Sun will mehr als eine Milliarde Dollar Schadenersatz von Microsoft
San Jose (dpa) - Der Computerkonzern Sun Microsystems verlangt vom Softwaregiganten Microsoft mehr als eine Milliarde Dollar (1,14 Mrd Euro) Schadenersatz. In einer Kartellklage fordert Sun unter anderem, dass Microsoft die von Sun entwickelte Programmiersprache Java in das neue Betriebssystem Windows XP und den Browser Internet Explorer aufnimmt.
Microsoft habe sein Monopol bei Betriebssystemen zum Nachteil von Java ausgenutzt, heißt es in dem mehr als 70-seitigen Papier. Sun-Vizepräsident Michael Morris bezifferte die Schadenersatzforderung auf «nördlich von einer Milliarde Dollar», wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Microsoft wies die Vorwürfe zurück. Millionen Windows-Nutzer arbeiteten jeden Tag mit Java, sagte ein Microsoft-Sprecher.
Bei der Klage geht es aber auch um die Zukunft des Internet. Sun wirft Microsoft vor, das Monopol bei Betriebssystemen für den Ausbau seiner Stellung im Online- und Service-Markt ausnutzen zu wollen. Mit einem ähnlichen Vorwurf hatte im Januar auch der weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner Kartellklage gegen Microsoft eingereicht.
Sun und Microsoft konkurrieren bei Software für Websites und der Vernetzung von Geräten über das Internet - ein Markt, in dem ein gewaltiges Wachstumspotenzial erwartet wird. Microsoft tritt mit der neuen .net-Technologie an (dot-net), Sun will sich mit Java durchsetzen. In der Klage wird nun unter anderem gefordert, dass Microsoft die .net-Technologie von Windows abkoppelt.
Weiterer Streitpunkt sind Internet-Identifizierungsdienste. Als Service soll Nutzern künftig statt der vielen Passwörter bei verschiedenen Websites eine Art einheitlicher elektronischer Ausweis angeboten werden. Microsoft entwickelt dafür die Technologie Passport. Sun und AOL sind Teil der rivalisierenden Liberty Alliance.
Sun kann sich bei seiner Klage auf ein Urteil vom vergangenen Sommer stützen. Ein Berufungsgericht hatte damals ein früheres Urteil bestätigt, wonach Microsoft sein Monopol auf dem Markt für Betriebssysteme ausnutzte und Konkurrenten damit schadete.
Sun und Microsoft hatten sich bereits in den vergangenen Jahren einen erbitterten Schlagabtausch um Java geliefert. Mit der Sprache können Programme geschrieben werden, die ohne Anpassung unter verschiedenen Betriebssystemen laufen.
Anfang 2001 war Microsoft nach einem vierjährigem Verfahren per Gerichtsbeschluss untersagt worden, seine Produkte als «Java-kompatibel» zu bezeichnen, da an der Java- Software Anpassungen vorgenommen worden waren. Der Softwarekonzern zahlte Sun damals 20 Millionen Dollar.
Das neue Betriebssystem Windows XP wird nun komplett ohne Java- Komponenten ausgeliefert. Nutzer können sie jedoch später herunterladen. Microsoft hatte den Schritt vor der Markteinführung im vergangenen Jahr unter anderem mit der Gefahr von Klagen seitens Sun begründet. Sun stellt Netzwerkcomputer und Software her.
Morris brachte auch noch höhere Schadenersatz-Ansprüche ins Gespräch. In einem Kartellverfahren könne die Strafe das dreifache des entstandenen Schadens betragen, betonte er. Analysten zeigten sich in einer ersten Reaktion jedoch skeptisch, was die hohen Geldforderungen angeht. «Es wird eine harte Arbeit für sie sein, Schaden in Höhe von einer Milliarde Dollar zu beweisen», sagte ein Branchen-Anwalt aus dem Silicon Valley Bloomberg.
Immer noch läuft auch das Kartellverfahren, das das Justizministerium vor fast vier Jahren zusammen mit mehreren Bundesstaaten angestrengt hatte. Eine für Montag geplante Anhörung über die Sanktionsvorstellungen der neun Bundesstaaten, die weiterhin härtere Auflagen gegen Microsoft verlangen, war am Freitag um eine Woche verschoben worden. Die Richterin gab einem Antrag von Microsoft statt, weil die Staaten ihre Vorschläge kurzfristig verändert hatten.
11:25 am 10.03.2002 - Die Welt