14. Februar 2003 Die Börsen sind schwach, die Konjunktur dümpelt nur so vor sich hin und über allem lagert die Sorge über die möglichen Konsequenzen des offensichtlich unvermeidbaren Irakkrieges. Das ist schlecht für die Börsen und lässt Anleger nach Alternativen suchen. Deswegen laufen Anleihen sehr gut, aber auch Gold konnte seit Anfang des Jahres 2001 etwas mehr als 50 Prozent zulegen. Es steht mittlerweile auch im Brennpunkt der Medien. Und das ist nicht selten der Zeitpunkt, an dem sich der „Dampf schon wieder etwas abkühlt“.
Sieht man sich im Rohstoffbereich weiter um, so gibt es noch interessantere Entdeckungen. Denn das Platin hat seit dem Jahr 1999 satte 100 Prozent zugelegt und in den vergangenen Tagen mit 694 Dollar je Unze ein Allzeithoch erreicht. Und die Tür für einen weiteren Anstieg scheint offen zu sein. Denn neben der begrenzten Nachfrage aus der Schmuckindustrie tritt vor allem die Automobilindustrie als Abnehmer auf. Dort findet das Metall Verwendung in der gesetzlich vorgeschriebenen Abgasreinigung. Aus diesem Grund ist die Nachfrage sehr preisunelastisch. Das heißt, sie bleibt konstant, obwohl der Preis sehr stark steigt.
Umstellung auf alternative Materialien wäre kostspielig
Eine Umstellung auf andere Materialien -etwa Palladium - wäre sehr kostspielig. Die Analysten von ABM Amro halten es deswegen für möglich, dass der Preis bis über 1.000 Dollar je Unze steigen könnte, bevor sich etwas an der Nachfrage ändern würde. Möglicherweise könnte sich auf Grund der steigenden Kosten dann der Absatz von Dieselfahrzeugen zu Gunsten von Benzinfahrzeigen reduzieren. Denn dort ist der Wechsel auf Palladium einfacher. Auch die Nachfrage aus der restlichen Industrie dürfte nur bedingt preisempfindlich sein. Insgesamt gehen die ABN Amro-Analysten davon aus, dass sich das Wachstum der Nachfrage nach Platin zwar leicht abschwächen könnte, die Wachstumsrate aber vom Jahr 2003 bis zum Jahr 2005 zwischen vier und fünf Prozent liegen wird.
Das ist der fundamentale Hintergrund. Allerdings kommen weitere Überlegungen ins Spiel. So ist der jüngste Preisanstieg von Platin möglicherweise auch mit Ängsten vor Versorgungsengpässen zu begründen. In den vergangenen Tagen wurde über Streiks in russischen Mine Norilsk Nickel spekuliert. Dort wird Platin als Nebenprodukt der Palladium- und Nickelförderung gewonnen. Gerüchte über unerwartete russische Lieferungen oder Engpässe hatten schon in der Vergangenheit Preisausschläge verursacht. Unterstützt wird der Kurs auch von Produktionsstörungen in einer südafrikanischen Mine des Platinförderers Lonmin, die zu Lieferschwierigkeiten führen könnten. Kurzfristig ist folglich immer mit gewissen Preissprüngen zu rechnen.
Platinproduzenten bieten vereinzelt Chancen
Bei den Platinproduzenten sieht die Lage für Anleger gemischt aus. Die Aktie des mit jährlich 2,2 Millionen Unzen weltweit größten Platinförderers Angloplat hat zwar in lokaler Währung seit dem Jahr 1998 in der Spitze mehr als 800 Prozent zugelegt. In jüngster Zeit stagniert allerdings der Kurs. Der Gewinn fiel von acht auf 5,7 Milliarden Rand. Währungseffekte spielen sowohl dem Unternehmen als auch dem europäischen Anleger einen Streich, denn in Euro gerechnet war die Performance der Aktie nur wenig attraktiv.
Das Unternehmen dürfte dank seiner Größe und der hohen Reserven aus dem prophezeiten Nachfrageboom Kapital schlagen. Allerdings hat es unter der von Südafrikas Regierung verabschiedeten Bergbaucharta zu leiden. Dazu kommt, dass Anglo American den Anteil an Angloplat kontinuierlich ausbaut und wohl die Übernahme der Platintochter anstrebt. Diese Aussicht und die immer geringer werdende Liquidität der Titel wirkten sich in den vergangenen Monaten wenig vorteilhaft auf den Kurs aus.
Beim Konkurrenten Impala Platinum dürfte sich der Anteil der frei handelbaren Papiere durch die bevorstehende Auflösung des bisherigen Großaktionärs Gencor beträchtlich erhöhen. Impala wird dadurch zu einem Übernahmekandidaten, der wegen Übernahmefantasien und mit einem KGV von zehn interessant sein könnte. Ähnliches dürfte für Lonmin, die Nummer drei am Markt, gelten.
Der viergrößte Platinförderer Northam ist ein neu prosperierender Turn-Around-Wert. Er konnte die Produktion in jüngster Zeit ausweiten und schüttet einen großen Teil seines Ertrages aus - und dürfte das auch weiter tun, sofern der Platinpreis hoch bleibt. Und das ist die entscheidende Frage. Denn sollte zu schnell zu stark steigen, dann beschleunigt sich die Suche nach Alternativen, die die Preisentwicklung wenn nicht gar unterbrechen so doch dämpfen könnten. Aber noch ist es nicht so weit.