Riester schickt Jagoda in Rente
Als Konsequenz aus dem Skandal um geschönte Statistiken bei der Vermittlung wird der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, abgelöst. Jagoda machte am Mittwoch deutlich, dass er zum Rücktritt bereit ist.
Daraufhin sagte Arbeitsminister Walter Riester: "Dies ist ein gutes Signal." Die Regierung werde es aufgreifen. "Wir werden für Herrn Jagoda eine sinnvolle Lösung finden", sagte Riester.
Die offizielle Erklärung zur Ablösung Jagodas wird noch am Wochenende erwartet. Bis dahin sucht Riester mit dem Innenministerium nach einem Weg, wie der 61-jährige Beamte Jagoda den Chefsessel der Nürnberger Behörde verlassen kann, ohne seine Pensionsansprüche zu verlieren. Riester will am Donnerstag seine Eckpunkte für eine Reform der Bundesanstalt für Arbeit vorlegen und sich auch zu Jagoda äußern. Kandidaten für eine Nachfolge wurden bisher weder von der Regierung noch von Arbeitgebern oder Gewerkschaften genannt. So bald wie möglich will Riester sich zudem in einen Streit zwischen den privaten Arbeitsvermittlern und der Bundesanstalt über ihre Zusammenarbeit einschalten.
In einer nicht öffentlichen Sitzung des Sozialausschusses des Bundestags gab Jagoda am Mittwoch zwar Fehler zu. Eine Verletzung seiner Amtspflicht sehe er aber weiterhin nicht. Auch einen Rücktritt lehnte er zunächst ab. Dann aber sagte Jagoda, er wolle der Regierung nicht im Weg stehen, wenn diese glaube, dass eine Reform der Bundesanstalt mit ihm nicht machbar sei.
Diese Vorlage nutzte Riester aus. Ob mit Jagoda auch der Vorstand der Bundesanstalt abgelöst wird, ist nicht klar. Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Franz Thönnes, sagte, der Vorstand habe die Aufgabe der kritischen Hinterfragung nicht wahrgenommen. Die Gewerkschaftsvertreter im BA-Vorstand, Ursula Engelen-Kefer und Roland Issen, warnten davor, die Bundesanstalt grundsätzlich in Frage zu stellen. Dagegen sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Ludwig Georg Braun, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zur Zukunft der BA: "Da kann man eigentlich nur sagen: in dieser Form auflösen."
Riester stellte zunächst nur klar, dass die rund 90.000 Beschäftigten keine Angst um ihre Jobs haben müssten. Der Sprecher des Arbeitsministeriums, Klaus Vater, sagte, kurzfristig habe Riester vor allem das seit Jahresbeginn geltende Job-Aktiv-Gesetz im Blick. Damit die darin enthaltene Offensive für eine bessere Vermittlung greifen kann, will Riester "Hindernisse für eine Vermittlung durch Dritte im Sozialgesetzbuch III wegräumen".
Fehlende Dynamik
Dies fordern vor allem die privaten Vermittler. Der Bundesverband Personalvermittlung (BPV) hält die im Job-Aktiv-Gesetz vorgeschriebene Sperrfrist von sechs Monaten für unsinnig, ab der Arbeitslose erst eine private Vermittlung einschalten dürfen. Besonders verärgert sind die Unternehmen über das bisherige Angebot der Bundesanstalt zur Zusammenarbeit. Die BA hat im Januar einen 19-seitigen Runderlass verschickt, der die Zusammenarbeit mit privaten Vermittlern nach dem neuen Gesetz regelt. Dieser Erlass sei wegen seiner vielen komplizierten Detailbestimmungen völlig ungeeignet, kritisiert der BPV. "Das ist kein Ansatz, mehr Dynamik in die Vermittlung zu bringen", sagte Verbandssprecherin Sieglinde Schneider. Die Rahmenbedingungen müssten komplett neu formuliert werden.
Der Verband fordert ein einfaches Verfahren für die Auswahl von Firmen und die Eingrenzung auf "vermittlungsfähige und vermittlungswillige" Arbeitslose. Das Honorar sei nach wirtschaftlichen Erfordernissen auszurichten. Riester muss nun zunächst ein akutes Problem in der vorerst kopflosen Behörde regeln. Mehr kann er kurzfristig kaum tun, will er die Behörde während der Wahlkampfzeit funktionsfähig erhalten. Mittelfristig strebe der Minister die Umstrukturierung der Bundesanstalt an, sodass die Arbeitsvermittlung zur Priorität wird, sagte Vater.
Nach CDU und Grünen machte am Mittwoch auch die FDP Vorschläge für eine Reform der BA. Die Behörde solle dem Wirtschaftsministerium angegliedert werden. Außerdem solle ein Prämiensystem in die öffentliche Vermittlung eingeführt werden.