Roland Leuschel: Die Nachbeben des grossen Börsenc

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Roland Leuschel: Die Nachbeben des grossen Börsenc

 
16.07.01 14:54
Roland Leuschel

Die Nachbeben des grossen Börsencrashs vorbei?
Ende März wies ich darauf hin, dass der grosse Salami-Crash 1997/2000 sich seinem Ende zuneigte und es wieder Zeit wurde, Value-Aktien und stark gebeutelte Technologiewerte einzusammeln, das heisst, den Aktienanteil eines Portefeuilles über die Minimumgrenze von 30% zu erhöhen. Bei der Nasdaq und dem Neuen Markt gingen die Aktienoptimisten allerdings so gierig ans Werk, dass ich Ende Mai (« Droht ein neues Börsengewitter? ») warnen und auf das « Mitnehmen von Gewinnen » pochen musste. « All diese Aktienkurse laufen Ihnen nicht weg », war mein Urteil. Heute gibt es Anzeichen dafür, dass nach dem Sommergewitter nun dennoch eine Sommerrallye an den Märkten folgt. Aber bleiben Sie vorsichtig. Der Aufwärtsweg wird holprig, und Sie müssen weiterhin auf der Hut sein. « Die meisten Bullenmärkte beginnen mitten in einer Rezession », sagte Ende Mai der Chefökonom der zweitgrössten Bank der Welt, Stephen King von HSBC. « Erst aus mittlerer Sicht werden Aktien ein lohnendes Engagement. » Und wir sind noch nicht in der Rezession.

Ich bleibe bei meiner Meinung : Nach dem grössten Börsencrash aller Zeiten (Kapitalvernichtung rund 5.000 Milliarden US-Dollar) riskieren wir eine Weltrezession sowie eine globale Finanzkrise in Form einer Dollarkrise. So ist nun einmal der Ablauf der Dinge, und die Konjunkturschwäche in den USA stellt die grösste Gefahr für die Stabilität des internationalen Finanzsystems dar. Sollte sich die Gewinnsituation der Unternehmen weiterhin verschlechtern, und vieles deutet darauf hin, dann könnte es noch im Herbst zu Kurseinbrüchen am Aktienmarkt kommen. Die Analysten von J.P. Morgan rechnen für das kommende Jahr mit einem erheblich schwächeren Gewinnwachstum der US-Gesellschaften als die Konsensschätzungen annehmen: Nach einem Rückgang der Gewinne von rund 10% im Jahre 2001 könnte nach Schätzungen der Bank der Gewinnanstieg im Jahre 2002 mit nur 6% recht dürftig ausfallen. Die Konsensschätzungen gehen von +19% aus. Ein wesentlicher Grund für die moderate Einschätzung der J.P. Morgan Analysten besteht in der Beurteilung der Unternehmen des Technologie- und Finanzsektors; denn in « beiden Industrien ist angesichts der Investititionszurückhaltung der Unternehmen und der schwachen Verfassung der Kapitalmärkte nicht mit einer deutlichen Erholung der Gewinne zu rechnen ».

Stephen King formuliert es sehr deutlich: « Once upon a time, the number one fear was a US recession. Now the biggest danger is a global recession. » Die starke Abnahme des Welthandels in diesem Jahr könnte eine globale Finanzkrise auslösen. Zwar hat der Godfather von Wall Street, Alan Greenspan, bereits 6 mal die Leitzinsen gesenkt, aber der Geldpolitik sind in diesem Szenario Grenzen gesetzt. Ganz davon abgesehen, dass in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, Japan, die Zinsen bereits seit über einem Jahr bei 0% angekommen sind. Andere Chefökonomen von Morgan Stanley oder Merrill Lynch sind sogar davon überzeugt, dass sich letztlich stark « deflationäre Kräfte » entwickeln. Diese These ist ernst zu nehmen, und das von mir im November letzten Jahres vorausgesagte Stagflations-Szenario hätte dann nur eine kurze Lebensdauer, nämlich gerade mal ein Jahr (2001). Wer diese Überlegungen für pessimistisch hält, dem empfehle ich, den gerade veröffentlichten Jahresbericht des Internationalen Währungsfonds zu lesen. « International financial markets are threatened by the risk of further falls in US stocks and a potentially disruptive drop in the value of the dollar. » In seinem Jahresbericht schreibt das IWF wörtlich : « Price-earnings ratios in the US and other markets were somewhat on the high standards of historical averages. A sharp repricing in US stocks was a key risk for the world economy. »

