Zunächst war es ein V, dann ein U, dann wieder ein V und zuletzt ein W - gemeint ist der von Ökonomen jeweils unterstellte Verlauf der Konjunktur - wobei bislang nur eines sicher ist: die Kurve hat links oben angefangen.
Der derzeit viel diskutierte w-förmige Konjunkturverlauf („double dip“) bezeichnet dabei den doppelten Einbruch der Wirtschaftsleistung, den eine Ökonomie nach einer kurzen Phase der Erholung erfährt. Dabei sind die von Volkswirten unterstellten Ursachen für eine konjunkturelle Erholung jeweils die Grundlage für Aussagen über deren Nachhaltigkeit.
Vertreter der „Double Dip“-Theorie führen verschiedene Erklärungen für ihre Prognose an. So sei mindestens die Hälfte des realen Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Lagerbewegungen zurückzuführen. Im vierten Quartal 2001 waren US-Lagerbestände im Gegenwert von über 35 Millarden Dollar abgebaut worden. Dies habe die amerikanische Wirtschaftsleistung in diesem Zeitraum rund eineinhalb Prozent Wachstum gekostet. Im ersten Quartal des laufenden Jahres mussten die US-Unternehmen die Bestände wieder aufbauen, was dann wesentlich zu einem künstlich hohen BIP-Wachstum von 5,8 Prozent, hochgerechnet auf das Gesamtjahr, geführt habe, der aber schon im zweiten Quartal ausbleibe. Holger Bahr, Voilkswirt bei der DGZ Deka Bank und Gegner der Double-Dip-Theorie, beziffert den Anteil der Lagerbewegungen am BIP des ersten Quartals auf etwa 3,1 Prozent.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist nach dieser Lesart der Konsumschub, der etwa von der Nullzins-Finanzierung von PKW in den USA ausgegangen sei und künftig ebenfalls ausbleibe. Ähnlich verhalte es sich mit dem starken Anstieg der real verfügbaren Einkommen. Tatsächlich stiegen diese im ersten Quartal nach Steuersenkungen und -rückzahlungen um real über zehn Prozent. Um PKW-Käufe bereinigt stieg der private Konsum denn auch ungewöhnlich stark um mehr als sechs Prozent.
Christoph Zwermann von Zwermann Financial teilt diese Ansicht und stellt gerade auf den Mangel an künftigen Kaufimpulsen ab. „Die privaten Haushalte sind mit mehr als einem Jahreseinkommen verschuldet. Diese Verschuldungsrate wurde im vierten Quartal 2001 durch Billigfinanzierungen der Autoindustrie noch stark nach oben getrieben. Der immer noch anhaltende Kapazitätsabbau bei den Unternehmen führt zu mehr Arbeitslosen und geringeren Einkommen. Dadurch ist kaum Raum für zusätzliche Nachfrage
Das gleiche Szenario überträgt Zwermann auf die Industrie: „Die Unternehmen sind stark verschuldet. Aktienrückkäufe und Finanzmarktinvestitionen wurden in den letzten Jahren durch die Auflage von Unternehmensanleihen finanziert. Diese sind bis heute stark im Wert gefallen, die Zinslast aber bleibt bestehen. Dadurch sind zusätzliche Engagements nicht möglich. Und auch den Einfluss der US-Notenbank Federal Reserve hält Zwermann für begrenzt, da die kurzfristigen Zinsen mit 1,75 Prozent ohnehin schon auf schon auf einem 40-Jahres-Tief verharren. Selbst eine Senkung auf 1,00 Prozent (wovon der Analyst auf Jahressicht ausgeht ) hätte keine zusätzliche Konsumwirkung. „Bei diesen Zinssätzen kommt die Politik der Konjunktursteuerung über die Aktienmärkte, wie sie über Jahre von Mr. Greenspan betrieben wurde, schnell an ihre Grenzen“.
