irgendwie passt mir der Kommentar von steffens auch nicht.
Ein zuverlässiger Indikator für die Märkte
von Jochen Steffens
Die Höhe der Leitzinsen in den USA ist tatsächlich einer der wichtigsten Faktoren, um längerfristige Prognosen für den Aktienmarkt zu erstellen. Ich will angesichts der enormen Bedeutung, die der nächsten Zinssitzung der Fed beigemessen wird, einmal ausführlich auf die Zinsen und deren Auswirkungen auf den Aktienmarkt eingehen:
Quelle der Charts: www.market-maker.de
Sie sehen hier die Entwicklung der Zinsen und des S&P500 seit 1971. Es fällt auf, dass die Zinsen seit 1983 -2007 in der Tendenz beständig fallen. Interessanterweise löst sich der S&P ungefähr auch zu diesem Zeitpunkt aus der langen Seitwärtsbewegung und geht in eine extreme Rallye über.
Die Entdeckung des leichten Geldes
Man könnte meinen, damals sei die Zentralbank der positiven Auswirkung des leichten Geldes auf die Schliche gekommen. Im Prinzip ist diese Entwicklung aber eine direkte Folge der Auflösung des Goldstandards 1971 in Folge des Vietnamkrieges, und des Scheiterns des Bretton-Woods-System 1973, dem die Ölkrisen und die daraus entstandene Inflation Ende der 70er, folgten.
Tatsächlich beweist dieser Chart jedoch nichts anderes, als den langfristigen Zusammenhang zwischen fallenden Zinsen und steigenden Aktienkursen.
Doch wir wollen uns das noch genauer ansehen:
Ich habe hier jedes Mal wenn die Zinsen steigen (rot) die entsprechenden Zeitraum im S&P500 mit der gleichen Farbe gekennzeichnet. Sie sehen, entweder fallen die Kurse bei steigenden Zinsen, oder sie laufen seitwärts. Hin und wieder in bzw. nach extremen Phasen, wie zum Beispiel dem Crash 1987 kommt es sogar bei steigenden Zinsen zu steigenden Kursen. Etwas, dass wir auch seit 2003 erleben, dazu später mehr.
Ich hoffe Sie können das in dem Chart erkennen, da er hier in diesem Newsletter leider sehr verkleinert wird: Ein Zusammenhang ist absolut eindeutig: Wenn die Zinsen stark fallen (blaue Linie), gab es nahezu jedes Mal zeitgleich eine Rallye (blaue Linie im S&P500). Deutlich sieht man:
1. These: Fallende Zinsen sind gut für den Markt.
Eine interessante Phase in diesem Zusammenhang: Zwischen 1994/5 bis 1999 bleiben die Zinsen konstant, beziehungsweise sinken nur moderat. Aber auch das führt zu einer starken Rallye.
Die magische 6 % Marke
Interessant ist diese Phase, weil die Zinsen in dieser Zeit unter 6 % blieben. Wenn Sie sich die 6 % Linie (grüne Linie) genau ansehen, werden Sie feststellen, dass diese Zahl offensichtlich eine besondere Bedeutung für die Märkte hat. Es scheint so zu sein, dass unter einem Leitzins von 6 % die Börse durch Liquidität „unterstützt“ ist. Das ist offenbar genau das Niveau, unter dem noch genug Geld „geschöpft“ wird, welches in die Börsen fließen kann. Über 6 % wird es hingegen für die Börsen ernst, belastend.
Ich habe hier die Phasen, in denen die Zinsen über 6 % gelegen haben eingezeichnet. Tatsächlich zeigt sich, dass in diesen Phasen die Börsen zumindest „Schwierigkeiten“ hatten, oft finden sich hier auch größere Kurseinbrüche.
Die Phase 1984/5-1987 habe ich außen vor gelassen, da wir es hier zuvor mit „extrem“ stark fallenden Zinsen zu tun hatten, die sich in dieser Zeit auch schon der 6 % Marke annäherten und im Vergleich zu den Zinsen zuvor (16-19 %) dem Markt extrem niedrig erscheinen mussten.
Das letzte Mal über 6 %...
Dieser Zusammenhang ist an sich schon verblüffend, aber wissen Sie, wann die Zinsen das letzte Mal die 6 % Marke erreichten? Genau, am 21.03.2000 (!!!). Also genau zu dem Zeitpunkt, als der große Crash 2000-2003 begann. Im Mai wurden sie dann sogar auf 6,50 % erhöht und erst am 31.01.01 sanken sie wieder unter die 6 % Marke.Im weiteren Verlauf des Jahres 2001 sanken sie dann bis auf 3,5 %.
2. These: Leitzinsen unter 6 % sind gut für den Markt
Ohne 09/11 wäre alles anders gewesen
Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte diese Zinssenkung im Jahr 2001 den Markt schnell wieder beruhigt. Das kann man deutlich den obigen Charts entnehmen. Doch dann gab es eine Sondersituation: Die Terroranschläge am 11. September veränderten die Welt. Denn im Anschluss gingen die Börsen in den „Kriegsmodus“ über.
Vor einem Krieg fallen die Börsen
Immer, wenn sich größere geopolitische Konflikte mit „ungewissem“ Ausgang oder Ausmaß ankündigen, die theoretisch geeignet sind, die Weltwirtschaft in Bedrängnis zu bringen, neigen die Börsen dazu, stark zu fallen.
Interessant ist, dass nach dem 11. September die Börsen, vielleicht auch aufgrund der da schon niedrigen Zinsen, auf das Kursniveau von vor dem Anschlag gestiegen sind.
