Immer mehr Investoren bevorzugen Tschechien, Polen und Ungarn
von Uwe Müller
Berlin - Eine Autofabrik, die rund 700 Mio. Euro kostet und etwa 3500 Menschen Arbeit bieten wird - um dieses Prestigeprojekt bewarben sich gleich mehrere ostdeutsche Städte. Doch die Mühe war vergebens. Der französische PSA-Konzern (Peugeot, Citroën) hat jüngst dem slowakischen Trnava bei Bratislava den Zuschlag erteilt.
Außerdem wird ein Kleinwagenwerk mit 3000 neuen Jobs, das PSA mit Toyota realisiert, in Kolin bei Prag errichtet - und nicht in Leipzig, das als Standort ebenfalls geprüft worden war.
Die beiden Entscheidungen liegen im Trend: Im Wettbewerb um internationale Investitionen verliert Ostdeutschland im Vergleich zu den EU-Beitrittskandidaten in Mittelosteuropa (MOE) spürbar an Attraktivität. Auf geradezu deprimierende Weise belegen das die jüngsten Daten der Investorenagentur IIC, die weltweit nach Investoren für die neuen Länder und Berlin fahndet. Die Gesellschaft - das Kürzel steht für "The New German Länder Industrial Investment Council" - hat 2002 einen Einbruch erlitten. Unter Dach und Fach gebracht wurden nur zehn Ansiedlungen - 17 weniger als im Vorjahr. Das damit verbundene Investitionsvolumen hat sich mit 0,89 (2001: 1,66) Mrd. Euro fast halbiert. Die ausländischen Konzerne werden lediglich 1239 (2001: 8726) neue Stellen schaffen.
Die tschechische Konkurrenz Czechinvest hat erstmals den IIC klar überrundet. Sie hat 64 Vorhaben mit einem Volumen von 1,04 Mrd. Dollar vermittelt und damit dem Land 12.525 Jobs verschafft. Seit Gründung vor zehn Jahren hat Czechinvest in der Republik mit zehn Millionen Einwohnern immerhin Ansiedlungen im Wert von 6,8 Mrd. Dollar begleitet.
Die ungarische ITD hat 2002 (bis November) 5635 Arbeitsplätze ins Land holen können - fast fünf Mal so viel wie der IIC. Auch Polen ist begehrt: Rund 8,830 Mrd. Dollar haben hier Ausländer 2001 (jüngere Angaben sind nicht verfügbar) investiert. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young bescheinigt den MOE-Staaten in dieser Hinsicht ein "dramatisches Wachstum".
IIC-Chef Horst Dietz, dessen Einrichtung vom Bund und Ost-Ländern finanziert wird, räumt ein: "Das Geschäft ist in der Tat sehr viel schwieriger geworden." Neben der Abkühlung der Weltkonjunktur führt er auch an: "Die Reformländer haben etwas, was wir nicht bieten können - erheblich geringere Lohnstückkosten."
Eine "Go-East"-Bewegung registrieren auch die Wirtschaftsförderer der neuen Länder: "Die mittelosteuropäischen Staaten holen auf", stellt Markus Lötzsch der Chef der Wirtschaftsförderung Sachsen fest. Detlef Stronk von der Zukunftsagentur Brandenburg meint: "Wir machen in Ostdeutschland einfach zu wenig Marketing und treten nicht aggressiv genug auf." Verärgert ist er aber über die Czechinvest-Kollegen: "Da wurde zu unseren Ungunsten richtig mit Zahlen getrickst." Bei den Gesamtarbeitskosten sei der gesamtdeutsche Wert aufgeführt worden. Der Lohnvorteil des Osten, wo nur 16,9 (West: 26,2) Euro pro Stunde anfallen, war eliminiert. Stronk hat deshalb eine eigene Studie erstellen lassen: Mit Ausnahme von sehr arbeitsintensiven Fertigungen schneidet Ostdeutschland bei einer Gesamtbetrachtung besser ab.
