RTS-Index steigt gegen den Trend auf Allzeithoch - Langfristige Aussichten gut
von Beatrix Wirth und Holger Zschäpitz
Berlin - Der russische Börsen-Bär steppt. Dabei ist in Moskau der Bär kein Symbol für sinkende Kurse, sondern für strotzende Kraft und Stärke. Der Aktienmarkt Russland ist die einzige Börse weltweit, die derzeit auf Allzeithoch notiert. Seit Jahresanfang hat der RTS-Index um 70 Prozent zugelegt, allein in den ersten Oktobertagen fast zehn Prozent auf nunmehr über 600 Punkte. Damit macht das Marktbarometer die Russlandkrise von 1997/98 vergessen. Damals war der RTS von knapp 600 Zählern auf unter 40 Punkte abgesackt.
Kein Wunder, dass die Weltöffentlichkeit ihren Blick gen Russland richtet: Politiker geben sich die Klinke in die Hand. So trifft sich Bundeskanzler Schröder heute mit dem russischen Präsidenten Putin zu Wirtschaftsgesprächen im Ural. Ausländische Konzerne reißen sich um einen Einstieg in die boomende Wirtschaft. Für den größten russischen Ölkonzern, die neue Yukos-Sibneft, gibt es mit Chevron-Texaco und Exxon-Mobile gleich zwei Bewerber, die an einer Beteiligung interessiert sind. Und auch die Anleger strömen in Scharen ins ehemalige Zarenreich. Nach Zahlen von Brunswick UBS haben die Investoren in ihren Portfolios den Russland-Anteil seit Januar verdoppelt.
"Der Markt ist so extrem stark, dass er mir fast ein bisschen Angst macht", sagt Steffen Gruschka, Fondsmanager bei der DWS. "Doch sind die Anleger weiter bereit zu investieren." UBS-Stratege Peter Boone erwartet ebenfalls eine Fortsetzung der Kursrallye. Auch wenn sich der Russland-Anteil in den Depots weltweit erhöht habe, sei die Gewichtung insgesamt mit unter 0,1 Prozent immer noch marginal.
Boone hat mehrere Faktoren ausgemacht, die die Börse weiter antreiben dürften. Zu ihnen gehört der mögliche Wiederaufstieg Russlands in die Investmentklasse. Die Rating-Agentur Moody's hat angekündigt, das Land eventuell noch im Oktober vom spekulativen Rang gleich um zwei Grade hochzustufen. Eine gute Nachricht für konservativere Investoren, denen sich das Land dann als Anlageuniversum erschließen würde. Zudem würden die angedachten Veränderungen der Aktienstruktur bei Gazprom, einem der größten russischen Konzerne, ein Investment in Russland attraktiver machen.
Vor allem jedoch der Reichtum an Bodenschätzen, insbesondere Öl, hat es allen Strategen angetan. Der anhaltend hohe Ölpreis ist Schmierstoff für die Wirtschaft des mittlerweile weltgrößten Erdölexporteurs. Nach Berechnungen von Credit Suisse First Boston bringt eine Ölpreisänderung von nur einem Dollar pro Barrel zwei Mrd. Dollar mehr oder weniger in den russischen Haushalt. Das sind umgerechnet 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die hohe Korrelation zwischen Ölpreis und Börsenentwicklung von über 50 Prozent erscheint daher kaum überraschend.
Trotz aller positiven Argumente gibt es jedoch keine Garantie für eine ununterbrochene Kurshausse. "Ich erwarte kurzfristig eine scharfe Korrektur", sagt Maryam Mansoury, Fondsmanagerin des Carlson Equity Eastern Europe. "Es gibt für das Anlage suchende Geld in Russland zu wenige Aktien." Die Börsenkapitalisierung in Moskau beträgt lediglich 112 Mrd. Euro - ein Siebtel des deutschen Marktes. Daher könnten schon relativ kleine Summen große Verschiebungen auslösen, argumentiert Mansoury. Auch Marzin Firjka von der Activest hält es für wahrscheinlich, dass die Anleger in naher Zukunft einmal Gewinne mitnehmen. "Doch anders als 1997 werden wir diesmal keinen großen Kurssturz erleben, denn die ökonomische Situation ist heute viel besser", so der Anlageprofi. Nach Ansicht der beiden Fondsmanager ist ein Rücksetzer sogar erstrebenswert: Das wäre ein guter Zeitpunkt zum Einstieg in einen Markt mit langfristig herausragenden Chancen.