Man darf sich also fragen, ob sich die Börsen ohne den Krieg in Afghanistan und die folgende Ankündigung weiterer Maßnahmen, die schlussendlich zum Irak-Krieg führte, nicht sogar vergleichsweise schnell wieder gefangen hätten. Dazu der folgende Chart:
Auf den ersten oberflächlichen Blick könnte man noch meinen, dass sich seit 2000 das Bild geändert hätte und der S&P500 (schwarze Linie) und die Zinsen (rote Linien) sich seitdem einvernehmlich in die selbe Richtung entwickeln, doch das geht weit an der Realität vorbei. Solche Fehlinterpretationen passieren gerne, wenn man sich nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus einer viel größeren Entwicklung anschaut.
Der Kriegsmodus, eine Sondersituation
Deutlich erkennt man, dass der S&P500 vom Beginn des Afghanistan-Krieges am 7.10.2001 bis zum Beginn des Irakkrieges am 19.März 2003 die deutlichsten Kursverluste zu verzeichnen hatte (rotes Rechteck).
Das war eine absolute Sondersituation, vielleicht erinnern Sie sich noch: Die Medien waren voll von den möglichen Szenarien: Ein Flächenbrand in der Region wurde diskutiert, Ölknappheit, verheerende Folgen für die Weltwirtschaft, etc.
Erst als das Ende des Irak-Kriegs so langsam zeigte, dass keines dieser Horrorszenarien folgen wird, konzentrierten sich die Märke nach und nach wieder auf die eigentlich relevanten Faktoren:
Niedrige Zinsen = hohe Liquidität = steigende Kurse.
Ich erinnere mich sehr gut, wie dieser Zusammenhang in den Jahren 2003-2004 die ersten Analysten davon überzeugte, so langsam ins Bullenlager zu wechseln und die Bärenkappe einzumotten. Die große Masse der Kommentatoren ist aber tatsächlich erst 2005-2006 auf dieses Bullenszenario aufgesprungen (auch wenn viele heute etwas anderes behaupten).
Die Märkte reagierten wieder logisch
Die Börsen stiegen ab 2003 aufgrund der enormen Liquidität steil an und endlich erhöhte die Fed die Zinsen (aus heutiger Sicht fast etwas zu spät). Nach und nach wurde das Gleichgewicht zwischen Zinsen und Märkten wieder hergestellt.
Schauen Sie sich den Chart noch einmal an. Als die Zinsen ab dem 29.06.06 die 5,25 % erreichten und die Fed deutlich machte, dass die Zinsen erst einmal nicht mehr weiter steigen werden (blaue senkrechte Linie), folgte eine sehr starke Rally. Spätestens das beweist wieder, welch enormen Einfluss die Zinsen auf die Wirtschaft und den Kursverlauf der Märkte haben.
Warum ich das alles schreibe:
Mit dem aktuellen Leitzinssatz von 5,25 % befindet sich die Fed noch unter der kritischen 6 % Marke, aber immerhin in deren Nähe. Gerade aus diesem Grund ist es also sehr wichtig, ob die Fed die Zinsen weiter anhebt, konstant hält oder wieder senkt. Vor der Kreditmarktkrise war genau das die entscheidende Frage. Hätte nämlich die Fed die Zinsen aufgrund der Inflationsgefahren über 6 % angehoben, dann wäre das passiert, was offenbar immer über 6 % passiert: Der Markt wäre höchst wahrscheinlich unter Druck geraten.
Durch die Kreditmarktkrise ist diese Sorge vor weiter steigenden Zinsen erst einmal aus dem Markt. Senkt die Fed jetzt die Zinsen allerdings wieder, und zwar um mehr als 25 Basispunkte, dann spricht die Logik für weiter steigende Kursen! Natürlich nur so lange, wie nicht irgendwelche die Weltwirtschaft massiv beeinflussenden Faktoren die Märkte belasten (das zum Thema, dass niemand weiß, wie sich die Kreditmarktkrise weiter entwickelt. Ein Banken-Crash würde die Kurse sicherlich trotz weiter sinkenden Zinsen eine Zeitlang belasten)
Weiterer Abverkauf wäre bullish
Selbst wenn die Zinsen konstant bleiben, müsste man nach These 2, sofern vorher noch eventuelle Rezessionssorgen eingepreist werden, wieder mit weiter steigenden Märkten rechnen (siehe 1995 -1999). Aus diesem Grund „sehne“ ich mich so nach einem weiteren Abverkauf, weil eben nur dieser den Markt bereinigen würden. Anschließend könnte man dann mit vergleichsweise ruhigem Gewissen auf Einkaufstour gehen.
Inflation muss weiter beobachtet werden
Sollte sich die weltweite Inflation zu einem nachhaltigen Problem entwickeln, dann wäre spätestens nach dem US-Wahljahr mit stärker steigenden Zinsen zu rechnen. Und dann müssen wir uns, sobald die Zinsen das 6 % Niveau überschreiten, auf fallende Kursen einstellen.
Deflation muss vermieden werden
Sollten sich deflationäre Tendenzen durchsetzen, dann könnte die Rallye noch etwas weiter gehen. Eine eindeutige Deflation ist hingegen das einzige Szenario, welches diesen Zusammenhang zwischen Zinsen und Börse kippen kann (siehe Japan). Das ist aber ein ganz anderes Thema.
Fazit
Ich denke, Sie verstehen nun, warum der nächste Fed-Sitzung eine derart entscheidende Bedeutung zukommt. Schwenkt die Fed nun auf eine Politik des leichten Geldes um, oder macht sie deutlich, dass sie auch trotz dieser Krise mit Blick auf die Inflation die Zinsen stabil halten will, wahrscheinlich knapp unter 6 % ?
Das ist die alles entscheidende Frage.
Viele Grüße
Und ein sonniges Wochenende (wird ja auch mal wieder Zeit)
Ihr
Jochen Steffens