Ab wann die neue Regelung gilt, ist unter Steuerexperten umstritten
Neue Formel für die Spekulationssteuer
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit die Besteuerung von Spekulationsgewinnen geändert. Gewinne aus solchen Geschäften werden künftig nach der „Fifo“-Methode und nicht mehr nach der Durchschnittsmethode berechnet.
Hans Eichel erhofft sich durch die Änderung der Berechnungsmethode mehr Geld in der chronisch leeren Staatskasse.
DÜSSELDORF. Das bedeutet, dass ein Anleger, der Aktien eines Unternehmens in verschiedenen Tranchen kauft, aus steuerlicher Sicht stets die zuerst gekauften auch wieder verkauft („first in, first out“). Dadurch kann die Steuer höher ausfallen. Bislang ermittelten die Finanzämter Spekulationsgewinne in einem komplizierten Verfahren an Hand des durchschnittlichen Kaufpreises. Gewinne aus Wertpapiergeschäften sind steuerpflichtig, sofern die Papiere kürzer als ein Jahr gehalten werden und die Freigrenze von 512 Euro überschritten wird; für Ehepaare verdoppelt sich diese Freigrenze nicht automatisch.
Die Bundesregierung änderte die Berechnungsmethode mit dem EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz, dass bereits vor einigen Wochen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden ist – allerdings mit einem entscheidenden Schönheitsfehler. So ist umstritten, ab welchem Zeitpunkt diese Änderung gelten soll. Folgt man dem Gesetzestext, würde die Änderung nämlich für alle Verkäufe gelten, die ab dem 1. Januar 1999 getätigt wurden, sagte die Münchner Steuerberaterin Birgit Hosemann dem Handelsblatt. Allerdings wäre eine solche echte Rückwirkung schlichtweg verfassungswidrig, betonte die Expertin für Börsenspekulationen.
Diese Auffassung teilt auch die Steuerabteilung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Da eine rückwirkende Änderung nicht zulässig wäre, hätten die Steuerpflichtigen faktisch ein Wahlrecht, nach welcher Berechnungsmethode sie ihre Spekulationsgewinne erklären wollen, sagte BdB-Steuerexperte Wolfgang Skorpel.
Grund für die Konfusion ist ein offensichtlicher redaktioneller Fehler im Gesetz. So hatten Eichels Beamte bei der Formulierung des Gesetzes schlichtweg übersehen, dass es in Paragraf 52 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG) ausdrücklich heißt, dass die Vorschrift „auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 31. Dezember 1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht“. Dieser Satz hätte geändert werden müssen.
Das sieht man im Bundesfinanzministerium anders „Die Neuregelung greift für alle Verkäufe ab dem 1. Januar 2005“, heißt es aus dem zuständigen Fachreferat. Reparaturen seien nicht erforderlich.
Steuerberaterin Hosemann ist ratlos: „Ich muss meine Mandanten auf Basis des geltenden Rechts beraten.“ Alle ihre bisherigen Berechnungen seien mit dem neuen Gesetz wertlos und müssten für die Steuererklärung 2004 oder noch offene Steuerbescheide aus den Vorjahren neu gemacht werden.
Besonders für Mandanten, die noch bis zum Jahresende die Steueramnestie in Anspruch nehmen wollten, dränge die Zeit. Sie müssten bis Silvester dem Finanzamt detailliert ihre Spekulationsgewinne offen legen; diese könnten je nach Berechnungsmethode sehr unterschiedlich hoch sein.
Das unklare In-Kraft-Treten der Berechnungsmethode ist aber nicht die einzige Panne, die Eichels Beamten mit dem Gesetz unterlaufen ist. So gilt die „Fifo“-Methode zwar für Aktien (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG), nicht aber für Zertifikate auf Aktien und Optionsscheine. Die Behörde hat offenbar ebenfalls vergessen, den für diese Papiere maßgeblichen § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu ändern.
Beim Bankenverband geht man davon aus, dass der Gesetzgeber diesen Panne heilen werde. „Wir erwarten, dass das in nächster Zeit repariert wird und dass „Fifo“ erst ab 2005 und dann für alle Wertpapiere gelten werde“, sagte Steuerexperte Skorpel. Ab dem Veranlagungszeitraum 2005 müssen die Kreditinstitute ihren Kunden ihre Spekulationsgewinne detailliert auflisten, damit diese ihre Steuererklärung besser ausfüllen können.
Stichwort: Spekulationsgewinne
* Grundlage:
Gewinne aus Wertpapiergeschäften sind steuerpflichtig, sofern die Papiere kürzer als ein Jahr gehalten werden und die Freigrenze von 512 Euro überschritten ist. Wegen des Halbeinkünfteverfahrens ist die Grenze faktisch aber doppelt so hoch.
* Durchschnittsmethode:
Bislang werden die Gewinne berechnet, indem die innerhalb der Spekulationsfrist verkauften Aktien mit ihrem durchschnittlichen Kaufpreis angesetzt werden – im Beispiel sind dies 99 Euro.
* „Fifo“-Methode:
Für den Fiskus werden stets jene Aktien zuerst verkauft, die zuerst gekauft wurden („First in, first out“). Im Beispiel ergibt sich nach dieser Methode ein höherer steuerpflichtiger Gewinn als nach der alten Methode.
