von Susanne Amann (Hamburg)
Nach zweijähriger Hängepartie haben die Mobilfunk- und Telefonanbieter Mobilcom und Freenet ihre Fusion unter Dach und Fach gebracht. Mit Mobilcom verschwindet eine Firma, die einer der Pioniere des Neuen Marktes war.
Genau vor zehn Jahren ging es los, 1997 schien alles möglich, der Anfang eines bisher nicht gekannten Booms: Das ehemalige Vorstandsmitglied des Autovermieters Sixt, Gerhard Schmid, brachte seine Mobilcom Communications AG an die Börse, die er 1991 gegründet hatte, um Handys zu vermarkten. Mobilcom gehörte zu den Gründungsaktien des Neuen Marktes und legte einen von allen Seiten gefeierten Aufstieg und Höhenflug hin.
Dank der Liberalisierung des Telefonmarktes wurde die schleswig-holsteinische Firma aus Büdelsdorf zum Auftakt des Albtraums, der für die Deutsche Telekom bis heute nicht vorbei ist: Mit der Billigvorwahl 01019 für Ferngespräche lockte er die Kunden erfolgreich vom alten Telefonriesen weg, kurz vor der Jahrtausendwende bot er über die Mobilcom-Tochter Freenet auch bald Internetdienste an. Die Umsätze und Kursgewinne waren berauschend, Schmid selbst bald Millionär. Der Höchststand der Aktie lag im Frühjahr bei 199 Euro.
Selbstüberschätzung durch Erfolg
Doch der Erfolg führte zur Selbstüberschätzung. War Mobilcom bislang nur als Service-Provider aufgetreten, wollte Firmengründer Schmid mit den Großen der Branche mitziehen - und selbst ein Mobilfunknetz betreiben. Gemeinsam mit France Telecom, das sich mit 28,5 Prozent an der Firma beteiligte, ersteigerte Schmidt im August 2000 eine der berüchtigten UMTS-Lizenzen. Berüchtigt wegen der Milliarden, die sie dem deutschen Staat, bislang aber nicht den Käufern brachten.
Mit den 8 Mrd. Euro, die Schmidt und seine französischen Kollegen dafür bezahlten, hatten sie sich allerdings verhoben. Der Erfolg war noch weit entfernt, der Nutzen der unausgereiften Technik zu unklar. Zeitgleich zeichnete sich ein Ende das Booms in der Mobilfunkbranche ab - die Aktie aus dem Norden ging auf Sinkflug. Zwar lag der Umsatz 2002 bei rund 2 Mrd. Euro, die UMTS-Schulden sorgten allerdings für ein negatives Ergebnis. Die Aktie hatte mit 1,12 Euro im Herbst des gleichen ihren tiefsten Stand.
Erst Rauswurf, dann private Insolvenz
Was voller Zukunftshoffnung angefangen hatte, geriet so bald nach der Lizenzersteigerung zum erbitterten Streit zwischen dem französischen Staatskonzern und dem exzentrische Mobilcom-Gründer. Ein Streit, der Schmid Mitte 2002 schließlich seinen Chefsessel kostete. Neuer Vorstandschef wurde Thorsten Grenz, der sich weniger mit Visionen, dafür mehr mit den Zahlen beschäftigte. Mit Erfolg: Im Laufe des Jahres 2003 kehrte mobilcom in die schwarzen Zahlen zurück. Im Dezember 2003 wurde schließlich die UMTS-Lizenz zurückgegeben - umsonst.
Die Franzosen zwangen Schmid aber auch, seine Anteile abzutreten, dem Rauswurf folgte die private Insolvenz. Schmids Insolvenzverwalter hat den französischen Konzern deshalb auf Zahlung von 7,2 Mrd. Euro zu Gunsten von Mobilcom verklagt, die Klage läuft bis heute. Mobilcom konzentriert sich inzwischen wieder auf das Konzerngeschäft als Mobilfunk-Dienstleister, Freenet hat das Festnetzgeschäft übernommen.
Am Freitag haben beide Unternehmen bekannt gegeben, dass die Fusion mit einem Eintrag ins Handelsregister wirksam geworden ist. Zwar hatten die Hauptversammlungen beider Unternehmen der Verschmelzung bereits 2005 zugestimmt, die Umsetzung verzögerte sich allerdings durch langwierige Aktionärsklagen. Durch die Fusion wollen Mobilcom und Freenet stärker vom Zusammenwachsen des Mobilfunk- und Festnetzmarkts profitieren. Die Marke Mobilcom soll erhalten bleiben - allerdings wird Mobilcom von der Börse verschwinden, die Aktie lag am Freitag bei 21,16 Euro. Den Platz im TecDax übernimmt am Montag die Carl Zeiss Meditec.
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uS