Ein Ende der guten Verbrauchskonjunktur kann der Ökonom Bahr nicht erkennen und verweist auf die Entwicklung der Arbeitsproduktiviät, deren Zuwachsraten er für erstaunlich robust hält. Maßgeblich verantwortlich seiner Meinung nach die tendenziell immer noch zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien. So wurde im vierten Quartal 2001 mit insgesamt einem Prozent weniger Beschäftigten bei einer um durchschnittlich eine halbe Stunde verkürzten Wochenarbeitszeit ein höheres BIP erzielt als ein Jahr zuvor.
In der Folge stiegen die Lohnstückkosten langsamer, zugleich blieb der Rückgang des Lohnanstiegs moderat. Lediglich im dritten Quartal 2001 hätten sich die real verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nicht so gut entwickelt, so Bahr. Tatsächlich ergaben Umfragen aus dieser Zeit, dass Verbraucher die Konjunktur zwar als schlecht, die persönliche Einkommenssituation aber als positiv empfanden. Aus diesem Grund erhöhte sich die Sparquote nicht - die Konsumausgaben blieben konstant hoch.
Den Verschuldungsgrad der US-Haushalte (105 Prozent des verfügbaren Jahreseinkommens) hält auch Bahr für zu hoch, jedoch nicht für so bedenklich wie Zwermann. Einerseits sei das amerikanische Bankensystem sehr gesund; Ausfallrisiken privater Kredite wie sie gerade in Japan zu beobachten sind, seien in den USA äußerst gering. Andererseits lägen die Realzinsen extrem niedrig und böten kaum einen Anreiz zum Sparen. Positive Impulse für die Konjunktur sieht Bahr zudem vom Arbeitsmarkt ausgehen. So sei etwa die Zuwanderung von High Potencials ein Motor für die Bauwirtschaft und zugleich für den Konsum. Das konjunkturelle Risiko eines schwachen Dollars hält Bahr für begrenzt. Dem Leistungsbilanzdefizit stünden liquide Kapitalmärkte mit erstklassigen Schuldnern gegenüber.
Anders als Zwermann sieht Bahr die Zinsen denn auch nicht weiter sinken, sondern - im Gegenteil - gegen Ende des Sommers wieder steigen. Zunächst um 25 Basispunkte auf der ersten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) nach der Sommerpause am 13. August. Und auf den folgenden FOMC-Sitzungen um jeweils weitere 25 Basispunkte.
focus.de
Der derzeit viel diskutierte w-förmige Konjunkturverlauf („double dip“) bezeichnet dabei den doppelten Einbruch der Wirtschaftsleistung, den eine Ökonomie nach einer kurzen Phase der Erholung erfährt. Dabei sind die von Volkswirten unterstellten Ursachen für eine konjunkturelle Erholung jeweils die Grundlage für Aussagen über deren Nachhaltigkeit.
Vertreter der „Double Dip“-Theorie führen verschiedene Erklärungen für ihre Prognose an. So sei mindestens die Hälfte des realen Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Lagerbewegungen zurückzuführen. Im vierten Quartal 2001 waren US-Lagerbestände im Gegenwert von über 35 Millarden Dollar abgebaut worden. Dies habe die amerikanische Wirtschaftsleistung in diesem Zeitraum rund eineinhalb Prozent Wachstum gekostet. Im ersten Quartal des laufenden Jahres mussten die US-Unternehmen die Bestände wieder aufbauen, was dann wesentlich zu einem künstlich hohen BIP-Wachstum von 5,8 Prozent, hochgerechnet auf das Gesamtjahr, geführt habe, der aber schon im zweiten Quartal ausbleibe. Holger Bahr, Voilkswirt bei der DGZ Deka Bank und Gegner der Double-Dip-Theorie, beziffert den Anteil der Lagerbewegungen am BIP des ersten Quartals auf etwa 3,1 Prozent.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist nach dieser Lesart der Konsumschub, der etwa von der Nullzins-Finanzierung von PKW in den USA ausgegangen sei und künftig ebenfalls ausbleibe. Ähnlich verhalte es sich mit dem starken Anstieg der real verfügbaren Einkommen. Tatsächlich stiegen diese im ersten Quartal nach Steuersenkungen und -rückzahlungen um real über zehn Prozent. Um PKW-Käufe bereinigt stieg der private Konsum denn auch ungewöhnlich stark um mehr als sechs Prozent.
