23.03.2005
Ein paar Worte mit Hubertus Schmelz (Geschäftsführung-Sangui)
Sangui hat in den letzten Wochen einige Mitteilungen veröffentlicht. Um den Aktionären und der Öffentlichkeit einen zusammenhängenden Überblick zu geben und um die verschiedenen Aspekte richtig einordnen zu können, hat Renate Pentzien ein Interview mit Hubertus Schmelz geführt, dem Geschäftsführer der SanguiBioTech GmbH und verantwortlich für das Vorantreiben der unterschiedlichen Projekte und Produkte.
Renate Pentzien: Warum stellen Sie sich jetzt solch einem Interview, ist das nicht ein Schaulaufen für die Galerie?
Hubertus Schmelz: Nein, das ist keineswegs für die Galerie, sondern nimmt die Fragen von Aktionären der Muttergesellschaft auf, die uns immer wieder gestellt werden. Da wir nicht jeden Frager individuell behandeln können, machen wir das in dieser Form. Natürlich können wir nicht jede Frage beantworten, sei es aus fachlichem-, rechtlichem- oder aus geschäftspolitischem Grunde, aber der Großteil wird beantwortet. Der Zeitpunkt hat was mit den Produktfortschritten zu tun, vor allen Dingen mit der Erteilung des CE Zeichens und der Zertifizierung. Ich denke, daß das eine Zäsur und somit passende Gelegenheit darstellt.
Renate Pentzien: Herr Schmelz, Sie sind nun seit gut einem Jahr als Geschäftsführer von Sangui BioTech GmbH aktiv. Wo sehen Sie das Unternehmen heute?
Hubertus Schmelz: Ich sehe das Unternehmen erheblich weiter. Sangui hat mittlerweile drei Produkte verkauft - die Wundauflage sowie die beiden Kosmetik-Präparate - und es bestehen aussichtsreiche Kontakte auch im Hinblick auf die anderen Projekte. Leider ist im letzten Jahr ein Partner aus Gründen, die mit Sangui nicht das geringste zu hatten, zurückgetreten.
Dies hat natürlich die Planung völlig über den Haufen geworfen und leider zu Kündigungen und weiteren Einsparungen geführt. Aber, es sind auch neue Kräfte freigesetzt worden, und diese Sache ist erledigt. An dieser Stelle muss deutlich das Engagement der Mitarbeiter hervorgehoben werden, die teilweise unter Verzicht auf regelmäßiges Einkommen hart daran arbeiten, daß Sangui überlebt und weiter kommt. Insbesondere Prof. Dr. Barnikol und Dr. Pötzschke sind unermüdlich im Einsatz, und nach dem ersten Jahr kann ich nur sagen, daß es an der Kompetenz dieser Wissenschaftler für mich nicht den geringsten Zweifel gibt. Es mag anderswo auf der Welt ähnlich kompetente Fachleute zum Thema Hämoglobin und Wundmanagement geben, aber ganz sicher keine kompetenteren.
Renate Pentzien: Kürzlich wurden Sie von dem Pharma- und Medizinunternehmen Green Cross nach Südkorea eingeladen, um dort Produkte und Forschungsprojekte von Sangui vorzustellen. Was war das Ergebnis dieser Reise?
Hubertus Schmelz: Das Ergebnis war, daß wir mit Green Cross vereinbart haben, die Zulassungsmodalitäten der beiden Blutprojekte, Additiv und Spray, in Korea und Deutschland zu überprüfen. Wir haben ja bereits Gespräche mit dem BPharm geführt, so daß wir davon ausgehen, daß das Wundspray als Medizinprodukt Klasse III relativ schlank zugelassen werden kann. Hinsichtlich des Additivs gelten natürlich andere Regeln, aber auch da haben wir ziemlich konkrete Planungen vorliegen. Ansonsten hat Green Cross auch an der Wundauflage sowie möglicherweise den Kosmetikprodukten Interesse. Hier wird weiter kommuniziert. Leider hatten wir 30 Stunden Verspätung in Amsterdam, so daß die ursprüngliche Agenda nicht eingehalten werden konnte.
Renate Pentzien: Warum Korea, warum nicht Deutschland?
Hubertus Schmelz: Wir können uns unsere Partner nicht aussuchen, aber erstens haben wir keinerlei Zweifel an der Kompetenz und Seriösität von Green Cross, und zum anderen tun sich deutsche Unternehmen sehr sehr schwer, innovative Projekte ab einer gewissen Größenordnung zu finanzieren. Das mag viele Gründe haben, aber sicher trägt dazu die typische Struktur der hiesigen Unternehmen bei, also sehr lange und gestaffelte Entscheidungswege. Bei den kleineren Projekten sieht das, wie man sieht, anders aus.
