Das Echo auf die neuen Angebote ist bislang alles andere als begeistert. Im Internet maulen die Musikfans, in den Zeitungen die Kolumnisten.
Von Antonie Bauer
Drei der so genannten „großen Fünf“ auf dem Musikmarkt betreiben gemeinsam mit RealNetworks die Plattform MusicNet.
(SZ vom 23.1.2002) - Das Online-Angebot von Pressplay.com dürfte wohl keinem Musikfan das Herz so richtig aufgehen lassen: Für 25 Dollar pro Monat kann man so viele Songs herunterladen, wie man will – vorausgesetzt, es sind höchstens 100 im Jahr. Die meisten Hitsingles sind nicht erhältlich; sämtliche Titel dürfen nur auf einem Computer abgespielt werden, der mindestens 180 Pfund wiegt und daher garantiert nicht tragbar ist, und zudem ist das Summen oder Pfeifen der heruntergeladenen Stücke als Urheberrechtsverletzung verboten.
Pressplay ist zwar nur eine Parodie, aber so fürchterlich unterscheidet sie sich gar nicht von den neuen Online-Angeboten, die sie auf die Schippe nimmt. Ein knappes halbes Jahr, nachdem sie die populäre Tauschbörse Napster weitgehend ausgeschaltet hat, hat die Musikindustrie ihre ersten eigenen, legalen und kostenpflichtigen Dienste auf den Markt gebracht. Unter dem Namen Pressplay haben sich die Branchenführer Sony und Universal zusammengeschlossen; die restlichen drei der so genannten „großen Fünf“ auf dem Musikmarkt, AOL Time Warner, Bertelsmann und EMI, betreiben gemeinsam mit Real Networks die Plattform MusicNet, deren Inhalte mehrere Firmen vertreiben werden.
Dazu gehören unter anderem Napster und RealOne Music, das seit einigen Wochen auf dem Markt ist. Pressplay startete ebenfalls vor kurzem. Außerdem gibt es noch das unabhängige Listen.com, das sich allerdings erst jetzt mit zwei der größeren Labels einig geworden ist und sich bis dahin auf die Titel einiger kleinerer Firmen beschränken musste.
Das Echo auf die neuen Angebote ist bislang alles andere als begeistert. Im Internet maulen die Musikfans, in den Zeitungen die Kolumnisten. Denn die juristisch einwandfreien und auch von der Tonqualität her überzeugenden Services bieten im Vergleich zu den illegalen Konkurrenten zu wenig. So ist die Auswahl deutlich geringer als bei den Napster-Klonen, da jeder Anbieter nur die Titel seiner Vertragspartner im Katalog hat – und selbst die nicht annähernd komplett. So bietet MusicNet nach Angaben einer Sprecherin momentan gerade mal 100.000 verschiedene Titel.
Erst mal Kriechen lernen
Zudem ist die Nutzung beschränkt: Für 9,95 Dollar monatlich können die RealOne-Abonnenten nur 100 Stücke im Monat auf ihren PC herunterladen und weitere 100 streamen, also wie im Radio einmal anhören. Wer einen auf seinem PC gespeicherten Titel nach 30 Tagen weiter hören will, muss wieder neue Downloads in Anspruch nehmen. Das Brennen von CDs oder die Übertragung auf andere Geräte wie tragbare MP3-Player ist ganz verboten.
Das sei schon ein Problem, räumt Lisa Amore von RealNetworks ein, aber es lasse sich im Augenblick rechtlich sauber gar nicht anders machen. So garantiere bislang kein Endgerät die Einhaltung der Urheberrechte; RealNetworks und MusicNet arbeiteten aber gemeinsam mit den Herstellern an einer Lösung. Zunächst sei es eben am wichtigsten gewesen, überhaupt zu starten: „Wir müssen erst einmal zu kriechen lernen, bevor wir dann gehen können.“ Pressplays Konditionen sind etwas großzügiger; für 14,95 Dollar monatlich dürfen die Nutzer beispielsweise je 500 Titel streamen, 50 herunterladen und zehn brennen. Allerdings gelten auch da Beschränkungen; so gibt es ein Limit von zwei Songs desselben Interpreten pro Monat.
