Mit dem Rating wird die Wahrscheinlichkeit wiedergegeben, mit der Geliehenes verloren geht. Je nach möglicher Ausfallrate fallen die Zinsen für Kredite aus
von Bernd Geisen
Stellen Sie sich vor", sagt Rudolf Schüller von der URA Unternehmens-Rating-Agentur und Berater aus dem Beraterpool der Deutschen Ausgleichsbank (DtA), „Sie wollen einen privaten Kredit von Ihrer Bank. Dann checkt Sie Ihr Kreditsachbearbeiter durch. Wenn Sie Mitte 30 sind, verheiratet, zwei Kinder haben, ein festes Einkommen, ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung und so weiter: dann bekommen Sie die maximale Punktzahl, dann sind Sie der Idealkunde. Sie bekommen Ihr Geld." Wer Idealkunde ist oder nicht, so Schüller, wissen die Kreditinstitute aus Erfahrung: Ein Katalog relevanter Merkmale macht's möglich.
So einfach ist es bei den Firmenkunden (noch) nicht. Welches Unternehmen künftig einen Kredit erhält, soll durch ein so genanntes Banken-Rating (oder internes Rating) ermittelt werden. So wollen es die Basel-II-Regelungen des Baseler Akkords, die zum 31. Oktober 2003 feststehen und am 31. Dezember 2006 in Kraft treten sollen. Je nach Rating-Ergebnis werden Kredite bewilligt oder nicht und zudem die Kreditkonditionen ausfallen.
Bestandsaufnahme des Unternehmens durch die Bank
Ein internes Rating ist eine Bestandsaufnahme des Unternehmens durch Bank oder Sparkasse. Rudolf Schüller: „Im Baseler Konsultationspapier wird ganz klar vorgegeben, aus welchen Bereichen sie Informationen zu erheben haben. Sie müssen Einsicht nehmen in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, müssen sich Bilanzen geben lassen und müssen diese auswerten. Das sind die so genannten ,hard facts'. Außerdem geht es um ,soft facts'. Da wird Auskunft verlangt über die Wettbewerbsfähigkeit und den Markt, in dem das Unternehmen tätig ist, ob das Management etwas taugt et cetera."
In einer Gesamtnote bestimmen die Kreditgeber dann die Wahrscheinlichkeit, mit der das geliehene Geld für die Bank verloren gehen könnte. Je nachdem wie hoch diese Ausfallrate ist, also das Risiko für das Kreditinstitut, fallen auch die Zinsen für Kredite aus. Das Risiko steigt für die Bank übrigens auch mit der Laufzeit des Kredits: je länger, desto teurer.
Basel II vereinheitlicht Bonitätsprüfung
Nun ist diese Art von Risikoprüfung im Prinzip nicht neu. Mit Basel II aber muss sie bei allen Kreditinstituten gleichermaßen durchgeführt werden, genauer: Die Unternehmensbereiche, die sie unter die Lupe nehmen müssen, werden nicht mehr durch den Kreditsachbearbeiter bestimmt, sondern durch die Bankenaufsicht verbindlich festgelegt. Daher arbeiten die Kreditabteilungen von Banken und Sparkassen derzeit auf Hochtouren, um die dafür notwendigen Verfahren zu entwickeln, die dann die Bankenaufsicht zu genehmigen hat. „Dabei müssen die Kreditinstitute für jedes Unternehmen alle relevanten betriebswirtschaftlichen Zahlen berücksichtigen", sagt Jürgen Demps, Rating-Analyst der Universität Augsburg: „Außerdem müssen sie für alle Kreditkunden eine Datenhistorie von drei Jahren vorweisen können. Deswegen fangen sie schon jetzt an, die notwendigen Daten zu erheben."
Nach den Vorgaben der Bankaufsicht vereinheitlicht und von ihr genehmigt wird dabei ausschließlich das „Was", also der Katalog der betriebswirtschaftlichen Bereiche, die die Kreditinstitute prüfen sollen. Nicht das „Wie", also die Art und Weise der Datenerhebung und auch nicht die darauf folgende Bewertung dieser Daten. Wie genau und wie kritisch also die Fragen für die einzelnen Bereiche ausfallen, bleibt Sache der Bank oder Sparkasse. Jürgen Demps: „Es sieht so aus, dass das Banken-Rating, vor allem bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, bei geringeren Kreditsummen ein vereinfachtes Rating sein wird, und zwar aus Zeitgründen angesichts der Vielzahl der Kunden. Hier wird es ein so genanntes Scoring geben, wie es ähnlich auch für Privatkunden üblich ist. Der Kreditsachbearbeiter stellt eine Reihe von Fragen, zum Beispiel zur Qualität des Managements. Diese Managementqualität stuft er dann ein, auf einer Skala zwischen eins und zehn. Zu welchem Wert er dabei kommt, hängt ab von den Unterlagen, die er vom Unternehmer bekommt, oder von Informationen, die er aus einem Gespräch mit ihm gewinnt."
