Mutig

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Mutig

 
05.02.02 21:23
Schröder spielt mit dem Feuer

Von Christof Roche

Gerhard Schröder geht in die Offensive: Die Defizit-Frühwarnung der Brüsseler Kommission müsse "andere als wirtschaftspolitische Gründe haben", zitiert die "International Herald Tribune" den Kanzler. Harter Tobak, der auch noch Unterstützung aus Brüssel erhielt. Der für Erweiterungspolitik zuständige Günter Verheugen stellte sich an die Seite Schröders und kartete nach: Die Verwarnung ergebe nur Sinn, wenn sie mit Empfehlungen einhergehe.
Die Schärfe besonders der Kanzler-Kritik verwundert allerdings. Denn hatte nicht gerade Verheugen-Kollege Pedro Solbes Finanzminister Hans Eichel attestiert, inhaltlich gebe es keine Probleme mit der deutschen Haushaltspolitik? Hatte Solbes dem "eisernen Hans" nicht gar eine Steilvorlage für den Wahlkampf aufgelegt, nämlich die ohnehin überfällige Schaffung eines nationalen Stabilitätspakts zur Einbindung der Länder anzugehen? Auch hatte Solbes seine Botschaft an Berlin bewusst heruntergespielt: Das "Early Warning" sei ein Hinweis, die kritische Defizitmarke von 3 % vom Bruttoinlandsprodukt nicht zu überschreiten. Eine Frühwarnung also, aber nicht mehr.

Mit seiner lauten Kritik riskiert Schröder jetzt, den letzten Bewertungsspielraum der Euro-Finanzminister zur Solbes-Vorlage zunichte zu machen. Schlimmer noch, mit seiner Attacke trifft Schröder nicht den spanischen Währungshüter, sondern seinen eigenen Gefolgsmann Eichel. Will dieser nicht illoyal sein, kann er fast nicht anders, als im Kollegenkreis den Widerstand gegen die Frühwarnung zu organisieren. Das sollte, so die Signale der Euro-Partner, für den Minister auch kein Problem sein. Schröder läuft damit aber Gefahr, seinen eigenen Euro-Hüter zu verheizen. Denn ohne die Frühwarnung wird Eichel kaum jemand mehr dessen Credo abnehmen: Der Stabilitätspakt wird "ohne Wenn und Aber" umgesetzt.

Der Schulterschluss gegen Solbes wäre fatal für Eichels persönlichen Wahlauftritt, aber noch härter träfe er die Gemeinschaftswährung. Denn wenn Berlin schon im ersten Härtetest aus wahltaktischen Überlegungen am Stabilitätsfundament kratzt, dann werden die Märkte für den Ernstfall eines übermäßigen Defizits erwarten, dass dann erst recht die politischen Register gezogen werden. Zwar regeln dafür Währungsvertrag und Stabilitätspakt Schritt für Schritt die Sanktionsprozedur. Doch wer genau hinsieht, entdeckt genug Spielraum im Verfahren, um notfalls die Disziplinierung zu unterlaufen. Schröders Attacke gegen das "Early Warning" ist daher ein Spiel mit dem Feuer, das rasch außer Kontrolle geraten kann. Denn wenn heute Deutschland außen vor bleibt, wer vermag dann morgen Italien oder einen anderen Euro-Staat an die kurze Leine zu nehmen?

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