Ostmärktefondmanagerinte rview(Stock World Fondrep)

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cap blaubär:

Ostmärktefondmanagerinterview(Stock World Fondrep)

 
21.08.01 08:35
Jürgen Kirsch kennt sich an den
Börsen Osteuropas aus wie nur weni-ge
andere. Seit Mitte der 90er Jahre
leitet der Aktienstratege Osteuropa-fonds.
1996 wurde er von der Zeit-schrift
Finanzen als bester Fonds-manager
für die Region gewählt. Seit
1997 leitet Kirsch den Griffin Eastern
European (WKN 988 954) mit großem
Erfolg. Stock-World sprach mit Kirsch
über die Besonderheiten der östlichen
Finanzplätze und die Aussichten der
Region.
Stock-World: Herr Kirsch, die Bilanz
für die osteuropäischen Märkte in
2001 fällt gemischt aus. Nur wenige
Börsen weisen ein Plus auf. Ihr Ur-teil?
Jürgen Kirsch: Ich würde die Bilanz
eher als katastrophal bezeichnen.
Ungarn liegt bis dato bei minus 20
Prozent, Tschechien bei minus 23
Prozent und Polen bei minus 32
Prozent. Neben Problemen in den
jeweiligen Ländern ist dafür vor allem
die negative Stimmung an den Welt-leitbörsen
verantwortlich. Die Mos-kauer
Börse ist eine der wenigen, die
sich dem Trend entziehen konnte.
Stock-World: Sie haben Russland im
Griffin Eastern European hoch
gewichtet. Sehen sie besonders große
Chancen an der Moskauer Börse?
Jürgen Kirsch: Wir haben durch kom-plette
Verkäufe unserer Positionen in
Norilsk Nickel und Lukoil die Ge-wichtung
zuletzt wieder von 40 auf
23 Prozent gesenkt. Nach der starken
Frühjahrsrallye war eine Konsoli-dierung
abzusehen. Mittel- und lang-fristig
sind die Aussichten für die
Moskauer Börse jedoch sehr positiv.
Stock-World: Können sie einige Fak-toren
nennen, die für Russland spre-chen?
Jürgen Kirsch: Die wirtschaftliche
Lage hat sich mit einer Wachs-tumsrate
beim BIP von etwa 5,0 Pro-zent
stark verbessert. Russland erwirt-schaftet

