Musterschüler Stoiber gegen Medienstar Schröder
Der eine möchte rein, der andere drin bleiben: Mit Edmund Stoiber und Gerhard Schröder streiten sich zwei ähnliche Typen um das Kanzleramt in Berlin.
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Ein sonniger Septembertag, irgendwo im Brandenburgischen. Gerhard Schröder tourt durch die neuen Länder und nähert sich einem Bauernhof, den er gleich besichtigen wird.
Als er sieht, dass vor der Einfahrt Neugierigen warten, lässt er stoppen, steigt aus und geht die letzten 200 Meter zu Fuß.
Hält hier einen Schwatz, gibt dort ein Autogramm, streichelt Kindern übers Haar. Am Abend, als die Nachrichtensendungen über den Tag berichten, taucht der Hof nur als Kulisse auf.
Im Vordergrund: Der Kanzler, umgeben von fröhlichen Menschen, mittendrin im Leben. Wenn Edmund Stoiber übers Land fährt, zeigt das Fernsehen meistens einen angestrengt zuhörenden, ein wenig hölzern daherkommenden Menschen, der so ernst in die Runde schaut, als spiele der FC Bayern nur noch in der zweiten Liga.
Einen Menschen, so norddeutsch-kühl, so preußisch-korrekt, dass man ihm den Bajuwaren kaum abnimmt.
Dieser Mann, scheint es, ist immer im Dienst und stets auf der Hut. Das personifizierte Pflichtbewusstsein.
Schröder und Stoiber: Auf dem Bildschirm trennen sie Welten, in Wirklichkeit aber sind sie einander so unähnlich nicht. Als sein Kontrahent noch Ministerpräsident in Niedersachsen war, sagt der Rivale aus Bayern, "haben wir gut zusammengearbeitet". Unter anderem baten sie gemeinsam zum Autogipfel: Schröder wollte VW aus der Krise helfen, Stoiber kämpfte für Audi und BMW.
Als der marode Bauriese Holzmann auf der Kippe stand, half der Kanzler kurz entschlossen mit 250 Millionen Mark. Und wenn es der Oberpfälzer Maxhütte mal wieder schlecht ging, fackelte auch Stoiber nicht lange und schoss frisches Geld nach.
Beiden Unternehmen hat dies zwar wenig geholfen, Schröder und Stoiber aber mehrten mit solchen Feuerwehreinsätzen ihren Ruf als pragmatische Macher.
So nah und doch so fern: Edmund Stoiber, Einserjurist, seit 33 Jahren verheiratet, drei Kinder, Großvater inzwischen. Und Gerhard Schröder, auf Umwegen zum Abitur, Jurist wie Stoiber, dreimal geschieden und kinderlos.
Der eine, aufgestiegen vom schneidigen CSU-Generalsekretär (Spitzname: "Das blonde Fallbeil") zum erfolgreichen Ministerpräsidenten, will Kanzler werden.
Der andere, der schon als Juso-Chef in bierseliger Laune am Zaun des Kanzleramtes rüttelte und schrie "Ich will da rein", möchte nun auch drinnen bleiben.
Vor vier Jahren machte Gerhard Schröder, obwohl er noch nicht einmal Kanzlerkandidat war, aus seinen Ambitionen keinen Hehl. Stoiber dagegen wusste lange nicht, ob er überhaupt wollen sollte.
Nun treffen sie doch aufeinander, der Medienmensch aus Hannover und der Musterschüler aus München. Die ersten Umfragen sehen das Rennen relativ offen und so wird kräftig geholzt.
"Ein Kandidat Stoiber wird die Gesellschaft polarisieren", fürchtet Schröder. Deutschland stehe "auf dem Abstellgleis" schießt es aus München zurück.
Der schöne Slogan vom Laptop und der Lederhose: Selten ist er so häufig bemüht worden wie an Edmund Stoibers erstem Wochenende als Kanzlerkandidat. Kompetent wirke er, bestätigen alle Umfragen. Aber reicht das?
