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12.06.02 22:57
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Abgang nach dem Absturz


Mobilcom-Chef Schmid wird den Rosenkrieg mit Partner France Telecom nicht überleben. Seine Firma vielleicht schon - wenn er geht.

Mobilcom 691500

Wenigstens einen Menschen trifft der Niedergang der Telefongesellschaft Mobilcom nicht unvorbereitet: Jürgen Hein, Bürgermeister von Büdelsdorf. Der Gewerbesteuerzahler Mobilcom hat die 11.000-Einwohner-Stadt im schleswig-holsteinischen Kreis Rendsburg- Eckernförde reich gemacht. "Doch das Mobilcom-Geld läuft bei uns außerhalb des normalen Haushaltes", so Hein, "und da haben wir einiges auf die hohe Kante gelegt."

Genügend Geld auf der Kante, davon dürften die deutschlandweit 5700 Mobilcom-Beschäftigten nur träumen. Aufgerieben zwischen den heillos zerstrittenen Großaktionären Gerhard Schmid und France Telecom steht ihre einstige Erfolgsfirma vor dem Aus. Nachdem die Franzosen am Dienstag die Partnerschaft und damit die Finanzierung des Unternehmens aufgekündigt haben, hat Mobilcom ein milliardenschweres Problem: die Umschuldung eines im Juli fälligen Kredits über 4,7 Mrd. Euro. Ohne die Hilfe der Franzosen können die Deutschen den Kredit niemals bedienen.


Doch der Super-Gau könnte noch ausbleiben - denn die Franzosen haben sich eine Hintertür offen gelassen: Trotz der Kündigung verhandeln sie weiter mit den Gläubigerbanken, um die Schulden in Anleihen umzuwandeln.

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Zum einen, weil die Mobilcom-Gläubiger zum Großteil die eigenen Hausbanken sind, mit denen es sich der hoch verschuldete Staatskonzern nicht verscherzen will. Zum anderen finanzieren die Franzosen das Tagesgeschäft, weil France Telecom auch nach bereits zwei gescheiterten Anläufen, in Deutschland Fuß zu fassen, vom größten Telekommarkt Europas nicht lassen mag. Getreu dem Motto von France-Telecom-Chef Michel Bon: "Wir haben in Mobilcom investiert, um im größten Markt zu sein und bei den deutschen UMTS-Lizenzen mitzumachen."


Um das zu erreichen, haben die Franzosen ein klares Ziel: Mobilcom-Gründer Schmid muss weg. "Die Vertragskündigung ist ein taktisches Manöver von France Telecom, um Schmid aus dem Unternehmen zu drängen", sagt Frank Rothauge, Analyst von Sal. Oppenheim.


Schmid, der zusammen mit seiner Frau knapp 50 Prozent an Mobilcom hält, will von den Franzosen ausgezahlt werden: 22 Euro pro Aktie erwartet er, oder insgesamt über 700 Mio. Euro. Nachdem Wirtschaftsprüfer bei einem von Schmid eingefädelten Aktiengeschäft mit seiner Frau Unregelmäßigkeiten aufgedeckt haben, weigert sich France Telecom aber, den Kontrahenten wie im April vereinbart auszuzahlen.



Ende einer Erfolgsgeschichte


Der Deutsche hatte hinter den Rücken seiner Vorstandskollegen und der Aufsichtsräte seiner Frau 68 Mio. Euro überwiesen - angeblich für die Betreuung eines Aktienoptionsprogramms für verdiente Mobilcom-Verkäufer, für das Sibylle Schmid-Sindram 3,6 Millionen Aktien aus ihrem Privatbesitz zur Verfügung stellte. Die Gattin investierte die erkleckliche Summe zudem in neue Mobilcom-Aktien, inzwischen hält sie zehn Prozent an dem Unternehmen. Allein schon das wertet France Telecom als Verstoß gegen den Kooperationsvertrag, weil Mobilcom damit indirekt einen weiteren Großaktionär finanzierte - weshalb Chef Michel Bon nun einen Schlussstrich ziehen will.


Schmid müssen die Ereignisse treffen wie der Schlag, war er doch nichts als Erfolge gewöhnt: Nachdem er sich beim Porzellanhersteller Hutschenreuther durch die Etagen geboxt hatte, wechselte der heute 49-jährige 1989 in den Vorstand des Autovermieters Sixt. Wenig später gründete er Mobilcom, und das Unternehmen stieg ins Mobilfunkgeschäft ein. Schmid entschied sich, kein eigenes Netz zu errichten, sondern als Wiederverkäufer und Dienstleister anzutreten - und behielt Recht. 1995 erzielte Mobilcom den ersten Gewinn und spurtete von einem Erfolg zum nächsten.