einen hohen Leistungs-bilanzüberschuss
und hat als Resultat
Währungsreserven von 37 Milliarden
Dollar angehäuft. Da auch die politi-sche
Situation stabil wie lange nicht
ist, sind die Voraussetzungen gut,
dass die Kapitalflucht
abnimmt.
Stock-World: Viele
Anleger meiden Russ-land,
weil sie weder
dem System noch den
Unternehmen trauen.
Wie sieht es mit der
Transparenz aus?
Jürgen Kirsch: Auch
im Bereich Corporate
Governance hat sich
viel getan. Einige der
großen Konzerne sind
auch an der Wall
Street gelistet. Diese
Unternehmen – etwa
zehn bis 15 - veröf-fentlichen
ihre Ge-schäftszahlen
nach
den amerikanischen
US-GAAP Bilanzier-ungsregeln.
Anleger
sollten sich auf diese
Titel konzentrieren,
da sie akkurat und
verlässlich über das
Geschäft berichten.
Stock-World: Reicht
es aus, die Zahlen zu kennen? Nach
welchen Kriterien wählen Sie Titel
aus?
Jürgen Kirsch: Zunächst greifen wir
auf das Research von Banken und
unsere Kontakte zu Brokern zurück.
Über die reinen Zahlen hinaus ist die
Qualität des Managements sehr wich-tig.
Daher treffen wir regelmäßig die
Vorstände der Unternehmen. Bevor
wir investieren, muss ein gewisses
Vertrauen zum Management beste-hen.
Stock-World: Können Sie einige posi-tive
und negative Beispiele in Bezug
auf die Qualität des Managements
nennen?
Jürgen Kirsch: In Ungarn findet man
traditionell die qualitativ besten Fir-men.
Gedeon Richter ist ein Beispiel
für hervorragendes Management.
Gedeon hat darüber hinaus noch eine
tolle Unternehmensstory zu bieten.
Der Pharmakonzern hat einen hohen
Marktanteil in Russland und profitiert
stark von der dortigen Besserung der
Konjunktur. Die Hansapank aus Est-land
ist ein anderes Unternehmen,
dass sehr gut geführt wird.
Stock-World: Wo sind Ihnen Defizite
aufgefallen?
Jürgen Kirsch: Unter anderem bei
PKN und vor allem bei Synergon. Das
Management hat in der Vergangenheit
katastrophale Entscheidungen getrof-fen.
Stock-World: Zurück zu Russland:
Welches Potenzial räumen sie dem
Gesamtmarkt ein und welche Ein-zeltitel
halten sie für aussichtsreich?
Jürgen Kirsch: Der RTS-Index könnte
in den kommenden zwei bis drei
Jahren durchaus 20 Prozent jährlich
zulegen. Unser derzeitiger Favorit
unter den russischen Aktien ist MTS,
der dominante Marktführer im Mobil-funkgeschäft.
MTS hat gerade überra-schend
starke Quartalszahlen gemel-det.
Die Wachstumsaussichten des
Mobilfunkers sind sehr gut, da die
Penetrationsrate in Russland noch
äußerst gering ist. Außerdem arbeitet
MTS hochprofitabel. Die Netto-Ge-winnmarge
liegt bei 30 Prozent.
Schließlich hat das Unternehmen –
anders als die westeuropäischen
Telekomanbieter – keine Belastungen
aus UMTS-Investitionen. MTS ist der-
Ausgabe 27/01 2
zeit mit einem KGV von zehn bewer-tet.
Noch billiger ist der Ölwert Sur-gutneftegaz
zu haben. Das KGV liegt
bei 2,5. Selbst wenn der Ölpreis noch
etwas sinkt wird Surgutneftegaz wei-ter
gut verdienen.
Stock-World: Wie sind die Aussichten für
die anderen osteuropäischen Länder?
Jürgen Kirsch: Wir setzen beim
Griffin Eastern European ganz klar auf
Bottom-Up Stock-Picking. Von daher
sind für uns die unterschiedlichen
Entwicklungen der Volkswirtschaften
zweitrangig. Die Top-Down-Aussich-ten
der verschiedenen Länder und
Branchen berücksichtigen wir nur in
Ausnahmefällen. So agieren wir in
Polen momentan zurückhaltend, weil
das Land eine Reihe von Problemen
zu bewältigen hat. Auch insgesamt
sind wir vorsichtig. Die Cashquote
des Eastern European liegt bei 20
Prozent. Noch ist keine Trendwende
in der US-Wirtschaft zu erkennen und
das Potenzial der osteuropäischen
Märkte hängt natürlich von der
Stimmung an Wall Street ab.
Stock-World: Welches sind aus
Bottom-Up-Sicht ihre Favoriten?
Jürgen Kirsch: Neben den bereits
genannten Titeln sehen wir vor allem
zwei Werte mit einem ausgezeichne-tem
Chance / Risiko-Verhältnis:
Ceska Sporitelna und Komercni
Banka. Das sind unsere beiden Top-Picks.
Auf Grund der niedrigen Be-wertung
ist das Abwärtspotenzial
selbst im schlechten Börsenumfeld
begrenzt. Wegen Bereinigungen im
Kreditportfolio und Umstrukturier-ungen
dürften die Banken aber in den
nächsten Jahren ein überdurchschnitt-liches
Gewinnwachstum erzielen.
Das sollte sich auch in den Aktien-kursen
niederschlagen.
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