Aus der FTD vom 26.10.2000
Von Axel Mühlhaus
Die Wunderwaffe der New Economy ist - vorerst - stumpf geworden. Bei manchem Spezialisten aus der IT- und Internet-Branche huscht allenfalls ein gequältes Lächeln über das Gesicht, wenn die Rede auf das Thema Aktienoptionen kommt.
Noch vor wenigen Monaten galten sie als der beinahe sichere Weg zum schnellen Reichtum. Mittelfristig könnte die Flaute am Aktienmarkt auf die reale Wirtschaft durchschlagen, wenn nämlich die fixen Personalkosten in Ermanglung anderer Anreizsysteme zu steigen beginnen.
Die jungen Startups der Branche köderten bislang mit der Aussicht auf Optionen hochkarätiges Personal, welches leichten Herzens auf Fixgehälter in der Höhe verzichtete, die in der Old Economy gezahlt werden. Unternehmen, die bereits börsennotiert waren, oder unmttelbar vor dem Sprung an den Kapitalmarkt standen, hatten damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten, die fern der Börse dahinarbeiteten. Selbst das deutsche Software-Schlachtschiff SAP sah sich zu einem Optionsprogramm genötigt, um dem andauernden Personaladerlass besonders in den USA entgegenzuwirken.
Reiche Ernte eingefahren
Der Optionssegen war lange eine eindeutige Win/Win-Situation für Beschäftigte und Unternehmen. Die Arbeitnehmer konnten damit rechnen, in der Börsenhausse reiche Ernte einzufahren, und viele junge Unternehmen verfügten über mehr Aktien als Bargeld, setzten sie deshalb gern als Entlohnungsmittel ein. Beispiele wie EM.TV oder Mobilcom zeigten, dass auch in Deutschland der Weg vom Mitarbeiter zum Millionär in kurzer Zeit machbar war. Allenfalls in den Jahresabschlüssen der Gesellschaften hinterließ die Mitarbeiterbeteiligung ihre Spuren. Allerdings ließen sich diese Einflüsse dem Kapitalmarkt gut vermitteln, und Cash-wirksam sind sie sowieso nicht.
Üblicherweise stellen Unternehmen rund zehn Prozent ihres Grundkapitals für Optionsprogramme zur Verfügung. Die erste Ausübung ist nach zwei Jahren möglich und natürlich nur sinnvoll, wenn der Kurs dann über dem festgelegten Basispreis steht. Gern werden noch zusätzliche Kriterien vereinbart, die erfüllt sein müssen, damit tatsächlich Gebrauch von dem Kaufrecht gemacht werden kann, beispielsweise die Outperformance der Aktie gegenüber einem bestimmten Index oder die Erreichung operativer Zielvorgaben.
Lange Gesichter in den Unternehmen
Der seit März andauernde Kursverfall am Neuen Markt und der Nasdaq sorgt nun für lange Gesichter, die Optionen verlieren jeden Tag mehr an Wert oder büßen diesen sogar vollständig ein. Nahezu im Gleichschritt sinkt die Motivation der Beschäftigten, die so nicht gewettet hatten und sich auf dem Papier schon einmal reich wähnten. Auch die Tatsache, dass viele junge Unternehmen ihren Börsengang zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben haben, trägt nicht dazu bei, deren Mitarbeiter froher zu stimmen.
Die Konsequenzen im IT-Bereich sind absehbar. Wenn die Kurse nicht bald wieder in den Vorwärtsgang schalten, muss in irgendeiner Form nachgebessert werden, um dringend benötigte Fachkräfte am Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Davon bleiben auch die ganz großen Tiere nicht verschont. Microsoft-CEO Steve Ballmer kann davon ein Lied singen. Erst im Frühjahr sah er sich genötigt die Zahl der Aktienoptionen für Mitarbeiter zu verdoppeln. Nachdem der Kurs des Papiers sich etwa halbiert hat, musste etwas getan werden, um die Stimmung in der Belegschaft auf erträglichem Niveau zu halten.
Bei anderen Firmen wird zwangsläufig stärker in den Gehaltstopf gegriffen werden müssen. Dies dürfte ebenfalls Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung hinterlassen, und diese sind Cash-wirksam! Viele Firmenlenker werden nicht zuletzt vor diesem Hintergrund die Daumen drücken, dass es an der Börse bald wieder aufwärts geht, sonst beginnt sich der anfängliche Börsenerfolg der New Economy zu rächen.
