News Cargolifter !

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Mr.Esram:

News Cargolifter !

 
29.08.03 16:13


Interview mit Cargolifter Vorstand Carl von Gablenz
Finanzen.net

 
Deutschland ist nicht gerade ein Land der Technokraten. Neue Technologien haben es hierzulande schwer, insbesondere wenn sie viel Geld kosten. Entweder scheitert es an der finanziellen Absicherung oder am mangelnden Interesse der Politik. Häufig sind beide Komponenten miteinander verknüpft. Die prominentesten Beispiele dafür heißen CargoLifter und Transrapid. Während die Leichter-als-Luft-Technologie mit der Insolvenz der CargoLifter AG inzwischen völlig am Boden liegt, haben Siemens und ThyssenKrupp es geschafft, ihr Transrapid-Projekt zu realisieren. Allerdings im Ausland. Weit weg in Shanghai. Eine Frage drängt sich auf: Warum fällt es einem Volk der Ingenieure eigentlich so schwer, neue Technologien nicht nur anzudenken, sondern auch durchzusetzen?
T-Online-Wirtschaftsredakteurin Melanie Aprin sprach darüber am 29. August 2003 im Telefoninterview mit dem Gründer der CargoLifter AG, Carl von Gablenz.

Frage: Herr von Gablenz, ist Deutschland noch ein Technologie-Standort?von Gablenz: Deutschland ist sicherlich nach wie vor ein Technologie-Standort. Denken Sie an Automobile. Was uns aber fehlt, sind echte Zukunftstechnologien. Da fällt Deutschland zurück.

Frage: Sie selbst haben hierzulande versucht, eine neue Technologie durchzusetzen - die Leichter-als-Luft-Technologie. Leider erfolglos. Tröstet es, dass auch die mächtige Transrapid-Industrie mit ihrer Magnetschwebebahn-Technologie in Nordrhein-Westfalen gescheitert ist?

von Gablenz: Das tröstet gar nicht. Das macht eher noch trauriger. Es ist fast schon frustrierend, wenn man erlebt, wie weltweit beachtete Projekte, bei denen wir die Nase vorne haben, in diesem Land nicht umgesetzt werden können.

Frage: Technik-Innovationen in der Größenordnung eines CargoLifters oder eines Transrapids sind mit Machbarkeitsstudien verbunden. Das ist die Aufgabe der Wirtschaft. Bei der Realisierung der Projekte kommen dann politische Entscheider ins Spiel. Sie entscheiden, ob öffentliche Mittel fließen, deren Höhe sich unter anderem an der Aussicht auf neue Arbeitsplätze orientiert. Liegt der Fokus zu sehr auf den Jobs und zu wenig auf der Innovation?

von Gablenz: Jobs zu kreieren ist sicherlich wichtig. Die Frage ist nur, welche. Nehmen Sie das Beispiel des CargoLifters. Wenn in der Werfthalle jetzt ein Freizeitpark entsteht, dann schaffen wir dadurch zwar Jobs, aber keine zukunftsweisenden. Das müsste die Politik sicherlich anders bewerten.

Frage: In der CargoLifter-Halle am Werft-Standort Brand werden in Zukunft keine Luftschiffe mehr gebaut. Stattdessen sollen dort Palmen wachsen und ein Regenwald entstehen. Tropen statt Technik sozusagen. Gab es wenigstens vorübergehend öffentliche Überlegungen, die größte freitragende Halle der Welt für einen technologischen Zweck zu verwenden?

von Gablenz: Es ist in der Öffentlichkeit sehr viel diskutiert worden. Wenn Sie meinen, dass die Politik oder die zuständigen Wirtschaftsministerien des Bundes oder des Landes sich aber aktiv bemüht hätten, dann muss ich sagen: Nein. Die Politiker sind hier den einfachsten Weg gegangen, haben abgewartet und dieses Angebot des Tropenparks angenommen. Das ist aus meiner Sicht ganz klar ein Zeichen gegen Technologie.

