Das könnte für die bekannten Sportartikelhersteller bössse ins Auge gehen!!
NBA-Star ruft zur „Schuh-Revolution“ auf
Von Sönke Iwersen
Die schöne, hochprofitable Welt der Sportartikelindustrie bekommt Risse. In einer Branche, in der Rohertragsmargen von 50 Prozent keine Seltenheit sind, sorgt ein einzelner Athlet mit einer Schuh-Kampagne für gewaltiges Aufsehen. Der NBA-Star hat sich mit einer US-Billigkette zusammen getan – und bringt Nike, Adidas und Puma in Erklärungsnot.
DÜSSELDORF. Stephon Marbury ist seit Jahren einer der bekanntesten Spieler der National Basketball Association, der besten Basketball-Liga der Welt. Deren Athleten erhalten oft Millionen, um extrem hochpreisige Sportmode zu bewerben. Doch der Star der New York Knicks geht ausgerechnet im größten Medienmarkt der USA einen komplett anderen Weg.
Marbury hat sich mit der US-Billigkette Steve & Barry’s zusammengetan und dominiert in diesen Tagen praktisch ohne Werbebudget Amerikas Bildschirme und Zeitungen. Denn während Konkurrenzprodukte von Nike, Adidas und Puma für 100, 150 und sogar 200 Dollar im Schaufenster stehen, wirkt das Preisschild für den Starbury One wie ein Fehldruck: 14,98 Dollar. „Wir werden die Welt verändern, wir starten eine Revolution“, sagt Marbury. „Die Leute werden begreifen, dass selbst die heißesten Schuhe in der Herstellung nicht viel kosten. Es sind die extravaganten Werbespots und andere überflüssige Ausgaben, die von den Kindern und ihren Eltern bezahlt werden.“
Marbury zielt mit seinen Worten mitten ins Herz der Edelkonkurrenz. Das Paradebeispiel: Michael Jordan, der beste Basketballspieler und erfolgreichste Schuhverkäufer aller Zeiten. Als Nike den damals 21-Jährigen 1984 als Werbepartner verpflichtete, stand die Aktie des Unternehmens bei sieben Dollar. 1998, sechs NBA-Titel und zwei Olympiasiege später, war dieselbe Aktie 418 Dollar wert. In dieser Zeit verkaufte Nike Jordan-Produkte im Wert von mehr als zwei Milliarden Dollar. In ihrer Biographie schreibt die NBA-Legende: „Nike hat mich in einen Traum verwandelt.“
Doch der Traum ist teuer. Von den „Air Jordan“-Schuhen gibt es 21 Modelle. Eines von ihnen, der Air Jordan 17, wird dem ehrfürchtigen Kunden eigens in einem Metallkoffer überreicht. Kostenpunkt: 200 Dollar. Nike inszeniert den Start eines Schuhs wie die Premiere eines Hollywoodfilms. Vor den Läden warten hunderte von Jugendlichen auf ihr erstes Paar, wer in den Wochen danach noch mit einem Vorgängermodell auf den Schulhof kommt, wird ausgelacht.
Das soll sich nun ändern. „Der Ansturm der Kunden auf den Starbury hat alle Erwartungen übertroffen“, sagt Erin Patton. Er ist der Chef der Marketingagentur The Mastermind Group und der Kopf hinter der Starbury-Kampagne. „Ich habe lange für Nike gearbeitet und weiß, welche Sogkraft diese Marke hat“, sagt Patton. „Aber ich weiß auch, wie viele Eltern es gibt, die ihren Kindern keine Schuhe für 150 Dollar kaufen können.“
Marbury sieht sich als Robin Hood der Sportartikelbranche. „Wir werden diese ganze Szene auf den Kopf stellen“, sagt der Basketballspieler, der selbst aus ärmlichen Verhältnissen in New York kommt. „Ich weiß, es klingt unglaublich. Aber die Schuhe, die bei Steve & Barry’s im Regal stehen, sind die Schuhe, in denen ich in dieser Saison spielen werde.“ Genau dies ist der eigentliche Affront gegen einen Edelhersteller wie Nike. Jahr für Jahr gibt der Konzern Millionen aus, um in der Werbung die Hochleistungsqualität seiner Produkte anzupreisen. Die Initiative von Marbury könnte nun dazu führen, dass sich die Kunden Diese Frage ist in der Branche tabu – Zahlen werden trotz oder wegen der Debatte um Sweat-Shops geheim gehalten. Doch die International Labor Organisation (ILO) fand heraus, dass die Lohnkosten eines in China hergestellten, 70 Dollar teuren Schuhs von Puma bei 1,16 Dollar liegen, die Werbekosten aber sechs Mal so hoch sind. Nach Berechnungen der ILO und China Labor Watch liegen die Herstellkosten inklusive Material, Transport und Gewinn für den Produzenten bei 11,86 Dollar. Fragen des Handelsblattes hierzu lehnt Puma ab.
