Vor allem Autoindustrie und Maschinenbau leiden
Rohstoffe und Euro belasten Unternehmen
Die rasant steigenden Rohstoffpreise und der anhaltend starke Euro schmälern zunehmend die Gewinne exportstarker deutscher Unternehmen. Der maßgebliche CRB-Index, der die Preise von 17 Rohstoffen abbildet, erreichte zuletzt den höchsten Stand seit 24 Jahren. Gleichzeitig erwarten Volkswirte, dass der Euro gegenüber dem Dollar weiter aufwerten wird. Von diesem Doppeleffekt negativ betroffen sind vor allem die Automobilindustrie und der Maschinenbau.
HB DÜSSELDORF. Mehrere Autohersteller haben bereits auf den Doppeleffekt reagiert. Volkswagen etwa gab kürzlich bekannt, wegen der negativen Währungseffekte den vor allem für den Export in die USA vorgesehenen Freizeit-Van „Microbus“ komplett aufzugeben. Damit fallen 1500 geplante neue Jobs in Wolfsburg weg. Auch Daimler stoppte im Februar sein Projekt für die neue B-Klasse in den USA. „Wegen der Währungsrelationen haben wir entschieden, die Mercedes-B-Klasse vorerst nicht in den USA zu verkaufen“, begründete ein Daimler-Sprecher den Schritt.
Nachdem die US-Handelsbilanz im Januar das zweithöchste Defizit ihrer Geschichte erreicht hat, rechnen Volkswirte damit, dass der Dollar gegenüber dem Euro weiter abwerten wird. „Das Handelsdefizit der USA zeigt noch keinerlei Anzeichen einer Korrektur“, sagte der Chefvolkswirt der Investmentgesellschaft Invesco Asset Management, John Greenwood. Er hält es für möglich, dass der Euro von derzeit gut 1,34 im Jahresverlauf auf 1,40 Dollar steigt. Experten führen die Dollar-Abwertung auf die Sorge zurück, dass die USA künftig nicht mehr genügend ausländisches Kapital anziehen können, um ihr Handelsbilanzdefizit zu finanzieren.
Auch der deutsche Automobilverband VDA rechnet mit einem dauerhaft schwachen Dollar. „Es sieht so aus, als ob die USA Währungspolitik nach dem Motto machen: Unsere Währung – euer Problem“, kritisierte VDA-Präsident Bernd Gottschalk. Nach Berechnungen der Autoexperten der WestLB könnten Währungseffekte allein aus dem US-Geschäft das Ergebnis von BMW in diesem Jahr um 886 Mill. Euro schmälern. Mit 933 Mill. Euro sei der negative Währungseffekt für die Marke Mercedes sogar noch stärker. Deshalb geben BMW-Chef Helmut Panke und Mercedes-Chef Eckhard Cordes auch keine konkreten Gewinnprognosen. Zur Euro-Stärke hinzu kommen die deutlich gestiegenen Stahlpreise. Allein dadurch werden in diesem Jahr den Autoherstellern jeweils 200 bis 300 Mill. Euro in der Wertschöpfungskette verloren gehen, rechnet die Unternehmensberatung Booz-Allen-Hamilton vor.
Die überwiegend mittelständischen Maschinenbauer stehen ebenfalls unter Druck. Der Branchenverband VDMA erwartet, dass der Effekt aus Euro-Stärke und hohen Rohstoffpreisen in diesem Jahr voll durchschlägt. Wegen des starken Euros müssen nach Angaben des VDMA insbesondere deutsche Unternehmen, die Wettbewerber in den USA oder Japan hätten, große Preisnachlässe einräumen, um Aufträge zu erhalten. Die hohen Stahlpreise wiederum belasteten beispielsweise schon im vergangenen Jahr das operative Ergebnis des Mischkonzerns Linde im Geschäft mit Gabelstaplern mit 20 Mill. Euro. Welche Auswirkungen es in diesem Jahr geben werde, sei noch unklar. Der Hersteller von Landmaschinen, Claas, hat wegen der höheren Stahlkosten bereits im vergangenen Sommer die Preise um fast fünf Prozent erhöht. Da die Konkurrenten in der gleichen Lage seien, hätten die Kunden die Preiserhöhung akzeptieren müssen, sagte ein Claas-Sprecher.