Frage: Nach der Insolvenz des CargoLifters forderte Cornelia Behm, bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg, "staatliche Unterstützung" für die "Leichter-als-Luft-Technologie". Sie appellierte an die Landesregierung Brandenburg, "das finanzielle Engagement von 70.000 Kleinaktionären zu würdigen". Die Kleinaktionäre hätten immerhin eine Summe von 300 Mio. Euro "in die Entwicklung einer zukunftsweisenden Technologie" investiert. Vermuten Sie hinter diesem Engagement bloß ein regionales Interesse oder ist Frau Behms Partei tatsächlich an zukunftsweisenden Technologien interessiert?

von Gablenz: Frau Behm ist tatsächlich an zukunftsweisenden Technologien interessiert und setzt sich für die Leichter-als-Luft-Technologie nicht erst seit der Insolvenz ein. Sie hat es mit Kollegen aus Ihrer Partei und parteiübergreifend in einer Initiative fertig gebracht, dass diese Technologie grundsätzlich als eine förderungswürdige Technologie eingestuft wird. Sie ist die Vorkämpferin.

Frage: Der CargoLifter ist in Deutschland daran zu Grunde gegangen, dass die Gelder knapp wurden. Die öffentliche Hand hatte Mittel in Aussicht gestellt. Warum ist es nie zur Auszahlung gekommen?

von Gablenz: Wir hatten eine Bundesbürgschaft, eine sogenannte 80-prozentige Ausfallbürgschaft. Es ist auf Grund von Schwierigkeiten mit der Hausbank-Erklärung dennoch nicht gelungen, einen Kredit zu bekommen. Es zeigte sich, dass Maßstäbe, die an "normale" Unternehmen angelegt werden, nicht zu innovativen Zukunftstechnologien passen. Die Politiker hätten hier flexibler sein müssen. Das sind sie nicht gewesen. Daher war es letztendlich nicht möglich, selbst die zugesagten Gelder zu nutzen. Den Weg eines bedingt rückzahlbaren Darlehens wie damals bei Airbus sind die Politiker leider nicht gegangen.

Frage: Sie sitzen heute im Aufsichtsgremium der Cargolifter AG, um bei anderen Formen der Erhaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Dazu gehört auch die Suche nach einem externen Erwerber. Liegen schon konkrete Angebote vor?

von Gablenz: Bei der CargoLifter AG war das ein Thema für den Insolvenzverwalter, der die Gesellschaft inzwischen an eine malaysische Gruppe verkauft hat. Es gibt natürlich Bestrebungen von engagierten Leuten, die sich für die Technologie einsetzen, nicht einfach die Hände in den Schoß zu legen, sondern zu sagen: Das ist eine Zukunftstechnologie, die enormes Potenzial hat. Es wird sicherlich auch Bestrebungen geben, wenigstens auf einer anderen Basis in diesem Bereich - Höhenplattformen, Flugtourismus oder Schwerlast als dem eigentlichen Gebiet von CargoLifter - weiter aktiv zu sein. Das Problem im Markt besteht ja nach wie vor, gerade bei den Schwerlasten, und wir wissen heute, dass es eigentlich eine Lösung für das Problem gibt. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass sich wieder etwas tut. Wir führen auch Gespräche, aber es ist momentan zu früh, um Aussagen zu machen.

Frage: Werden demnächst die Amerikaner den CargoLifter realisieren?

von Gablenz: Es gibt ja solche Projekte auch in den USA. Seit dem 11. September liegen die Schwerpunkte aber mehr auf dem militärischen Bereich, insbesondere auf der Überwachung mit Höhenplattformen. Hier stecken die Amerikaner momentan sehr viel Geld rein und fördern solche Projekte bei Boeing und Lockheed Martin. Auch die Japaner sind da dran. Es ist zu befürchten, dass die Höhenplattformen, bei denen wir in unserem Land eigentlich die Nase vorne haben, in Amerika oder woanders umgesetzt werden.

Frage: Was ist nach dem Technik-Export des Transrapids und dem Aus des CargoLifters unserem Land an echten Zukunftstechnologien geblieben?

von Gablenz: Das Besondere am Transrapid und am CargoLifter ist, dass sie für Außenstehende das Zeichen setzen: Der deutsche Ingenieursgeist ist in der Lage, besondere Dinge zu entwickeln. Leider sind wir nicht in der Lage, diese Dinge im eigenen Land umzusetzen.
 
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Quelle: Finanzen.net   29.08.2003 15:47:00
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