Aus der FTD vom 1.7.2002 www.ftd.de/france-telecom
Staat prüft Rückkauf von France Telecom
Von Jo Johnson, Paris
Die französische Regierung denkt über eine Reverstaatlichung des hoch verschuldeten Telefonkonzerns France Telecom nach. Dieser Schritt solle erfolgen, falls das Marktumfeld sich um France Telecom nicht in der nächsten Zeit erhole, hieß es aus Regierungskreisen.
Francis Mer
Die Wiederverstaatlichung der France Telecom könnte die Vertrauenskrise der Kapitalmärkte gegenüber dem Unternehmen lösen. Sie wäre beim jetzigen Kurs der Platzierung einer Jumbo-Anleihe vorzuziehen, heißt es aus den Kreisen. Eine derartige Aktion ist derzeit unter französischen Politikern umstritten. Regierungsbeamte unterstrichen, dass sie voll und ganz hinter dem im März umrissenen Programm für den Schuldenabbau des Unternehmens stehen. Die Regierung zeigt sich jedoch nicht glücklich angesichts der Behandlung, die France Telecom seitens der Aktien- und Darlehensmärkte zuteil wird.
Regierungsfunktionäre erklärten, eine erneute Überführung der teilprivatisierten France Telecom in Staatseigentum sei sowohl "intellektuell wie aus der Sicht des Landes" akzeptabel. Wahrscheinlich käme sie auch billiger als ein im Falle einer Bezugsrechtemission in Höhe von 15 Mrd. Euro von der Regierung direkt einzuschießender Geldbetrag. Dies würde die Regierung etwa 8 Mrd. Euro kosten. Im Laufe des Jahres sank der Aktienkurs des Unternehmens um 79 Prozent und beträgt zurzeit 9,43 Euro. Das liegt beträchtlich unter dem Ausgabepreis von 27,75 Euro vom Oktober 1997. Der Marktwert des nicht in Staatsbesitz befindlichen Minderheitsanteils von 44 Prozent beträgt circa 4,5 Mrd. Euro.
Aktienrückkauf contra Anleihe
Nach Analystenansicht braucht France Telecom einen Betrag in dieser Höhe, um den angestrebten Schuldenabbau zu erreichen und um zu verhindern, dass die Aktien als hoch spekulativ eingestuft werden. Somit wäre der Aktienrückkauf günstiger als eine Anleihe. Die Wieder-Verstaatlichung würde allerdings die Wettbewerbshüter der Europäischen Kommission alarmieren.
France Telecom Chef Michel Bon
Francis Mer, der französische Finanzminister, stellte sich hinter Michel Bon, den Vorsitzenden von France Telecom, der beim gegenwärtigen Kurs eine Anleiheplatzierung ausschloss. Damit wurden jedoch nicht die Sorgen der Anleger entkräftet. Sie befürchten, dass das zu 56 Prozent in staatlicher Hand befindliche Unternehmen sich bald BT und KPN zugesellen muss. Die beiden Unternehmen sind nur knapp der Krise entstiegen.
"Die Regierung hat keinesfalls die Absicht, diese Dinge sich selbst zu überlassen, wir können aber angesichts der Entwicklung bei den Aktien- und Darlehensrenditen von France Telecom nicht einfach die Hände in den Schoß legen", sagte eine regierungsamtliche Quelle der Financial Times. "Wir verfolgen die Entwicklung der Lage äußerst aufmerksam."
"Intellektuell wie aus der Sicht des Landes ließe sich die Übernahme der Minderheit rechtfertigen. Wir haben keine fertige Lösung parat. Selbst wenn wir so verführen, würden wir es Ihnen nicht sagen. Aber wir sind mit der jetzigen Situation nicht zufrieden, sie muss korrigiert werden."
Unangenehme Fragen an Raffarin
Die Rendite der Anleihen von France Telecom liegt zur Zeit zwischen zehn und elf Prozent. Die Refinanzierung von rund 15 Mrd. Euro Fremdkapital, das 2003 fällig wird, bedeutet nach Analysten von JP Morgan zusätzliche Kosten von mehr als 700 Mio. Euro. Die Regierung und weitere Anteilseigner fürchten, dass der Unternehmenswert nach und nach an die Kreditgeber sickert.
Der Kollaps dieser französischen Vorzeigeprivatisierung mit ihren mehr als 1,5 Millionen Kleinanlegern stellt Premierminister Jean Pierre Raffarin vor äußerst sensible politische Fragen. Am Montag will er vor der Nationalversammlung das Programm seiner Regierung umreißen.
Ein Insider bei France Telecom erläuterte: "Die neue Regierung möchte populär sein. Natürlich prüft sie sämtliche Lösungen. Viele haben mit France Telecom ihre ersten Erfahrungen an der Börse gemacht und das Unternehmen muss sich um sie kümmern. Aber alle wollen sich gegen eine Bezugsrechtsemission stellen." Die Rating-Agentur Moody’s schätzt, dass das Unternehmen bis Jahresende einen Nettoschuldenstand von 70 bis 75 Mrd. Euro erreicht.
Und wenn der ft so der Arsch auf Grundeis geht, wer glaubt da an eine fürstliche Abfindung für mobilcom-Aktionäre?