SPIEGEL ONLINE - 15. Januar 2002
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,177146,00.html
Arbeitslosenzahl
Panik hinter verschlossenen Türen
Insgeheim gestehen auch SPD-Politiker, dass die Arbeitslosigkeit dramatischer ansteigen wird als erwartet. Schon in diesem Monat könnte die Zahl der Jobsuchenden um 300.000 auf dann 4,3 Millionen klettern. Auch der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit malt schwarz.
DPA
Arbeitsamt: Lob und Skepsis vom Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit
Berlin - Seit Wochen wird darüber spekuliert, wann die Arbeitslosenzahl über vier Millionen steigt. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hatte zuletzt gesagt, er rechne damit, dass diese symbolische Marke im Januar falle. Inzwischen macht Jagoda eine neue, pessimistischere Rechnung auf. Er halte einen Anstieg der Arbeitslosenzahl auf 4,3 Millionen im Januar oder Februar für möglich, sagte er in Bad Kissingen: "4,3 Millionen wären keine Überraschung."
Auch der Wirtschaftsweise Bert Rürup hatte im Interview mit SPIEGEL ONLINE die Zahl von 4,2 bis 4,3 Millionen genannt. Dieser Stand könne im Februar erreicht werden. Auch im Arbeitsministerium wird intern mit ähnlich hohen oder höheren Zahlen gerechnet. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), schließt nicht aus, dass die Arbeitslosenzahl noch im Januar auf 4,3 Millionen klettert.
Dies sei aber eine rein persönliche Schätzung, betonte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Andres hatte die Zahl am Wochenende auf Nachfrage bei der SPD-Vorstandsklausur genannt. In Berichten der "Saarbrücker Zeitung" und mehrerer Nachrichtenagenturen hatte es geheißen, Andres habe sich dabei auf Berechnungen des Ministeriums gestützt. Die Sprecherin betonte, offizielle Prognosen gebe es im Ministerium nicht, Andres habe seine Schätzung von "Erfahrungen der Vergangenheit" abgeleitet.
Ist die Arbeitslosigkeit hausgemacht? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Usern!
Im Dezember lag die Arbeitslosenzahl nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit bei 3,964 Millionen. Bundeskanzler Gerhard Schröder wies am Montag darauf hin, dass am Ende der von Helmut Kohl geführten Regierung sogar 4,5 Millionen Menschen arbeitslos gewesen seien. Trotz Verwerfungen in der Weltkonjunktur sei es gelungen, 1,2 Millionen neue Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, sagte der Kanzler.
Jagoda: "Geringe Resonanz des Mainzer Modells"
Bernhard Jagoda hat unterdessen vor überzogenen Erwartungen an die bundesweite Ausdehnung des so genannten Mainzer Modells gewarnt. Der "Berliner Zeitung " sagte er, das Modell könne keinen Durchbruch beim Abbau der Arbeitslosigkeit bringen. Aber "wenn einige Zehntausend dadurch in Arbeit kommen, ist das ein Erfolg". Das Mainzer Modell sieht Zuschüsse zu den Sozialbeiträgen vor, wenn ein Langzeitarbeitslose oder Soziahilfeempfänger eine niedrig entlohnte Arbeit annimmt. Es soll nach dem Willen der rot-grünen Koalition auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt werden.
Angesichts der bislang geringen Resonanz des Mainzer Modells setzte sich Jagoda aber für eine intensive Werbung in den Betrieben ein. Möglicherweise seien auch Anreize für Firmen notwendig, damit entsprechende Arbeitsplätze geschaffen würden.
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Arbeitslosenzahl
Panik hinter verschlossenen Türen
Insgeheim gestehen auch SPD-Politiker, dass die Arbeitslosigkeit dramatischer ansteigen wird als erwartet. Schon in diesem Monat könnte die Zahl der Jobsuchenden um 300.000 auf dann 4,3 Millionen klettern. Auch der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit malt schwarz.
DPA
Arbeitsamt: Lob und Skepsis vom Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit
Berlin - Seit Wochen wird darüber spekuliert, wann die Arbeitslosenzahl über vier Millionen steigt. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hatte zuletzt gesagt, er rechne damit, dass diese symbolische Marke im Januar falle. Inzwischen macht Jagoda eine neue, pessimistischere Rechnung auf. Er halte einen Anstieg der Arbeitslosenzahl auf 4,3 Millionen im Januar oder Februar für möglich, sagte er in Bad Kissingen: "4,3 Millionen wären keine Überraschung."
Auch der Wirtschaftsweise Bert Rürup hatte im Interview mit SPIEGEL ONLINE die Zahl von 4,2 bis 4,3 Millionen genannt. Dieser Stand könne im Februar erreicht werden. Auch im Arbeitsministerium wird intern mit ähnlich hohen oder höheren Zahlen gerechnet. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), schließt nicht aus, dass die Arbeitslosenzahl noch im Januar auf 4,3 Millionen klettert.
Dies sei aber eine rein persönliche Schätzung, betonte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Andres hatte die Zahl am Wochenende auf Nachfrage bei der SPD-Vorstandsklausur genannt. In Berichten der "Saarbrücker Zeitung" und mehrerer Nachrichtenagenturen hatte es geheißen, Andres habe sich dabei auf Berechnungen des Ministeriums gestützt. Die Sprecherin betonte, offizielle Prognosen gebe es im Ministerium nicht, Andres habe seine Schätzung von "Erfahrungen der Vergangenheit" abgeleitet.
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Im Dezember lag die Arbeitslosenzahl nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit bei 3,964 Millionen. Bundeskanzler Gerhard Schröder wies am Montag darauf hin, dass am Ende der von Helmut Kohl geführten Regierung sogar 4,5 Millionen Menschen arbeitslos gewesen seien. Trotz Verwerfungen in der Weltkonjunktur sei es gelungen, 1,2 Millionen neue Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, sagte der Kanzler.
Jagoda: "Geringe Resonanz des Mainzer Modells"
Bernhard Jagoda hat unterdessen vor überzogenen Erwartungen an die bundesweite Ausdehnung des so genannten Mainzer Modells gewarnt. Der "Berliner Zeitung " sagte er, das Modell könne keinen Durchbruch beim Abbau der Arbeitslosigkeit bringen. Aber "wenn einige Zehntausend dadurch in Arbeit kommen, ist das ein Erfolg". Das Mainzer Modell sieht Zuschüsse zu den Sozialbeiträgen vor, wenn ein Langzeitarbeitslose oder Soziahilfeempfänger eine niedrig entlohnte Arbeit annimmt. Es soll nach dem Willen der rot-grünen Koalition auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt werden.
Angesichts der bislang geringen Resonanz des Mainzer Modells setzte sich Jagoda aber für eine intensive Werbung in den Betrieben ein. Möglicherweise seien auch Anreize für Firmen notwendig, damit entsprechende Arbeitsplätze geschaffen würden.