11.02.2008 Quelle: FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
Indiens Börsenhoffnung stürzt beim Debüt ab
Der Stromkonzern Reliance Power ist nach dem größten Börsengang der Geschichte Indiens zeitweise um 20 Prozent eingebrochen.
Das erst kürzlich gegründete Unternehmen sammelte zuvor 3 Mrd. Euro für den Bau von Stromkraftwerken ein. Der Kurssturz gilt als Warnsignal.
Reliance Power schloss bei 372,5 Rupien, 17 Prozent unter dem Ausgabepreis von 450 Rupien, den die Erstzeichner bezahlt hatten. Reliance Power gehört zu 50 Prozent dem börsennotierten Versorger Reliance Energy, einem Konzern im Mehrheitsbesitz des Milliardärs Anil Ambani. Reliance Energy brach am Montag um 19 Prozent ein. Der indische Leitindex Sensex gab 4,9 Prozent nach.
Aktienanalysten bezeichneten den Ausgabepreis von Reliance Power als überteuert im Vergleich zum größten Stromkonzern des Landes, NTPC, der zum 21-fachen des erwarteten Gewinns gehandelt und mit 42 Mrd. $ bewertet wird. Die Kapitalerhöhung um 3 Mrd. $ bewertet Reliance Power mit 30 Mrd. $, obwohl das junge Unternehmen noch keine nennenswerten Geschäftszahlen vorweisen kann und in den kommenden Jahren zunächst große Investitionen plant, bevor laut Analysten ein Gewinn zu erwarten ist.
Reiner Hoffnungswert
"In diesem Marktumfeld investiert man besser in Unternehmen auf Grundlage von Gewinnpotenzial, und nicht in der Hoffnung auf künftige Aktienkursgewinne", sagte Nilesh Jasani, Leiter des Research Indien bei Credit Suisse, der Nachrichtenagentur Reuters.
Die US-Bank Morgan Stanley stufte die Konzernmutter Reliance Energy zu Beginn der Zeichnungsfrist vor zwei Wochen von "Übergewichten" auf "Untergewichten" herab. "Der Hauptgrund dafür ist die Bewertung von Reliance Power, die wir auf 11,85 Mrd. $ schätzen", begründeten die Analysten den Schritt.
Reliance Power will mit dem Geld sechs neue Stromkraftwerke teilfinanzieren. Insgesamt plant der Konzern bis 2016 den Bau von 13 Kraftwerken mit 28.200 Megawatt Gesamtleistung. Für diese Bauprojekte will der Konzern 5000 Menschen beschäftigen. Die Kosten für die gesamten Pläne schätzt der indische Broker SPA auf 28,5 Mrd. $. Dadurch drohe eine hohe Verschuldung, warnt Analyst Tarun Surana.
Nur Investitionspläne, aber kein laufendes Geschäft
Analysten kritisieren, dass der Konzern bislang nur Investitionspläne, aber kein laufendes Geschäft hat. "Wir sind nicht in der Lage, das Unternehmen zu bewerten, weil es noch keine in Betrieb befindlichen Kraftwerke hat", sagte Mehul Mukati, Analyst bei Emkay Research, zu Reuters. Investoren setzen auf einen reinen Hoffnungswert: Für das Geschäftsjahr 2007 kann Reliance Power umgerechnet nur 572.000 $ Umsatz vorweisen, bei einem halb so hohen Gewinn. Das Unternehmen werde nennenswerte Umsätze ab 2010 erzielen, prognostiziert SPA: "Um die ehrgeizige Bewertung zu rechtfertigen, müssen wir auf die Prognose für 2016 schauen, wenn Reliance Power die Mehrheit seiner Projekte realisiert haben will."
Die enorme Nachfrage für den Börsenkandidaten während der Zeichnungsfrist erkläre sich teils durch den legendären Klang des Namens Reliance. Der Gründer der Firmengruppe, der verstorbene Dhirubhai Ambani, war einer der bekanntesten Unternehmer des Landes. "Mit Reliance-Firmen haben Anleger noch immer Geld verdient", sagte R. Venkataram, geschäftsführender Direktor beim Broker India Infoline. Seit 2005 ist das Ambani-Erbe jedoch geteilt, Amils Bruder Mukesh führt den vollständig getrennten Konzern Reliance Industries.