Quelle: handelsblatt.com
...be invested
Der Einsame Samariter
Neue Formel für die Spekulationssteuer
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit die Besteuerung von Spekulationsgewinnen geändert. Gewinne aus solchen Geschäften werden künftig nach der „Fifo“-Methode und nicht mehr nach der Durchschnittsmethode berechnet.
Hans Eichel erhofft sich durch die Änderung der Berechnungsmethode mehr Geld in der chronisch leeren Staatskasse.
DÜSSELDORF. Das bedeutet, dass ein Anleger, der Aktien eines Unternehmens in verschiedenen Tranchen kauft, aus steuerlicher Sicht stets die zuerst gekauften auch wieder verkauft („first in, first out“). Dadurch kann die Steuer höher ausfallen. Bislang ermittelten die Finanzämter Spekulationsgewinne in einem komplizierten Verfahren an Hand des durchschnittlichen Kaufpreises. Gewinne aus Wertpapiergeschäften sind steuerpflichtig, sofern die Papiere kürzer als ein Jahr gehalten werden und die Freigrenze von 512 Euro überschritten wird; für Ehepaare verdoppelt sich diese Freigrenze nicht automatisch.
Die Bundesregierung änderte die Berechnungsmethode mit dem EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz, dass bereits vor einigen Wochen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden ist – allerdings mit einem entscheidenden Schönheitsfehler. So ist umstritten, ab welchem Zeitpunkt diese Änderung gelten soll. Folgt man dem Gesetzestext, würde die Änderung nämlich für alle Verkäufe gelten, die ab dem 1. Januar 1999 getätigt wurden, sagte die Münchner Steuerberaterin Birgit Hosemann dem Handelsblatt. Allerdings wäre eine solche echte Rückwirkung schlichtweg verfassungswidrig, betonte die Expertin für Börsenspekulationen.
Diese Auffassung teilt auch die Steuerabteilung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Da eine rückwirkende Änderung nicht zulässig wäre, hätten die Steuerpflichtigen faktisch ein Wahlrecht, nach welcher Berechnungsmethode sie ihre Spekulationsgewinne erklären wollen, sagte BdB-Steuerexperte Wolfgang Skorpel.
Grund für die Konfusion ist ein offensichtlicher redaktioneller Fehler im Gesetz. So hatten Eichels Beamte bei der Formulierung des Gesetzes schlichtweg übersehen, dass es in Paragraf 52 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG) ausdrücklich heißt, dass die Vorschrift „auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 31. Dezember 1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht“. Dieser Satz hätte geändert werden müssen.
Das sieht man im Bundesfinanzministerium anders „Die Neuregelung greift für alle Verkäufe ab dem 1. Januar 2005“, heißt es aus dem zuständigen Fachreferat. Reparaturen seien nicht erforderlich.
Steuerberaterin Hosemann ist ratlos: „Ich muss meine Mandanten auf Basis des geltenden Rechts beraten.“ Alle ihre bisherigen Berechnungen seien mit dem neuen Gesetz wertlos und müssten für die Steuererklärung 2004 oder noch offene Steuerbescheide aus den Vorjahren neu gemacht werden.
Besonders für Mandanten, die noch bis zum Jahresende die Steueramnestie in Anspruch nehmen wollten, dränge die Zeit. Sie müssten bis Silvester dem Finanzamt detailliert ihre Spekulationsgewinne offen legen; diese könnten je nach Berechnungsmethode sehr unterschiedlich hoch sein.
Das unklare In-Kraft-Treten der Berechnungsmethode ist aber nicht die einzige Panne, die Eichels Beamten mit dem Gesetz unterlaufen ist. So gilt die „Fifo“-Methode zwar für Aktien (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG), nicht aber für Zertifikate auf Aktien und Optionsscheine. Die Behörde hat offenbar ebenfalls vergessen, den für diese Papiere maßgeblichen § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu ändern.
Beim Bankenverband geht man davon aus, dass der Gesetzgeber diesen Panne heilen werde. „Wir erwarten, dass das in nächster Zeit repariert wird und dass „Fifo“ erst ab 2005 und dann für alle Wertpapiere gelten werde“, sagte Steuerexperte Skorpel. Ab dem Veranlagungszeitraum 2005 müssen die Kreditinstitute ihren Kunden ihre Spekulationsgewinne detailliert auflisten, damit diese ihre Steuererklärung besser ausfüllen können.
Stichwort: Spekulationsgewinne
* Grundlage:
Gewinne aus Wertpapiergeschäften sind steuerpflichtig, sofern die Papiere kürzer als ein Jahr gehalten werden und die Freigrenze von 512 Euro überschritten ist. Wegen des Halbeinkünfteverfahrens ist die Grenze faktisch aber doppelt so hoch.
* Durchschnittsmethode:
Bislang werden die Gewinne berechnet, indem die innerhalb der Spekulationsfrist verkauften Aktien mit ihrem durchschnittlichen Kaufpreis angesetzt werden – im Beispiel sind dies 99 Euro.
* „Fifo“-Methode:
Für den Fiskus werden stets jene Aktien zuerst verkauft, die zuerst gekauft wurden („First in, first out“). Im Beispiel ergibt sich nach dieser Methode ein höherer steuerpflichtiger Gewinn als nach der alten Methode.
Quelle: handelsblatt.com
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Der Einsame Samariter