Rentenbombe!!

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Waleshark:

Rentenbombe!!

 
09.12.04 20:45
   
 
News - 09.12.04  10:48


Die Rentenbombe
 


Das Weiße Haus wollte das Eingeständnis nicht an die große Glocke hängen. So ließ Bush-Sprecher Scott McClellan eher nebenbei verlauten, dass die US-Regierung für die geplante Reform der staatlichen Rentenversicherung (Social Security) noch einmal kräftig in fremde Taschen greifen will. Zwischen 1 000 und 2 000 Milliarden Dollar benötigt Präsident Bush, um den Übergang vom aktuellen Umlageverfahren zu einem Kapitaldeckungsverfahren finanzieren zu können.

Dieses Geld kann er sich auf drei Wegen besorgen: Entweder er kürzt die Renten, oder er erhöht die Steuern, oder er macht mehr Schulden. Bush hat sich für den letzteren und damit für den politisch zwar opportunen, aber wirtschaftlich riskanten Weg entschieden.

Angesichts der ohnehin ausufernden Staatsverschuldung in den USA sendet eine Rentenreform auf Pump das falsche Signal zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Neue Kreditaufnahmen dürften das wachsende Misstrauen ausländischer Investoren noch steigern. Bereits heute sehen sich internationale Anleger auf anderen Finanzmärkten um und meiden den Dollar. Das Ergebnis ist ein rapider Verfall der US-Währung.

Bondhändler wie Pimco-Chef Bill Gross stellen öffentlich die erstklassige Bonität von US-Staatsanleihen in Frage. Seiner Meinung nach ist es nicht selbstverständlich, dass die USA ihre Schulden auf lange Sicht in einer stabilen Währung zurückzahlen können. Auch wenn ein Verlust der AAA-Bonität äußerst unwahrscheinlich ist, allein dass solche Bedenken öffentlich geäußert werden, zeigt, wie nervös die Märkte die Finanzpolitik des Weißen Hauses beobachten.

Dass die Finanzmärkte auf die neuen Schuldenpläne des Weißen Hauses nicht stärker reagiert haben, liegt nach Meinung von David Wyss daran, dass ohnehin alle mit höheren Kreditaufnahmen gerechnet haben. "Das war so klar wie der Sonnenaufgang im Osten", meint der Chefökonom der Ratingagentur Standard & Poor´s (S & P) in New York.

Die Nervosität der Märkte ist berechtigt, würde doch ein Explodieren der US-Schulden die Weltwirtschaft vollends aus den Angeln heben. Bereits heute müssen die Amerikaner täglich fast zwei Milliarden Dollar in ihr Land locken, weil die Regierung und die privaten Haushalte über ihre Verhältnisse leben. Das Defizit in der Leistungsbilanz könnte im kommenden Jahr auf 6,5 Prozent steigen. Von den etwa 7 500 Milliarden Dollar Staatsschulden liegen fast 3 000 Milliarden in ausländischer Hand. Die Amerikaner müssen dafür nicht nur einen wachsenden Teil ihres Einkommens für Zinsen und Dividenden bereitstellen. Um weiterhin ausländische Anleger anlocken zu können, müssten die USA letztendlich auch ihre Zinsen erhöhen. Wachstumseinbußen wären die Folge.

Aber wenn Amerika einen Schnupfen bekommt, leidet der Rest der Welt an Grippe. Noch immer sind die US-Verbraucher die Zugpferde für die Weltkonjunktur. Ohne eine starke Binnennachfrage sind Exportnationen wie Deutschland und Japan auf das Wohlergehen der USA angewiesen. Ein weiterer Verfall des Dollars würde die ohnehin nicht sehr starken Wachstumshoffnungen in Euro-Land beerdigen. Währungsexperten halten einen Euro-Kurs von 1,50 Dollar in den nächsten zwei Jahren für durchaus möglich.

Glaubwürdige Kritik können die Europäer an den riskanten Rentenplänen des US-Präsidenten jedoch nicht üben, sieht die Lage in den meisten Ländern der Euro-Zone doch noch schlechter aus als in Amerika. Der Grund: Die Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland oder Italien ist noch ungünstiger. Die Finanzlage der dortigen umlagefinanzierten Rentenversicherungen ist also weitaus prekärer als in den USA.

Hinzu kommt, dass die Europäer in einem doppelten Dilemma stecken. Angesichts der Unterdeckung ihrer staatlichen Renten müssten sie verstärkt privat für das Alter vorsorgen. Viele tun das bereits. Für eine stabilere Weltwirtschaft wäre es jedoch besser, die Europäer würden weniger sparen und mehr konsumieren. Nur so könnten sie ihre Abhängigkeit von der Konjunkturlokomotive USA verringern und müssten nicht bei jeder Dollarschwäche zittern.

Einen idealen Ausweg aus dieser Sackgasse gibt es nicht. Dennoch lassen sich die Risiken für die Weltwirtschaft vermindern. Zunächst sollten die Amerikaner ihre Rentenpläne nicht durch neue Kredite finanzieren. Ökonom Wyss ist überzeugt, dass Bush um Steuererhöhungen nicht herumkommen wird. Notenbank-Chef Alan Greenspan hat bereits die Kürzung von Leistungszusagen ins Spiel gebracht. Auf der anderen Seite des Atlantiks führt kein Weg daran vorbei, dass die Europäer ohne mehr Wachstum und damit ohne eine stärkere Binnennachfrage ihre Wirtschaftsprobleme nicht werden lösen können. Als Folge der wachsenden Verschuldung kann den USA der Verlust ihrer erstklassigen Bonität drohen.



Quelle: Handelsblatt.com


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