Der Erfolg der neuen Musikdienste ist umstritten, da sie noch keine Zahlen veröffentlicht haben. Eine RealNetworks-Sprecherin erklärt, RealOne Music sei mit dem Zustrom der Abonnenten sehr zufrieden, das Geschäft laufe sehr gut. Die meisten Beobachter glauben allerdings, dass die legalen Anbieter Konditionen und Auswahl noch deutlich verbessern müssen, um mit den Konkurrenten mithalten zu können, die es mit dem Urheberrecht nicht so genau nehmen.
Denn die Piraterie floriert auch nach Napsters Abschied, die Fans tauschen weiter unbekümmert nach Herzenslust Musik aus – ohne einen zentralen Rechner, den die geschädigte Industrie einfach abschalten lassen könnte. So haben nach Angaben von Cnet Download.com beispielsweise alleine in der vergangenen Woche 1, 5 Millionen Nutzer die Software von MusicCity Morpheus heruntergeladen, 760 000 holten sich Kazaa Media Desktop. Beide Programme ermöglichen Nutzern den direkten Austausch von Musikdateien.
Napster hält sich zurück
Pionier Napster hält sich derweilen brav zurück - und putzt im Kongress Klinken. Der ehemalige König der Piraten will, dass die Musikindustrie gezwungen wird, anderen Online-Anbietern gegen Gebühren ihr gesamtes Repertoire zur Verfügung zu stellen. Mit Diplomatie hat das Unternehmen bislang offensichtlich zu wenig erreicht: Eigentlich wollte Napster schon längst seinen neuen Dienst eröffnen, doch wegen der Schwierigkeiten, Lizenzverträge auszuhandeln, muss es seine Fans noch immer vertrösten – auch wenn es nun den Testbetrieb mit seiner neuen Software aufgenommen hat, die die Einhaltung der Urheberrechte garantieren soll.
Doch an dem Versuch dürfen nur 20.000 Musikfans teilnehmen, und zunächst haben sie nur die Auswahl unter den Titeln unabhängiger Produzenten. Das soll sich allerdings ändern: Vorstandschef Konrad Hilbers rechnet nach eigenen Aussagen damit, dass er sich demnächst mit einigen oder allen der großen Konzerne einigt. Das sei die Voraussetzung für den Relaunch von Napster, den er für Ende des ersten Quartals in Aussicht stellte.
Von Antonie Bauer
Drei der so genannten „großen Fünf“ auf dem Musikmarkt betreiben gemeinsam mit RealNetworks die Plattform MusicNet.
(SZ vom 23.1.2002) - Das Online-Angebot von Pressplay.com dürfte wohl keinem Musikfan das Herz so richtig aufgehen lassen: Für 25 Dollar pro Monat kann man so viele Songs herunterladen, wie man will – vorausgesetzt, es sind höchstens 100 im Jahr. Die meisten Hitsingles sind nicht erhältlich; sämtliche Titel dürfen nur auf einem Computer abgespielt werden, der mindestens 180 Pfund wiegt und daher garantiert nicht tragbar ist, und zudem ist das Summen oder Pfeifen der heruntergeladenen Stücke als Urheberrechtsverletzung verboten.
Pressplay ist zwar nur eine Parodie, aber so fürchterlich unterscheidet sie sich gar nicht von den neuen Online-Angeboten, die sie auf die Schippe nimmt. Ein knappes halbes Jahr, nachdem sie die populäre Tauschbörse Napster weitgehend ausgeschaltet hat, hat die Musikindustrie ihre ersten eigenen, legalen und kostenpflichtigen Dienste auf den Markt gebracht. Unter dem Namen Pressplay haben sich die Branchenführer Sony und Universal zusammengeschlossen; die restlichen drei der so genannten „großen Fünf“ auf dem Musikmarkt, AOL Time Warner, Bertelsmann und EMI, betreiben gemeinsam mit Real Networks die Plattform MusicNet, deren Inhalte mehrere Firmen vertreiben werden.
Dazu gehören unter anderem Napster und RealOne Music, das seit einigen Wochen auf dem Markt ist. Pressplay startete ebenfalls vor kurzem. Außerdem gibt es noch das unabhängige Listen.com, das sich allerdings erst jetzt mit zwei der größeren Labels einig geworden ist und sich bis dahin auf die Titel einiger kleinerer Firmen beschränken musste.