Ich kann Ihnen nur empfehlen, täglich die amerikanischen Börsenmärkte und den Dax zu beobachten. Sollten die im März/April dieses Jahres erreichten Tiefstpunkte noch einmal getestet werden, dann besteht das Risiko, neuer Tiefstpunkte, bevor der neue Bullenmarkt wieder beginnt. Zwischenzeitlich würde ich meinen Cashbestand (20 bis 30% des Portefeuilles) hochhalten, wobei die Postion in Dollar auf weniger als 50% zurückgefahren werden sollte. Bei Anleihen würde ich nach wie vor nur allererste Qualität suchen, AAA, und auf die höheren Renditen bei Unternehmensanleihen bzw. Schwellenmärkten verzichten. Man kann nicht alles haben im Leben.

Übrigens sollten tatsächlich die Experten der deflationistischen These Recht behalten, dann kann es auch zu Preiseinbrüchen in Teilsegmenten (z.B. London oder München, Südspanien oder Portugal) des Immobiliensektors kommen, wo überhitzte Gemüter glaubten, die Mentalität vom Neuen Markt auf Immobilienpreise übertragen zu können. Wie so etwas ausgeht, wissen wir inzwischen: Seit Anfang Juli 2000, also seit einem Jahr, mussten 70% der Gesellschaften am Neuen Markt Kursverluste von über 90% einstecken. So sieht die Realität aus. Konservatives auf Rendite basiertes Anlageverhalten ist weiterhin gefragt. Die Zeit für Spekulanten kommt viel später wieder.

Roland Leuschel

16.07.2001
draki:

der gute alte Leuschel o.T.

 
16.07.01 15:49
Digedag:

Zu Leuschels letzten Absatz bez. Immobilien:

 
16.07.01 17:53
Die Commerzbank bietet ihren Kunden zur Zeit den hauseigenen Immobilienfond "Hausinvest" (WKN: 980701) wie Sauerbier an:
Innhehalb von 5 Wochen habe ich jetzt schon den 2. Brief bekommen, ob ich da nicht was anlegen will.

Ich bin jetzt schon 11 Jahre bei denen Kunde, aber noch nie so penetrant mit etwas bombardiert worden ...
vanSee:

nun ja auf Immobilien

 
16.07.01 21:16
würde ich auch nicht unbedingt setzen
007Bond:

hm,

 
16.07.01 21:36
man schaue sich die Preisentwicklung auf dem Immobiliensektor auf einen Zeitraum von 50 Jahren an .. was ist dort zu erkennen?
teleboerse:

uuuuuuaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhh

 
16.07.01 22:30
nein, mein immo fond ist zz mein bestes pferd im stall ;-))

aber auch seb bietet mir gerade eine 3% reduktion an. sollten das bereits die alarmglocken sein ????
aber, der chart ist doch geil

Roland Leuschel: Die Nachbeben des grossen Börsenc 372945cdchart.innovative-software.com/informer2/...dtype2=&volumen=" style="max-width:560px" >

teleboerse
vanSee:

na dann muss ich das

 
17.07.01 20:42
wohl doch noch mal überdenken
malen:

Die Nachbeben dauern an, und die allgemeine Aktien

 
27.07.01 12:51
Roland Leuschel

Die Nachbeben dauern an, und die allgemeine Aktieneuphorie steigt!