Diese optimistische Botschaft teilt Jürgen Bohn, der Generalbevollmächtigte Sachsen-Anhalts für Investitionen, nicht ohne weiteres: "Manche Rahmenbedingungen in Deutschland sind miserabel." Erst kürzlich hatte ihm eine österreicherischen Firma abgesagt, die ein Flachglaswerk für fast 100 Mio. Euro plant. Ob nun Arbeitsgesetzgebung, Steuersätze, oder aber Lkw-Maut - damit sei einfach kein Staat zu machen, meint Bohn. Hinzu komme die von der Politik zu verantwortende Unsicherheit, wie die Standortbedingungen künftig aussehen. Darauf werde reagiert: "Die Schweizer haben über einen langen Zeitraum hinweg Jahr für Jahr gut drei Mrd. Euro in Ostdeutschland investiert. Jetzt findet nichts mehr statt."
Dabei ist Sachsen-Anhalt noch gut dran. Dabei ist Sachsen-Anhalt noch gut dran. Die Deutsche Bundesbank weist für das Land die höchsten Direktinvestitionen aus. Doch tatsächlich hat die Bestandsstatistik wenig Aussagekraft über das aktuelle Geschehen. Eingeflossen sind die großen Milliardenengagements Anfang der 90er Jahre, als zum Beispiel der Elf-Konzern seine Leuna-Raffinerie errichtete.
Im Schnitt der letzten fünf Jahre hat Sachsen-Anhalt allerdings nur Auslandsinvestitionen von 280 Mio. Euro und damit 690 Arbeitsplätze gefördert. Angesichts dieser Dimensionen war der Jubel riesig, als unlängst zwei japanische Chemieunternehmen verkündeten, in Leuna für 35 Mio. Euro eine kleinere Anlage zu bauen.
Czechinvest kann sich da über mehr freuen: Eine Liste der japanischen Investitionsprojekte in Tschechien führt auf vier eng beschriebene Seiten 105 Firmen auf. Mit einem Anteil von 21 Prozent bilden die Asiaten nach den Deutschen (24 Prozent) sogar die größte Investorennation im Land. Auch die Rangfolge könnte sich bald ändern: Die Tschechen verhandeln zurzeit mit 180 Interessenten. 23 davon sind aus Deutschland - aber 30 aus Japan.
von Uwe Müller
Berlin - Eine Autofabrik, die rund 700 Mio. Euro kostet und etwa 3500 Menschen Arbeit bieten wird - um dieses Prestigeprojekt bewarben sich gleich mehrere ostdeutsche Städte. Doch die Mühe war vergebens. Der französische PSA-Konzern (Peugeot, Citroën) hat jüngst dem slowakischen Trnava bei Bratislava den Zuschlag erteilt.
Außerdem wird ein Kleinwagenwerk mit 3000 neuen Jobs, das PSA mit Toyota realisiert, in Kolin bei Prag errichtet - und nicht in Leipzig, das als Standort ebenfalls geprüft worden war.
Die beiden Entscheidungen liegen im Trend: Im Wettbewerb um internationale Investitionen verliert Ostdeutschland im Vergleich zu den EU-Beitrittskandidaten in Mittelosteuropa (MOE) spürbar an Attraktivität. Auf geradezu deprimierende Weise belegen das die jüngsten Daten der Investorenagentur IIC, die weltweit nach Investoren für die neuen Länder und Berlin fahndet. Die Gesellschaft - das Kürzel steht für "The New German Länder Industrial Investment Council" - hat 2002 einen Einbruch erlitten. Unter Dach und Fach gebracht wurden nur zehn Ansiedlungen - 17 weniger als im Vorjahr. Das damit verbundene Investitionsvolumen hat sich mit 0,89 (2001: 1,66) Mrd. Euro fast halbiert. Die ausländischen Konzerne werden lediglich 1239 (2001: 8726) neue Stellen schaffen.
Die tschechische Konkurrenz Czechinvest hat erstmals den IIC klar überrundet. Sie hat 64 Vorhaben mit einem Volumen von 1,04 Mrd. Dollar vermittelt und damit dem Land 12.525 Jobs verschafft. Seit Gründung vor zehn Jahren hat Czechinvest in der Republik mit zehn Millionen Einwohnern immerhin Ansiedlungen im Wert von 6,8 Mrd. Dollar begleitet.
