Der Wert vieler Unternehmen liegt unter dem Pegel ihrer liquiden Mittel. Aufkäufer lauern auf Schnäppchen. Wo lohnt der Einstieg für Privatanleger?
Neuer Markt: Unterbewertete Firmen bieten
privaten Investoren Einstiegschancen
Hamburg - Aasgeier würden die Händler an der Nasdaq Leute wie Florian Homm oder Klaus Helbert nennen. Die beiden fielen in den vergangenen Monaten mit Geschäften auf, die an der US-Hightech-Börse zur Spezialität der so genannten Vulture-(Geier-)Investoren gehören - dem Aufkaufen und dem Ausschlachten abgestürzter Wachstumsfirmen.
Die Beutezüge funktionieren stets nach dem gleichen Muster: Zunächst suchen sich die Leichenfledderer ein Unternehmen mit voller Kasse und niedrigem Börsenwert. Dann sichern sie sich die Mehrheit. Am Ende krempeln sie die Firma entweder völlig um oder lösen den Laden einfach auf.
Exakt nach diesem Muster verfuhr Florian Homm (42), bis Anfang vergangenen Jahres Chef des Schwalbacher Vermögensverwalters Value Management & Research (VMR), beim Softwarehaus Trius.
Ein lohnendes Ziel: Die Kassen- und Wertpapierpositionen bei Trius waren beinahe doppelt so hoch wie der gesamte Börsenwert der Company. Homm kaufte Aktien, paktierte mit den beiden Trius-Gründern und ließ sich vergangenen November an die Spitze des Aufsichtsrats setzen. Nun zerschlägt er das Unternehmen zusammen mit seinen Verbündeten und verteilt die Beute unter den Aktionären. Der Ex-VMR-Chef dürfte mit seiner Attacke am Ende zwischen 50 und 60 Prozent verdient haben.
Klaus Helbert (35) ging die Sache dagegen mit einem etwas längerfristigen Zeithorizont an.
Der smarte Kaufmann war als Verleger auflagenstarker Sexheftchen wie "Coupé" oder "Blitz-Illu" zu Geld und schlechtem Ruf gekommen. Nach dem Verkauf seines Schmuddelimperiums stieg er gleich bei mehreren Neuer-Markt-Firmen ein. Die digitale Videovertriebsplattform Media Netcom und die als Internet-Softwareanbieter gestartete Internolix führt er mittlerweile als Vorstandsvorsitzender.
Helberts Wirken hinterließ vor allem bei Internolix tiefe Spuren. Von den 220 Mitarbeitern, die das Unternehmen Anfang 2001 beschäftigte, sind gerade noch 21 da. Und statt Softwareentwicklung betreibt die Firma jetzt unter anderem eine Chat-Plattform, auf der auch Erotikfotos angeboten werden.
Der Neue Markt zu Beginn des Jahres 2002: Nach dem tiefen Fall der Frankfurter Wachstumsbörse herrscht Schlussverkaufsstimmung unter den Investoren, und auch namhafte Adressen greifen im großen Stil zu.
So sicherte sich der US-Internet Werbevermarkter Doubleclick eine Option auf 36 Prozent an seinem deutschen Konkurrenten Adlink . Der US-Elektronikkonzern Harman International hält seit Mitte Januar über 77 Prozent an dem schwäbischen Anbieter von Autonavigationssystemen CAA . Und der Werber OgilvyOne will die Wiesbadener Multimediaagentur Concept schlucken.
Wetten auf schnelle Kursgewinne
Anleger können in solchen Fällen entweder mit großzügigen Übernahmeprämien rechnen oder mit langfristigen Kurssteigerungen, wenn der neue Großaktionär mit dem Management der übernommenen Firma aufgeräumt hat.