Doch von der Börse verwöhnt, wollte Schmid dann das ganz große Rad zu drehen: Im August 2000 ersteigerte er für 8,3 Mrd. Euro eine der sechs deutschen UMTS-Lizenzen. Sein Partner: France Telecom.


Für den Telekomriesen aus Paris ergab der Einstieg bei Mobilcom durchaus Sinn, wollte France-Telecom-Chef Michel Bon doch auf dem wichtigen deutschen Mobilfunkmarkt mitmischen.


Doch die deutsch-französische Ehe verlief von Beginn an wenig harmonisch. Schon kurz nach der UMTS-Versteigerung wies der Deutsche Pläne aus Paris zurück, Mobilcom in die Mobilfunktochter Orange einzugliedern und langfristig den Markennamen zu ändern.


Schließlich eskalierten die Unstimmigkeiten am Widerstand von Schmid, seine UMTS-Investitionspläne zusammenzustreichen. Der Mobilcom-Chef berief sich auf eine Vereinbarung mit den Franzosen, die verkürzt besagt, dass er sich seine schöne neue UMTS-Welt zusammenbasteln darf, wie es ihm gefällt - und France Telecom zahlt.


In der Technologieeuphorie haben die Franzosen bei ihrem Einstieg garantiert, bis zu 10 Mrd. Euro in den Netzaufbau zu stecken. Und das noch zusätzlich zu den 8,4 Mrd. Euro, die allein die UMTS-Lizenz gekostet hat. "Wenn wir den Verlauf des Films gekannt hätten, wären wir in die Geschichte nicht eingestiegen", sagt Bon heute.



Versuch mit der Brechstange


Jetzt sucht er den Ausstieg, und das mit allen Mitteln: Beflügelt vom Erfolg auf der Hauptversammlung, auf der die Aktionäre Schmid die Entlastung verweigerten, glaubten die Franzosen ihn aus dem Unternehmen drängen und die Kontrolle über Mobilcom übernehmen zu können, ohne dass es sie einen Cent kostet. Den angeschlagenen Schmid sollte sein Finanzchef Thorsten Grenz ersetzen. Der ehrgeizige Grenz hatte sich in der Vorwoche von Schmid abgesetzt.


Doch der erwartete Sturz des Gründers scheiterte am vergangenen Freitag im Aufsichtsrat - wenn auch denkbar knapp. Schmid war es gelungen, drei Arbeitnehmervertreter auf seine Seite zu ziehen. Das reichte, um die für die Abberufung nötige Zweidrittelmehrheit zu verhindern.


Da die softe Variante gescheitert ist, setzen die Franzosen jetzt die Brechstange an, glaubt der Anlegerschützer Dirk Unrau, dessen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz zahlreiche Mobilcom-Aktionäre vertritt. "Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Aktienkurs heruntergeprügelt wurde, um den Übernahmepreis zu drücken."



400 Mio. Euro vernichtet


Der von France Telecom durch ihre harschen Ankündigungen ausgelöste Kurssturz ließ die Aktie auf 7,29 Euro plumpsen, bis die Frankfurter Börse das Papier am Dienstag vom Handel aussetzte, wurden rund 400 Mio. Euro vernichtet. Am Mittwoch war Mobilcom noch 423 Mio. Euro wert - 1999 waren es noch 65 Mrd. Euro.


"Dass France Telecom auf diesem Weg Druck ausübt, ist ein trauriges Kapitel der deutschen Aktienkultur", klagt Unrau. Die Kursverluste treffen die wenig flexiblen Kleinaktionäre - und natürlich Schmid. Der ist mittlerweile bereit, auch deutlich unter 22 Euro zu verkaufen. "Der gibt sich auch mit 16, 17 oder 18 Euro zufrieden", sagt ein Vertrauter, "nur müssen die Franzosen endlich zahlen."


"Wenn ich ein faires Angebot bekomme, bin ich weg", sagt Schmid selbst. Über seine Zukunft macht sich der einstige Börsenstar keine Illusionen mehr: "Dass ich Mobilcom verlassen muss, ist Teil des Deals."
ftd.


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