Rechenbeispiele wie dieses sind nicht neu. Neu ist, dass ein US-Star seinen Namen dazu nutzt, die extrem niedrigen Herstellungskosten an die Kunden weiterzugeben. Der Fall ist umso spannender, als der US-Markt rund 50 Prozent des Weltmarktes ausmacht und innerhalb der USA wiederum Basketball eine besondere Stellung hat. „Von allen Mannschaftssportarten ist Basketball die, wo der einzelne Spieler am meisten zählt, wo am leichtesten ein Megastar geboren wird“, sagt Jeff Marks von The Sports Business Group in Los Angeles. „Das wichtigste für den Athleten ist sein Schuh, und deshalb kann der Schuh in der Werbung eine Leitfunktion für ganze Modelinien übernehmen.“
Auch für Marbury ist der Schuh Startpunkt für eine komplette Kollektion – und jedes Hemd, jede Hose, kostet nur rund zehn Dollar. Die Branche beobachtet nun gespannt, wie sich das Experiment entwickelt. Adidas, Puma und Nike lehnten einen Kommentar zu Steve & Barry’s sowie eine Aufschlüsselung ihrer Kosten ab.
Letzteres gilt übrigens auch für den neuen Preisbrecher. Marbury erhält nach eigenen Angaben kein Geld für seine Werbedienste, sondern ist am Gewinn beteiligt. Wie hoch dieser ist, und wie viel die chinesischen Arbeiterinnen erhalten, die die Schuhe herstellen, verrät Marbury nicht. Auch hier gilt wohl, was der Nike-Gründer Phil Knight, schon 1991 sagte: „Wir verkaufen Träume. Sachen herzustellen hat keinen Wert mehr.“
NBA-Star ruft zur „Schuh-Revolution“ auf
Von Sönke Iwersen
Die schöne, hochprofitable Welt der Sportartikelindustrie bekommt Risse. In einer Branche, in der Rohertragsmargen von 50 Prozent keine Seltenheit sind, sorgt ein einzelner Athlet mit einer Schuh-Kampagne für gewaltiges Aufsehen. Der NBA-Star hat sich mit einer US-Billigkette zusammen getan – und bringt Nike, Adidas und Puma in Erklärungsnot.
DÜSSELDORF. Stephon Marbury ist seit Jahren einer der bekanntesten Spieler der National Basketball Association, der besten Basketball-Liga der Welt. Deren Athleten erhalten oft Millionen, um extrem hochpreisige Sportmode zu bewerben. Doch der Star der New York Knicks geht ausgerechnet im größten Medienmarkt der USA einen komplett anderen Weg.
Marbury hat sich mit der US-Billigkette Steve & Barry’s zusammengetan und dominiert in diesen Tagen praktisch ohne Werbebudget Amerikas Bildschirme und Zeitungen. Denn während Konkurrenzprodukte von Nike, Adidas und Puma für 100, 150 und sogar 200 Dollar im Schaufenster stehen, wirkt das Preisschild für den Starbury One wie ein Fehldruck: 14,98 Dollar. „Wir werden die Welt verändern, wir starten eine Revolution“, sagt Marbury. „Die Leute werden begreifen, dass selbst die heißesten Schuhe in der Herstellung nicht viel kosten. Es sind die extravaganten Werbespots und andere überflüssige Ausgaben, die von den Kindern und ihren Eltern bezahlt werden.“
Marbury zielt mit seinen Worten mitten ins Herz der Edelkonkurrenz. Das Paradebeispiel: Michael Jordan, der beste Basketballspieler und erfolgreichste Schuhverkäufer aller Zeiten. Als Nike den damals 21-Jährigen 1984 als Werbepartner verpflichtete, stand die Aktie des Unternehmens bei sieben Dollar. 1998, sechs NBA-Titel und zwei Olympiasiege später, war dieselbe Aktie 418 Dollar wert. In dieser Zeit verkaufte Nike Jordan-Produkte im Wert von mehr als zwei Milliarden Dollar. In ihrer Biographie schreibt die NBA-Legende: „Nike hat mich in einen Traum verwandelt.“
Doch der Traum ist teuer. Von den „Air Jordan“-Schuhen gibt es 21 Modelle. Eines von ihnen, der Air Jordan 17, wird dem ehrfürchtigen Kunden eigens in einem Metallkoffer überreicht. Kostenpunkt: 200 Dollar. Nike inszeniert den Start eines Schuhs wie die Premiere eines Hollywoodfilms. Vor den Läden warten hunderte von Jugendlichen auf ihr erstes Paar, wer in den Wochen danach noch mit einem Vorgängermodell auf den Schulhof kommt, wird ausgelacht.