Der Zeitpunkt für die Aufkäufer scheint günstig. Rund 150 der 321 an der Frankfurter Wachstumsbörse gelisteten Firmen notierten Anfang Februar unter ihrem Buchwert. Auch Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen werden an der Börse derzeit deutlich unter dem Wert ihres Eigenkapitals gehandelt.
Eine interessante Wette auf schnelle Kursgewinne?
Gemach, nicht jedes Unternehmen, das vermeintlich zu Schleuderpreisen gehandelt wird, ist sein Geld tatsächlich wert. Hohe Verluste und zweifelhafte Bilanzansätze können die Kursfantasie schnell beenden. Wo also lohnt sich die Übernahmespekulation wirklich?
manager magazin hat zusammen mit dem unabhängigen Hamburger Analystenhaus SES Research Bilanzen und Quartalsberichte aller Unternehmen am Neuen Markt analysiert und die interessantesten Übernahme- und Kaufkandidaten herausgefiltert (siehe "mm-Check: Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen").
Es ist auf den ersten Blick eine Liste gescheiterter Existenzen. Seit dem Börsengang verloren die Unternehmen 70, 80 oder gar 90 Prozent ihres Marktwerts. Keines der ambitionierten Start-ups kam auch nur annähernd an die Prognosen heran, die beim Börsengang veröffentlicht worden waren.
Der Biotech-Anbieter Girindus etwa vervierfachte in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres seine Verluste, statt die angekündigte schwarze Null zu schreiben. Das Softwareunternehmen Beta Systems bezahlte die US-Expansion mit tiefroten Zahlen. Die Biotech-Firma Genescan trennte sich erst im November von zwei ihrer vier Vorstände. Und der Callcenter-Dienstleister D+S Online verpatzte die Fusion mit der Konkurrenz von Camelot .
Warum solche Verlierer für Aufkäufer interessant sein sollen? Nun, sie haben während der Boomphase weniger Fehler gemacht als die inzwischen bankrotten Börsenstars Brokat oder Kabel New Media.
Die Vorstände waren vorsichtig genug, die Unternehmenskasse zusammenzuhalten und ihre Expansion nicht auf Pump zu finanzieren. Darüber hinaus haben die von manager magazin und SES Research herausgefilterten Kandidaten für die Verhältnisse am Neuen Markt ungewohnt vorsichtig bilanziert.
Verlustträchtige Auslandstöchter sind weit gehend abgeschrieben. Andere kritische Positionen wie selbst erstellte Software oder hohe Firmenwerte spielen in den Büchern keine nennenswerte Rolle.
Was Sie über Firmenjagden wissen müssen
Beispiel GAP : Den Oberhachinger Hersteller von Bordcomputern und Maschinensteuerungssystemen bewertet die Börse derzeit mit rund elf Millionen Euro. Das ist gut die Hälfte des Eigenkapitals von über 21 Millionen Euro und deutlich weniger als die 15 Millionen Euro, die das Unternehmen noch in der Kasse hat.
Eine solide Basis für den Einstieg größerer Konkurrenten. Vor allem, weil bei Gründer und Vorstandschef Ditmar Prigge die Illusionen aus der Zeit nach dem Börsengang rechtzeitig verflogen sind. Die verlustreichen Töchter in Großbritannien, Hongkong und Australien hat er rasch dichtgemacht. Die kostenträchtigen Pläne für den Aufbau eines US-Stützpunkts sind in der Schublade verschwunden.
Das Frankfurter Softwarehaus IFAO erscheint dagegen eher als lukratives Übernahmeobjekt für einen wie den Trius-Zerleger Florian Homm. Mit dem Anbieter von Buchungssoftware geht es seit dem Börsenstart stetig bergab. Trotz andauernder Vorsteuerverluste stehen aber immer noch mehr als 21 Millionen Euro liquide Mittel in der Bilanz.
Das Beispiel IFAO zeigt aber auch, dass die Spekulation auf Übernahme und Zerschlagung eine riskante Wette ist. Bei den meisten Unternehmen der manager-magazin-Liste scheint es fraglich, ob es einem Aufkäufer gelingt einzusteigen, bevor das Management das Firmenkapital restlos verbrannt hat.
