Biotech-Aktien nerven mit rasenden Berg-und-Tal-Fahrten. Anleger sollten sich in dieser Branche an Firmen halten, die konsequent ihre Produkte vorantreiben - zum Beispiel für ruhigen Schlaf.
von Thorsten Schüller
AIs sich in der vergangenen Woche im australischen Cairns Ärzte und Wissenschaftler zusammenfanden, ging es um ein Thema, das auch die Anleger von Biotech-Aktien derzeit umtreibt: Schlaflosigkeit. Doch während die Wissenschaftler den medizinischen Ursachen dieses Übels auf den Grund gingen, grübeln die Investoren, warum ihnen ihre Aktien seit Monaten die Ruhe rauben.
Beispiel GPC Biotech: Nach dem vorläufigen Stopp für das Krebsmittel Satraplatin durch die US-Zulassungsbehörde FDA stürzte die Aktie von 23 auf acht Euro ab - und riss andere Papiere der Branche gleich mit. Erst in den vergangenen Tagen kletterte das Papier mit irrationalen Sprüngen zeitweise wieder auf Kurse über zwölf Euro.
Oder Medigene: Seit November 2006 halbierte sich der Wert der Anteilsscheine von acht auf vier Euro, ehe diese jüngst dank mehrerer Nachrichten wieder um rund 37 Prozent nach oben katapultiert wurden; Das Zulassungsverfahren für die Sechs-Monats-Dosierung des Krebsmedikaments Eligaard in Europa ist abgeschlossen, die Patientenrekrutierung für eine Testreihe mit einem anderen Krebsprodukt wurde beendet, und der Aufsichtsratschef hat 5000 Aktien gekauft.
Auch von Cairns gingen beruhigende Signale für Anleger aus. Immerhin bietet Schlaflosigkeit den Pharma- und Biotech-Firmen ein weltweites Marktvolumen von rund sechs Milliarden Dollar. Und das, obwohl bisher nur ein Bruchteil aller Patienten behandelt wird. Grund: Die existierenden Medikamente haben vielfach einen betäubenden Effekt - die Patienten fühlen sich am nächsten Tag wie gerädert.
Da kommt es gerade, recht, dass die deutsche Evotec in Australien überzeugende klinische Phase-Il-Daten für ihr Schlafmittel EVT 201 präsentiert hat. "Das Produkt ist sehr wirksam, den Schlaf die ganze Nacht aufrechtzuerhalten", sagt Unternehmenschef Jörn Aldag: "Dämpfende Nebenwirkungen am Morgen sind nicht festgestellt worden." Der Aktienkurs kletterte daraufhin auf über 3,30 Euro, Analysten legten ihre Zielmarken gar auf vier bis 5,50 Euro.
Auch die Schweizer Actelion stellte in Cairns aktuelle Forschungsergebnisse ihres Schlafverstärkers Almorexant vor. Die Ergebnisse sind ebenfalls vielversprechend, Actelion verfolgt allerdings einen anderen Ansatz. Es setzt beim Orexin-System an. Dieses soll als An- und Ausschalter für Schlaf- und Wachphasen dienen, steht aber auch im Verdacht, die Stimmung und den Appetit zu beeinflussen. Unklar ist damit, wie das Nebenwirkungsprofil des Produkts aussieht. Sollte sich Almorexant allerdings doch als gut verträglich erweisen, könnte es nach Meinung von Fachleuten der Goldstandard bei der Behandlung der Schlaflosigkeit werden.
Die jüngste Entwicklung zeigt, dass die Investoren nach Monaten der Depression offenbar wieder verstärkt auf die Produkte der Firmen schauen. "Der Abschwung bei Biotech-Aktien ist unserer Meinung nach übertrieben stark ausgefallen", so eine Sprecherin von Medigene. Beruhigend kann zum Beispiel Geneart wirken, ein Hersteller synthetischer Gene. Die operativ profitable Firma ist zwar noch klein, besetzt aber eine Nische und wächst stark.
Oder Biofrontera: Die Leverkusener entwickeln mit Erfolg Produkte, die die sonnengeschädigte Haut heilen sollen. Nur der mit Liebesentzug bedachte Branchenstar GPC Biotech kann derzeit noch nicht mit Neuigkeiten aufwarten. Dass die Aktie zuletzt dennoch stark stieg, hat wohl vor allem damit zutun, dass die Investoren genug schlaflose Nächte hinter sich haben.
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