"Unser Kandidat hat ein Sympathieproblem", klagt einer aus der CDU-Spitze. "Der geht zum Lachen in den Keller und mit der Aktenmappe ins Bett." Stoiber, fordert er, müsse "noch ein bisschen lockerer werden".
In neun Monaten wird gewählt. Schröder, der Staatsmann mit der lässigen Art, gegen Stoiber, den Arbeitswütigen mit dem scharfen Ton, der vielleicht auch deshalb gerne so rechthaberisch wirkt, weil in seinem Bundesland die Arbeitslosenzahlen niedriger, die Schulen besser und Wahlergebnisse eindeutiger sind als andernorts.
Schröder dagegen steckt auch Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt noch lässig weg und erhebt die ruhige Hand zum Urprinzip seiner Politik.
Etwas beliebig wirkt das oft. Aber reicht das schon für einen Machtwechsel?
Schröder gegen Stoiber. Leberkäse gegen Currywurst. Möglicherweise verbindet die beiden mehr miteinander, als sie insgeheim wahrhaben wollen.
Populär bei den so genannten kleinen Leuten, ideologisch unverkrampft, wenn Betriebe und ihre Beschäftigten in Not geraten: Stoiber macht zumindest in der Wirtschaftspolitik nichts grundsätzlich anderes als Sozialdemokrat Schröder.
Beide achten auf einen kurzen Draht in die Top-Etagen der Wirtschaft, beide halten Subventionen nicht für ordnungspolitisches Teufelszeug, sondern setzen sie für ihre Zwecke ein.
Die Arbeitsmarktpolitik wird, vermutlich, das Thema aller Themen. Vorteil Stoiber also? Nicht unbe- dingt.
Das Modell Bayern, sagt der Wirtschaftsforscher Thomas Straubhaar, entspringe klassischer sozialdemokratischer Politik: Der Staat stecke Geld aus dem Verkauf von Staatsbetrieben in High-Tech-Offensiven. " Wer das Modell Bayern in Berlin will, der kann auch Schröder wählen. "
aus newswelt.stimme.de/reportage von Rudi Wais
Der eine möchte rein, der andere drin bleiben: Mit Edmund Stoiber und Gerhard Schröder streiten sich zwei ähnliche Typen um das Kanzleramt in Berlin.
Ein sonniger Septembertag, irgendwo im Brandenburgischen. Gerhard Schröder tourt durch die neuen Länder und nähert sich einem Bauernhof, den er gleich besichtigen wird.
Als er sieht, dass vor der Einfahrt Neugierigen warten, lässt er stoppen, steigt aus und geht die letzten 200 Meter zu Fuß.
Hält hier einen Schwatz, gibt dort ein Autogramm, streichelt Kindern übers Haar. Am Abend, als die Nachrichtensendungen über den Tag berichten, taucht der Hof nur als Kulisse auf.
Im Vordergrund: Der Kanzler, umgeben von fröhlichen Menschen, mittendrin im Leben. Wenn Edmund Stoiber übers Land fährt, zeigt das Fernsehen meistens einen angestrengt zuhörenden, ein wenig hölzern daherkommenden Menschen, der so ernst in die Runde schaut, als spiele der FC Bayern nur noch in der zweiten Liga.
Einen Menschen, so norddeutsch-kühl, so preußisch-korrekt, dass man ihm den Bajuwaren kaum abnimmt.
Dieser Mann, scheint es, ist immer im Dienst und stets auf der Hut. Das personifizierte Pflichtbewusstsein.
Schröder und Stoiber: Auf dem Bildschirm trennen sie Welten, in Wirklichkeit aber sind sie einander so unähnlich nicht. Als sein Kontrahent noch Ministerpräsident in Niedersachsen war, sagt der Rivale aus Bayern, "haben wir gut zusammengearbeitet". Unter anderem baten sie gemeinsam zum Autogipfel: Schröder wollte VW aus der Krise helfen, Stoiber kämpfte für Audi und BMW.