Die ungarische ITD hat 2002 (bis November) 5635 Arbeitsplätze ins Land holen können - fast fünf Mal so viel wie der IIC. Auch Polen ist begehrt: Rund 8,830 Mrd. Dollar haben hier Ausländer 2001 (jüngere Angaben sind nicht verfügbar) investiert. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young bescheinigt den MOE-Staaten in dieser Hinsicht ein "dramatisches Wachstum".
IIC-Chef Horst Dietz, dessen Einrichtung vom Bund und Ost-Ländern finanziert wird, räumt ein: "Das Geschäft ist in der Tat sehr viel schwieriger geworden." Neben der Abkühlung der Weltkonjunktur führt er auch an: "Die Reformländer haben etwas, was wir nicht bieten können - erheblich geringere Lohnstückkosten."
Eine "Go-East"-Bewegung registrieren auch die Wirtschaftsförderer der neuen Länder: "Die mittelosteuropäischen Staaten holen auf", stellt Markus Lötzsch der Chef der Wirtschaftsförderung Sachsen fest. Detlef Stronk von der Zukunftsagentur Brandenburg meint: "Wir machen in Ostdeutschland einfach zu wenig Marketing und treten nicht aggressiv genug auf." Verärgert ist er aber über die Czechinvest-Kollegen: "Da wurde zu unseren Ungunsten richtig mit Zahlen getrickst." Bei den Gesamtarbeitskosten sei der gesamtdeutsche Wert aufgeführt worden. Der Lohnvorteil des Osten, wo nur 16,9 (West: 26,2) Euro pro Stunde anfallen, war eliminiert. Stronk hat deshalb eine eigene Studie erstellen lassen: Mit Ausnahme von sehr arbeitsintensiven Fertigungen schneidet Ostdeutschland bei einer Gesamtbetrachtung besser ab.
Diese optimistische Botschaft teilt Jürgen Bohn, der Generalbevollmächtigte Sachsen-Anhalts für Investitionen, nicht ohne weiteres: "Manche Rahmenbedingungen in Deutschland sind miserabel." Erst kürzlich hatte ihm eine österreicherischen Firma abgesagt, die ein Flachglaswerk für fast 100 Mio. Euro plant. Ob nun Arbeitsgesetzgebung, Steuersätze, oder aber Lkw-Maut - damit sei einfach kein Staat zu machen, meint Bohn. Hinzu komme die von der Politik zu verantwortende Unsicherheit, wie die Standortbedingungen künftig aussehen. Darauf werde reagiert: "Die Schweizer haben über einen langen Zeitraum hinweg Jahr für Jahr gut drei Mrd. Euro in Ostdeutschland investiert. Jetzt findet nichts mehr statt."
Dabei ist Sachsen-Anhalt noch gut dran. Dabei ist Sachsen-Anhalt noch gut dran. Die Deutsche Bundesbank weist für das Land die höchsten Direktinvestitionen aus. Doch tatsächlich hat die Bestandsstatistik wenig Aussagekraft über das aktuelle Geschehen. Eingeflossen sind die großen Milliardenengagements Anfang der 90er Jahre, als zum Beispiel der Elf-Konzern seine Leuna-Raffinerie errichtete.
Im Schnitt der letzten fünf Jahre hat Sachsen-Anhalt allerdings nur Auslandsinvestitionen von 280 Mio. Euro und damit 690 Arbeitsplätze gefördert. Angesichts dieser Dimensionen war der Jubel riesig, als unlängst zwei japanische Chemieunternehmen verkündeten, in Leuna für 35 Mio. Euro eine kleinere Anlage zu bauen.
Czechinvest kann sich da über mehr freuen: Eine Liste der japanischen Investitionsprojekte in Tschechien führt auf vier eng beschriebene Seiten 105 Firmen auf. Mit einem Anteil von 21 Prozent bilden die Asiaten nach den Deutschen (24 Prozent) sogar die größte Investorennation im Land. Auch die Rangfolge könnte sich bald ändern: Die Tschechen verhandeln zurzeit mit 180 Interessenten. 23 davon sind aus Deutschland - aber 30 aus Japan.