Von Mark Böschen (Frankfurt
Indiens Börsenhoffnung stürzt beim Debüt ab
Der Stromkonzern Reliance Power ist nach dem größten Börsengang der Geschichte Indiens zeitweise um 20 Prozent eingebrochen.
Das erst kürzlich gegründete Unternehmen sammelte zuvor 3 Mrd. Euro für den Bau von Stromkraftwerken ein. Der Kurssturz gilt als Warnsignal.
Reliance Power schloss bei 372,5 Rupien, 17 Prozent unter dem Ausgabepreis von 450 Rupien, den die Erstzeichner bezahlt hatten. Reliance Power gehört zu 50 Prozent dem börsennotierten Versorger Reliance Energy, einem Konzern im Mehrheitsbesitz des Milliardärs Anil Ambani. Reliance Energy brach am Montag um 19 Prozent ein. Der indische Leitindex Sensex gab 4,9 Prozent nach.
Aktienanalysten bezeichneten den Ausgabepreis von Reliance Power als überteuert im Vergleich zum größten Stromkonzern des Landes, NTPC, der zum 21-fachen des erwarteten Gewinns gehandelt und mit 42 Mrd. $ bewertet wird. Die Kapitalerhöhung um 3 Mrd. $ bewertet Reliance Power mit 30 Mrd. $, obwohl das junge Unternehmen noch keine nennenswerten Geschäftszahlen vorweisen kann und in den kommenden Jahren zunächst große Investitionen plant, bevor laut Analysten ein Gewinn zu erwarten ist.
Reiner Hoffnungswert
"In diesem Marktumfeld investiert man besser in Unternehmen auf Grundlage von Gewinnpotenzial, und nicht in der Hoffnung auf künftige Aktienkursgewinne", sagte Nilesh Jasani, Leiter des Research Indien bei Credit Suisse, der Nachrichtenagentur Reuters.
Die US-Bank Morgan Stanley stufte die Konzernmutter Reliance Energy zu Beginn der Zeichnungsfrist vor zwei Wochen von "Übergewichten" auf "Untergewichten" herab. "Der Hauptgrund dafür ist die Bewertung von Reliance Power, die wir auf 11,85 Mrd. $ schätzen", begründeten die Analysten den Schritt.
Reliance Power will mit dem Geld sechs neue Stromkraftwerke teilfinanzieren. Insgesamt plant der Konzern bis 2016 den Bau von 13 Kraftwerken mit 28.200 Megawatt Gesamtleistung. Für diese Bauprojekte will der Konzern 5000 Menschen beschäftigen. Die Kosten für die gesamten Pläne schätzt der indische Broker SPA auf 28,5 Mrd. $. Dadurch drohe eine hohe Verschuldung, warnt Analyst Tarun Surana.
Nur Investitionspläne, aber kein laufendes Geschäft
Analysten kritisieren, dass der Konzern bislang nur Investitionspläne, aber kein laufendes Geschäft hat. "Wir sind nicht in der Lage, das Unternehmen zu bewerten, weil es noch keine in Betrieb befindlichen Kraftwerke hat", sagte Mehul Mukati, Analyst bei Emkay Research, zu Reuters. Investoren setzen auf einen reinen Hoffnungswert: Für das Geschäftsjahr 2007 kann Reliance Power umgerechnet nur 572.000 $ Umsatz vorweisen, bei einem halb so hohen Gewinn. Das Unternehmen werde nennenswerte Umsätze ab 2010 erzielen, prognostiziert SPA: "Um die ehrgeizige Bewertung zu rechtfertigen, müssen wir auf die Prognose für 2016 schauen, wenn Reliance Power die Mehrheit seiner Projekte realisiert haben will."
Die enorme Nachfrage für den Börsenkandidaten während der Zeichnungsfrist erkläre sich teils durch den legendären Klang des Namens Reliance. Der Gründer der Firmengruppe, der verstorbene Dhirubhai Ambani, war einer der bekanntesten Unternehmer des Landes. "Mit Reliance-Firmen haben Anleger noch immer Geld verdient", sagte R. Venkataram, geschäftsführender Direktor beim Broker India Infoline. Seit 2005 ist das Ambani-Erbe jedoch geteilt, Amils Bruder Mukesh führt den vollständig getrennten Konzern Reliance Industries.
Von Mark Böschen (Frankfurt