Renate Pentzien: Auf welche Projekte bezieht sich das Interesse insbesondere?
Hubertus Schmelz: Ich denke, daß das Additiv das größte Interesse hervorgerufen hat, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich die Schwerpunkte der Pharmasparte von Green Cross ansieht. U.a. stellt Green Cross Albumin her, eine dem Hämoglobin sehr verwandte Substanz. Man ist also selbst sehr kompetent auf diesem Gebiet und kann insofern Sanguis Projekt sehr richtig einschätzen. Dies auch im Hinblick auf die Marktchancen. Aber auch der Glucosesensor wurde ausführlich vorgestellt, weil für Unternehmen, die sich mit Diabetes beschäftigen, auch diese Dinge interessant sind.
Renate Pentzien: Wie könnten Sie sich hier eine Kooperation vorstellen?
Hubertus Schmelz: Zunächst müssen wir abwarten, ob sich Green Cross positiv für dieses oder jenes entscheidet. Generell sind wir aber in der Lage, sehr flexible Lösungen anzubieten, also Verkäufe von Patenten und Know How, Consulting, Kooperationen, Umsatzbeteiligungen etc. Für Sangui gilt es nur eines: Wahrung der Aktiva solange und soweit es geht.
Renate Pentzien: Zurück zum Tagesgeschäft: Womit beschäftigen sich Ihre Wissenschafter konkret zur Zeit?
Hubertus Schmelz: Im Moment sind wir mit den Zulassungsfragen beschäftigt, nachdem die Zertifizierung der Wundauflage erledigt ist und auch das Body Gel fertiggestellt wurde. Natürlich wird gerade auf dem Gebiet der Dermakosmetik ständig weiter überlegt und auch probiert, aber im Moment besteht da kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Wir wollen jetzt mal abwarten, wie sich das Produkt verkauft, und dann sehen wir weiter.
Renate Pentzien: Was haben Sie für das Unternehmen Sangui konkret auf Ihrer Agenda als Ziele stehen?
Hubertus Schmelz: Konsolidierung durch erwirtschaften von Erlösen aus den drei bekannten Produkten. Alles weitere ergibt sich dann.
Renate Pentzien: Zwei konkrete Erfolge sind die Verleihung des CE-Zeichens für die Wundauflage und die Vermarktung Ihres Body-Gels im Fernsehen. Wie werden sich diese Produkte Ihrer Einschätzung nach entwickeln?
Hubertus Schmelz: Im Hinblick auf das Body Gel sind wir sehr gespannt und optimistisch, denn die Testergebnisse sind einfach ganz große Klasse. Allerdings handelt es sich hier um ein Produkt, welches sehr und im wahrsten Sinne das Gefühl anspricht. Da wir aber auch Interesse für die Vermarktung im stationären Handel haben, konkrete Gespräche werden wohl Anfang April stattfinden, sind wir sehr zuversichtlich. Die Erteilung des CE Zeichens war ganz außerordentlich wichtig. Zum einen kann ohne Zeichen keine Vermarktung stattfinden, zum anderen hat Sangui auch generell die Zertifizierung für das Qualitätsmanagement erhalten. Wie man an der Reaktion von BiologiQ sieht, führt dies sofort zu konkreten Gesprächen.
Renate Pentzien: Könnten Sie nicht auch das Wundspray nach gleichem Muster wie die Wundauflagen zertifizieren lassen? Der Markt für so ein Produkt - auch in Kombination mit der Wundauflage - ist angesichts der immensen Kosten der Wundbehandlungen weltweit doch sehr groß.
Hubertus Schmelz: Das ist richtig, das Wundspray dürfte ebenfalls als Medizinprodukt Klasse III zuzulassen sein. Es ergeben sich natürlich auch Synergieeffekte der beiden Produkte durch kombinatorische Anwendungen. Das wird von den Partnern und Interessenten durchaus auch verstanden. Sangui hat auf dem Gebiet des Wundmanagements, besonders der chronischen Wunden, sehr große Kompetenz, nicht zuletzt durch die tägliche Anwendung im Rahmen der Heilversuche. Dazu muss auch Herr Dr. Brocks erwähnt werden, der ebenfalls seit längerem entsprechende Versuche durchführt und wertvolle Erfahrungen gesammelt hat, welche unmittelbar in die Produkte und die Anwendungshinweise einfließen. Der Markt für diese Produkte ist in der Tat sehr groß; in Deutschland werden sicher hunderte von Millionen jährlich in die Verwaltung chronischer Wunden gesteckt, ohne daß echte Heilerfolge zu erzielen wären. Weltweit ist das ganze natürlich ein Milliardenmarkt. Wenn wir ein kleines Stückchen von diesem großen Kuchen abbekämen, wären wir sehr froh.
