Wintereinbruch wird Experten zufolge Notierungen schnell wieder steigen lassen
Ruhe an den Ölmärkten ist trügerisch
An den internationalen Energiemärkten ist in den vergangenen Tagen etwas Ruhe eingekehrt. Experten warnen allerdings davor, den jüngsten Preisrückgang überzubewerten. Steigende Lagerbestände in den USA und die bisher niedrigen Temperaturen haben die Ölpreise zum Wochenende auf den niedrigsten Stand seit Anfang Juni gedrückt. Das europäische Brentöl näherte sich zeitweise sogar der Marke von 54 Dollar je Barrel (159 Liter). Gestern notierte Brentöl wieder bei gut 54,80 Dollar.
DÜSSELDORF. "Wir dürfen uns trotz der aktuellen Ölpreisrückgänge nicht in Sicherheit wiegen. Die Ölmärkte stehen auf Messers Schneide – ein harter Winter würde vor allem die Heizölnotierungen in den USA hochtreiben“, sagt der Essener Energieprofessor Dieter Schmitt. Verknappungen bei weiterverarbeiteten Produkten könnten zudem die Erdölpreise wieder aufwärts ziehen.
„Die Märkte bekommen zurzeit trügerische Signale“, warnt auch Gabriele Widmann, Volkswirtin der Deka-Bank. Die insgesamt steigenden US-Lagerbestände signalisierten zwar eine Verbesserung auf der Angebotsseite, gleichzeitig gebe es eine leichte Abschwächung der Nachfrage. Allerdings seien die Heizölvorräte in den USA extrem niedrig. Und wegen des milden Wetters sei die Nachfrage in den USA, aber auch in Europa noch gering. „Durch einen Temperatureinbruch wird diese kurzfristige Sicht der Märkte drehen“, sagt Widmann.
Die US-Benzinlagerbestände haben sich in der vergangenen Woche um 4,2 Millionen Barrel erhöht. Gleichzeitig fielen aber die Heizöl- und Diesellagerbestände um 84 000 Barrel. Ein Grund dafür liegt laut Deka-Bank darin, dass die amerikanischen Raffinerien zuletzt vor allem die Benzinproduktion forciert haben. Die Raffinerien haben nach wie vor Kapazitätsprobleme. In der extremen Hurrikan-Saison – in diesem Jahr waren besonders viele und starke Stürme zu verzeichnen – waren auch die Ölförder- und -produktionsanlagen im Golf von Mexiko in Mitleidenschaft gezogen worden. Brentöl hatte sich auf Grund der Verknappungen im August auf über 68 Dollar verteuert.
Hans W. Schiffer, Energieanalyst von RWE Power in Essen, erinnert zudem daran, dass die von der US-Regierung geplante Aufstockung der strategischen Energiereserven auf Basis von Ölprodukten immer noch nicht geschehen ist. Diese latenten Engpässe in der US-Mineralölverarbeitung würden auf die europäischen Notierungen in Rotterdam sofort durchschlagen. Hinzu komme, dass auch die Erdgasversorgung in den USA gefährdet bleibe, warnt Schiffer. Und für die Zukunft bestehe nach wie vor die Gefahr einer nachhaltigen Ölverknappung, weil die Investitionsdynamik zu wünschen übrig lasse, heißt es im Hamburger Fachblatt Energie-Informationsdienst.
Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) bemüht sich derweil um eine weitere Beruhigung der Märkte. Ahmad al-Fahd al-Sabah, Opec-Präsident und kuwaitischer Ölminister, sagte gestern: „Bisher haben wir keinerlei Pläne, die Produktion zu verringern.“ Das Ölkartell wird planmäßig am 12. Dezember in Kuwait über seine Produktionsquoten beraten. Al-Sabah begründete die Haltung der Opec mit der bevorstehenden kalten Jahreszeit: „Wir müssen warten, der Winter hat noch nicht begonnen.“
Der aktuelle Einfluss der Witterung auf die Rohölpreise zeigte sich gestern in den wieder anziehenden Notierungen. Der Aufschlag von fast einem Dollar gegenüber den Preisen vom Freitag wurde in Marktkreisen vor allem mit den Wettervorhersagen für die USA und Europa begründet. Auch die Rohstoff-Experten von Goldman Sachs (GS) heben die aus der Witterung resultierenden Unsicherheiten hervor. „Mit dem gerade beginnenden Winter und dem Winterwetter bleibt der Einfluss auf die Energiemärkte unsicher.“ Der aktuelle Preisrückgang bietet nach Einschätzung der GS-Analysten, die auch für 2006 eine angespannte Marktlage prognostizieren, ein „attraktives Eintrittsniveau“ in Energie-Investments.
Unsicherheit bleibt
Wetter: In diesem Jahr haben Wirbelstürme in den USA die Ölpreise auf Rekordhöhen getrieben. Ein scharfer Winter in der nördlichen Hemisphäre könnte neue Engpässe vor allem bei den Produkten bringen.
Politik: Die Versorgung mit Rohöl ist zurzeit zwar gesichert. Doch wichtige Hauptfördergebiete liegen in politisch instabilen Regionen.
Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 15. November 2005, 08:34 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Ruhe an den Ölmärkten ist trügerisch
An den internationalen Energiemärkten ist in den vergangenen Tagen etwas Ruhe eingekehrt. Experten warnen allerdings davor, den jüngsten Preisrückgang überzubewerten. Steigende Lagerbestände in den USA und die bisher niedrigen Temperaturen haben die Ölpreise zum Wochenende auf den niedrigsten Stand seit Anfang Juni gedrückt. Das europäische Brentöl näherte sich zeitweise sogar der Marke von 54 Dollar je Barrel (159 Liter). Gestern notierte Brentöl wieder bei gut 54,80 Dollar.
DÜSSELDORF. "Wir dürfen uns trotz der aktuellen Ölpreisrückgänge nicht in Sicherheit wiegen. Die Ölmärkte stehen auf Messers Schneide – ein harter Winter würde vor allem die Heizölnotierungen in den USA hochtreiben“, sagt der Essener Energieprofessor Dieter Schmitt. Verknappungen bei weiterverarbeiteten Produkten könnten zudem die Erdölpreise wieder aufwärts ziehen.
„Die Märkte bekommen zurzeit trügerische Signale“, warnt auch Gabriele Widmann, Volkswirtin der Deka-Bank. Die insgesamt steigenden US-Lagerbestände signalisierten zwar eine Verbesserung auf der Angebotsseite, gleichzeitig gebe es eine leichte Abschwächung der Nachfrage. Allerdings seien die Heizölvorräte in den USA extrem niedrig. Und wegen des milden Wetters sei die Nachfrage in den USA, aber auch in Europa noch gering. „Durch einen Temperatureinbruch wird diese kurzfristige Sicht der Märkte drehen“, sagt Widmann.
Die US-Benzinlagerbestände haben sich in der vergangenen Woche um 4,2 Millionen Barrel erhöht. Gleichzeitig fielen aber die Heizöl- und Diesellagerbestände um 84 000 Barrel. Ein Grund dafür liegt laut Deka-Bank darin, dass die amerikanischen Raffinerien zuletzt vor allem die Benzinproduktion forciert haben. Die Raffinerien haben nach wie vor Kapazitätsprobleme. In der extremen Hurrikan-Saison – in diesem Jahr waren besonders viele und starke Stürme zu verzeichnen – waren auch die Ölförder- und -produktionsanlagen im Golf von Mexiko in Mitleidenschaft gezogen worden. Brentöl hatte sich auf Grund der Verknappungen im August auf über 68 Dollar verteuert.
Hans W. Schiffer, Energieanalyst von RWE Power in Essen, erinnert zudem daran, dass die von der US-Regierung geplante Aufstockung der strategischen Energiereserven auf Basis von Ölprodukten immer noch nicht geschehen ist. Diese latenten Engpässe in der US-Mineralölverarbeitung würden auf die europäischen Notierungen in Rotterdam sofort durchschlagen. Hinzu komme, dass auch die Erdgasversorgung in den USA gefährdet bleibe, warnt Schiffer. Und für die Zukunft bestehe nach wie vor die Gefahr einer nachhaltigen Ölverknappung, weil die Investitionsdynamik zu wünschen übrig lasse, heißt es im Hamburger Fachblatt Energie-Informationsdienst.
Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) bemüht sich derweil um eine weitere Beruhigung der Märkte. Ahmad al-Fahd al-Sabah, Opec-Präsident und kuwaitischer Ölminister, sagte gestern: „Bisher haben wir keinerlei Pläne, die Produktion zu verringern.“ Das Ölkartell wird planmäßig am 12. Dezember in Kuwait über seine Produktionsquoten beraten. Al-Sabah begründete die Haltung der Opec mit der bevorstehenden kalten Jahreszeit: „Wir müssen warten, der Winter hat noch nicht begonnen.“
Der aktuelle Einfluss der Witterung auf die Rohölpreise zeigte sich gestern in den wieder anziehenden Notierungen. Der Aufschlag von fast einem Dollar gegenüber den Preisen vom Freitag wurde in Marktkreisen vor allem mit den Wettervorhersagen für die USA und Europa begründet. Auch die Rohstoff-Experten von Goldman Sachs (GS) heben die aus der Witterung resultierenden Unsicherheiten hervor. „Mit dem gerade beginnenden Winter und dem Winterwetter bleibt der Einfluss auf die Energiemärkte unsicher.“ Der aktuelle Preisrückgang bietet nach Einschätzung der GS-Analysten, die auch für 2006 eine angespannte Marktlage prognostizieren, ein „attraktives Eintrittsniveau“ in Energie-Investments.
Unsicherheit bleibt
Wetter: In diesem Jahr haben Wirbelstürme in den USA die Ölpreise auf Rekordhöhen getrieben. Ein scharfer Winter in der nördlichen Hemisphäre könnte neue Engpässe vor allem bei den Produkten bringen.
Politik: Die Versorgung mit Rohöl ist zurzeit zwar gesichert. Doch wichtige Hauptfördergebiete liegen in politisch instabilen Regionen.
Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 15. November 2005, 08:34 Uhr
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