Neuer Markt, was nun?
Von Michael Fraikin
In den letzten 15 Monaten erlebten wir eine außerordentliche Implosion eines ganzen Marktsegments. Wo stehen wir jetzt und wie geht es weiter?
Analysiert man die Gründe für den exorbitanten Kursrückgang, so sind dies vor allem der vorangegangene, ähnlich starke Kursanstieg und die Entwicklung der Hightech-Konjunktur. Der übertriebene Kursanstieg wurde größtenteils von einer viel zu optimistischen Einschätzung der künftigen Entwicklung in vielen Sektoren der modernen Wirtschaft ausgelöst. Daraus ergaben sich zu hohe Gewinnschätzungen und Bewertungen.
Ein weiterer Irrtum war, dass jede Firma so bewertet wurde als ob sie die Erwartungen erfüllen würde. Es musste Pleiten, Pech und Pannen geben. Man war sich nur nicht sicher, wo sie auftreten würden. Managementfehler, Gier, Unwahrheiten und Inkompetenz sind allerdings nicht Erfindungen der New Economy -AEG, Beton- und Monierbau, Bremer Vulkan, Wibau oder Holzmann belegen das.
In Bereichen der Wirtschaft zeigt sich jetzt, dass das hohe Wachstum vor allem durch riesige Investitionen ermöglicht wurde. Mit dem Abflauen des grenzenlosen Vertrauens in künftiges Wachstum wurde über Nacht der Mittelzufluss abgestellt. Auch der Rückgang der weltweiten Hightech-Konjunktur hängt hiermit zusammen. Überhaupt ist am Neuen Markt nichts passiert, was es anderswo nicht auch gegeben hätte: Nasdaq, Techmark, Jasdaq, etc. haben sich ähnlich entwickelt.
Auf überschäumenden Optimismus ist tiefe Traurigkeit gefolgt. Das Sentiment ist schlecht, die Konjunktur ist mau, viele Investoren haben sich verabschiedet und die Investmentbanken kappen Kapazitäten. Was bringt die Zukunft?
Grund zum Optimismus
Die Konjunktur wird sich wieder erholen. Schenken wir dem Einkaufsmanagerindex Glauben, steht die Wende unmittelbar bevor. Die niedrigen Bewertungen sind eine gute Ausgangsbasis. Nicht zuletzt sind viele der Unternehmen in interessanten Märkten gut positioniert. Gerade im Technologiebereich des Neuen Marktes gibt es, besonders unter den Maschinenbauern, einige Weltmarktführer mit erfahrenem Management.
Auch die Regelanpassungen durch die Deutsche Börse sind ein Schritt in die richtige Richtung und werden mittelfristig zur Stärkung des Vertrauens beitragen.
Die Marktbewertung des Frühjahrs 2000 werden wir nicht mehr sehen, aber eine vernünftige Aufwärtsentwicklung mit abnehmender Volatilität ist wahrscheinlich.
Michael Fraikin ist Senior Portfolio Manager von Invesco Asset Management in Frankfurt.