Ölaktien bieten weniger Kursphantasie als Werte anderer Branchen, doch dafür ist das Verlustrisiko weitaus niedriger. Höhere Rohölpreise sind kaum zu erwarten. Deshalb gehen die Meinungen über die Öltitel auseinander. Große Kurssprünge prophezeit niemand, andererseits werden auch keine negativen Gewinnüberraschungen erwartet.
DÜSSELDORF. Nahezu täglich werden an den Rohölmärkten Hoffnungen geschürt und gleich wieder zu nichte gemacht: Der Ölpreis hat sich von seinem starken Verlust seit den Terroranschlägen in New York nicht mehr nachhaltig erholt. Am Freitag pendelte der Preis für Brentöl – Marktführer in Europa – erneut um 20 Dollar je Barrel ($/b, 159 Liter). Damit ist die Drosselung der Ölförderung zum Jahreswechsel durch die Opec erneut verpufft. Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder peilt nun Ölpreise in einem neuen Zielkorridor von 20 bis 25 $ an. Zuvor waren es 22 bis 28 $. Mit dem Rohölpreis schwanken aber auch die Aktienkurse der großen Ölgesellschaften.
Branchenanalyst Roger Richards vom US-Geldhaus Prudential-Bache erzählt denn auch zwei völlig unterschiedliche Geschichten zu Ölaktien. Die erste beginnt so: „Der Ölpreis steht unter Druck, und das wird die Aktienkurse weiter belasten“. Außerdem habe die zyklische Energiebranche seit Ende September bereits eine kräftige Kursrally hingelegt. „Viele Fondsmanager erwarten künftig eher in Hightech-Branchen weitere Zuwächse, sie schichten daher um – von Energie in Technologieaktien“, erklärt Richards.
Doch es gibt noch eine zweite Geschichte: „Die großen Ölgesellschaften haben alle sehr zuverlässige Ertragsquellen, und die Dividenden sind so sicher wie bei kaum einer anderen Branche“, betont Richards. Und eine erwartete Dividendenrendite von etwa 3,5 % für den niederländisch-britischen Konzern Royal Dutch/Shell oder 2,9 % für die britische BP Amoco ist in wackligen Börsenzeiten nicht zu verachten.
Es kommt also auf den Blickwinkel an, ob man Ölaktien derzeit eher kauft oder verkauft. Zwar verheißen die vier „Super Majors“ – Totalfina-Elf, Exxon, Royal Dutch/Shell und BP – keine großen Kurssprünge. Doch bietet ausgerechnet die Preisschwankungen ausgesetzte Energiebranche derzeit mehr Sicherheit als andere. Denn negative Gewinnüberraschungen drohen laut Richards kaum. Er empfiehlt Ölaktien für mittelfristig orientierte Anleger, die das kurzfristige Risiko eines starken Ölpreisfalls in Kauf nehmen. „Der Preis kann durch konjunkturbedingt schwache Nachfrage und mangelnde Disziplin der Opec auf 15 bis 16 $/b sinken“, sagt Richards, „dann bekommen Anleger eine günstigere Kaufgelegenheit“. Sein bevorzugter Wert bleibt Totalfina-Elf.
„Wir glauben, dass sich die Aktien in den nächsten sechs Monaten parallel mit dem Markt entwickeln“, sagt Richard Franklin, Analyst bei der US- Investmentbank Morgan Stanley. Eine Erholung erwartet er erst „Ende des Jahres, wenn die Ölpreise wieder steigen“. Dass diese schnell nach oben klettern, steht für ihn außer Frage. Allerdings: Mit der letzten Produktionsverknappung um 1,5 Mill. Barrel und der Kürzung um 460 000 b täglich durch Nicht-Opec-Anbieter sei das Überangebot noch nicht abgebaut. Analysten gehen davon aus, dass bisher nur 50 bis 60 % der Opec-Kürzungen eingeleitet wurden. Ob die Nicht- Opec-Mitglieder ihre Verpflichtung einhalten, könne man überhaupt nicht prüfen, sagt Aiden Bradley von JP Morgan. „Kein Wunder, dass die Händler an ihrer Verkaufsstrategie erst einmal festhalten.“
Hochrechnungen von JP Morgan in New York ergeben für die Energiebranche ein Gewinnrückgang von rund 25 % gegenüber 2001. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei Öl- und Gas-Titeln betrage im Schnitt günstige 18. Für Technologiewerte erwarten Analysten jedoch einen Gewinnanstieg um 46 %; KGV 43.