Das soll sich nun ändern. „Der Ansturm der Kunden auf den Starbury hat alle Erwartungen übertroffen“, sagt Erin Patton. Er ist der Chef der Marketingagentur The Mastermind Group und der Kopf hinter der Starbury-Kampagne. „Ich habe lange für Nike gearbeitet und weiß, welche Sogkraft diese Marke hat“, sagt Patton. „Aber ich weiß auch, wie viele Eltern es gibt, die ihren Kindern keine Schuhe für 150 Dollar kaufen können.“
Marbury sieht sich als Robin Hood der Sportartikelbranche. „Wir werden diese ganze Szene auf den Kopf stellen“, sagt der Basketballspieler, der selbst aus ärmlichen Verhältnissen in New York kommt. „Ich weiß, es klingt unglaublich. Aber die Schuhe, die bei Steve & Barry’s im Regal stehen, sind die Schuhe, in denen ich in dieser Saison spielen werde.“ Genau dies ist der eigentliche Affront gegen einen Edelhersteller wie Nike. Jahr für Jahr gibt der Konzern Millionen aus, um in der Werbung die Hochleistungsqualität seiner Produkte anzupreisen. Die Initiative von Marbury könnte nun dazu führen, dass sich die Kunden Diese Frage ist in der Branche tabu – Zahlen werden trotz oder wegen der Debatte um Sweat-Shops geheim gehalten. Doch die International Labor Organisation (ILO) fand heraus, dass die Lohnkosten eines in China hergestellten, 70 Dollar teuren Schuhs von Puma bei 1,16 Dollar liegen, die Werbekosten aber sechs Mal so hoch sind. Nach Berechnungen der ILO und China Labor Watch liegen die Herstellkosten inklusive Material, Transport und Gewinn für den Produzenten bei 11,86 Dollar. Fragen des Handelsblattes hierzu lehnt Puma ab.
Rechenbeispiele wie dieses sind nicht neu. Neu ist, dass ein US-Star seinen Namen dazu nutzt, die extrem niedrigen Herstellungskosten an die Kunden weiterzugeben. Der Fall ist umso spannender, als der US-Markt rund 50 Prozent des Weltmarktes ausmacht und innerhalb der USA wiederum Basketball eine besondere Stellung hat. „Von allen Mannschaftssportarten ist Basketball die, wo der einzelne Spieler am meisten zählt, wo am leichtesten ein Megastar geboren wird“, sagt Jeff Marks von The Sports Business Group in Los Angeles. „Das wichtigste für den Athleten ist sein Schuh, und deshalb kann der Schuh in der Werbung eine Leitfunktion für ganze Modelinien übernehmen.“
Auch für Marbury ist der Schuh Startpunkt für eine komplette Kollektion – und jedes Hemd, jede Hose, kostet nur rund zehn Dollar. Die Branche beobachtet nun gespannt, wie sich das Experiment entwickelt. Adidas, Puma und Nike lehnten einen Kommentar zu Steve & Barry’s sowie eine Aufschlüsselung ihrer Kosten ab.
Letzteres gilt übrigens auch für den neuen Preisbrecher. Marbury erhält nach eigenen Angaben kein Geld für seine Werbedienste, sondern ist am Gewinn beteiligt. Wie hoch dieser ist, und wie viel die chinesischen Arbeiterinnen erhalten, die die Schuhe herstellen, verrät Marbury nicht. Auch hier gilt wohl, was der Nike-Gründer Phil Knight, schon 1991 sagte: „Wir verkaufen Träume. Sachen herzustellen hat keinen Wert mehr.“