Hier eine Kopie aus dem WO-Board, der recht viele Fakten enthält.
Börsen-Zeitung [ 14.01.00]
OTI hält sich für drastisch unterbewertet
Selbst gesteckte Ziele vollständig erreicht – Break-even in Sicht – Kibbuz als Ideenschmiede
Das aktuelle Kursniveau der Aktie, der On Track Innovations Ltd. (OTI), Rosh Pina (Israel), von gut 6 Euro liegt nicht nur deutlich unter dem Ausgabepreise des Papiers von 8,50 Euro, sondern entspricht auch in keiner Weise der Entwicklung der Gesellschaft. Das glaubt zumindest Ofer Tzipermann, Vice President und im OTI-Management für Marketing zuständig. Die faire Bewertung liegt seiner Einschätzung nach bei „mindestens 12 bis 13 Euro“.
Die Kursentwicklung ist insofern nicht ganz nachzuvollziehen, als der Anbieter kontaktloser Smart Cards den Investoren bisher keinen Anlass für Enttäuschung geboten hat. Die Zahlen – bisher wurde nur das Ergebnis der ersten neun Monate 1999 veröffentlicht – stimmen ebenso wie das strategisch Erreichte mit den beim Börsengang vorgestellten Plänen überein. Die Vorgaben für das Gesamtjahr – auch wenn sie noch unter Verschluß gehalten werden – seien eingehalten worden.
Konsortialführer M.M. Warburg hatte anlässlich des IPO prognostiziert, dass OTI 1999 bei einem Umsatz von 5,7 (2,8) Mill. Dollar den Verlust deutlich auf 0,8 (minus 2,8) Mill. Dollar reduzieren wird. Genau genommen müsste OTI die Prognosen sogar noch übertreffen – es sei denn das vierte Quartal sei schlechter als erwartet verlaufen -, denn bei der Vorlage der Neunmonatszahlen hatte die Gesellschaft erklärt, beim Umsatz 10 Prozent und beim Ertrag 35 % über Plan zu liegen. Wie Tzipermann in Rosh Pina ausführte, arbeitete das Unternehmen im dritten und vierten Quartal 1999 schon mit Gewinn. Der Break-even soll 2000 geschafft werden.
Nur die langfristige Anlage zählt
Die enttäuschende Kursperformance stimmt den Marketingchef aber keineswegs nachdenklich. OTI sei weniger am kurzfristigen Erfolg interessiert, sondern wolle den Anlegern eine langfristige Perspektive bieten. Seit dem Börsengang Ende August 1999 dümpelt die Aktie der israelischen Hightech-Gesellschaft größtenteils zwischen 5 und 6 Euro, der Ausgabepreis wurde nie erreicht. Das Hoch schrieb der Wert wenige Tage nach seinem Start am Neuen Markt bei 8,10 Euro, danach ging es rapide bergab. Das historische Tief in der noch jungen Börsengeschichte von OTI wurde Anfang Dezember bei 4,21 Euro notiert. Zum Ultimo 1999 hin partizipierte der Hersteller kontaktloser Smart Cards zwar an der Jahresendrallye, im Gefolge des Einbruchs bei Technologiewerten im Januar konnte sich OTI dem Abwärtssog aber auch nicht entziehen.
Sich für den Neuen Markt in Deutschland entschieden zu haben, bereut Tzipermann nicht. In Europa komme als Börsensegment für Wachstumswerte eigentlich nur dieses Segment der Frankfurter Börse in Frage. Und da OTI sein größtes Wachstumspotenzial in den europäischen Märkten sieht, sei die Nasdaq als Alternative weggefallen. Als Gründe für die enttäuschende Entwicklung wird angeführt, dass die Investoren hierzulande israelische Unternehmen mit einem Länderabschlag versehen, die Umsatzbasis von OTI für Engagements Industrieller zu klein sein und die Technologie des Smart-Card-Anbieters ihrer Zeit vielleicht ein Stück zu weit voraus sei.
Mit ihrer auf Mikroprozessoren basierenden Kartentechnologie will OTI die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. So arbeiten die Israelis auf Basis strategischer Partnerschaften mit Firmen aus der Halbleiterindustrie, mit Systemintegratoren und mit rein auf spezielle Anwendungen setzende Unternehmen zusammen. Die Stoßrichtung soll jedoch vorwiegend in Richtung „schlüsselfertige“ Komplettanwendungen gehen, da die Margen bei diesen Projekten am größten seien, erklärt Tzipermann.
