Kommt nach «Tanken für die Rente» nun «Qualmen für die Kranken»?
Berlin (dpa) - Der Kanzler war sauer. Offenbar ohne Absprache preschte seine Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit der Idee vor, eine Gesundheitsabgabe von bis zu fünf Cent auf jede Zigarette zu kassieren. Die Rüge vom Chef folgte prompt.
«Der Bundeskanzler freut sich über konstruktive Vorschläge»,
ließ Zigarrenraucher Gerhard Schröder über seinen Regierungssprecher wissen. «Er freut sich aber auch, wenn diese konstruktiven Vorschläge dort gemacht werden, wo sie gemacht werden sollten», - nämlich in den am Montag beginnenden Koalitionsverhandlungen mit den Grünen.
Im Klartext: Schmidt solle ihre Vorschläge doch vorerst lieber hinter verschlossenen Türen ausbreiten. Der Kanzler möchte die Berichte über drohende Mehrbelastungen der Bürger vor den Gesprächen mit den Grünen nicht noch anheizen. Auch das Gesundheitsministerium mühte sich am Freitag, den Vorschlag herunterzuspielen. Es handele sich um eine alte Forderung von Schmidt und ihrer Drogenbeauftragten Marion Caspers-Merk, Teile der Tabaksteuer abzuzweigen, um damit Kampagnen zur Prävention und Gesundheitsförderung zu finanzieren.
Bei den rund 17 Millionen erwachsenen Rauchern, die bereits für das Anti-Terrorpaket einen Cent pro Zigarette zahlen, dürfte die Idee kaum auf Jubel stoßen. Im Jahr 2000 verqualmten die Deutschen fast 140 Milliarden Glimmstängel. Rein rechnerisch kämen fast sieben Milliarden Euro im Jahr zusammen, wenn jede Zigarette fünf Cent mehr kostet - ein Geldsegen, den nicht nur Finanzminister Hans Eichel (SPD), sondern auch Schmidt dringend brauchen könnte.
So haben die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr ein Defizit von 2,4 Milliarden Euro angehäuft. Zum Jahreswechsel droht ein neuer Schub bei den Beiträgen. Und bisher fehlt der Regierung jedes Rezept, um dies abzuwenden. Auch Parteifreunde vermuten daher, Schmidt wolle mit der Tabakabgabe vor allem das Kassendefizit stopfen und so den drohenden Beitragsschub verhindern. So forderten die Ersatzkassen flugs, mit dem Geld die Kassen von versicherungsfremden Leistungen zu entlasten.
Das Gesundheitsministerium bestritt allerdings, dass nach «Tanken für die Rente» nun «Qualmen für die Kranken» angesagt sei. Das Geld solle nicht den klammen Krankenkassen zufließen, sondern dem «Forum Prävention und Gesundheitsförderung». Dieses Forum, das Schmidt im Juli 2002 mit aus der Taufe gehoben hatte, besitzt bis heute noch nicht einmal eine Rechtsform. Gründungsmitglieder sind 40 Lobbyverbände - von Ärzten, Apothekern über Kassen und Pharmaindustrie bis hin zu Gewerkschaften und Arbeitgebern. Ob diesem Forum Milliardenbeträge anvertraut werden, dürfte noch für Diskussionen sorgen.
Nicht nur Kritiker, auch Kassenvertreter rätseln daher, was wirklich hinter Schmidts Vorstoß steht. «Vielleicht will sie auch nur Akzente setzen, um sich als Anwältin der Patienten zu profilieren», heißt es. Und sich beim Kanzler ins Gedächtnis rufen. Zwar gilt als wahrscheinlich, dass die Ministerin im Amt bleibt, doch noch ist der Personalpoker nicht beendet. Auch eine andere Version wird gehandelt: Eichel, dem an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, werde ohnehin die Tabaksteuer erhöhen. Mit ihrem Vorpreschen wolle Schmidt dafür sorgen, dass zumindest ein Teil der Erhöhung dem Gesundheitswesen zugute kommt. Denn bisher hat Eichel entsprechende Forderungen immer abgeblockt.