Vereinfachtes Verfahren bei kleinen Kreditsummen
Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht, so Rudolf Schüller. „Ein Scoring für diese geringeren Kreditsummen, ein so genanntes Retail-Rating, geht ratzfatz über die Bühne. Ich kenne es vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Dort gibt es 30 Fragen. Erst bei Kreditsummen von über einer Million Euro muss ein umfangreicheres Verfahren durchlaufen werden. Es geht dann um dieselben Bereiche. Nur die Fragen gehen tiefer. Und für die Antworten fordern die Banken spezielle Unterlagen an."
Während die erforderlichen Erfassungsverfahren bei allen Banken nahezu fertig seien, hapere es bei einigen noch mit den Auswertungssystemen. „Letztere müssen noch eingemessen werden. Dafür nimmt man ältere Daten von anderen Unternehmen, deren Entwicklungen bekannt sind, und überprüft, ob die neuen Auswertungssysteme diese Entwicklungen tatsächlich hätten vorhersagen können." Das Ergebnis ist ein - für jedes Kreditinstitut eigenes - mathematisches System, eine Messlatte sozusagen, mit deren Hilfe sowohl Wackelkandidaten als auch Idealkunden identifiziert werden können. Und zwar nicht mehr durch den Sachbearbeiter, sondern per Computer.
Eine Auswertung, wer nun Wackelkandidat oder Idealkunde ist, wird dabei keinesfalls bei allen Kreditinstituten gleich ausfallen. Es werden von Bank zu Bank eigene betriebswirtschaftliche Prioritäten bei der Bewertung einzelner Unternehmensbereiche gesetzt werden, etwa der Qualität des Managements oder auch der Nachfolgeregelung. „Beim BVR etwa", so Rudolf Schüller, „fallen von den 30 Fragen nur sieben ganz besonders ins Gewicht. Und weder der Unternehmer noch der Kreditsachbearbeiter wissen, welche Fragen dies sind. Eine Black Box also." „Wer also unter welchen Voraussetzungen einen Kredit erhält", ergänzt Jürgen Demps, „wird nach heutiger Einschätzung das Geheimnis der Banken bleiben."
von Bernd Geisen
Stellen Sie sich vor", sagt Rudolf Schüller von der URA Unternehmens-Rating-Agentur und Berater aus dem Beraterpool der Deutschen Ausgleichsbank (DtA), „Sie wollen einen privaten Kredit von Ihrer Bank. Dann checkt Sie Ihr Kreditsachbearbeiter durch. Wenn Sie Mitte 30 sind, verheiratet, zwei Kinder haben, ein festes Einkommen, ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung und so weiter: dann bekommen Sie die maximale Punktzahl, dann sind Sie der Idealkunde. Sie bekommen Ihr Geld." Wer Idealkunde ist oder nicht, so Schüller, wissen die Kreditinstitute aus Erfahrung: Ein Katalog relevanter Merkmale macht's möglich.
So einfach ist es bei den Firmenkunden (noch) nicht. Welches Unternehmen künftig einen Kredit erhält, soll durch ein so genanntes Banken-Rating (oder internes Rating) ermittelt werden. So wollen es die Basel-II-Regelungen des Baseler Akkords, die zum 31. Oktober 2003 feststehen und am 31. Dezember 2006 in Kraft treten sollen. Je nach Rating-Ergebnis werden Kredite bewilligt oder nicht und zudem die Kreditkonditionen ausfallen.
Bestandsaufnahme des Unternehmens durch die Bank
Ein internes Rating ist eine Bestandsaufnahme des Unternehmens durch Bank oder Sparkasse. Rudolf Schüller: „Im Baseler Konsultationspapier wird ganz klar vorgegeben, aus welchen Bereichen sie Informationen zu erheben haben. Sie müssen Einsicht nehmen in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, müssen sich Bilanzen geben lassen und müssen diese auswerten. Das sind die so genannten ,hard facts'. Außerdem geht es um ,soft facts'. Da wird Auskunft verlangt über die Wettbewerbsfähigkeit und den Markt, in dem das Unternehmen tätig ist, ob das Management etwas taugt et cetera."
In einer Gesamtnote bestimmen die Kreditgeber dann die Wahrscheinlichkeit, mit der das geliehene Geld für die Bank verloren gehen könnte. Je nachdem wie hoch diese Ausfallrate ist, also das Risiko für das Kreditinstitut, fallen auch die Zinsen für Kredite aus. Das Risiko steigt für die Bank übrigens auch mit der Laufzeit des Kredits: je länger, desto teurer.
