Prognose für die Nebenwerte

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Prognose für die Nebenwerte

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19.06.05 13:13
Hinterm Horizont gehts weiter (EuramS)

   
Nebenwerte kennen offenbar kein Halten. Der SDAX ist der stärkste Index in diesem Jahr, gemeinsam mit dem MDAX notiert er auf historischem Hoch – und ein Ende der Rally ist nicht in Sicht. Woran das liegt, wo Investoren noch zugreifen sollten.
von Thomas Schmidtutz

Die schönsten Blumen blühen oft im Verborgenen. Das gilt auch für die Börse. Während "Tagesschau", Radiosender und viele Tageszeitungen akribisch über jede Regung des DAX berichten, gehen die Nebenwerte in der breiten Öffentlichkeit unter.

Dabei geht bei den Aktien aus der zweiten und dritten Reihe richtig die Post ab. Seit Jahresanfang hat etwa der SDAX um 19,5 Prozent zugelegt und notiert auf Allzeithoch. Zum Vergleich: Der DAX brachte im selben Zeitraum gerade mal ein Plus von 8,3 Prozent. Das schaffen viele Nebenwerte in einer Woche. Nehmen wir Vivacon. Seit Jahresanfang hat die Aktie des Immobilien-Unternehmens Investoren einen Kurszuwachs von 122 Prozent beschert. Auch EM.TV und Fluxx haben sich im selben Zeitraum mehr als verdoppelt.

Im MDAX ist das Bild ähnlich. So hat etwa der Baustoffspezialist Pfleiderer seit Jahresanfang 75 Prozent Performance geliefert. Salzgitter bringt es immer noch auf ein Plus von 53 Prozent. Unterdessen eilt auch der MDAX von einem historischen Höchststand zum nächsten. Nachdem der Index erst im November die 5000er Marke nachhaltig knackte, hat er Anfang Juni die 6000er Marke genommen. Am Freitag markierte der Index mit 6287 Punkten ein neues Allzeithoch.

Die starke Entwicklung ist kein neues Phänomen. "Während der DAX immer noch rund 50 Prozent unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2000 notiert, hat der MDAX seither rund die Hälfte zugelegt", erinnert etwa Hans-Peter Schupp, Fondsmanager bei MainFirst. Und ein Ende ist nicht in Sicht. "Wir gehen davon aus, daß der MDAX sich auch in den nächsten Monaten besser entwickeln wird als der DAX", glaubt etwa Frank Hansen, Fondsmanager beim Deutschen Investment Trust (Dit) in Frankfurt.

Zwar mehren sich inzwischen die Stimmen, die ein Ende der Outperformance des MDAX gegenüber seinem großen Bruder prophezeien. Immerhin haben die Nebenwerte gegenüber dem DAX inzwischen einen Bewertungsaufschlag. Denn während der DAX für 2005 mit einem Kurs/ Gewinn-Verhältnis (KGV) von zwölf bewertet ist, gewähren Investoren dem MDAX inzwischen ein 2005er KGV von 15, so Christoph Berger von Cominvest. Einen solchen Vorsprung der Nebenwerte gab es zuletzt in den 90er Jahren.

Aber daß der MDAX zumindest kurzfristig weiteres Potential hat, bestreiten selbst Skeptiker nicht: "Fundamental ist der MDAX inzwischen fair bewertet, aber die Rally dürfte zunächst weiterlaufen", glaubt etwa Steffen Neumann, Aktienstratege bei der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) in Mainz. In der Tat sind die Vorzeichen günstig. "Das Umfeld für Aktien ist weiter gut", sagt Frank Hansen vom Dit unter Verweis auf die flauen Zinsen. So wirft die zehnjährige Bundesanleihe gerade noch 3,3 Prozent Rendite ab. Das bringen viele Aktien schon über die Dividende. Zudem gelten viele Nebenwerte als "relativ konjunkturresistent", sagt LRP-Stratege Neumann. "Die meisten MDAX-Firmen verfügen eben über stabile und etablierte Geschäftsmodelle", ergänzt auch Dit-Fondsmanager Frank Hansen. Dazu kommt, daß viele MDAX- und SDAX-Firmen Weltmarktführer in Nischen sind. Das garantiere relativ "stabile Erträge", so Steffen Neumann von der LRP. Beispiel: Rational. Das Unternehmen aus Landsberg am Lech ist Weltmarktführer bei Gargeräten für Großküchen. Zwar bekamen auch die Bayern den weltweiten Konjunktureinbruch 2002 zu spüren. Aber längst nicht so drastisch wie multi-nationale Konzerne in hart umkämpften Märkten, die sich häufig nur noch über massive Rabatte zu helfen wußten.

Daneben leiden kleinere Firmen längst nicht so stark unter Währungsverschiebungen wie global aufgestellte Konzerne. "Einige kleinere Firmen sind ja vornehmlich in Euro-Land unterwegs", sagt Peter Ott, Fondsmanager bei UBS. "Wenn der Dollar schwächelt wie 2004, kriegen die das kaum mit."

Zudem sind kleinere Unternehmen meist beweglicher. Das gilt auch für die Mitarbeiter. Während Konzerne bei der kleinsten Änderung des Tarifvertrags Ärger mit den Gewerkschaften kriegen und Flexibilität eher vom Hörensagen kennen, gehen Betriebsräte bei kleineren Firmen auf den Vorstand zu.

Beispiel Krones: Der Spezialist für Getränke-Abfüllanlagen gilt als Vorreiter bei flexiblen Arbeitszeitmodellen. Im November vergangenen Jahres erst einigte sich das Unternehmen mit dem Betriebsrat auf die Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden. Der Lohn für die Hälfte der zusätzlichen Arbeitszeit, also 2,5 Stunden, wird sofort, aber ohne Zuschläge ausbezahlt. Die andere Hälfte erhalten die Mitarbeiter am Jahresende, sofern die operative Marge bei sieben Prozent liegt. Ist sie besser, gibt es einen Bonus obendrauf. Analysten begrüßten die Einigung und sehen deutliche Einsparungen. Schließlich spricht auch die Gewinndynamik für Nebenwerte. Nach einer Übersicht der Landesbank Rheinland-Pfalz dürften die Gewinne der DAX-Konzerne 2006 gegenüber dem laufenden Jahr um zehn Prozent zulegen. Im MDAX soll es dagegen um 16 Prozent aufwärtsgehen.

Luft nach oben haben die MDAX-Werte auch aus bewertungstechnischer Sicht: "Mit einem 2006er KGV von 14 ist der MDAX nicht zu teuer", urteilt Peter Ott von der UBS. Zuletzt kam auch noch der Übernahme-Appetit von Private-Equity-Firmen und anderen Investoren hinzu. Erst in dieser Woche sicherte sich der Investor Adolf Merckle die Mehrheit an Heidelberger Cement. Zuvor waren etwa Dieselspezialist Beru sowie das Chemie-Unternehmen Celanese bei Private-Equity-Firmen gelandet.

Weitere Übernahmen dürften folgen. In Branchenkreisen wird etwa der Postbank Interesse an BHW nachgesagt. Auch Stahlkocher Salzgitter könnte unversehens in das Visier von Firmenaufkäufern geraten. Dies sorgt für zusätzliche Kursphantasie. "Es gibt weiter attraktive Unternehmen auch im Nebenwerte-Bereich", urteilt Christoph Berger, Fondsmanger bei Cominvest. Man muß nur mal suchen – gerade im Verborgenen.
 
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