Ein Ende der steigenden Rohstoffpreise jedenfalls ist nicht in Sicht. Seit Herbst 2001 legte der CRB-Index kontinuierlich zu, allein im vergangenen Jahr um 11,2 Prozent. Bei der letzten Notierung am Freitag stieg er auf das 24-Jahreshoch von 318,6 Punkten. Prominentester Preistreiber ist das Rohöl, das in den vergangenen Tagen so teuer war wie nie zuvor. Aber auch Industriemetalle wie Kupfer markieren neue Höchststände.
„Wachstumsoptimismus und die Schwäche des Dollars unterstützen die Metalle“, begründet die Investmentbank J.P. Morgan den Boom. Zu den Hauptgründen für den Aufschwung der Rohstoffnotierungen zählen das nach wie vor starke Wachstum der Weltwirtschaft und der immense Rohstoffhunger von Ländern wie China und Indien. Der Rohstoffexperte Jim Rogers geht davon aus, dass die derzeitige Hausse frühestens im Jahr 2014 auslaufen wird. Auch Claus Vogt von der Berliner Effektenbank sieht den Preisanstieg als „Beginn einer langfristigen Aufwärtsentwicklung bei den Rohstoffen“.
Renaissance der soliden Werte
Preishausse: Der Anstieg der Rohstoffpreise setzte im Herbst 2001 ein und erreichte am Freitag ein 24-Jahreshoch: Der maßgebliche Index des Informationsdienstes Commodity Research Bureau (CRB) legte auf 318,6 Punkte zu. Der Index enthält 17 Komponenten, darunter Weizen, Kaffee, Zucker, Gold, Rohöl und Kupfer. Wichtigster Preistreiber ist Rohöl, das in den vergangenen Tagen so teuer war wie noch nie.
Rohstoffhunger: Einer der wichtigsten Gründe für die Preishausse ist der immense Rohstoffhunger von China und Indien. Die zwei Länder sind zum entscheidenden Faktor auf der Nachfrageseite geworden. Dabei trifft die Nachfrage auf nur geringe Bestände. Bei Aluminium etwa erwartet die Commerzbank wegen der „robusten Nachfrage“ eine weitere Verknappung.
Anlagechance: Die US-Investmentbank J.P. Morgan sieht „weitere Zuflüsse in Investmentprodukte wie Rohstoffindizes“ und erwartet, dass das Interesse an solchen Anlageformen anhalten wird.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 14. März 2005, 07:00 Uhr
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Der Einsame Samariter
Rohstoffe und Euro belasten Unternehmen
Die rasant steigenden Rohstoffpreise und der anhaltend starke Euro schmälern zunehmend die Gewinne exportstarker deutscher Unternehmen. Der maßgebliche CRB-Index, der die Preise von 17 Rohstoffen abbildet, erreichte zuletzt den höchsten Stand seit 24 Jahren. Gleichzeitig erwarten Volkswirte, dass der Euro gegenüber dem Dollar weiter aufwerten wird. Von diesem Doppeleffekt negativ betroffen sind vor allem die Automobilindustrie und der Maschinenbau.
HB DÜSSELDORF. Mehrere Autohersteller haben bereits auf den Doppeleffekt reagiert. Volkswagen etwa gab kürzlich bekannt, wegen der negativen Währungseffekte den vor allem für den Export in die USA vorgesehenen Freizeit-Van „Microbus“ komplett aufzugeben. Damit fallen 1500 geplante neue Jobs in Wolfsburg weg. Auch Daimler stoppte im Februar sein Projekt für die neue B-Klasse in den USA. „Wegen der Währungsrelationen haben wir entschieden, die Mercedes-B-Klasse vorerst nicht in den USA zu verkaufen“, begründete ein Daimler-Sprecher den Schritt.
Nachdem die US-Handelsbilanz im Januar das zweithöchste Defizit ihrer Geschichte erreicht hat, rechnen Volkswirte damit, dass der Dollar gegenüber dem Euro weiter abwerten wird. „Das Handelsdefizit der USA zeigt noch keinerlei Anzeichen einer Korrektur“, sagte der Chefvolkswirt der Investmentgesellschaft Invesco Asset Management, John Greenwood. Er hält es für möglich, dass der Euro von derzeit gut 1,34 im Jahresverlauf auf 1,40 Dollar steigt. Experten führen die Dollar-Abwertung auf die Sorge zurück, dass die USA künftig nicht mehr genügend ausländisches Kapital anziehen können, um ihr Handelsbilanzdefizit zu finanzieren.