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Berlin (dpa) - Der Kanzler war sauer. Offenbar ohne Absprache preschte seine Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit der Idee vor, eine Gesundheitsabgabe von bis zu fünf Cent auf jede Zigarette zu kassieren. Die Rüge vom Chef folgte prompt.
«Der Bundeskanzler freut sich über konstruktive Vorschläge»,
ließ Zigarrenraucher Gerhard Schröder über seinen Regierungssprecher wissen. «Er freut sich aber auch, wenn diese konstruktiven Vorschläge dort gemacht werden, wo sie gemacht werden sollten», - nämlich in den am Montag beginnenden Koalitionsverhandlungen mit den Grünen.
Im Klartext: Schmidt solle ihre Vorschläge doch vorerst lieber hinter verschlossenen Türen ausbreiten. Der Kanzler möchte die Berichte über drohende Mehrbelastungen der Bürger vor den Gesprächen mit den Grünen nicht noch anheizen. Auch das Gesundheitsministerium mühte sich am Freitag, den Vorschlag herunterzuspielen. Es handele sich um eine alte Forderung von Schmidt und ihrer Drogenbeauftragten Marion Caspers-Merk, Teile der Tabaksteuer abzuzweigen, um damit Kampagnen zur Prävention und Gesundheitsförderung zu finanzieren.
Bei den rund 17 Millionen erwachsenen Rauchern, die bereits für das Anti-Terrorpaket einen Cent pro Zigarette zahlen, dürfte die Idee kaum auf Jubel stoßen. Im Jahr 2000 verqualmten die Deutschen fast 140 Milliarden Glimmstängel. Rein rechnerisch kämen fast sieben Milliarden Euro im Jahr zusammen, wenn jede Zigarette fünf Cent mehr kostet - ein Geldsegen, den nicht nur Finanzminister Hans Eichel (SPD), sondern auch Schmidt dringend brauchen könnte.
So haben die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr ein Defizit von 2,4 Milliarden Euro angehäuft. Zum Jahreswechsel droht ein neuer Schub bei den Beiträgen. Und bisher fehlt der Regierung jedes Rezept, um dies abzuwenden. Auch Parteifreunde vermuten daher, Schmidt wolle mit der Tabakabgabe vor allem das Kassendefizit stopfen und so den drohenden Beitragsschub verhindern. So forderten die Ersatzkassen flugs, mit dem Geld die Kassen von versicherungsfremden Leistungen zu entlasten.
Das Gesundheitsministerium bestritt allerdings, dass nach «Tanken für die Rente» nun «Qualmen für die Kranken» angesagt sei. Das Geld solle nicht den klammen Krankenkassen zufließen, sondern dem «Forum Prävention und Gesundheitsförderung». Dieses Forum, das Schmidt im Juli 2002 mit aus der Taufe gehoben hatte, besitzt bis heute noch nicht einmal eine Rechtsform. Gründungsmitglieder sind 40 Lobbyverbände - von Ärzten, Apothekern über Kassen und Pharmaindustrie bis hin zu Gewerkschaften und Arbeitgebern. Ob diesem Forum Milliardenbeträge anvertraut werden, dürfte noch für Diskussionen sorgen.
Nicht nur Kritiker, auch Kassenvertreter rätseln daher, was wirklich hinter Schmidts Vorstoß steht. «Vielleicht will sie auch nur Akzente setzen, um sich als Anwältin der Patienten zu profilieren», heißt es. Und sich beim Kanzler ins Gedächtnis rufen. Zwar gilt als wahrscheinlich, dass die Ministerin im Amt bleibt, doch noch ist der Personalpoker nicht beendet. Auch eine andere Version wird gehandelt: Eichel, dem an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, werde ohnehin die Tabaksteuer erhöhen. Mit ihrem Vorpreschen wolle Schmidt dafür sorgen, dass zumindest ein Teil der Erhöhung dem Gesundheitswesen zugute kommt. Denn bisher hat Eichel entsprechende Forderungen immer abgeblockt.
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