Doch Ölproduzenten und ihre Aktionäre müssen nicht verzweifeln. BP ließ erst am Donnerstag verlauten, 2001 ein Produktionswachstum von 5,5 % geschafft zu haben. Obwohl die Margen zuletzt deutlich gesunken sind, sitzen die Ölproduzenten auf riesigen Bar-Reserven. „Ihr Problem ist fast, dass es ihnen zu gut geht“, sagt Bradley. Im historischen Vergleich sind die Ölpreise keineswegs niedrig, in diesem Jahr rechnen Analysten mit einem Brentölpreis von 22 bis 24 $. Und da die Gesellschaften in den letzten Jahren Kosten abbauen konnten, schleppen sie eine Menge Überschusskapital mit sich herum. So stehen der Shell-Gruppe derzeit rund 20 Mrd. $ zur Verfügung. Ob sie allerdings für einen Teil davon Enterprise Oil plc. übernehmen würden, wie spekuliert wurde, bezweifelt Bradley. „Es ist nichts, was sie machen müssten“, sagt er. Klar ist für ihn nur: „Sie sind auf jeden Fall damit beschäftigt, das Potenzial im Markt zu analysieren.“
„Wir bewerten die Aktien der Ölkonzerne generell derzeit negativ", sagt Martin Mölsäter, Analyst bei der größten norwegischen Bank, DnB, in Oslo. „Allerdings gelten die negativen Aussichten nicht für die beiden norwegischen Ölkonzerne Statoil und Norsk Hydro“, betont er; und zwar wegen der voranschreitenden Restrukturierung des Ölsektors im Land. „Wir gehen weg von komplizierten Eignerstrukturen bei einzelnen Öl- und Gasplattformen und hin zu einer Gebietsaufteilung“, so Mölsäter. Dies werde vor allem für die beiden norwegischen Konzerne positiv sein. Mölsäter schätzt, dass Statoil mehr von der Restrukturierung profitieren wird. „Der Konzern ist auch stärker im Gasgeschäft tätig, das immer wichtiger wird“. Als Kursziel für die kommenden drei Monate gibt er 65 norwegische Kronen für Statoil und 360 Kronen für Norsk Hydro an.
DÜSSELDORF. Nahezu täglich werden an den Rohölmärkten Hoffnungen geschürt und gleich wieder zu nichte gemacht: Der Ölpreis hat sich von seinem starken Verlust seit den Terroranschlägen in New York nicht mehr nachhaltig erholt. Am Freitag pendelte der Preis für Brentöl – Marktführer in Europa – erneut um 20 Dollar je Barrel ($/b, 159 Liter). Damit ist die Drosselung der Ölförderung zum Jahreswechsel durch die Opec erneut verpufft. Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder peilt nun Ölpreise in einem neuen Zielkorridor von 20 bis 25 $ an. Zuvor waren es 22 bis 28 $. Mit dem Rohölpreis schwanken aber auch die Aktienkurse der großen Ölgesellschaften.
Branchenanalyst Roger Richards vom US-Geldhaus Prudential-Bache erzählt denn auch zwei völlig unterschiedliche Geschichten zu Ölaktien. Die erste beginnt so: „Der Ölpreis steht unter Druck, und das wird die Aktienkurse weiter belasten“. Außerdem habe die zyklische Energiebranche seit Ende September bereits eine kräftige Kursrally hingelegt. „Viele Fondsmanager erwarten künftig eher in Hightech-Branchen weitere Zuwächse, sie schichten daher um – von Energie in Technologieaktien“, erklärt Richards.
Doch es gibt noch eine zweite Geschichte: „Die großen Ölgesellschaften haben alle sehr zuverlässige Ertragsquellen, und die Dividenden sind so sicher wie bei kaum einer anderen Branche“, betont Richards. Und eine erwartete Dividendenrendite von etwa 3,5 % für den niederländisch-britischen Konzern Royal Dutch/Shell oder 2,9 % für die britische BP Amoco ist in wackligen Börsenzeiten nicht zu verachten.
