Aus der FTD vom 11.10.2001 www.ftd.de/milzbrand
Pharmakurse steigen nach Milzbrandfällen
Von Karen Kleinwort, Hamburg
Die Aktien einer Reihe von Biotechnologie- und Pharmafirmen reagierten am Mittwoch mit einem kräftigen Kursplus auf den zweiten Fall von Milzbrand im US-Bundesstaat Florida.
Anleger gehen offensichtlich davon aus, dass Regierungen mehr in die Bekämpfung eventueller Terroranschläge mit biologischen Waffen investieren werden. Der deutsche Chemiekonzern Bayer, Hersteller des vom US-Seuchenamt Centre for Disease Control (CDC) empfohlenen Medikaments zur Behandlung einer Anthrax-Infektion - dem Breitbandantibiotikum Cipro - gab einen Ausbau der Produktion um 25 Prozent bekannt. Seit dem 11. September hat es in den USA eine verstärkte Nachfrage nach Cipro gegeben. Die Bayer-Aktie, die in den vergangenen Monaten gelitten hatte, legte seit Wochenbeginn um sieben Prozent auf 34,2 Euro zu.
Dabei darf man bei Ankündigungen zu neuen vorsorgenden Mitteln, im Regelfall Impfstoffe, gegen Gefahren wie Milzbrand oder Pocken und entsprechenden Therapeutika deren Bedeutung für den einzelnen Hersteller und den Gesamtmarkt nicht außer Acht lassen. Fall Bayer: Cipro ist mit fast 1,8 Mrd. Euro Jahresumsatz bereits das mit Abstand stärkste Arzneimittel für den Konzern. Analysten messen einem möglichen Absatzplus auf Grund von Anthrax-Sorgen denn auch wenig Bedeutung zu.
Der weltweite Impfstoffmarkt stellt mit einem Umsatz von rund 4 Mrd. $ gerade mal zwei Prozent des globalen Arzneimittelmarktes dar. Und von diesen 4 Mrd. $ entfällt mit Abstand das Gros auf Impfstoffe für Kinder oder gegen Infektionskrankheiten wie Hepatitis, Malaria und Tuberkulose. Ein Vakzin gegen Milzbrand bei Menschen wird laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von nur vier Herstellern in den USA, Großbritannien, Russland und China produziert - keiner der führenden Impfstoffhersteller Glaxo SmithKline, Wyeth, Aventis oder der US-Konzern Merck ist darunter. Vielmehr handelt es sich um Einrichtungen, die staatlich sind oder direkt für Regierungsbehörden produzieren.
Investitionsentscheidung nicht revidiert
"Wir engagieren uns weder bei Milzbrand noch bei Pocken und haben bisher diese Investitionsentscheidung nicht revidiert", erklärte Glaxo-SmithKline-Sprecher Alan Chandler. WHO-Generaldirektorin Gro Harlem Brundtland hatte jedoch vor rund zwei Wochen Regierungen dazu aufgerufen, ihre Notfallsysteme für einen eventuellen Angriff mit biologischen oder chemischen Waffen zu verbessern. Experten gehen davon aus, dass Anthrax und Pocken zu den wahrscheinlichsten Erregern bei einem solchen Anschlag gehören. Die Bekämpfung von Pocken gehört zu den großen Erfolgen der WHO - dank weit reichender Impfkampagnen konnte die Behörde die Krankheit 1980 für ausgerottet erklären.
WHO überdenkt Pocken-Vorschlag
Weltweit gibt es nur noch zwei Lager mit Pockenviren - eines beim CDC in Atlanta, das andere beim staatlichen Viren- und Biotechforschungszentrum in Russland. 1996 hatte sich die Generalversammlung der WHO für die Zerstörung der Virenlager ausgesprochen; eigentlich sollte dies 1999 geschehen. Stattdessen steht das Thema für das WHO-Treffen im Frühjahr 2002 wieder auf der Tagesordnung. "Die Empfehlung, die beiden Virenbestände zu vernichten, könnte jetzt noch einmal überdacht werden", sagte WHO-Sprecher Ian Simpson gegenüber der FTD. Weltweit existieren nach Aussagen von Simpson drei Lager mit Pockenimpfstoff - in den USA, in Russland und bei der WHO selbst.
CDC hatte im September 2000 mit der britischen Biotechfirma Acambis einen 20-Jahres-Vertrag zur Entwicklung und Herstellung eines neuen Pockenimpfstoffes abgeschlossen - die Acambis-Aktien erlebten seit dem 11. September ein Plus um 70 Prozent. Am Mittwoch sah die US-Firma Avant Immunotherapeutics ihren Kurs sich mehr als verdoppeln, nachdem sie einen Technologievertrag mit DynPort Vaccine bekannt gab. Letztere entwickeln Impfstoffe für das US-Verteidigungsministerium.