Welt.de
von Beatrix Wirth und Holger Zschäpitz
Berlin - Der russische Börsen-Bär steppt. Dabei ist in Moskau der Bär kein Symbol für sinkende Kurse, sondern für strotzende Kraft und Stärke. Der Aktienmarkt Russland ist die einzige Börse weltweit, die derzeit auf Allzeithoch notiert. Seit Jahresanfang hat der RTS-Index um 70 Prozent zugelegt, allein in den ersten Oktobertagen fast zehn Prozent auf nunmehr über 600 Punkte. Damit macht das Marktbarometer die Russlandkrise von 1997/98 vergessen. Damals war der RTS von knapp 600 Zählern auf unter 40 Punkte abgesackt.
Kein Wunder, dass die Weltöffentlichkeit ihren Blick gen Russland richtet: Politiker geben sich die Klinke in die Hand. So trifft sich Bundeskanzler Schröder heute mit dem russischen Präsidenten Putin zu Wirtschaftsgesprächen im Ural. Ausländische Konzerne reißen sich um einen Einstieg in die boomende Wirtschaft. Für den größten russischen Ölkonzern, die neue Yukos-Sibneft, gibt es mit Chevron-Texaco und Exxon-Mobile gleich zwei Bewerber, die an einer Beteiligung interessiert sind. Und auch die Anleger strömen in Scharen ins ehemalige Zarenreich. Nach Zahlen von Brunswick UBS haben die Investoren in ihren Portfolios den Russland-Anteil seit Januar verdoppelt.
"Der Markt ist so extrem stark, dass er mir fast ein bisschen Angst macht", sagt Steffen Gruschka, Fondsmanager bei der DWS. "Doch sind die Anleger weiter bereit zu investieren." UBS-Stratege Peter Boone erwartet ebenfalls eine Fortsetzung der Kursrallye. Auch wenn sich der Russland-Anteil in den Depots weltweit erhöht habe, sei die Gewichtung insgesamt mit unter 0,1 Prozent immer noch marginal.
Boone hat mehrere Faktoren ausgemacht, die die Börse weiter antreiben dürften. Zu ihnen gehört der mögliche Wiederaufstieg Russlands in die Investmentklasse. Die Rating-Agentur Moody's hat angekündigt, das Land eventuell noch im Oktober vom spekulativen Rang gleich um zwei Grade hochzustufen. Eine gute Nachricht für konservativere Investoren, denen sich das Land dann als Anlageuniversum erschließen würde. Zudem würden die angedachten Veränderungen der Aktienstruktur bei Gazprom, einem der größten russischen Konzerne, ein Investment in Russland attraktiver machen.
Vor allem jedoch der Reichtum an Bodenschätzen, insbesondere Öl, hat es allen Strategen angetan. Der anhaltend hohe Ölpreis ist Schmierstoff für die Wirtschaft des mittlerweile weltgrößten Erdölexporteurs. Nach Berechnungen von Credit Suisse First Boston bringt eine Ölpreisänderung von nur einem Dollar pro Barrel zwei Mrd. Dollar mehr oder weniger in den russischen Haushalt. Das sind umgerechnet 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die hohe Korrelation zwischen Ölpreis und Börsenentwicklung von über 50 Prozent erscheint daher kaum überraschend.
Trotz aller positiven Argumente gibt es jedoch keine Garantie für eine ununterbrochene Kurshausse. "Ich erwarte kurzfristig eine scharfe Korrektur", sagt Maryam Mansoury, Fondsmanagerin des Carlson Equity Eastern Europe. "Es gibt für das Anlage suchende Geld in Russland zu wenige Aktien." Die Börsenkapitalisierung in Moskau beträgt lediglich 112 Mrd. Euro - ein Siebtel des deutschen Marktes. Daher könnten schon relativ kleine Summen große Verschiebungen auslösen, argumentiert Mansoury. Auch Marzin Firjka von der Activest hält es für wahrscheinlich, dass die Anleger in naher Zukunft einmal Gewinne mitnehmen. "Doch anders als 1997 werden wir diesmal keinen großen Kurssturz erleben, denn die ökonomische Situation ist heute viel besser", so der Anlageprofi. Nach Ansicht der beiden Fondsmanager ist ein Rücksetzer sogar erstrebenswert: Das wäre ein guter Zeitpunkt zum Einstieg in einen Markt mit langfristig herausragenden Chancen.
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