Das mag einem objektiven Realisten seltsam vorkommen. Während der Index der Weltbörsen (FTSE World Index) wieder auf sein Niveau von 270 Ende März/Anfang April fällt, nachdem er rasant um 15% auf 310 bis Anfang Juni stieg, während also der vorherige Tiefstpunkt des Jahres 2001 derzeit wieder getestet wird, tragen die Analysten und Aktienstrategen einen ungebrochenen Optimismus zur Schau. Während es also von Gewinnwarnungen seitens der Unternehmen nur so wimmelt, und die vor einem Jahr gemachten Gewinnprognosen der Analysten von der Realität mittlerweile lächerlich gemacht worden sind, soll es nach den neuesten Analysten-Schätzungen für 2002 mit den Gewinnen allgemein rasant nach oben gehen. Wer glaubt, wird selig !, sagte schon meine Urgrossmutter. Laut Analysten-Schätzungen sollen die Gewinne der im S&P 500 vorhandenen Unternehmen um 26% und die der Anbieter von Informationstechnologie im nächsten Jahr um 146% steigen und damit wieder das Niveau vom Jahr 2000 erreichen. « Der Optimismus an der Wall Street ist ungebrochen », schreibt die Financial Times am 23.7., und die FAZ vom 26.7. setzt noch einen drauf und titelt ihren Artikel « Erste Vorboten einer Kurswende in New York - Analysten deuten die starken Kursschwankungen als Auftakt eines Bullenmarktes ». Auf der einen Seite wagt kaum noch ein Unternehmen über die Gewinne der nächsten Zukunft eine Prognose zu veröffentlichen, aber nicht nur die Analysten sind bullisch sondern auch die Aktienstrategen. Der Chefstratege der Investmentbank Credit Suisse First Boston, Tom Galvin, offensichtlich von den 2,1 Billionen Dollar (2.100 Milliarden Dollar), die in Geldmarktfonds schlummern, umnebelt (Kasse macht sinnlich sagte ein Bundestagsabgeordneter in den 50er Jahren) sagt es ganz deutlich : « Sobald die Gewinne auf einen Wandel deuten, wird jeder wieder in den Markt zurückkehren. » Nun diese 2,1 Billionen Dollar repräsentieren fast 20% der Marktkapitalisierung des umfassenden Aktienindex Wilshire 5000, und in der Geschichte der Börsen hat es noch nie so viel Geld im Vergleich zur gesamten Börsenkapitalisierung gegeben, das auf Lauerstellung liegt. Der Realist allerdings stellt sich zwei Fragen : Die KGV auf Basis der geschätzten Gewinne für Ende 2001 beim Standard & Poors 500 liegt jetzt bei 24 (beim Dax 27). Das ist teuer, zumal das Anleihen-KGV unter 20 ist. Greenspan hat es mal wieder geschafft, für eine neue Blase am Aktienmarkt zu sorgen. Er verdient somit zu Recht seinen Titel « Hohepriester der Blasen ». Unterstützung findet Greenspan bei Leuten wie Professor Dr. Rüdiger Irving Dornbusch, der wie wir alle wissen bereits Ende Dezember vergangenen Jahres erklärt hat : « Es wird nie wieder Rezession in Amerika geben, die amerikanische Wirtschaft strotzt vor Kraft. » Jetzt erklärte Paul O'Neill, US-Finanzminister, dass bereits am Ende dieses Jahres die amerikanische Wirtschaft auf ihren normalen Wachstumspfad zurückgekehrt sein wird (road to a golden age of prosperitiy), und auch der deutsche Bundeskanzler weigert sich, seine Prognosen zum Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik zu adjustieren. Übrigens der Vorgänger von O'Neill, Robert Rubin, erklärte in dieser Woche, dass das riesige Leistungsbilanzdefizit der USA (450 Milliarden Dollar oder 4,5% des BSP) nach wie vor eine Riesengefahr für den Dollar darstellt, besonders nach der kürzlich erfolgten Steuerkürzung von 1,35 Billionen Dollar.

Ich befürchte nach wie vor, dass die Nachbeben vom grossen Crash anhalten werden, zumal die angekündigte Drosselung der Ölproduktion der Opec dafür sorgen könnte, dass die Benzinpreise wieder ansteigen, und der bisherige Motor für die Kursverbesserung an den Aktienmärkten im Zeitraum April bis Juni, die Zinssenkungen, nicht mehr wirksam sind. Also bleiben Sie vorerst in Cash und kurzfristigen Anleihen und nehmen das Risiko in Kauf, die erste Phase am neuen Bullenmarkt zu verpassen.

Ein Berufsoptimist in Sachen Aktien, vielleicht sogar der grösste Optimist aller Zeiten, verkündete noch vor zwei Jahren über alle Medien, dass zwar der nächste Crash komme, aber nach seinen Berechnungen erst im Jahre 2046, und somit Roland Leuschel aller Wahrscheinlichkeit ihn nicht erleben muss. Dieser Mann schreibt jetzt am 23.7. in der FAZ unter dem Titel « Prognosen erfordern Mut » : « Nach einem nunmehr über 15-monatigen Börseneinbruch, der nur mit dem Börsencrash von 1929 vergleichbar ist … Im nachhinein sei es daher verständlich, dass nach der Euphorie auf den Märkten ein Kurseinbruch ensprechend dramatisch ausfallen musste », und er fügte hinzu : « Hinterher sind offensichtlich alle klüger. » Da würde ich sagen, da hat der Optimist wirklich übertrieben. Nicht alle sind klüger, denn er wagt eine Prognose für den Dow Jones bis Ende dieses Jahres von 12.000, Nasdaq 3.000 und Dax 7.000.

Roland Leuschel

27.07.2001

draki:

nochmal up o.T.

 
27.07.01 15:41
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