Anleger sollten deshalb nur bei solchen Firmen zuschlagen, bei denen sich Übernahmespekulanten auch rasch die Kontrolle sichern können. Unternehmen wie der Dortmunder Softwareproduzent Pro DV , dessen Mehrheitsverhältnisse über Poolverträge bis 2004 festgezurrt wurden, erscheinen wenig geeignet.
Auch der an der Börse immer wieder als Kandidat gehandelte E-Business-Dienstleister Syzygy , der noch über den Großteil seiner Einnahmen aus dem Börsengang verfügt, dürfte kaum für eine plötzliche Übernahme und Zerschlagung in Frage kommen.
Für ein solches Manöver ist der Anteil der frei handelbaren Aktien, der bei knapp 27 Prozent liegt, einfach zu gering.
Und selbst eine gut gefüllte Firmenkasse und ausreichender Freefloat sind zuweilen ein schlechter Indikator für einen Erfolg versprechenden Angriff:
Trotz aller Risiken steht fest: Der Ausverkauf am Neuen Markt geht weiter. Experten wie Karl Fickel, Manager des Lupus-Alpha-Small-CapFonds, schätzen, dass von den derzeit 321 notierten Unternehmen Ende nächsten Jahres noch zwischen 200 und 250 übrig sein werden (siehe "Vielen Firmen fehlt die Börsenreife"). Einen Teil des Bereinigungsprozesses werden die Aufkäufer erledigen, und von deren Arbeit können auch Privatanleger profitieren.
Sie sollten allerdings wissen, worauf sie sich einlassen. Das Risiko solcher Wetten ist ähnlich hoch wie der Einstieg bei vorbörslichen Beteiligungen oder die Investition in Wagniskapitalfonds. Und da gilt die Regel, dass von zehn Einsätzen etwa drei bis vier erfolgreich sind; der Rest muss am Ende meist als Totalverlust abgeschrieben werden.
Überblick: Welche Unternehmen sich lohnen
So wurden die Unternehmen analysiert
Wie finden Firmenjäger ihre Übernahmeziele? manager magazin versuchte, dies zusammen mit dem Hamburger Researchhaus SES nachzuvollziehen.
Dazu wurden die Bilanzen aller Neuer-Markt-Unternehmen analysiert. Ziel: herauszufinden, welche Firmen eine höhere Bewertung verdienen, als es der momentane Börsenkurs wiedergibt.
Zunächst sortierte SES Research alle Unternehmen aus, deren Börsenwert über dem Buchwert liegt. Anschließend warfen die Experten alle Firmen aus der Wertung, deren Freefloat weniger als ein Drittel des Grundkapitals beträgt, und bereinigten die Liste von Gesellschaften, die eine Marktkapitalisierung von weniger als zehn Millionen Euro aufweisen.
Den Grad der Unterbewertung ermittelten die SES-Experten durch die Relation zwischen Eigenkapital und Börsenwert. Die Qualität der Cash-Position ergab sich zum einen aus dem Verhältnis zwischen liquiden Mitteln und operativem Ergebnis und zum anderen durch die Relation zwischen Kasse und Börsenwert. Die Belastung der Bilanz durch immaterielles Vermögen bestimmten die Analysten über den Anteil dieser Positionen am Eigenkapital.
Im letzten Schritt gewichtete SES die Kennzahlen, fasste sie zusammen und ermittelte so die Reihenfolge der Unternehmen.
Neuer Markt: Unterbewertete Firmen bieten
privaten Investoren Einstiegschancen
Hamburg - Aasgeier würden die Händler an der Nasdaq Leute wie Florian Homm oder Klaus Helbert nennen. Die beiden fielen in den vergangenen Monaten mit Geschäften auf, die an der US-Hightech-Börse zur Spezialität der so genannten Vulture-(Geier-)Investoren gehören - dem Aufkaufen und dem Ausschlachten abgestürzter Wachstumsfirmen.