Renate Pentzien: Gibt es für dieses Produkt Kontakte oder Konzepte zur Vermarktung? Werden Sie notfalls eine Zulassung als Medizinprodukt im Alleingang aufnehmen?
Hubertus Schmelz: Wenn wir entsprechende Erlöse erwirtschaften, kann ich mir einen Alleingang sehr gut vorstellen, denn die Zulassung als Medizinprodukt, zumal mit unserer Zertifizierung, ist erheblich schneller und günstiger als die ursprünglich geplante Zulassung als Pharmakon. Aber natürlich hat sich die Lage auch wegen der Wundauflage gründlich verbessert, so daß ganz unabhängig von neuen Interessenten bestehende Verbindungen auch hier eine Rolle spielen könnten. Diese Dinge passen eben sehr gut zusammen.
Renate Pentzien: Die Nanotechnologie hat dem Bodygel zu großartigen Testergebnissen verholfen. Was wird sich aus dieser Rezeptur noch entwickeln lassen?
Hubertus Schmelz: Generell alles, was hineinpasst und Sinn macht. Also die Palette der Kosmetik und der Dermatologie. Wie bereits gesagt, finden hier dauernd Überlegungen statt, die auch zu entsprechenden Versuchen mit kompetenten Partnern führe. Ergebnisse werden natürlich bekannt gegeben. Der Geschäftsführer hatte als naturwissenschaftlicher Laie sogar die Idee, ob man nicht auch mal an eine äußerliche Anwendung a la Viagra denken könnte, also an ein Erektikum, und nach den ersten betriebsinternen Lachern wird das ernsthaft in Erwägung gezogen. Aber ob aus dieser Idee was wird, ist derzeit nicht abzusehen.
Renate Pentzien: Was macht das Anti-Aging Produkt im Vertrieb der Mercatura? Steht die Joop-Kooperation? Wieviel Umsatz bringt Mercatura alleine?
Hubertus Schmelz: Wir freuen uns, daß Herr Joop und die Mercatura AG das Produkt in die Wunderkind Serie integrieren wollen. Wir sehen Wunderkind als eine sehr starke Marke. Außerdem hat man uns Einzelheiten der bisherigen Vermarktung übermittelt, die natürlich vertraulich behandelt werden müssen. Wegen der zukünftigen Zusammenarbeit werden wir uns sehr schnell zu entsprechenden Gesprächen zusammensetzen. An dieser Stelle der Hinweis, daß sich Interessenten wegen der Bezugsquellen an die Mercatura AG wenden sollten. Ganz unabhängig davon sind wir natürlich bestrebt, das Produkt so effektiv und weit wie möglich zu vermarkten.
Renate Pentzien: Wie steht es mit dem Nahrungsergänzungsmittel Oligochit?
Hubertus Schmelz: Oligochit war und ist ein Produkt der Oligopharm aus Russland, also keine originäre Sangui Sache. Sangui hat allerdings die int. Patentanmeldung des Herstellungsverfahrens als Anmelder betrieben, ist also über diesen Link nach wie vor mit dem Produkt verbunden. Im Zuge unserer notwendigen Einsparungen sind wir daher mit den Dres. Teslenko und Burow so verblieben, daß diese den Vertrieb in eigener Regie weiterführen. Wenn sich Interessenten für klinische Studien zum Thema Morbus Crohn etc. melden, dann sind wir natürlich bereit, diese im Sinne der gemeinsamen Sache zu begleiten. Ich denke, damit ist den beteiligten im Moment am besten gedient.
Renate Pentzien: Wieviel Umsatz brauchen Sie, um die laufenden Kosten zu decken? Mit welchem Einnahmen-Mix können Sie Sangui damit kurzfristig über Wasser halten?
Hubertus Schmelz: Wir brauchen circa € 40.000 pro Monat. Dies sollte mittelfristig mit den Produkten möglich sein.
Renate Pentzien: Gibt es auch Chancen für internationalen Vertrieb?
