RECHNUNGSHOF-STUDIE
Die Arbeitsämter als Selbstbedienungsladen
Der Bundesanstalt für Arbeit droht nach dem Skandal um gefälschte Vermittlungsstatistiken möglicherweise neues Ungemach. Einer Studie des Bundesrechnungshofs zufolge vergeben die Arbeitsämter bei der Weiterbildung Milliardenbeträge nach Gutdünken - Korruption und Günstlingswirtschaft würden dadurch Tür und Tor geöffnet.
In einem neuen Gutachten nehme der Bundesrechnungshof die Weiterbildungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) unter die Lupe, berichtet das "Handelsblatt". Das Ergebnis der Untersuchung sei katastrophal: Obwohl die BA jährlich etwa 2,2 Milliarden Euro für die Weiterbildung von Arbeitslosen an verschiedene Bildungsträger verteile, existierten keine transparenten Vergabekriterien.
"Damit eröffnen sich erhebliche Risikopotenziale, auch und insbesondere hinsichtlich der Korruptionsgefährdung", zitiert das Blatt den Rechnungshof. Mängel bei der Weiterbildung monierte ein Bericht der Innenrevision der BA offenbar bereits 1999: Aufträge für Weiterbildungsmaßnahmen würden nur in Einzelfällen ausgeschrieben. Häufig seien die Programme von Anfang an auf einen bestimmten Anbieter zugeschnitten. Auch Absprachen unter den Kursanbietern seien gang und gäbe, so die Innenrevision. "Es wird beschissen und geschmiert", verriet ein Gewerkschafter dem "Handelsblatt".
Qualitätskontrollen wie bei einer Frittenbude
Die Weiterbildungsindustrie ist vor allem für Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ein Millionengeschäft. Nach Angaben des Bundesbildungsministeriums kontrollieren diese etwa 60 Prozent des Marktes. Marktführer ist die Deutsche Angestellten Akademie (DAA). Sie gehört zur Dienstleistergewerkschaft Ver.di und setzt jährlich 360 Millionen Euro um. Qualitätskontrollen für die Bildungsmaßnahmen gibt es nicht. "Für den Betrieb einer Weiterbildungseinrichtung muss man nicht mehr Know-how nachweisen als für eine Frittenbude", sagt Ver.di-Bildungsexperte Roland Kohlsiek.
Auch der geringe Erfolg der Maßnahmen legt nahe, dass es mit der Qualität der Weiterbildung nicht allzu weit her ist. Laut BA-Innenrevision nimmt nur jeder dritte Teilnehmer nach dem Ende der Weiterbildung eine Arbeit auf. Fast 30 Prozent der Arbeitslosen brächen die Weiterbildung ab, weil sie nicht glaubten, dass die Maßnahme ihre Chancen auf einen Job verbessern.
Quelle:Spiegel