Produktionsverlagerung schreitet weiter voran

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Hartz5:

Produktionsverlagerung schreitet weiter voran

 
13.08.04 19:26
und geht immer mehr an die Substanz!

Unternehmen wollen Produktionskosten senken und Märkte erobern – Neue Studie

Deutsche Maschinenbauer verlagern Produktion ins Ausland

Von Wolfgang Gillmann, Handelsblatt

90 Prozent der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer wollen in den kommenden fünf Jahren Unternehmensteile in andere Länder verlagern. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Unternehmensberatung Roland Berger mit der Universität Aachen erarbeitet hat. Die Studie liegt dem Handelsblatt vor.

DÜSSELDORF. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sind vor allem niedrigere Produktionskosten, die verbesserte Fertigungsqualität außerhalb Deutschlands sowie der Wille, neue Absatzmärkte zu erobern. Auch andere Branchen drängen ins Ausland.

Osteuropa wird für den deutschen Anlagen- und Maschinenbau als verlängerte Werkbank zunehmend attraktiv. Von den in der Studie befragten 70 führenden Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Autozulieferer- und Elektronikindustrie lassen rund 20 Prozent schon in Osteuropa produzieren und montieren – auch auf Kosten deutscher Jobs. Dennoch hat der Anlagen- und Maschinenbau mit 885 000 Mitarbeitern nach wie vor mehr Beschäftigte als alle anderen deutschen Industriezweige. Neben den niedrigen Lohnkosten sprechen aus Sicht der Unternehmen auch die politische Stabilität und das gute Ausbildungsniveau der dortigen Mitarbeiter für den Standort Osteuropa.

„Die Verlagerungen haben heute eine andere Qualität als in den neunziger Jahren, als viel nach Spanien und Portugal verlagert wurde“, sagte der Aachener Professor und Mitautor der Studie, Günther Schuh. „Heute ist ein nachhaltigerer Effekt nötig.“ Der Gang nach Osteuropa lohnt sich für deutsche Unternehmen auch deshalb, weil die dortige Fertigungsqualität in den vergangenen Jahren steil angestiegen ist. 62 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass ihre Standorte in Osteuropa inzwischen die gleiche Fertigungsqualität hätten wie in Deutschland. Deshalb lassen die Maschinen- und Anlagenbauer zunehmend auch komplexe und technologieintensive Produkte beziehungsweise komplette Baugruppen in Osteuropa herstellen. Lediglich die Produktivität sei hier zu Lande noch wesentlich höher, heißt es in der Studie.

Bei dem Gang nach Osteuropa „stehen die niedrigeren Kosten im Vordergrund“, sagte Kay Mayland, Vorstandschef des weltgrößten Walzwerkeherstellers SMS Demag, dem Handelsblatt. Dagegen gehe es beispielsweise in China vorrangig um die Erschließung des Marktes. Das bestätigte Reinhardt Geissbauer, Partner bei Roland Berger und Mitautor der Studie: „Asien kann nicht mehr nur von Deutschland aus bedient werden.“

Dies liegt schon daran, dass etwa die Regierung in Peking fordert, auch die Chinesen an der Wertschöpfung zu beteiligen. „In China können Sie ohne lokale Fertigung keine Anlage verkaufen“, sagte Mayland. Die Studie rät Unternehmen, auf großen Zukunftsmärkten wie China nicht nur produzieren zu lassen. Stattdessen sollten auch hochwertige Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten ausgelagert sowie lokale Service- und Ersatzteilstandorte im Ausland aufgebaut werden. Dadurch könne etwa vermieden werden, dassbei Problemen jeweils deutsche Spezialisten eingeflogen werden müssten.

Ein Vorreiter bei der Verlagerung von Produktion ins Ausland ist die Automobilindustrie. VW beispielsweise lässt nicht nur seit Jahren Autos in Schanghai produzieren, es verkauft in China inzwischen auchmehr Volkswagen als in Deutschland. Opel hat jüngst beschlossen, einen Teil der Produktion der nächsten Generation des Kompaktvans Zafira von Bochum an den polnischen Standort Gleiwitz zu vergeben. Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Prognoseinstitut B&D Forecast geht davon aus, dass die Opel-Mutter General Motors Europe sich „langfristig in der Produktion stärker auf Ost-Europa ausrichten muss, um eine ertragreiche Ausrichtung zu finden.“

Mit den Automobilkonzernen haben sich auch die Zulieferer international orientiert. „Globalisierte Wertschöpfung gehört für die meisten Zulieferer bereits zum Tagesgeschäft“, sagen die Autoren der Studie. Der Rheinmetall-Konzern etwa kaufte 1995 einen Standort in Tschechien, an dem heute 783 Mitarbeiter beschäftigt sind. Zurzeit baut Rheinmetall den Standort aus. Continental-Chef Manfred Wennemer sagte kürzlich: „In 30 Jahren haben wir hier wahrscheinlich tatsächlich keine Reifenfabriken mehr.“

Allerdings zieht es nicht nur große deutsche Firmen ins Ausland. Auch Europas Mittelstand will verstärkt Auslandsmärkte erobern. Fast jeder vierte mittelständische Betrieb in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien plant, sein Auslandsgeschäft in den kommenden Jahren deutlich zu steigern. Das ergab der jüngste Handelsblatt Business Monitor International, eine halbjährliche Befragung von 1 000 Führungskräften der vier Länder.

HANDELSBLATT, Donnerstag, 12. August 2004, 07:21 Uhr
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