Die Beutezüge funktionieren stets nach dem gleichen Muster: Zunächst suchen sich die Leichenfledderer ein Unternehmen mit voller Kasse und niedrigem Börsenwert. Dann sichern sie sich die Mehrheit. Am Ende krempeln sie die Firma entweder völlig um oder lösen den Laden einfach auf.
Exakt nach diesem Muster verfuhr Florian Homm (42), bis Anfang vergangenen Jahres Chef des Schwalbacher Vermögensverwalters Value Management & Research (VMR), beim Softwarehaus Trius.
Ein lohnendes Ziel: Die Kassen- und Wertpapierpositionen bei Trius waren beinahe doppelt so hoch wie der gesamte Börsenwert der Company. Homm kaufte Aktien, paktierte mit den beiden Trius-Gründern und ließ sich vergangenen November an die Spitze des Aufsichtsrats setzen. Nun zerschlägt er das Unternehmen zusammen mit seinen Verbündeten und verteilt die Beute unter den Aktionären. Der Ex-VMR-Chef dürfte mit seiner Attacke am Ende zwischen 50 und 60 Prozent verdient haben.
Klaus Helbert (35) ging die Sache dagegen mit einem etwas längerfristigen Zeithorizont an.
Der smarte Kaufmann war als Verleger auflagenstarker Sexheftchen wie "Coupé" oder "Blitz-Illu" zu Geld und schlechtem Ruf gekommen. Nach dem Verkauf seines Schmuddelimperiums stieg er gleich bei mehreren Neuer-Markt-Firmen ein. Die digitale Videovertriebsplattform Media Netcom und die als Internet-Softwareanbieter gestartete Internolix führt er mittlerweile als Vorstandsvorsitzender.
Helberts Wirken hinterließ vor allem bei Internolix tiefe Spuren. Von den 220 Mitarbeitern, die das Unternehmen Anfang 2001 beschäftigte, sind gerade noch 21 da. Und statt Softwareentwicklung betreibt die Firma jetzt unter anderem eine Chat-Plattform, auf der auch Erotikfotos angeboten werden.
Der Neue Markt zu Beginn des Jahres 2002: Nach dem tiefen Fall der Frankfurter Wachstumsbörse herrscht Schlussverkaufsstimmung unter den Investoren, und auch namhafte Adressen greifen im großen Stil zu.
So sicherte sich der US-Internet Werbevermarkter Doubleclick eine Option auf 36 Prozent an seinem deutschen Konkurrenten Adlink . Der US-Elektronikkonzern Harman International hält seit Mitte Januar über 77 Prozent an dem schwäbischen Anbieter von Autonavigationssystemen CAA . Und der Werber OgilvyOne will die Wiesbadener Multimediaagentur Concept schlucken.
Wetten auf schnelle Kursgewinne
Anleger können in solchen Fällen entweder mit großzügigen Übernahmeprämien rechnen oder mit langfristigen Kurssteigerungen, wenn der neue Großaktionär mit dem Management der übernommenen Firma aufgeräumt hat.
Der Zeitpunkt für die Aufkäufer scheint günstig. Rund 150 der 321 an der Frankfurter Wachstumsbörse gelisteten Firmen notierten Anfang Februar unter ihrem Buchwert. Auch Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen werden an der Börse derzeit deutlich unter dem Wert ihres Eigenkapitals gehandelt.
Eine interessante Wette auf schnelle Kursgewinne?
