Hans Bernecker: Mit Bedacht ins Wochenende
Mails/Nachrichten vom 06.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
gestern erlebten Sie, wie die Folgen aussehen können, wenn eine Behörde oder Prüfer eine ganze Branche dazu veranlassen, die Aktienquote nach unten zu fahren. Ich hatte Ihnen dies unter dem Stichwort Stress-Test zum Wochenanfang schon avisiert. Eine ganze Reihe von Versicherungen müssen ohne Rücksicht auf den Markt ihre Aktienbestände verkaufen. Die Quoten liegen bei 5 bis 15 %-Punkten, je nach Unternehmen. Dazu kamen die erneut weniger guten Konjunkturzahlen, die jedoch eher Anlaß/Begleitung als tatsächliche Ursache sind.
Maßstab der Technik bleibt der VDAX. Gleiches gilt für den SRO. Sie signalisieren mindestens eine deutliche Gegenbewegung in den nächsten Tagen.
Worauf kommt es jetzt an? Daß die Tiefstwerte in den Indizes nicht deutlich unterschritten werden. Es wird also verdammt eng. Hält dieses Niveau nicht, so ist ein neues Abrutschen um rd. 10 % kaum zu vermeiden. Das schwächste Glied in der Kette sind die Finanzaktien.
Goldman Sachs stimmt mir zu, daß die Versicherungen und Bankaktien wegen eben dieser Schwäche die interessantesten Titel der nächsten Zeit werden. Schwierig ist vor obigem Hintergrund, diese Tiefstkurse auszuloten. Eine Aktie wie ALLIANZ hängt technisch völlig in der Luft. Im Moment ist das Niveau von Anfang der 90er Jahre erreicht. Dieser Boden liegt zwischen 100 und 120 E. und damit leicht tiefer, als ich kürzlich angenommen hatte. Der Sachverhalt in der Bewertung bleibt deshalb nach wie vor gültig, siehe heutige AB. Vereinfacht ausgedrückt:
Die Kurse unterbieten jetzt in gleicher Form die fundamentale Basis, wie sie sich vor 2 1/2 Jahren nach oben überboten haben. Dies können Sie schlüssig aus den verschiedenen Grafiken und Tabellen entnehmen, die ich Ihnen letztlich in der AB vorgetragen habe. Das Ganze wird mehrere Wochen benötigen und nicht an einem Tag erledigt sein. Immer wieder weise ich darauf hin.
Die Wall Street zeigte gestern ein indifferentes Bild. Die Konjunkturdaten geben keinen neuen Anlaß zur Sorge, aber auch keinen Anlaß zur Euphorie. Wenn die Analysten sich um die Anträge für Arbeitslosenhilfe streiten und dabei Differenzen von 4.000 bis 6.000 eine Rolle spielen, dann setzen Sie dies bitte ins Verhältnis zu der Zahl der Arbeitstätigen. Es sind 145,8 Mio Menschen. Nehmen Sie den Rechner, um die Prozentzahl auszurechnen.
Zum Wochenende hat es keinen Sinn, auf einzelne Aktien hinzuweisen. Zur Zeit ist eine extreme Identität aller Indizes festzustellen. Sie alle sehen gleich aus mit nur geringsten Differenzen. Deshalb kommt es auf die Gesamtstimmung an und auf einzelne Firmennachrichten. Auch das war übrigens im Februar 2000 umgekehrt der gleiche Fall.
Mein Rat in dieser Lage: Ich halte Verkäufe nach wie vor für falsch. Natürlich ist es möglich, daß Sie eine Aktie bei 20 E. verkaufen, die von 80 E. kommt, vielleicht noch auf 17 oder 18 E für 1 bis 2 Tage durchfällt, um dann scharf zu drehen. Ich glaube aber nicht, daß Sie es schaffen werden, zum absoluten Tiefstpunkt bei 17 E. zum Zuge zu kommen. Das ist das Problem. Ich weiß sehr wohl, daß dies nach Durchhalteparolen klingt. Die Erfahrung zeigt, daß es richtig ist.
Ein Thema berühre ich erneut, eher nachrichtlich: Ich habe große Sorge, daß eine Finanzadresse in Not gerät. Bei aller Vorsicht dieser Bemerkung, die ich bereits erwähnt hatte. Es wäre ganz ungewöhnlich, wenn eine solche Börsenbaisse ohne eine solche Notlage abgewickelt wird. In Zürich hat ZFS dies vorgemacht. Das Thema dürfte erledigt sein. Mir ist bekannt, daß sowohl BAKred und der Einlagesicherungsverein mehrere Banken verschärft prüft. Die Macht dieser Institution wird häufig unterschätzt. Verlangen die Prüfer eine Überprüfung des Portfolio oder eine Abstufung, wird es innerhalb von 24 Stunden sehr eng. Um dieses heiße Thema tanzen die Beteiligten z. Zt. herum und ich weiß das Ende natürlich auch nicht, kenne aber den Sachverhalt. Behalten Sie dies bitte im "Hinterkopf".
Ich wünsche Ihnen dennoch ein schönes Wochenende. Und den Trost: "Jeder Regen beginnt mit einem ersten Tropfen. Wird es dann ein Goldregen? Ab wann?"