Das Echo auf die neuen Angebote ist bislang alles andere als begeistert. Im Internet maulen die Musikfans, in den Zeitungen die Kolumnisten. Denn die juristisch einwandfreien und auch von der Tonqualität her überzeugenden Services bieten im Vergleich zu den illegalen Konkurrenten zu wenig. So ist die Auswahl deutlich geringer als bei den Napster-Klonen, da jeder Anbieter nur die Titel seiner Vertragspartner im Katalog hat – und selbst die nicht annähernd komplett. So bietet MusicNet nach Angaben einer Sprecherin momentan gerade mal 100.000 verschiedene Titel.
Erst mal Kriechen lernen
Zudem ist die Nutzung beschränkt: Für 9,95 Dollar monatlich können die RealOne-Abonnenten nur 100 Stücke im Monat auf ihren PC herunterladen und weitere 100 streamen, also wie im Radio einmal anhören. Wer einen auf seinem PC gespeicherten Titel nach 30 Tagen weiter hören will, muss wieder neue Downloads in Anspruch nehmen. Das Brennen von CDs oder die Übertragung auf andere Geräte wie tragbare MP3-Player ist ganz verboten.
Das sei schon ein Problem, räumt Lisa Amore von RealNetworks ein, aber es lasse sich im Augenblick rechtlich sauber gar nicht anders machen. So garantiere bislang kein Endgerät die Einhaltung der Urheberrechte; RealNetworks und MusicNet arbeiteten aber gemeinsam mit den Herstellern an einer Lösung. Zunächst sei es eben am wichtigsten gewesen, überhaupt zu starten: „Wir müssen erst einmal zu kriechen lernen, bevor wir dann gehen können.“ Pressplays Konditionen sind etwas großzügiger; für 14,95 Dollar monatlich dürfen die Nutzer beispielsweise je 500 Titel streamen, 50 herunterladen und zehn brennen. Allerdings gelten auch da Beschränkungen; so gibt es ein Limit von zwei Songs desselben Interpreten pro Monat.
Der Erfolg der neuen Musikdienste ist umstritten, da sie noch keine Zahlen veröffentlicht haben. Eine RealNetworks-Sprecherin erklärt, RealOne Music sei mit dem Zustrom der Abonnenten sehr zufrieden, das Geschäft laufe sehr gut. Die meisten Beobachter glauben allerdings, dass die legalen Anbieter Konditionen und Auswahl noch deutlich verbessern müssen, um mit den Konkurrenten mithalten zu können, die es mit dem Urheberrecht nicht so genau nehmen.
Denn die Piraterie floriert auch nach Napsters Abschied, die Fans tauschen weiter unbekümmert nach Herzenslust Musik aus – ohne einen zentralen Rechner, den die geschädigte Industrie einfach abschalten lassen könnte. So haben nach Angaben von Cnet Download.com beispielsweise alleine in der vergangenen Woche 1, 5 Millionen Nutzer die Software von MusicCity Morpheus heruntergeladen, 760 000 holten sich Kazaa Media Desktop. Beide Programme ermöglichen Nutzern den direkten Austausch von Musikdateien.
Napster hält sich zurück
Pionier Napster hält sich derweilen brav zurück - und putzt im Kongress Klinken. Der ehemalige König der Piraten will, dass die Musikindustrie gezwungen wird, anderen Online-Anbietern gegen Gebühren ihr gesamtes Repertoire zur Verfügung zu stellen. Mit Diplomatie hat das Unternehmen bislang offensichtlich zu wenig erreicht: Eigentlich wollte Napster schon längst seinen neuen Dienst eröffnen, doch wegen der Schwierigkeiten, Lizenzverträge auszuhandeln, muss es seine Fans noch immer vertrösten – auch wenn es nun den Testbetrieb mit seiner neuen Software aufgenommen hat, die die Einhaltung der Urheberrechte garantieren soll.
Doch an dem Versuch dürfen nur 20.000 Musikfans teilnehmen, und zunächst haben sie nur die Auswahl unter den Titeln unabhängiger Produzenten. Das soll sich allerdings ändern: Vorstandschef Konrad Hilbers rechnet nach eigenen Aussagen damit, dass er sich demnächst mit einigen oder allen der großen Konzerne einigt. Das sei die Voraussetzung für den Relaunch von Napster, den er für Ende des ersten Quartals in Aussicht stellte.