Gemach, nicht jedes Unternehmen, das vermeintlich zu Schleuderpreisen gehandelt wird, ist sein Geld tatsächlich wert. Hohe Verluste und zweifelhafte Bilanzansätze können die Kursfantasie schnell beenden. Wo also lohnt sich die Übernahmespekulation wirklich?
manager magazin hat zusammen mit dem unabhängigen Hamburger Analystenhaus SES Research Bilanzen und Quartalsberichte aller Unternehmen am Neuen Markt analysiert und die interessantesten Übernahme- und Kaufkandidaten herausgefiltert (siehe "mm-Check: Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen").
Es ist auf den ersten Blick eine Liste gescheiterter Existenzen. Seit dem Börsengang verloren die Unternehmen 70, 80 oder gar 90 Prozent ihres Marktwerts. Keines der ambitionierten Start-ups kam auch nur annähernd an die Prognosen heran, die beim Börsengang veröffentlicht worden waren.
Der Biotech-Anbieter Girindus etwa vervierfachte in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres seine Verluste, statt die angekündigte schwarze Null zu schreiben. Das Softwareunternehmen Beta Systems bezahlte die US-Expansion mit tiefroten Zahlen. Die Biotech-Firma Genescan trennte sich erst im November von zwei ihrer vier Vorstände. Und der Callcenter-Dienstleister D+S Online verpatzte die Fusion mit der Konkurrenz von Camelot .
Warum solche Verlierer für Aufkäufer interessant sein sollen? Nun, sie haben während der Boomphase weniger Fehler gemacht als die inzwischen bankrotten Börsenstars Brokat oder Kabel New Media.
Die Vorstände waren vorsichtig genug, die Unternehmenskasse zusammenzuhalten und ihre Expansion nicht auf Pump zu finanzieren. Darüber hinaus haben die von manager magazin und SES Research herausgefilterten Kandidaten für die Verhältnisse am Neuen Markt ungewohnt vorsichtig bilanziert.
Verlustträchtige Auslandstöchter sind weit gehend abgeschrieben. Andere kritische Positionen wie selbst erstellte Software oder hohe Firmenwerte spielen in den Büchern keine nennenswerte Rolle.
Was Sie über Firmenjagden wissen müssen
Beispiel GAP : Den Oberhachinger Hersteller von Bordcomputern und Maschinensteuerungssystemen bewertet die Börse derzeit mit rund elf Millionen Euro. Das ist gut die Hälfte des Eigenkapitals von über 21 Millionen Euro und deutlich weniger als die 15 Millionen Euro, die das Unternehmen noch in der Kasse hat.
Eine solide Basis für den Einstieg größerer Konkurrenten. Vor allem, weil bei Gründer und Vorstandschef Ditmar Prigge die Illusionen aus der Zeit nach dem Börsengang rechtzeitig verflogen sind. Die verlustreichen Töchter in Großbritannien, Hongkong und Australien hat er rasch dichtgemacht. Die kostenträchtigen Pläne für den Aufbau eines US-Stützpunkts sind in der Schublade verschwunden.
Das Frankfurter Softwarehaus IFAO erscheint dagegen eher als lukratives Übernahmeobjekt für einen wie den Trius-Zerleger Florian Homm. Mit dem Anbieter von Buchungssoftware geht es seit dem Börsenstart stetig bergab. Trotz andauernder Vorsteuerverluste stehen aber immer noch mehr als 21 Millionen Euro liquide Mittel in der Bilanz.
Das Beispiel IFAO zeigt aber auch, dass die Spekulation auf Übernahme und Zerschlagung eine riskante Wette ist. Bei den meisten Unternehmen der manager-magazin-Liste scheint es fraglich, ob es einem Aufkäufer gelingt einzusteigen, bevor das Management das Firmenkapital restlos verbrannt hat.
Anleger sollten deshalb nur bei solchen Firmen zuschlagen, bei denen sich Übernahmespekulanten auch rasch die Kontrolle sichern können. Unternehmen wie der Dortmunder Softwareproduzent Pro DV , dessen Mehrheitsverhältnisse über Poolverträge bis 2004 festgezurrt wurden, erscheinen wenig geeignet.
