1. Überblick
LE FIGARO macht auf mit dem "Ultimatum von al-Quaida an Europa", LE MONDE mit "Irak vom Bürgerkrieg bedroht". LIBÉRATION und L'HUMANITÉ schauen nach Nahost ("Israel gegen Siedler", "Gaza: Die Extremisten reizen hoch"). Die verheerenden Waldbrände mit Opfern unter den Feuerwehrleuten in Frankreich und Spanien sind Aufmacher beim PARISIEN ("Sommerhölle") und bei LA CROIX.
Auf den Innenseiten ausführliche Deutschland-Berichterstattung: Themen sind der heutige Besuchs Angela Merkels in Paris, die neue Linkspartei, die VW-Affäre und die anstehende Entscheidung von Bundespräsident Köhler zur Bundestagsauflösung.
2. Im Einzelnen
a) International
Terrorismus, Irak und Nahost sind die internationalen Themen der heutigen Berichterstattung. LE FIGARO berichtet über das neue Ultimatum von Al-Quaida an die Europäer, ihre Truppen binnen eines Monats aus dem Irak zurückzuziehen. LE MONDE sieht in der Kette mörderischer Anschläge im Irak eine gefährliche Verschärfung des Antagonismus zwischen Sunniten und Schiiten, der den Irak in einen Bürgerkrieg stürzen kann. Gleichzeitig gebe es mit dem historischen Besuch des irakischen Premierministers al-Jaafari in Teheran Zeichen einer engeren irakisch-iranischen Zusammenarbeit.
LE FIGARO schreibt zum das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum europäischen Haftbefehl und zur Freilassung des von Spanien gesuchten mutmaßlichen Terroristen Darkazanli: Die Entscheidung zeige erneut, dass die deutsche Justiz große Milde gegenüber Personen zeige, die unter dem Verdacht des Kontakts zu ausländischen Terrorgruppen stehen. Zu Nahost stellt der FIGARO fest, dass die Schlacht um Gaza begonnen habe. LIBÉRATION untersucht die Motive Sharons, der vom "Bulldozer" des Siedlungsbaus zum Premierminister der Evakuierung geworden sei. Sharon hoffe, durch die Aufgabe Gazas mehr Territorium im Westjordanland halten zu können.
b) Europa
LE MONDE versucht eine soziologische Lokalisierung des französischen Nein zum EU-Verfassungsvertrag. 76% der Gutverdiener hätten für den Vertrag gestimmt, jedoch nur 37% der Geringverdiener. Die höchste Zustimmung habe es in bürgerlichen Gemeinden gegeben, die höchste Ablehnung in Arbeitergemeinden. Das Wahlverhalten spiegle die Spaltung Frankreichs in diejenigen, die sich den Regeln der Globalisierung anpassen wollen, und diejenigen, die sie ablehnen. Europa werde als Beschleuniger oder gar Organisator der damit verbundenen Veränderungen verstanden.
c) Innenpolitik
LE FIGARO urteilt nach den Angriffen von Parlamentspräsident Debré auf Sarkozy, zwischen den beiden Politikern gehe inzwischen nichts mehr. Im Interview mit LIBÉRATION versucht Sarkozy, die Gemüter zu beruhigen: Sein Eintritt in die Regierung zeige gerade, dass er keinen Gegensatz zwischen UMP und Regierung wolle. Er habe vollen Respekt für die Person Chiracs und wolle zur bestmöglichen Bilanz seiner Amtszeit beitragen. Es dürfe bei den nötigen Reformen des "französischen Sozialmodells" jedoch keine Tabus geben. Auf den Vorwurf, seine Maßnahmen als Innenminister zielten auf das rechtsextreme Wählerspektrum, erklärt Sarkozy offen, die Wähler Le Pens wieder in den "Schoß der Republik" zurückführen zu wollen.