Das Geld liegt nicht in der Technologie, sondern in den Anwendungen, lautet die Devise. Diese Geschäftsphilosophie geht allerdings auf OTI, sondern auf Hagai Ben Gurion, den Vorsteher des Kibbuz in Beit Hashita, zurück. Er war Anfang der neunziger Jahre auf der Suche nach einem bargeldlosen System, das es dem Kibbuz ermöglichen sollte, die aus dem Ruder laufenden Kosten wieder in den Griff zu bekommen; denn die Kibbuz-Mitglieder sahen sich durch nichts veranlasst, Verschwendung zu vermeiden. So spielte es bis dato beispielsweise keine Rolle, ob Lichter nachts ausgeschaltet werden, ob man das Auto, zu dem alle Mitglieder der Gemeinschaft Zugriff haben, mit Vollgas fährt oder Sprit sparend. Ben Gurion machte sich auf die Suche nach einem Technologiepartner, der bereit war, eine seinen Anforderungen entsprechende Technologie zu entwickeln, die die Kibbuz-Bewohner zu Kostenbewusstsein erzieht. OTI war die Gesellschaft, die sich auf das Projekt einließ und nach den Vorstellungen von Ben Gurion auf eigene Kosten mit der Entwicklung begann.
Heute besitzt jedes Kibbuz-Mitglied einen 5-Mark-Stück großen Schlüsselanhänger, mit dem alle Geschäftsvorgänge abgewickelt werden. Der intelligente multifunktionale Chip dient als elektronische Geldbörse, als Schlüssel mit exakt definierter Zugangsberechtigung für verschiedene Räume und Wohnungen, als Wegfahrsperre für den Kibbuz-eigenen Fuhrpark und Ähnliches. Die Karte ermöglicht sowohl eine Kreditoren- als auch eine Debitorenverwaltung und kann auch außerhalb des Kibbuz in einigen Supermärkten beim Einkauf verwendet werden. Der Trade-off war einfach: Ben Gurion lieferte die Ideen mit genauem Anforderungsprofil, OTI entwickelte die Technologie. Der Kibbuz zahlte letztlich nur für Karten und die Lesegeräte. Aus diesem Projekt leitete OTI entsprechende Anwendungen ab, die andernorts verkauft werden.
Ein Projekt, das zum Jahreswechsel in Haifa eingeführt wurde und im Laufe des Jahres auf das gesamte Land erstreckt werden soll, ist Easy Park. Dabei handelt es sich um ein kartenbasiertes Parksystem, das wie folgt funktioniert: Wer auf einen öffentlichen Parkraum fährt, muss in den Kleinstcomputer den Ort und den Tarifbereich eingeben und die robuste Plastikkarte, die etwa die Größe einer Zigarettenschachtel hat, an den Rückspiegel des Autos hängen. Die Karte stellt nun automatisch die erlaubte Höchstparkdauer ein. Kontrolleure haben ein entsprechendes Lesegerät, das, wenn es gegen die Windschutzscheibe gehalten wird, anzeigt, wie lange das Auto schon parkt und ob noch genügend Geld auf der Karte geladen ist. Abgesehen davon, dass die lästige Suche nach Kleingeld für Parkautomaten entfällt, erlaubt das Gerät auch eine minutengenaue Abrechnung der Parkdauer. Abgebucht wird nur der Betrag, der für die tatsächliche Dauer anfällt. OTI verdient nicht nur am Verkauf der Karten, Lesegeräte und Kartenladestationen, sondern erhält auch 9,5 Prozent der Parkeinnahmen. Für dieses System läuft gerade ein Pilotvorhaben in einer norditalienischen Kleinstadt.
Höherer Europa-Anteil angestrebt
Die Umsätze von OTI stammen nur zu 3% aus dem Heimatmarkt. 66% entfallen auf Nordamerika, was auf eine Kooperation mit VeriFone (einer Tochtergesellschaft von Hewlett Packard) zurückgeht. 12% der Erlöse werden derzeit in Afrika (vornehmlich Südafrika) erzielt, 9% in Europa, 7% im fernen Osten und 3% in Südamerika. Langfristig sollen 30 Prozent der Umsätze aus Europa kommen. Im laufenden Turnus wird mit einer Verdoppelung gerechnet.
Mit ihrer Technologie sieht sich OTI der Konkurrenz klar überlegen. Zwar sind die Mitbewerber wie Philips und Siemens ungleich größer als OTI, doch seien sie bisher nicht in der Lage, auf einen Chip mehrere Anwendungen zu laden. Tzipermann zufolge haben einige Konkurrenten angekündigt, sich künftig auch in der OTI-Technologie engagieren zu wollen (STM, Philips, Infineon), doch habe keines dieser Unternehmen bisher ein Produkt auf den Markt gebracht.
Management hält keine Mehrheit
Angesichts der recht niedrigen Marktkapitalisierung ist aber auch nicht auszuschließen, dass sich OTI bald als Übernahmekandidat wiederfinden könnte; denn mit einer Börsenkapitalisierung von nur gut 90 Mill. Euro dürfte eine Übernahme für Unternehmen wie etwa Infineon ein Klacks sein. Und wenn der Preis für die Aktionäre stimmt, wären diese sicher zur Abgabe bereit. Firmengründer und CEO Oded Bashan könnte eine Übernahme nicht verhindern, denn der Anteil des Managements an der Gesellschaft hat sich im Zuge des Börsengangs auf knapp 30 Prozent verringert. Der Streubesitz liegt bei 34%, 36% befinden sich im Besitz verschiedener Venture-Kapital-Gesellschaften.
Mal sehen, wenn Förtsch und Konsorten den Wert entdecken...
Edelmax