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
füxlein
Mails/Nachrichten vom 06.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
gestern erlebten Sie, wie die Folgen aussehen können, wenn eine Behörde oder Prüfer eine ganze Branche dazu veranlassen, die Aktienquote nach unten zu fahren. Ich hatte Ihnen dies unter dem Stichwort Stress-Test zum Wochenanfang schon avisiert. Eine ganze Reihe von Versicherungen müssen ohne Rücksicht auf den Markt ihre Aktienbestände verkaufen. Die Quoten liegen bei 5 bis 15 %-Punkten, je nach Unternehmen. Dazu kamen die erneut weniger guten Konjunkturzahlen, die jedoch eher Anlaß/Begleitung als tatsächliche Ursache sind.
Maßstab der Technik bleibt der VDAX. Gleiches gilt für den SRO. Sie signalisieren mindestens eine deutliche Gegenbewegung in den nächsten Tagen.
Worauf kommt es jetzt an? Daß die Tiefstwerte in den Indizes nicht deutlich unterschritten werden. Es wird also verdammt eng. Hält dieses Niveau nicht, so ist ein neues Abrutschen um rd. 10 % kaum zu vermeiden. Das schwächste Glied in der Kette sind die Finanzaktien.
Goldman Sachs stimmt mir zu, daß die Versicherungen und Bankaktien wegen eben dieser Schwäche die interessantesten Titel der nächsten Zeit werden. Schwierig ist vor obigem Hintergrund, diese Tiefstkurse auszuloten. Eine Aktie wie ALLIANZ hängt technisch völlig in der Luft. Im Moment ist das Niveau von Anfang der 90er Jahre erreicht. Dieser Boden liegt zwischen 100 und 120 E. und damit leicht tiefer, als ich kürzlich angenommen hatte. Der Sachverhalt in der Bewertung bleibt deshalb nach wie vor gültig, siehe heutige AB. Vereinfacht ausgedrückt:
Die Kurse unterbieten jetzt in gleicher Form die fundamentale Basis, wie sie sich vor 2 1/2 Jahren nach oben überboten haben. Dies können Sie schlüssig aus den verschiedenen Grafiken und Tabellen entnehmen, die ich Ihnen letztlich in der AB vorgetragen habe. Das Ganze wird mehrere Wochen benötigen und nicht an einem Tag erledigt sein. Immer wieder weise ich darauf hin.
Die Wall Street zeigte gestern ein indifferentes Bild. Die Konjunkturdaten geben keinen neuen Anlaß zur Sorge, aber auch keinen Anlaß zur Euphorie. Wenn die Analysten sich um die Anträge für Arbeitslosenhilfe streiten und dabei Differenzen von 4.000 bis 6.000 eine Rolle spielen, dann setzen Sie dies bitte ins Verhältnis zu der Zahl der Arbeitstätigen. Es sind 145,8 Mio Menschen. Nehmen Sie den Rechner, um die Prozentzahl auszurechnen.
Zum Wochenende hat es keinen Sinn, auf einzelne Aktien hinzuweisen. Zur Zeit ist eine extreme Identität aller Indizes festzustellen. Sie alle sehen gleich aus mit nur geringsten Differenzen. Deshalb kommt es auf die Gesamtstimmung an und auf einzelne Firmennachrichten. Auch das war übrigens im Februar 2000 umgekehrt der gleiche Fall.
Mein Rat in dieser Lage: Ich halte Verkäufe nach wie vor für falsch. Natürlich ist es möglich, daß Sie eine Aktie bei 20 E. verkaufen, die von 80 E. kommt, vielleicht noch auf 17 oder 18 E für 1 bis 2 Tage durchfällt, um dann scharf zu drehen. Ich glaube aber nicht, daß Sie es schaffen werden, zum absoluten Tiefstpunkt bei 17 E. zum Zuge zu kommen. Das ist das Problem. Ich weiß sehr wohl, daß dies nach Durchhalteparolen klingt. Die Erfahrung zeigt, daß es richtig ist.
Ein Thema berühre ich erneut, eher nachrichtlich: Ich habe große Sorge, daß eine Finanzadresse in Not gerät. Bei aller Vorsicht dieser Bemerkung, die ich bereits erwähnt hatte. Es wäre ganz ungewöhnlich, wenn eine solche Börsenbaisse ohne eine solche Notlage abgewickelt wird. In Zürich hat ZFS dies vorgemacht. Das Thema dürfte erledigt sein. Mir ist bekannt, daß sowohl BAKred und der Einlagesicherungsverein mehrere Banken verschärft prüft. Die Macht dieser Institution wird häufig unterschätzt. Verlangen die Prüfer eine Überprüfung des Portfolio oder eine Abstufung, wird es innerhalb von 24 Stunden sehr eng. Um dieses heiße Thema tanzen die Beteiligten z. Zt. herum und ich weiß das Ende natürlich auch nicht, kenne aber den Sachverhalt. Behalten Sie dies bitte im "Hinterkopf".
Ich wünsche Ihnen dennoch ein schönes Wochenende. Und den Trost: "Jeder Regen beginnt mit einem ersten Tropfen. Wird es dann ein Goldregen? Ab wann?"
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
füxlein