Basel II vereinheitlicht Bonitätsprüfung
Nun ist diese Art von Risikoprüfung im Prinzip nicht neu. Mit Basel II aber muss sie bei allen Kreditinstituten gleichermaßen durchgeführt werden, genauer: Die Unternehmensbereiche, die sie unter die Lupe nehmen müssen, werden nicht mehr durch den Kreditsachbearbeiter bestimmt, sondern durch die Bankenaufsicht verbindlich festgelegt. Daher arbeiten die Kreditabteilungen von Banken und Sparkassen derzeit auf Hochtouren, um die dafür notwendigen Verfahren zu entwickeln, die dann die Bankenaufsicht zu genehmigen hat. „Dabei müssen die Kreditinstitute für jedes Unternehmen alle relevanten betriebswirtschaftlichen Zahlen berücksichtigen", sagt Jürgen Demps, Rating-Analyst der Universität Augsburg: „Außerdem müssen sie für alle Kreditkunden eine Datenhistorie von drei Jahren vorweisen können. Deswegen fangen sie schon jetzt an, die notwendigen Daten zu erheben."
Nach den Vorgaben der Bankaufsicht vereinheitlicht und von ihr genehmigt wird dabei ausschließlich das „Was", also der Katalog der betriebswirtschaftlichen Bereiche, die die Kreditinstitute prüfen sollen. Nicht das „Wie", also die Art und Weise der Datenerhebung und auch nicht die darauf folgende Bewertung dieser Daten. Wie genau und wie kritisch also die Fragen für die einzelnen Bereiche ausfallen, bleibt Sache der Bank oder Sparkasse. Jürgen Demps: „Es sieht so aus, dass das Banken-Rating, vor allem bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, bei geringeren Kreditsummen ein vereinfachtes Rating sein wird, und zwar aus Zeitgründen angesichts der Vielzahl der Kunden. Hier wird es ein so genanntes Scoring geben, wie es ähnlich auch für Privatkunden üblich ist. Der Kreditsachbearbeiter stellt eine Reihe von Fragen, zum Beispiel zur Qualität des Managements. Diese Managementqualität stuft er dann ein, auf einer Skala zwischen eins und zehn. Zu welchem Wert er dabei kommt, hängt ab von den Unterlagen, die er vom Unternehmer bekommt, oder von Informationen, die er aus einem Gespräch mit ihm gewinnt."
Vereinfachtes Verfahren bei kleinen Kreditsummen
Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht, so Rudolf Schüller. „Ein Scoring für diese geringeren Kreditsummen, ein so genanntes Retail-Rating, geht ratzfatz über die Bühne. Ich kenne es vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Dort gibt es 30 Fragen. Erst bei Kreditsummen von über einer Million Euro muss ein umfangreicheres Verfahren durchlaufen werden. Es geht dann um dieselben Bereiche. Nur die Fragen gehen tiefer. Und für die Antworten fordern die Banken spezielle Unterlagen an."
Während die erforderlichen Erfassungsverfahren bei allen Banken nahezu fertig seien, hapere es bei einigen noch mit den Auswertungssystemen. „Letztere müssen noch eingemessen werden. Dafür nimmt man ältere Daten von anderen Unternehmen, deren Entwicklungen bekannt sind, und überprüft, ob die neuen Auswertungssysteme diese Entwicklungen tatsächlich hätten vorhersagen können." Das Ergebnis ist ein - für jedes Kreditinstitut eigenes - mathematisches System, eine Messlatte sozusagen, mit deren Hilfe sowohl Wackelkandidaten als auch Idealkunden identifiziert werden können. Und zwar nicht mehr durch den Sachbearbeiter, sondern per Computer.
Eine Auswertung, wer nun Wackelkandidat oder Idealkunde ist, wird dabei keinesfalls bei allen Kreditinstituten gleich ausfallen. Es werden von Bank zu Bank eigene betriebswirtschaftliche Prioritäten bei der Bewertung einzelner Unternehmensbereiche gesetzt werden, etwa der Qualität des Managements oder auch der Nachfolgeregelung. „Beim BVR etwa", so Rudolf Schüller, „fallen von den 30 Fragen nur sieben ganz besonders ins Gewicht. Und weder der Unternehmer noch der Kreditsachbearbeiter wissen, welche Fragen dies sind. Eine Black Box also." „Wer also unter welchen Voraussetzungen einen Kredit erhält", ergänzt Jürgen Demps, „wird nach heutiger Einschätzung das Geheimnis der Banken bleiben."