Steuerprivileg auf dem Prüfstand
Rürup-Kommission spricht Lebensversicherung den Vorsorgecharakter ab
von Thomas Exner
Berlin - Für die Bundesbürger sind die Lebensversicherungen das beliebteste Vorsorge-Instrument überhaupt. Die Experten der Rürup-Kommission sehen in ihnen dagegen vor allem ein Anlageprodukt, mit dem sich Vermögen aufbauen lässt. Ihr Ratschlag an die Politik lautet, die steuerlichen Vergünstigungen für Neuverträge ab 2005 zu streichen. Die Prämien müssten dann grundsätzlich aus versteuertem Einkommen bezahlt und die Zinserträge versteuert werden. Die Folge wäre eine deutliche Schmälerung der Renditen.
Kein Wunder, dass die Versicherer um die Attraktivität ihres Parade-Produktes fürchten und Widerstand ankündigen. Denn von den derzeit rund 90 Mio. Policen sind etwa 70 Mio. kapitalbildende Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht. Skeptiker wie der Rentenexperte der Union, Andreas Storm, sehen in dem Rürup-Vorstoß gar den "Todesstoß für die Lebensversicherung".
Sorgen bereitet den Assekuranzen dabei weniger die Abschaffung des Steuerprivilegs auf die Prämienzahlungen. "Da die meisten Bürger den entsprechenden Freibetrag ohnehin schon mit ihren Beitragszahlungen für die gesetzliche Rentenversicherung ausschöpfen, würde sich diese Änderung in der Praxis kaum auswirken", so Gabriele Hoffmann, Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Eindeutig schwerer wiege die vorgeschlagene Besteuerung der Zinserträge und die beabsichtigte Abschaffung der Pauschalbesteuerung für betriebliche Direktversicherungen. Hoffmann: "Damit wird der Förderrahmen in der betrieblichen Altersversorgung unnötig eingeengt."
Die von der Rürup-Kommission angeregte Schaffung einer zusätzlichen, kapitalgedeckten Leibrentenversicherung würde den Versicherern zwar neues Geschäft versprechen, doch sie fürchten, dass diese bei den Sparern möglicherweise auf geringes Interesse stoßen würde. "Die Menschen wollen im Alter über ihr Geld frei verfügen können und auch der Gedanke des Vererbens spielt eine wichtige Rolle", so Hoffmann. Eine Einschätzung, die auch Peter Köhler, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler, bestätigt: "Die Menschen, die mit 30 Jahren eine Rentenversicherung abschließen, wollen sich einfach eine gewisse Flexibilität - beispielsweise für den Krankheitsfall im Alter - erhalten. Wer ein Kapitalwahlrecht ausschließt, berücksichtigt nicht die psychologische Bedürfnislage der Versicherungsnehmer." Schlimmstenfalls werde mit einer solchen Veränderung der steuerlichen Förderung sogar das Ziel einer verstärkten privaten Vorsorge konterkariert. Köhler: "Manch einer macht dann vielleicht gar nichts mehr."
Insgeheim haben sich die Lebensversicherer zwar längst darauf eingestellt, dass das bisherige Steuerprivileg so nicht erhalten bleiben wird. Sie hoffen aber darauf, dass es zu einem Kompromiss in der Frage der steuerlichen Behandlung von kapitalbildenden Lebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht kommen wird. Schließlich wurden in der Vergangenheit schon wiederholt entsprechende Vorstöße abgefangen oder zumindest abgemildert. Viele Branchenkenner setzen diesmal auf eine Verlängerung der Mindestlaufzeit der Policen bis zum 60. oder 65. Lebensjahr, um die steuerlichen Vorteile zu erhalten.
Aber auch, wenn es diesmal nicht zu einer Verständigung mit der Politik kommen sollte, können die Versicherer zumindest kurzfristig auf gute Geschäfte hoffen. Denn dann werde es bis zum Inkrafttreten der Reform zu einem wahren Absatzboom kommen, spekulieren Marktkenner.
