Propheten in Not

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tom68:

Propheten in Not

 
05.08.01 15:59
Propheten in Not  

Von Thiemo Heeg  


Gute Finanzpropheten orientieren sich an einfachen Regeln, um herauszufinden, wohin die Aktienkurse tendieren. Allgemein bekannt ist, dass auf jeden Berg in der Regel ein Tal folgt und auf Euphorie die große Verzweiflung. Wenn sich die Börsen himmelwärts überschlagen, ist es in Anwendung dieser Leitlinien nur konsequent und logisch, einen baldigen Absturz vorauszusagen. Und weil die Welt nach Gerechtigkeit und Ausgleich strebt, kann es in der gegenwärtigen Situation nur eine Richtung geben: nach oben. Verluste von 90 Prozent am Neuen Markt müssten doch eigentlich genug sein, oder?  

Nein, findet Albert Edwards, Chefstratege der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW). Für die ebenfalls gebeutelten amerikanischen Börsen sagt er jedenfalls einen neuen Crash voraus. Mehr als 20 Prozent Minus sollen es sein. Und das nicht etwa auf Jahresfrist, sondern bereits in der kommenden Woche – genauer: am 7. August. Dann nämlich legen die amerikanischen Statistiker Konjunkturdaten für das zweite Quartal vor. Und eine neue Berechnungsmethode werde „zum erschreckenden Resultat führen, dass es doch nicht so weit her ist mit dem amerikanischen Produktivitätswunder“, weiß Edwards, der für die Anleger schon das Sterbeglöcklein läuten sieht: „Das ist Dynamit für die Märkte, die Börsianer werden zu Tode erschreckt werden.“  

Da stellen sich doch gleich mehrere Fragen: Besitzt Edwards einfach zu viele Verkaufsoptionen, die ihn bei steigenden Kursen in den Ruin stürzen würden? Befürchtet er, bei nicht eintreffenden positiven Aussagen von erbosten Investoren gerichtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden, wie jetzt die Morgan-Stanley-Staranalystin Mary Meeker? Oder hat er mit Blick auf die Jobdiskussion vorsorglich etwas auf die Pauke gehauen – schließlich will die neue DKW-Herrin Allianz bei ihrer Investment-Tochter 1500 Leute auf die Straße setzen, und das vor allem in Übersee. Eine kleine Aufsehen erregende Prognose macht einen schnell zum unkündbaren Star. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit vielleicht im einstelligen Prozentbereich liegt – versuchen kann man es. Schließlich ist die Möglichkeit einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung nie ausgeschlossen.

DarkKnight:

Es kommt immer anders, als man meint

 
05.08.01 16:32
und vor allem nicht so oft, wie man hofft
tom68:

Crash-Gurus oder die Sucht nach der Schlagzeile

 
06.08.01 22:15
Kommentare: Crash-Gurus oder die Sucht nach der Schlagzeile

Stehen Sie morgen lieber nicht auf, schalten Sie den Fernseher oder das Radio nicht ein, denn morgen ist Crash-Tag. Zumindest nach Meinung des Chefstrategen von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW), Albert Edwards. Auch wenn der gute Herr mit seiner Vorhersage in der Börsenwelt gar nicht so recht ernst genommen wird, redet man darüber. Ein kluger und Kontroversen liebender Kopf soll er sein, der aber gerne übertreibt, heißt es aus Finanzkreisen.

Auf Grund schlechter Wirtschaftsdaten aus den USA drohe ab Dienstag ein 20-prozentiger Kursrutsch an den Märkten. Weil mittlerweile die ganze Finanzcommunity diese Prognose als „abwegig“ bis „entweder genial oder größtenwahnsinnig“ tituliert, hat die DKW mal schnell alles dementiert. Der zuständige Redakteur der Zeitung „Die Welt“, die den entsprechenden Artikel veröffentlicht hat, bezeichnet die Zitate als korrekt. Auch, wenn sie auch wohl nicht dem offiziellen DKW-Standpunkt entsprechen.

Nun ! ma! l abgesehen davon, wer hier Recht hat: Den Crash an den Welt-Finanzbörsen hat es längst gegeben, nur hat ihn kaum einer so genannt. Wir sind längst Zeuge des größten Kurszusammenbruchs seit 1929 geworden. Nicht nur am Neuen Markt scheinen alte Hochs mittlerweile so weit entfernt wie eine Besiedelung des Mars durch die Menschen.  

Die sind höchst verunsichert, keiner weiß so recht, wie es weiter gehen soll. Wenn in dieser gespannten Situation der Chefstratege einer großen Investmentbank solche –in den Augen vieler überzogene- Prognosen aufstellt, handelt er in meinen Augen zumindest genauso unverantwortlich wie die Leute, die Anlegern 100 Prozent Kursgewinn in kürzester Zeit versprechen. Von Effekthascherei, mal wieder in den Schlagzeilen der großen Wirtschaftszeitungen zu sprechen, wollen wir gar nicht mal reden.

Selbst wenn der gute Herr Edwards sich nicht irrt: Seine Warnungen kommen für den Großteil der Anleger zu spät – viel zu spät! . ! Crash-Gurus tauchen merkwürdigerweise oft dann auf, wenn das Kind längst in den Brunnen gefallen ist.

Autor: Michael Barck (© wallstreet:online AG) 16:15 06.08.2001  
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DarkKnight:

das mit der Besiedelung vom Mars habe ich nicht

 
06.08.01 22:26
verstanden ... im übrigen wäre das die zweite self-fulfilling prophecy seit Ankündigung der Hölle an sich.
007Bond:

Würde morgen erstmal

 
06.08.01 22:39
die Zahlen von Cisco abwarten. Dann werden wir sehen, wie es erstmal weiter gehen wird. Die momentane wirtschaftliche "Weltuntergangsstimmung" partizipiert eben sehr stark an der aktuellen Börsenentwicklung. Die Vernichtung von Kapital an der Börse wirkt sich zwangsläufig auf die Kaufkraft aus und natürlich auch auf die Umsätze der Unternehmen.

Nunja, wir könnten jetzt sagen, es ist alles vorbei - alles wird über den "Jordan" gehen.

Doch wie sagte schon ein bekannter Reformator: "Wenn ich wüßte, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen."

Hm, sollte ich vielleicht morgen eine Apple kaufen?!
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