d) Wirtschaft
LIBÉRATION berichtet über die Privatisierungsvorhaben der Regierung, in deren Zentrum die vollständige Privatisierung der drei Autobahngesellschaften steht. Mit 14 Mrd. Euro Privatisierungserlösen, von denen der Großteil zum Defizitabbau verwendet werden soll, strebe die Regierung 2005 einen Rekord an. Bei nach wie vor hoher Neuverschuldung verpuffe der Effekt jedoch. Thierry Breton zeige dadurch, dass er das Familiensilber verscherbelt, dass Frankreich effektiv über seine Verhältnisse lebt. LES ECHOS widmet sich der Vermögenssteuer, die Chirac in seinem Interview zum 14. Juli verteidigt hatte. Eine Studie der Finanzausschüsse von Nationalversammlung und Senat zeige, wie die Gestaltung der Steuer Vermögensbesitzer und Betriebe ins Ausland treibe. Die Debatte werde weitergehen.
e) Deutschland
FIGARO, MONDE und PARISIEN berichten über den heutigen Besuch Angela Merkels in Paris. Der FIGARO erwartet ein Bekenntnis Merkels zur deutsch-französischen Zusammenarbeit. Eine von ihr geführte Bundesregierung werde dabei jedoch stärkere Rücksicht auf die kleinen EU-Mitgliedstaaten nehmen und sich um Verbesserung der Beziehungen zu den USA bemühen.
Für LE MONDE kommt Merkel fast schon als Kanzlerin und wolle zeigen, dass Gerhard Schröder kein Monopol auf enge Beziehungen zu Frankreich besitzt. Mit der französischen Rechten habe sie ohnehin bereits Kontakte aufgebaut. Merkel stehe in der außenpolitischen Tradition Helmut Kohls, müsse ihre staatsmännischen Fähigkeiten jedoch noch beweisen. Auch wenn sie als Ostdeutsche Frankreich erst für sich erst entdecken musste, sei ihr als Pragmatikerin die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit bewusst. Die Vorstellung, die EU mit einem Kern der großen Länder zu führen, lehne sie hingegen ab.
LE PARISIEN betont die außenpolitischen Auffassungsunterschiede zwischen Chirac und Merkel: die Überzeugung Merkels, Europapolitik nicht ohne Großbritannien und die kleinen Mitgliedstaaten gestalten zu können; ebenso die Positionsunterschiede zur EU-Mitgliedschaft der Türkei und zur Aufhebung des Waffenembargos gegen China. Merkel stehe Sarkozy politisch sehr viel näher.
Der erste Artikel des neuen LE MONDE-Deutschlandkorrespondenten Antoine Jacob widmet sich der neuen Linkspartei, die gegen die "liberale Verirrung" der SPD in den Wahlkampf ziehen werde und in den Umfragen derzeit zwischen 8 und 12%, im Osten sogar vor der CDU liegt. Die internen Widersprüche des Zusammenschlusses zwischen PDS und WASG dürften jedoch nicht übersehen werden und könnten einem Wahlerfolg durchaus im Wege stehen. Für L'HUMANITÉ ist es das Verdienst Lafontaines, die Annäherung beider Parteien erleichtert zu haben. Angesichts des Grabens, der noch vor Monaten PDS und SPD-Dissidenten getrennt habe, sei dies eine wirkliche Umwälzung. LA CROIX zeichnet ein Porträt Gysis und unterstreicht dessen Beitrag zum Zusammenschluss beider Gruppierungen.
LE MONDE berichtet über die VW-Affäre, die zur Fortsetzungsgeschichte dieses Sommers gerate und wegen der Personalie Hartz die Wahlaussichten der SPD belaste. Der Skandal zeige in schon karikaturaler Weise, wie Betriebsführung und Gewerkschaften gemeinsam das System der Mitbestimmung für sich ausbeuteten und stelle es damit grundsätzlich in Frage.
LES ECHOS kündigt an, Bundespräsident Köhler werde diese Woche den Bundestag auflösen. Köhler habe keine Alternative zu dieser Entscheidung, da eine Verweigerung das Land in eine schwere politische Krise stürzen würde.
(Quelle: Pressereferat der deutschen Botschaft Paris)