Als der marode Bauriese Holzmann auf der Kippe stand, half der Kanzler kurz entschlossen mit 250 Millionen Mark. Und wenn es der Oberpfälzer Maxhütte mal wieder schlecht ging, fackelte auch Stoiber nicht lange und schoss frisches Geld nach.
Beiden Unternehmen hat dies zwar wenig geholfen, Schröder und Stoiber aber mehrten mit solchen Feuerwehreinsätzen ihren Ruf als pragmatische Macher.
So nah und doch so fern: Edmund Stoiber, Einserjurist, seit 33 Jahren verheiratet, drei Kinder, Großvater inzwischen. Und Gerhard Schröder, auf Umwegen zum Abitur, Jurist wie Stoiber, dreimal geschieden und kinderlos.
Der eine, aufgestiegen vom schneidigen CSU-Generalsekretär (Spitzname: "Das blonde Fallbeil") zum erfolgreichen Ministerpräsidenten, will Kanzler werden.
Der andere, der schon als Juso-Chef in bierseliger Laune am Zaun des Kanzleramtes rüttelte und schrie "Ich will da rein", möchte nun auch drinnen bleiben.
Vor vier Jahren machte Gerhard Schröder, obwohl er noch nicht einmal Kanzlerkandidat war, aus seinen Ambitionen keinen Hehl. Stoiber dagegen wusste lange nicht, ob er überhaupt wollen sollte.
Nun treffen sie doch aufeinander, der Medienmensch aus Hannover und der Musterschüler aus München. Die ersten Umfragen sehen das Rennen relativ offen und so wird kräftig geholzt.
"Ein Kandidat Stoiber wird die Gesellschaft polarisieren", fürchtet Schröder. Deutschland stehe "auf dem Abstellgleis" schießt es aus München zurück.
Der schöne Slogan vom Laptop und der Lederhose: Selten ist er so häufig bemüht worden wie an Edmund Stoibers erstem Wochenende als Kanzlerkandidat. Kompetent wirke er, bestätigen alle Umfragen. Aber reicht das?
"Unser Kandidat hat ein Sympathieproblem", klagt einer aus der CDU-Spitze. "Der geht zum Lachen in den Keller und mit der Aktenmappe ins Bett." Stoiber, fordert er, müsse "noch ein bisschen lockerer werden".
In neun Monaten wird gewählt. Schröder, der Staatsmann mit der lässigen Art, gegen Stoiber, den Arbeitswütigen mit dem scharfen Ton, der vielleicht auch deshalb gerne so rechthaberisch wirkt, weil in seinem Bundesland die Arbeitslosenzahlen niedriger, die Schulen besser und Wahlergebnisse eindeutiger sind als andernorts.
Schröder dagegen steckt auch Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt noch lässig weg und erhebt die ruhige Hand zum Urprinzip seiner Politik.
Etwas beliebig wirkt das oft. Aber reicht das schon für einen Machtwechsel?
Schröder gegen Stoiber. Leberkäse gegen Currywurst. Möglicherweise verbindet die beiden mehr miteinander, als sie insgeheim wahrhaben wollen.
Populär bei den so genannten kleinen Leuten, ideologisch unverkrampft, wenn Betriebe und ihre Beschäftigten in Not geraten: Stoiber macht zumindest in der Wirtschaftspolitik nichts grundsätzlich anderes als Sozialdemokrat Schröder.
Beide achten auf einen kurzen Draht in die Top-Etagen der Wirtschaft, beide halten Subventionen nicht für ordnungspolitisches Teufelszeug, sondern setzen sie für ihre Zwecke ein.
Die Arbeitsmarktpolitik wird, vermutlich, das Thema aller Themen. Vorteil Stoiber also? Nicht unbe- dingt.
Das Modell Bayern, sagt der Wirtschaftsforscher Thomas Straubhaar, entspringe klassischer sozialdemokratischer Politik: Der Staat stecke Geld aus dem Verkauf von Staatsbetrieben in High-Tech-Offensiven. " Wer das Modell Bayern in Berlin will, der kann auch Schröder wählen. "
aus newswelt.stimme.de/reportage von Rudi Wais