Auch der deutsche Automobilverband VDA rechnet mit einem dauerhaft schwachen Dollar. „Es sieht so aus, als ob die USA Währungspolitik nach dem Motto machen: Unsere Währung – euer Problem“, kritisierte VDA-Präsident Bernd Gottschalk. Nach Berechnungen der Autoexperten der WestLB könnten Währungseffekte allein aus dem US-Geschäft das Ergebnis von BMW in diesem Jahr um 886 Mill. Euro schmälern. Mit 933 Mill. Euro sei der negative Währungseffekt für die Marke Mercedes sogar noch stärker. Deshalb geben BMW-Chef Helmut Panke und Mercedes-Chef Eckhard Cordes auch keine konkreten Gewinnprognosen. Zur Euro-Stärke hinzu kommen die deutlich gestiegenen Stahlpreise. Allein dadurch werden in diesem Jahr den Autoherstellern jeweils 200 bis 300 Mill. Euro in der Wertschöpfungskette verloren gehen, rechnet die Unternehmensberatung Booz-Allen-Hamilton vor.
Die überwiegend mittelständischen Maschinenbauer stehen ebenfalls unter Druck. Der Branchenverband VDMA erwartet, dass der Effekt aus Euro-Stärke und hohen Rohstoffpreisen in diesem Jahr voll durchschlägt. Wegen des starken Euros müssen nach Angaben des VDMA insbesondere deutsche Unternehmen, die Wettbewerber in den USA oder Japan hätten, große Preisnachlässe einräumen, um Aufträge zu erhalten. Die hohen Stahlpreise wiederum belasteten beispielsweise schon im vergangenen Jahr das operative Ergebnis des Mischkonzerns Linde im Geschäft mit Gabelstaplern mit 20 Mill. Euro. Welche Auswirkungen es in diesem Jahr geben werde, sei noch unklar. Der Hersteller von Landmaschinen, Claas, hat wegen der höheren Stahlkosten bereits im vergangenen Sommer die Preise um fast fünf Prozent erhöht. Da die Konkurrenten in der gleichen Lage seien, hätten die Kunden die Preiserhöhung akzeptieren müssen, sagte ein Claas-Sprecher.
Ein Ende der steigenden Rohstoffpreise jedenfalls ist nicht in Sicht. Seit Herbst 2001 legte der CRB-Index kontinuierlich zu, allein im vergangenen Jahr um 11,2 Prozent. Bei der letzten Notierung am Freitag stieg er auf das 24-Jahreshoch von 318,6 Punkten. Prominentester Preistreiber ist das Rohöl, das in den vergangenen Tagen so teuer war wie nie zuvor. Aber auch Industriemetalle wie Kupfer markieren neue Höchststände.
„Wachstumsoptimismus und die Schwäche des Dollars unterstützen die Metalle“, begründet die Investmentbank J.P. Morgan den Boom. Zu den Hauptgründen für den Aufschwung der Rohstoffnotierungen zählen das nach wie vor starke Wachstum der Weltwirtschaft und der immense Rohstoffhunger von Ländern wie China und Indien. Der Rohstoffexperte Jim Rogers geht davon aus, dass die derzeitige Hausse frühestens im Jahr 2014 auslaufen wird. Auch Claus Vogt von der Berliner Effektenbank sieht den Preisanstieg als „Beginn einer langfristigen Aufwärtsentwicklung bei den Rohstoffen“.
Renaissance der soliden Werte
Preishausse: Der Anstieg der Rohstoffpreise setzte im Herbst 2001 ein und erreichte am Freitag ein 24-Jahreshoch: Der maßgebliche Index des Informationsdienstes Commodity Research Bureau (CRB) legte auf 318,6 Punkte zu. Der Index enthält 17 Komponenten, darunter Weizen, Kaffee, Zucker, Gold, Rohöl und Kupfer. Wichtigster Preistreiber ist Rohöl, das in den vergangenen Tagen so teuer war wie noch nie.
Rohstoffhunger: Einer der wichtigsten Gründe für die Preishausse ist der immense Rohstoffhunger von China und Indien. Die zwei Länder sind zum entscheidenden Faktor auf der Nachfrageseite geworden. Dabei trifft die Nachfrage auf nur geringe Bestände. Bei Aluminium etwa erwartet die Commerzbank wegen der „robusten Nachfrage“ eine weitere Verknappung.
Anlagechance: Die US-Investmentbank J.P. Morgan sieht „weitere Zuflüsse in Investmentprodukte wie Rohstoffindizes“ und erwartet, dass das Interesse an solchen Anlageformen anhalten wird.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 14. März 2005, 07:00 Uhr
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