Pharmakurse steigen nach Milzbrandfällen
Von Karen Kleinwort, Hamburg
Die Aktien einer Reihe von Biotechnologie- und Pharmafirmen reagierten am Mittwoch mit einem kräftigen Kursplus auf den zweiten Fall von Milzbrand im US-Bundesstaat Florida.
Anleger gehen offensichtlich davon aus, dass Regierungen mehr in die Bekämpfung eventueller Terroranschläge mit biologischen Waffen investieren werden. Der deutsche Chemiekonzern Bayer, Hersteller des vom US-Seuchenamt Centre for Disease Control (CDC) empfohlenen Medikaments zur Behandlung einer Anthrax-Infektion - dem Breitbandantibiotikum Cipro - gab einen Ausbau der Produktion um 25 Prozent bekannt. Seit dem 11. September hat es in den USA eine verstärkte Nachfrage nach Cipro gegeben. Die Bayer-Aktie, die in den vergangenen Monaten gelitten hatte, legte seit Wochenbeginn um sieben Prozent auf 34,2 Euro zu.
Dabei darf man bei Ankündigungen zu neuen vorsorgenden Mitteln, im Regelfall Impfstoffe, gegen Gefahren wie Milzbrand oder Pocken und entsprechenden Therapeutika deren Bedeutung für den einzelnen Hersteller und den Gesamtmarkt nicht außer Acht lassen. Fall Bayer: Cipro ist mit fast 1,8 Mrd. Euro Jahresumsatz bereits das mit Abstand stärkste Arzneimittel für den Konzern. Analysten messen einem möglichen Absatzplus auf Grund von Anthrax-Sorgen denn auch wenig Bedeutung zu.
Der weltweite Impfstoffmarkt stellt mit einem Umsatz von rund 4 Mrd. $ gerade mal zwei Prozent des globalen Arzneimittelmarktes dar. Und von diesen 4 Mrd. $ entfällt mit Abstand das Gros auf Impfstoffe für Kinder oder gegen Infektionskrankheiten wie Hepatitis, Malaria und Tuberkulose. Ein Vakzin gegen Milzbrand bei Menschen wird laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von nur vier Herstellern in den USA, Großbritannien, Russland und China produziert - keiner der führenden Impfstoffhersteller Glaxo SmithKline, Wyeth, Aventis oder der US-Konzern Merck ist darunter. Vielmehr handelt es sich um Einrichtungen, die staatlich sind oder direkt für Regierungsbehörden produzieren.
Investitionsentscheidung nicht revidiert
"Wir engagieren uns weder bei Milzbrand noch bei Pocken und haben bisher diese Investitionsentscheidung nicht revidiert", erklärte Glaxo-SmithKline-Sprecher Alan Chandler. WHO-Generaldirektorin Gro Harlem Brundtland hatte jedoch vor rund zwei Wochen Regierungen dazu aufgerufen, ihre Notfallsysteme für einen eventuellen Angriff mit biologischen oder chemischen Waffen zu verbessern. Experten gehen davon aus, dass Anthrax und Pocken zu den wahrscheinlichsten Erregern bei einem solchen Anschlag gehören. Die Bekämpfung von Pocken gehört zu den großen Erfolgen der WHO - dank weit reichender Impfkampagnen konnte die Behörde die Krankheit 1980 für ausgerottet erklären.
WHO überdenkt Pocken-Vorschlag
Weltweit gibt es nur noch zwei Lager mit Pockenviren - eines beim CDC in Atlanta, das andere beim staatlichen Viren- und Biotechforschungszentrum in Russland. 1996 hatte sich die Generalversammlung der WHO für die Zerstörung der Virenlager ausgesprochen; eigentlich sollte dies 1999 geschehen. Stattdessen steht das Thema für das WHO-Treffen im Frühjahr 2002 wieder auf der Tagesordnung. "Die Empfehlung, die beiden Virenbestände zu vernichten, könnte jetzt noch einmal überdacht werden", sagte WHO-Sprecher Ian Simpson gegenüber der FTD. Weltweit existieren nach Aussagen von Simpson drei Lager mit Pockenimpfstoff - in den USA, in Russland und bei der WHO selbst.
CDC hatte im September 2000 mit der britischen Biotechfirma Acambis einen 20-Jahres-Vertrag zur Entwicklung und Herstellung eines neuen Pockenimpfstoffes abgeschlossen - die Acambis-Aktien erlebten seit dem 11. September ein Plus um 70 Prozent. Am Mittwoch sah die US-Firma Avant Immunotherapeutics ihren Kurs sich mehr als verdoppeln, nachdem sie einen Technologievertrag mit DynPort Vaccine bekannt gab. Letztere entwickeln Impfstoffe für das US-Verteidigungsministerium.