Es kommt also auf den Blickwinkel an, ob man Ölaktien derzeit eher kauft oder verkauft. Zwar verheißen die vier „Super Majors“ – Totalfina-Elf, Exxon, Royal Dutch/Shell und BP – keine großen Kurssprünge. Doch bietet ausgerechnet die Preisschwankungen ausgesetzte Energiebranche derzeit mehr Sicherheit als andere. Denn negative Gewinnüberraschungen drohen laut Richards kaum. Er empfiehlt Ölaktien für mittelfristig orientierte Anleger, die das kurzfristige Risiko eines starken Ölpreisfalls in Kauf nehmen. „Der Preis kann durch konjunkturbedingt schwache Nachfrage und mangelnde Disziplin der Opec auf 15 bis 16 $/b sinken“, sagt Richards, „dann bekommen Anleger eine günstigere Kaufgelegenheit“. Sein bevorzugter Wert bleibt Totalfina-Elf.
„Wir glauben, dass sich die Aktien in den nächsten sechs Monaten parallel mit dem Markt entwickeln“, sagt Richard Franklin, Analyst bei der US- Investmentbank Morgan Stanley. Eine Erholung erwartet er erst „Ende des Jahres, wenn die Ölpreise wieder steigen“. Dass diese schnell nach oben klettern, steht für ihn außer Frage. Allerdings: Mit der letzten Produktionsverknappung um 1,5 Mill. Barrel und der Kürzung um 460 000 b täglich durch Nicht-Opec-Anbieter sei das Überangebot noch nicht abgebaut. Analysten gehen davon aus, dass bisher nur 50 bis 60 % der Opec-Kürzungen eingeleitet wurden. Ob die Nicht- Opec-Mitglieder ihre Verpflichtung einhalten, könne man überhaupt nicht prüfen, sagt Aiden Bradley von JP Morgan. „Kein Wunder, dass die Händler an ihrer Verkaufsstrategie erst einmal festhalten.“
Hochrechnungen von JP Morgan in New York ergeben für die Energiebranche ein Gewinnrückgang von rund 25 % gegenüber 2001. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei Öl- und Gas-Titeln betrage im Schnitt günstige 18. Für Technologiewerte erwarten Analysten jedoch einen Gewinnanstieg um 46 %; KGV 43.
Doch Ölproduzenten und ihre Aktionäre müssen nicht verzweifeln. BP ließ erst am Donnerstag verlauten, 2001 ein Produktionswachstum von 5,5 % geschafft zu haben. Obwohl die Margen zuletzt deutlich gesunken sind, sitzen die Ölproduzenten auf riesigen Bar-Reserven. „Ihr Problem ist fast, dass es ihnen zu gut geht“, sagt Bradley. Im historischen Vergleich sind die Ölpreise keineswegs niedrig, in diesem Jahr rechnen Analysten mit einem Brentölpreis von 22 bis 24 $. Und da die Gesellschaften in den letzten Jahren Kosten abbauen konnten, schleppen sie eine Menge Überschusskapital mit sich herum. So stehen der Shell-Gruppe derzeit rund 20 Mrd. $ zur Verfügung. Ob sie allerdings für einen Teil davon Enterprise Oil plc. übernehmen würden, wie spekuliert wurde, bezweifelt Bradley. „Es ist nichts, was sie machen müssten“, sagt er. Klar ist für ihn nur: „Sie sind auf jeden Fall damit beschäftigt, das Potenzial im Markt zu analysieren.“
„Wir bewerten die Aktien der Ölkonzerne generell derzeit negativ", sagt Martin Mölsäter, Analyst bei der größten norwegischen Bank, DnB, in Oslo. „Allerdings gelten die negativen Aussichten nicht für die beiden norwegischen Ölkonzerne Statoil und Norsk Hydro“, betont er; und zwar wegen der voranschreitenden Restrukturierung des Ölsektors im Land. „Wir gehen weg von komplizierten Eignerstrukturen bei einzelnen Öl- und Gasplattformen und hin zu einer Gebietsaufteilung“, so Mölsäter. Dies werde vor allem für die beiden norwegischen Konzerne positiv sein. Mölsäter schätzt, dass Statoil mehr von der Restrukturierung profitieren wird. „Der Konzern ist auch stärker im Gasgeschäft tätig, das immer wichtiger wird“. Als Kursziel für die kommenden drei Monate gibt er 65 norwegische Kronen für Statoil und 360 Kronen für Norsk Hydro an.