Aus der FTD vom 28.5.2001
Von Karen Kleinwort, Frankfurt
Analysten prognostizieren Qiagen in den kommenden vier Jahren rasantes Wachstum. Peer Schatz, Finanzchef des Biotech-Unternehmens, hofft vor allem auf Fortschritte in der molekularen Diagnostik.
Im Jahr 1993 zeichnete Peer Schatz bei Firmen-Präsentationen ein Modell vom künftigen Geschäft des Biotechunternehmens Qiagen. Damals machte das Unternehmen nahe Düsseldorf nicht mal 20 Mio. $ Umsatz mit handlichen Kits, die zur Aufreinigung und Behandlung von Nukleinsäuren benutzt werden - der Ausgangsschritt in der Laborarbeit mit genetischem Material.
Heute, acht Jahre später, zeigt Schatz das Bild immer noch gerne herum, nur: Mit einem Jahresumsatz 2000 von etwas über 200 Mio. $, dem ersten marktreifen Produkt aus einem Joint-Venture mit dem führenden Diagnostikunternehmen Becton Dickinson (BD) und einer durch Übernahmen gestärkten Stellung im Markt für synthetische DNA hat Qiagen die besten Voraussetzungen geschaffen, um das Modell in die Realität umzusetzen.
"Analystenschätzungen sehen unseren Umsatz 2005 knapp unter der 1-Mrd.-$-Grenze", sagt Schatz, der vor acht Jahren zum 1984 von Vorstandschef Metin Colpan gegründeten Unternehmen stieß. Die Diagnostiksparte könnte davon 40 Prozent ausmachen, so Schatz. Die Analysten-Prognosen für den Nettogewinn 2005 liegen bei 190 Mio. $; fast eine Verzehnfachung von den 20 Mio. $ im vergangenen Jahr. Qiagen - mit einem Börsenwert von 3,6 Mrd. Euro eine der größten Biotechfirmen Europas - macht Dreiviertel seines Umsatzes in seinem Kerngebiet, den Nukleinsäure-Kits. Sie allein tragen zum Gewinn bei.
Anfang der 90er Jahre entschied sich Colpan, Qiagens Position im Forschungsmarkt weiter auszubauen und gleichzeitig mit der Expertise in drei neue, stark wachsende Bereiche vorzudringen: Genomische Technologie für die Medikamenten-Entwicklung, molekulare Diagnostik und Zulieferung für die Gentherapie.
Das Ziel des seit 1996 an der Nasdaq und ein Jahr später am Neuen Markt notierten Unternehmens indessen änderte sich nicht: Der führende Spieler im Markt für Verbrauchsreagenzien und Systeme zur Aufreinigung und Behandlung von DNA und RNA zu werden. "Alles andere war nur noch die Ausführug der strategischen Idee", sagt Schatz.
Doch selbst Schatz gibt zu, dass die praktische Umsetzung der Qiagen-Strategie "heftig und nicht ohne Friktionen ist". 2002 könnte die Belegschaft die Marke von 2000 Mitarbeitern überschreiten. Heute arbeiten bei Qiagen 1500; vor knapp einem Jahr waren es noch 1000. "Jedes Unternehmen, das wächst, geht immer durch Schallmauern", sagt Schatz. Für ihn liegen die Herausforderungen besonders in der Organisation des Betriebs selbst.
Jedes Jahr plus 15 bis 20 Prozent
Das Unternehmen profitiert bei den Nukleinsäure-Kits von einem natürlichen Marktwachstum von 15 bis 20 Prozent über die kommenden Jahren. Zudem ist der Markt weiterhin ungesättigt. In rund 80 Prozent der Fälle wird die Nukleinsäure mit hauseigenen Systemen aufgereinigt, mit hohem Arbeitseinsatz der Laborkräfte. Qiagen hat heute die restliche kommerzielle Konkurrenz - Unternehmen wie Invitrogen aus den USA oder die Schweizer Roche - weit hinter sich gelassen. Ein Grund dafür ist, dass es Colpan und Schatz gelungen ist, eine der stärksten Marken in der Life-Science-Industrie aufzubauen: Die blauen Qiagen-Schachteln gehören zum Labor fast so wie der weiße Kittel und die Schutzbrille.
Das Übergewicht des Forschungsgeschäfts wird sich nach Ansicht Schatz’ bis 2005 auf rund 40 Prozent am Gesamtumsatz reduzieren. Weitere 40 Prozent soll dann die molekulare Diagnostik ausmachen. Im Sommer 1999 schloss das Qiagen-Management den Deal ab, den Schatz als "aufregendsten in der Firmengeschichte" bezeichnet. Gemeinsam mit dem US-Unternehmen BD - mit seinen Spritzen der führende Anbieter von Blutabnahmeinstrumenten in Nordamerika - entwickelt Qiagen Produkte, die die instabile RNA stabilisieren. Die RNA ist die vom Erbgut erstellte Arbeitskopie, die Order an die ausführenden Teilchen der Zelle gibt. Sie ist entscheidend, wenn man Aussagen über die Aktivität der Zelle schließen will. Bei der Diagnose von Krankheiten spielt dieses Verfahren eine zunehmende Rolle.
Das erste Produkt des Joint-Ventures Preanalytix ist seit wenigen Wochen auf dem Markt. Qiagen und BD teilen sich den Gewinn - ein lukratives Geschäft bei einem Verkaufspreis von 11 $ und reinen Herstellungskosten von unter 1 $. Schatz: "Unser Diagnostikbereich sollte Ende 2001 oder Anfang 2002 einen positiven Ergebnisbeitrag bringen."