Auch der an der Börse immer wieder als Kandidat gehandelte E-Business-Dienstleister Syzygy , der noch über den Großteil seiner Einnahmen aus dem Börsengang verfügt, dürfte kaum für eine plötzliche Übernahme und Zerschlagung in Frage kommen.
Für ein solches Manöver ist der Anteil der frei handelbaren Aktien, der bei knapp 27 Prozent liegt, einfach zu gering.
Und selbst eine gut gefüllte Firmenkasse und ausreichender Freefloat sind zuweilen ein schlechter Indikator für einen Erfolg versprechenden Angriff:
- Zweifelhaft sind Unternehmen, bei denen das Geld im Rekordtempo abfließt. So ist die Übernahmefantasie etwa beim Breitbanddienstleister QSC arg beschränkt, trotz 176 Millionen Euro liquider Mittel in der Bilanz. Allein zwischen Januar und September 2001 gaben die Kölner rund 119 Millionen Euro aus.
- Skepsis herrscht zudem bei Adressen, bei denen so genannte immaterielle Vermögensgegenstände die Bilanz beherrschen. Selbst erstellte Software, der Firmenwert von übernommenen Konkurrenten oder die Kosten selbst produzierter Kino- und Fernsehware gelten als hochriskant; das Zustandekommen der Buchwerte ist oft nicht nachvollziehbar; Neubewertungen können hohe Abschreibungen und drastische Gewinneinbrüche auslösen.
Trotz aller Risiken steht fest: Der Ausverkauf am Neuen Markt geht weiter. Experten wie Karl Fickel, Manager des Lupus-Alpha-Small-CapFonds, schätzen, dass von den derzeit 321 notierten Unternehmen Ende nächsten Jahres noch zwischen 200 und 250 übrig sein werden (siehe "Vielen Firmen fehlt die Börsenreife"). Einen Teil des Bereinigungsprozesses werden die Aufkäufer erledigen, und von deren Arbeit können auch Privatanleger profitieren.
Sie sollten allerdings wissen, worauf sie sich einlassen. Das Risiko solcher Wetten ist ähnlich hoch wie der Einstieg bei vorbörslichen Beteiligungen oder die Investition in Wagniskapitalfonds. Und da gilt die Regel, dass von zehn Einsätzen etwa drei bis vier erfolgreich sind; der Rest muss am Ende meist als Totalverlust abgeschrieben werden.
Überblick: Welche Unternehmen sich lohnen
So wurden die Unternehmen analysiert
Wie finden Firmenjäger ihre Übernahmeziele? manager magazin versuchte, dies zusammen mit dem Hamburger Researchhaus SES nachzuvollziehen.
Dazu wurden die Bilanzen aller Neuer-Markt-Unternehmen analysiert. Ziel: herauszufinden, welche Firmen eine höhere Bewertung verdienen, als es der momentane Börsenkurs wiedergibt.
Zunächst sortierte SES Research alle Unternehmen aus, deren Börsenwert über dem Buchwert liegt. Anschließend warfen die Experten alle Firmen aus der Wertung, deren Freefloat weniger als ein Drittel des Grundkapitals beträgt, und bereinigten die Liste von Gesellschaften, die eine Marktkapitalisierung von weniger als zehn Millionen Euro aufweisen.
Den Grad der Unterbewertung ermittelten die SES-Experten durch die Relation zwischen Eigenkapital und Börsenwert. Die Qualität der Cash-Position ergab sich zum einen aus dem Verhältnis zwischen liquiden Mitteln und operativem Ergebnis und zum anderen durch die Relation zwischen Kasse und Börsenwert. Die Belastung der Bilanz durch immaterielles Vermögen bestimmten die Analysten über den Anteil dieser Positionen am Eigenkapital.
Im letzten Schritt gewichtete SES die Kennzahlen, fasste sie zusammen und ermittelte so die Reihenfolge der Unternehmen.