Von Axel Mühlhaus
Die Wunderwaffe der New Economy ist - vorerst - stumpf geworden. Bei manchem Spezialisten aus der IT- und Internet-Branche huscht allenfalls ein gequältes Lächeln über das Gesicht, wenn die Rede auf das Thema Aktienoptionen kommt.
Noch vor wenigen Monaten galten sie als der beinahe sichere Weg zum schnellen Reichtum. Mittelfristig könnte die Flaute am Aktienmarkt auf die reale Wirtschaft durchschlagen, wenn nämlich die fixen Personalkosten in Ermanglung anderer Anreizsysteme zu steigen beginnen.
Die jungen Startups der Branche köderten bislang mit der Aussicht auf Optionen hochkarätiges Personal, welches leichten Herzens auf Fixgehälter in der Höhe verzichtete, die in der Old Economy gezahlt werden. Unternehmen, die bereits börsennotiert waren, oder unmttelbar vor dem Sprung an den Kapitalmarkt standen, hatten damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten, die fern der Börse dahinarbeiteten. Selbst das deutsche Software-Schlachtschiff SAP sah sich zu einem Optionsprogramm genötigt, um dem andauernden Personaladerlass besonders in den USA entgegenzuwirken.
Reiche Ernte eingefahren
Der Optionssegen war lange eine eindeutige Win/Win-Situation für Beschäftigte und Unternehmen. Die Arbeitnehmer konnten damit rechnen, in der Börsenhausse reiche Ernte einzufahren, und viele junge Unternehmen verfügten über mehr Aktien als Bargeld, setzten sie deshalb gern als Entlohnungsmittel ein. Beispiele wie EM.TV oder Mobilcom zeigten, dass auch in Deutschland der Weg vom Mitarbeiter zum Millionär in kurzer Zeit machbar war. Allenfalls in den Jahresabschlüssen der Gesellschaften hinterließ die Mitarbeiterbeteiligung ihre Spuren. Allerdings ließen sich diese Einflüsse dem Kapitalmarkt gut vermitteln, und Cash-wirksam sind sie sowieso nicht.
Üblicherweise stellen Unternehmen rund zehn Prozent ihres Grundkapitals für Optionsprogramme zur Verfügung. Die erste Ausübung ist nach zwei Jahren möglich und natürlich nur sinnvoll, wenn der Kurs dann über dem festgelegten Basispreis steht. Gern werden noch zusätzliche Kriterien vereinbart, die erfüllt sein müssen, damit tatsächlich Gebrauch von dem Kaufrecht gemacht werden kann, beispielsweise die Outperformance der Aktie gegenüber einem bestimmten Index oder die Erreichung operativer Zielvorgaben.
Lange Gesichter in den Unternehmen
Der seit März andauernde Kursverfall am Neuen Markt und der Nasdaq sorgt nun für lange Gesichter, die Optionen verlieren jeden Tag mehr an Wert oder büßen diesen sogar vollständig ein. Nahezu im Gleichschritt sinkt die Motivation der Beschäftigten, die so nicht gewettet hatten und sich auf dem Papier schon einmal reich wähnten. Auch die Tatsache, dass viele junge Unternehmen ihren Börsengang zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben haben, trägt nicht dazu bei, deren Mitarbeiter froher zu stimmen.
Die Konsequenzen im IT-Bereich sind absehbar. Wenn die Kurse nicht bald wieder in den Vorwärtsgang schalten, muss in irgendeiner Form nachgebessert werden, um dringend benötigte Fachkräfte am Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Davon bleiben auch die ganz großen Tiere nicht verschont. Microsoft-CEO Steve Ballmer kann davon ein Lied singen. Erst im Frühjahr sah er sich genötigt die Zahl der Aktienoptionen für Mitarbeiter zu verdoppeln. Nachdem der Kurs des Papiers sich etwa halbiert hat, musste etwas getan werden, um die Stimmung in der Belegschaft auf erträglichem Niveau zu halten.
Bei anderen Firmen wird zwangsläufig stärker in den Gehaltstopf gegriffen werden müssen. Dies dürfte ebenfalls Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung hinterlassen, und diese sind Cash-wirksam! Viele Firmenlenker werden nicht zuletzt vor diesem Hintergrund die Daumen drücken, dass es an der Börse bald wieder aufwärts geht, sonst beginnt sich der anfängliche Börsenerfolg der New Economy zu rächen.