Hubertus Schmelz: Ja, die gibt es. Sie kennen die Absicht von BiologiQ, die Wundauflage und möglicherweise auch das Wundspray in den Beneluxländern zu vermarkten. Es gibt weitere Anfragen aus diversen Ländern, aber konkrete Gespräche haben noch nicht stattgefunden. Auch für die Kosmetischen Produkte gibt es Interesse aus dem Ausland, und unser Partner bei dem Thema Teleshopping hat auch Kontakte zu ausländischen Sendern.
Renate Pentzien: Welche dieser Produkte schätzen Sie als besonders chancenreich auf dem Markt ein? Welche sind für das Unternehmen besonders ertragreich?
Hubertus Schmelz: Eindeutig das Body Gel.
Renate Pentzien: Zurück zu den Langzeitprojekten: Was glauben Sie, wann kann das Zulassungsprocedere für das Blut-Additiv gemeinsam aufgenommen werden?
Hubertus Schmelz: Das hängt von den Ergebnissen der Prüfungen ab. Gemäß unserer Planung könnte die Präklinik sehr schnell begonnen werden.
Renate Pentzien: Mit welchen Interessenten sprechen Sie derzeit über den Glukose Sensor?
Hubertus Schmelz: Nur bei Green Cross hat in der letzten Zeit eine Präsentation stattgefunden. Aber gestatten Sie noch ein Wort zu unerbetenen Anfragen. Sangui, wie sicher viele andere Unternehmen auch, erhält ständig Anfragen von Vermittlern und Agenten und Vermarktern, inländischen und auch ausländischen. Allerdings sind darunter etliche, welche letztlich Produkte für lau erhalten wollen, um dann mal auszuprobieren, ob da was geht. Gern wird dann auch gleich ein schlüssiges Marketingkonzept inkl. Werbemaßnahmen als Zubrot erwartet, also genau das, was Sangui als reines Forschungs- und Entwicklungsunternehmen nicht leisten kann und nicht leisten will. Leider kann Sangui auf dieser Basis nicht tätig werden, und das führt dann hin und wieder zu Verstimmungen auf Seiten dieser Interessenten. Jedenfalls stellt nicht jeder Kontakt eine seriöse Chance dar, und dies führt auch dazu, daß nur diejenigen veröffentlicht werden, welche hinreichend Aussicht auf Erfolg haben.
Renate Pentzien: Führt die gespannte Kassenlage zur Abwanderung von Know-how?
Hubertus Schmelz: Es hat zu Kündigungen geführt, die leider auch DR. Burow und Dr. Teslenko betroffen haben. Herr Dr. Teslenko ist dem Unternehmen aber durch gemeinsame Patente verbunden. Im Falle Prof. Dr. Barnikol und Dr. Pötzschke ist das gesamte Know How personalisiert, über welches die Sangui GmbH verfügt. Beide arbeiten seit fast zwanzig Jahren zusammen, und der Erfolg von Sangui ist ihr Erfolg. Ich kann mir daher nicht vorstellen, daß es hier zu irgendeiner Trennung kommen könnte. Im Gegenteil, beide arbeiten mehr den je an der Verwirklichung ihrer Projekte. Dafür schulden ihnen die Mitarbeiter und die Aktionäre der Muttergesellschaft großen Dank.
Renate Pentzien: Eine etwas persönliche Abschlussfrage: Ihnen wird ein etwas hemdsärmeliger und manchmal schroffer Stil nachgesagt, stimmen Sie da zu?
Hubertus Schmelz: Ja, das stimmt wohl. Ich habe aber auch Anzug und Krawatte. Allerdings muß man manchen Leuten manchmal auch deutlich sagen, was geht und was nicht geht. Ich habe es gern, wenn alle wissen, woran sie sind. Nicht gern habe ich unverbindliches Gerede und mal auf den Busch klopfen. Dies betrifft in erster Linie die weiter oben behandelten selbsternannten Vertriebsprofis und Agenten. Wer erwartet, mit den Produkten zu verdienen, der muß auch bereit sein, selbst zu investieren. Gleiches gilt für allerlei Unternehmensberater, die gern unangemeldet anrufen und sich auf angebliche Telephonate mit dem Geschäftsführer berufen, in denen Informationsgespräche verabredet worden sein sollen. Da sind manche Seifensieder unterwegs. Wer sich angesprochen fühlt, möge die Kosten des Anrufs sparen. Aber mit den Seriösen, die es natürlich auch gibt, komme ich glaube ich ganz gut aus.