© 2001 Financial Times Deutschland
Qiagen strebt Milliardenumsatz an
Von Karen Kleinwort, Frankfurt
Analysten prognostizieren Qiagen in den kommenden vier Jahren rasantes Wachstum. Peer Schatz, Finanzchef des Biotech-Unternehmens, hofft vor allem auf Fortschritte in der molekularen Diagnostik.
Im Jahr 1993 zeichnete Peer Schatz bei Firmen-Präsentationen ein Modell vom künftigen Geschäft des Biotechunternehmens Qiagen. Damals machte das Unternehmen nahe Düsseldorf nicht mal 20 Mio. $ Umsatz mit handlichen Kits, die zur Aufreinigung und Behandlung von Nukleinsäuren benutzt werden - der Ausgangsschritt in der Laborarbeit mit genetischem Material.
Heute, acht Jahre später, zeigt Schatz das Bild immer noch gerne herum, nur: Mit einem Jahresumsatz 2000 von etwas über 200 Mio. $, dem ersten marktreifen Produkt aus einem Joint-Venture mit dem führenden Diagnostikunternehmen Becton Dickinson (BD) und einer durch Übernahmen gestärkten Stellung im Markt für synthetische DNA hat Qiagen die besten Voraussetzungen geschaffen, um das Modell in die Realität umzusetzen.
"Analystenschätzungen sehen unseren Umsatz 2005 knapp unter der 1-Mrd.-$-Grenze", sagt Schatz, der vor acht Jahren zum 1984 von Vorstandschef Metin Colpan gegründeten Unternehmen stieß. Die Diagnostiksparte könnte davon 40 Prozent ausmachen, so Schatz. Die Analysten-Prognosen für den Nettogewinn 2005 liegen bei 190 Mio. $; fast eine Verzehnfachung von den 20 Mio. $ im vergangenen Jahr. Qiagen - mit einem Börsenwert von 3,6 Mrd. Euro eine der größten Biotechfirmen Europas - macht Dreiviertel seines Umsatzes in seinem Kerngebiet, den Nukleinsäure-Kits. Sie allein tragen zum Gewinn bei.
Anfang der 90er Jahre entschied sich Colpan, Qiagens Position im Forschungsmarkt weiter auszubauen und gleichzeitig mit der Expertise in drei neue, stark wachsende Bereiche vorzudringen: Genomische Technologie für die Medikamenten-Entwicklung, molekulare Diagnostik und Zulieferung für die Gentherapie.
Das Ziel des seit 1996 an der Nasdaq und ein Jahr später am Neuen Markt notierten Unternehmens indessen änderte sich nicht: Der führende Spieler im Markt für Verbrauchsreagenzien und Systeme zur Aufreinigung und Behandlung von DNA und RNA zu werden. "Alles andere war nur noch die Ausführug der strategischen Idee", sagt Schatz.
Doch selbst Schatz gibt zu, dass die praktische Umsetzung der Qiagen-Strategie "heftig und nicht ohne Friktionen ist". 2002 könnte die Belegschaft die Marke von 2000 Mitarbeitern überschreiten. Heute arbeiten bei Qiagen 1500; vor knapp einem Jahr waren es noch 1000. "Jedes Unternehmen, das wächst, geht immer durch Schallmauern", sagt Schatz. Für ihn liegen die Herausforderungen besonders in der Organisation des Betriebs selbst.
Jedes Jahr plus 15 bis 20 Prozent
Das Unternehmen profitiert bei den Nukleinsäure-Kits von einem natürlichen Marktwachstum von 15 bis 20 Prozent über die kommenden Jahren. Zudem ist der Markt weiterhin ungesättigt. In rund 80 Prozent der Fälle wird die Nukleinsäure mit hauseigenen Systemen aufgereinigt, mit hohem Arbeitseinsatz der Laborkräfte. Qiagen hat heute die restliche kommerzielle Konkurrenz - Unternehmen wie Invitrogen aus den USA oder die Schweizer Roche - weit hinter sich gelassen. Ein Grund dafür ist, dass es Colpan und Schatz gelungen ist, eine der stärksten Marken in der Life-Science-Industrie aufzubauen: Die blauen Qiagen-Schachteln gehören zum Labor fast so wie der weiße Kittel und die Schutzbrille.
Das Übergewicht des Forschungsgeschäfts wird sich nach Ansicht Schatz’ bis 2005 auf rund 40 Prozent am Gesamtumsatz reduzieren. Weitere 40 Prozent soll dann die molekulare Diagnostik ausmachen. Im Sommer 1999 schloss das Qiagen-Management den Deal ab, den Schatz als "aufregendsten in der Firmengeschichte" bezeichnet. Gemeinsam mit dem US-Unternehmen BD - mit seinen Spritzen der führende Anbieter von Blutabnahmeinstrumenten in Nordamerika - entwickelt Qiagen Produkte, die die instabile RNA stabilisieren. Die RNA ist die vom Erbgut erstellte Arbeitskopie, die Order an die ausführenden Teilchen der Zelle gibt. Sie ist entscheidend, wenn man Aussagen über die Aktivität der Zelle schließen will. Bei der Diagnose von Krankheiten spielt dieses Verfahren eine zunehmende Rolle.
Das erste Produkt des Joint-Ventures Preanalytix ist seit wenigen Wochen auf dem Markt. Qiagen und BD teilen sich den Gewinn - ein lukratives Geschäft bei einem Verkaufspreis von 11 $ und reinen Herstellungskosten von unter 1 $. Schatz: "Unser Diagnostikbereich sollte Ende 2001 oder Anfang 2002 einen positiven Ergebnisbeitrag bringen."
© 2001 Financial Times Deutschland