Kommunen, bleiben ihnen jetzt auch die Gäste weg.
Gäste sind Konsumenten. Bleiben sie aus, lahmt die Konjunktur. Jeder erkennt es in den Ladenstraßen unserer Städte: Die Konsumenten konsumieren nicht mehr. Die Boutiquen mit den Luxusartikeln sind menschenleer. Dabei waren die Reichen noch nie so reich wie heute, und zahlenmäßig sind sie stark genug für eine eigene Partei, die Shopper-Union.
Aber nichts da, sie verjuxen ihre Euros in Übersee, wo sie ihre Landhäuser haben, das schont ihre Bentleys.
Aber auch zu Hause meiden sie die heimischen Dreisternerestaurants, denn bekanntlich spart der deutsche Mensch zuerst beim Essen, auch wenn er gar nicht sparen muss. Also sind unsere Restaurants leer, vor allem mittags, wenn der seriöse Geschäftsmann noch nicht ans Genießen denken darf (oder weil es keine seriösen Geschäftsleute mehr gibt).
Aus Berlin, der Heimstatt deutscher Politiker, hört man alarmierende Nachrichten: Der hat geschlossen, dieser macht demnächst Pleite, und der Dritte kann sich auch nicht lange mehr halten. Die Krise, so hört man allenthalben, nage am Fundament unserer mühsam errichteten Spitzengastronomie.
Und wer ist schuld? Niemand, denn sie ist weltweit virulent.
Leider stimmt das nicht. Auf meinen regelmäßigen Informationsreisen habe ich in den vergangenen Wochen gesehen, wo die Angst vor der Armut den Menschen den Appetit verschlägt. Bei uns.
Und nur bei uns. Jenseits der Grenzen sind die Restaurants voll, sogar sehr voll! Da wird nicht am Essen gespart, da gehört der kulinarische Genuss noch zu den Grundmustern zivilisierter Lebensart. Wann und wo ist zum letzten Mal der Ruf gehört worden: »Nobel geht die Welt zugrunde«? Bei uns jedenfalls nicht. Wir jammern lieber ein bisschen und gehen jämmerlich zugrunde.
Kann ja nicht jeder Stil besitzen.
Kürzlich hörte ich Paul Bocuse im Fernsehen sagen: »Es wurde noch nie so gut gekocht wie heute, und niemals hatten wir so erstklassige Produkte zur Verfügung.«
Bevor jetzt Herr Sonnleitner sich aufsetzt und ruft: »Deshalb brauchen wir auch keine Agrarwende!«, möchte ich daran erinnern, dass das Restaurant des Monsieur Bocuse in Frankreich steht und dass dort die Kartoffeln nicht so dick sind wie bei uns.
Auch ein paar andere Dinge unterscheiden sich nach Art und Aussehen sehr von unserem Bauernstolz. Deshalb ist das Restaurant von Paul Bocuse immer gut besucht.
Damit will ich jedoch nicht sagen, dass größere Hühner und kleinere Bohnen unsere Lokale füllen würden. Es bedarf mehr als hormonfreier Lebensmittel, um deutsche Knauser an den fein gedeckten Tisch zu locken. Vom preußischen Erbe, das uns so überraschend in den Schoß gefallen ist, haben wir ausgerechnet die elende Bescheidenheit adoptiert. Die Bescheidenheit des Konsumenten bedeutet immer die Verschlechterung seiner Lebensqualität. Denn sie bewirkt ja nichts anderes, als dass diese scheinbar edle Eigenschaft automatisch ausgenutzt wird von den Anbietern der billigen Massenware, auf Deutsch Schund genannt.
Jedes Mal, wenn uns jemand mahnt, den Gürtel enger zu schnallen, können wir sicher sein, dass der Mahner hinter seinem Rücken ein Billigangebot bereithält, an dem er klotzig verdient. Kann ja nicht jeder ein Preuße sein!
Dachten sich auch die Reiseveranstalter und haben sich umgehört in den Ländern, wohin sie uns pauschal verfrachten, und siehe da - wir sind beliebt.
Nicht nur beliebt, sondern auf der nach unten offenen Beliebtheitsskala nehmen wir den ersten Platz ein! Tusch!
Wer jetzt nicht mindestens die dritte Strophe laut singt, ist kein Patriot. Kann aber nicht jeder ein Tenor sein.
Doch während wir den Gürtel enger schnallen und schnallen, machen Restaurants wie Adermann, E. T. A. Hoffmann und Langhans (alle Berlin) die Schotten dicht, vermehren sich die Arbeitslosen sowie unsere Chancen, vom schwarzen Truthahn Stoiber und seinen Amigos regiert zu werden, woraufhin Lobbyisten Ministerämter besetzen und Rechtspopulisten ihre Schafe ins Trockene bringen.
Kann ja nicht jeder Grün wählen.
Wolfram Siebeck,das kulinarische Gewissen der Nation,in zeit.de
PS:Natürlich werden sie nicht gewinnen!! Es ist schon Scheisse,dass man die Schwarzwähler zu ihrem Glück zwingen muss!!
Ich kann mich auch noch an den first of mai 1986 erinnern:Radioaktivität in Deutschland niiiiiiiieeeeeeeeeeee!!Welche Pfeife war denn damals Innenminister!!
Ich werde den Namen der Pfeife hier nicht noch aussprechen.
Nur so nebenbei...