Christoph Zwermann von Zwermann Financial teilt diese Ansicht und stellt gerade auf den Mangel an künftigen Kaufimpulsen ab. „Die privaten Haushalte sind mit mehr als einem Jahreseinkommen verschuldet. Diese Verschuldungsrate wurde im vierten Quartal 2001 durch Billigfinanzierungen der Autoindustrie noch stark nach oben getrieben. Der immer noch anhaltende Kapazitätsabbau bei den Unternehmen führt zu mehr Arbeitslosen und geringeren Einkommen. Dadurch ist kaum Raum für zusätzliche Nachfrage
Das gleiche Szenario überträgt Zwermann auf die Industrie: „Die Unternehmen sind stark verschuldet. Aktienrückkäufe und Finanzmarktinvestitionen wurden in den letzten Jahren durch die Auflage von Unternehmensanleihen finanziert. Diese sind bis heute stark im Wert gefallen, die Zinslast aber bleibt bestehen. Dadurch sind zusätzliche Engagements nicht möglich. Und auch den Einfluss der US-Notenbank Federal Reserve hält Zwermann für begrenzt, da die kurzfristigen Zinsen mit 1,75 Prozent ohnehin schon auf schon auf einem 40-Jahres-Tief verharren. Selbst eine Senkung auf 1,00 Prozent (wovon der Analyst auf Jahressicht ausgeht ) hätte keine zusätzliche Konsumwirkung. „Bei diesen Zinssätzen kommt die Politik der Konjunktursteuerung über die Aktienmärkte, wie sie über Jahre von Mr. Greenspan betrieben wurde, schnell an ihre Grenzen“.
Ein Ende der guten Verbrauchskonjunktur kann der Ökonom Bahr nicht erkennen und verweist auf die Entwicklung der Arbeitsproduktiviät, deren Zuwachsraten er für erstaunlich robust hält. Maßgeblich verantwortlich seiner Meinung nach die tendenziell immer noch zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien. So wurde im vierten Quartal 2001 mit insgesamt einem Prozent weniger Beschäftigten bei einer um durchschnittlich eine halbe Stunde verkürzten Wochenarbeitszeit ein höheres BIP erzielt als ein Jahr zuvor.
In der Folge stiegen die Lohnstückkosten langsamer, zugleich blieb der Rückgang des Lohnanstiegs moderat. Lediglich im dritten Quartal 2001 hätten sich die real verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nicht so gut entwickelt, so Bahr. Tatsächlich ergaben Umfragen aus dieser Zeit, dass Verbraucher die Konjunktur zwar als schlecht, die persönliche Einkommenssituation aber als positiv empfanden. Aus diesem Grund erhöhte sich die Sparquote nicht - die Konsumausgaben blieben konstant hoch.
Den Verschuldungsgrad der US-Haushalte (105 Prozent des verfügbaren Jahreseinkommens) hält auch Bahr für zu hoch, jedoch nicht für so bedenklich wie Zwermann. Einerseits sei das amerikanische Bankensystem sehr gesund; Ausfallrisiken privater Kredite wie sie gerade in Japan zu beobachten sind, seien in den USA äußerst gering. Andererseits lägen die Realzinsen extrem niedrig und böten kaum einen Anreiz zum Sparen. Positive Impulse für die Konjunktur sieht Bahr zudem vom Arbeitsmarkt ausgehen. So sei etwa die Zuwanderung von High Potencials ein Motor für die Bauwirtschaft und zugleich für den Konsum. Das konjunkturelle Risiko eines schwachen Dollars hält Bahr für begrenzt. Dem Leistungsbilanzdefizit stünden liquide Kapitalmärkte mit erstklassigen Schuldnern gegenüber.
Anders als Zwermann sieht Bahr die Zinsen denn auch nicht weiter sinken, sondern - im Gegenteil - gegen Ende des Sommers wieder steigen. Zunächst um 25 Basispunkte auf der ersten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) nach der Sommerpause am 13. August. Und auf den folgenden FOMC-Sitzungen um jeweils weitere 25 Basispunkte.
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