Rürup-Kommission spricht Lebensversicherung den Vorsorgecharakter ab
von Thomas Exner
Berlin - Für die Bundesbürger sind die Lebensversicherungen das beliebteste Vorsorge-Instrument überhaupt. Die Experten der Rürup-Kommission sehen in ihnen dagegen vor allem ein Anlageprodukt, mit dem sich Vermögen aufbauen lässt. Ihr Ratschlag an die Politik lautet, die steuerlichen Vergünstigungen für Neuverträge ab 2005 zu streichen. Die Prämien müssten dann grundsätzlich aus versteuertem Einkommen bezahlt und die Zinserträge versteuert werden. Die Folge wäre eine deutliche Schmälerung der Renditen.
Kein Wunder, dass die Versicherer um die Attraktivität ihres Parade-Produktes fürchten und Widerstand ankündigen. Denn von den derzeit rund 90 Mio. Policen sind etwa 70 Mio. kapitalbildende Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht. Skeptiker wie der Rentenexperte der Union, Andreas Storm, sehen in dem Rürup-Vorstoß gar den "Todesstoß für die Lebensversicherung".
Sorgen bereitet den Assekuranzen dabei weniger die Abschaffung des Steuerprivilegs auf die Prämienzahlungen. "Da die meisten Bürger den entsprechenden Freibetrag ohnehin schon mit ihren Beitragszahlungen für die gesetzliche Rentenversicherung ausschöpfen, würde sich diese Änderung in der Praxis kaum auswirken", so Gabriele Hoffmann, Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Eindeutig schwerer wiege die vorgeschlagene Besteuerung der Zinserträge und die beabsichtigte Abschaffung der Pauschalbesteuerung für betriebliche Direktversicherungen. Hoffmann: "Damit wird der Förderrahmen in der betrieblichen Altersversorgung unnötig eingeengt."
Die von der Rürup-Kommission angeregte Schaffung einer zusätzlichen, kapitalgedeckten Leibrentenversicherung würde den Versicherern zwar neues Geschäft versprechen, doch sie fürchten, dass diese bei den Sparern möglicherweise auf geringes Interesse stoßen würde. "Die Menschen wollen im Alter über ihr Geld frei verfügen können und auch der Gedanke des Vererbens spielt eine wichtige Rolle", so Hoffmann. Eine Einschätzung, die auch Peter Köhler, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler, bestätigt: "Die Menschen, die mit 30 Jahren eine Rentenversicherung abschließen, wollen sich einfach eine gewisse Flexibilität - beispielsweise für den Krankheitsfall im Alter - erhalten. Wer ein Kapitalwahlrecht ausschließt, berücksichtigt nicht die psychologische Bedürfnislage der Versicherungsnehmer." Schlimmstenfalls werde mit einer solchen Veränderung der steuerlichen Förderung sogar das Ziel einer verstärkten privaten Vorsorge konterkariert. Köhler: "Manch einer macht dann vielleicht gar nichts mehr."
Insgeheim haben sich die Lebensversicherer zwar längst darauf eingestellt, dass das bisherige Steuerprivileg so nicht erhalten bleiben wird. Sie hoffen aber darauf, dass es zu einem Kompromiss in der Frage der steuerlichen Behandlung von kapitalbildenden Lebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht kommen wird. Schließlich wurden in der Vergangenheit schon wiederholt entsprechende Vorstöße abgefangen oder zumindest abgemildert. Viele Branchenkenner setzen diesmal auf eine Verlängerung der Mindestlaufzeit der Policen bis zum 60. oder 65. Lebensjahr, um die steuerlichen Vorteile zu erhalten.
Aber auch, wenn es diesmal nicht zu einer Verständigung mit der Politik kommen sollte, können die Versicherer zumindest kurzfristig auf gute Geschäfte hoffen. Denn dann werde es bis zum Inkrafttreten der Reform zu einem wahren Absatzboom kommen, spekulieren Marktkenner.