MILES&MORE: BILD-Zeitung im Zwielicht

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MILES&MORE: BILD-Zeitung im Zwielicht

 
31.07.02 18:19
Das politische Berlin wehrt sich gegen die Flugmeilen-Hysterie. Mit einer Salamitaktik werden Medien immer wieder neue Namen und Verdächtigungen zugespielt. Während im Journalismus die "Meilen-Fahnder" unterwegs sind, sucht der Bundestag nach einer Lösung, um das Sommertheater zu beenden

Berlin - In der Diskussion über Freiflüge sind nun auch erstmals zwei Regierungsmitglieder der Grünen und der CDU-Politiker Günter Nooke unter Druck geraten. Bundesumweltminister Jürgen Trittin und der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, sollen laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung Privatflüge über ihre Bonusmeilen-Konten bei der Lufthansa gebucht haben. Auch Nooke soll dienstlich erworbene Bonusmeilen privat genutzt haben.
Die Schlagzeilen verkünden Unheilvolles: "Die Flugaffäre weitet sich aus", melden Fernsehsender, und die "Bild"-Zeitung schreibt in ihrem Kommentar, sie kenne "etliche Namen von Gratisfliegern aus dem Bundestag". Namentlich nannte sie aber bisher nur die Grünen Jürgen Trittin und Ludger Volmer.

Politiker vermuten dahinter bereits gezielte Selektion und fürchten, durch scheibchenweise Enthüllung zum Sommer-Dauerthema zu werden

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering bezeichnet deshalb die Vorgänge um die Flug-Affäre als ein abgekartetes Spiel: "Bild will die Namen nur tröpfchenweise präsentieren. Tempo und Reihenfolge bestimmt sie. Das ist mehr als Wichtigtuerei und Schielen auf Auflage. Das ist Wahlkampf für Stoiber, denn systematisch werden hier und sonst CDU/CSU geschont. Das ist Wahlkampf gegen das Parlament. Wasser auf die Mühlen larmoyanter Politikverdrossenheit unter dem Deckmantel der Aufklärung".

Auch Trittin, der laut "Bild" drei Privatflüge über sein Lufthansa-Konto, darunter zwei Urlaubsreisen für sich und seine Lebensgefährtin nach Pisa im August 2000 und im Juli 2002, buchte, vermutet hinter den "Enthüllungen" Stimmungsmache. Trittin entgegnete in der ARD, für die Reisen seien nur privat erflogene Bonusmeilen verwendet worden: "Die Methoden der Bild-Zeitung gehen ins Leere."

Der "Ertappte" Nooke mahnt ebenfalls Verhältnismäßigkeit an. Er begrüßte den Vorschlag des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz, individuelle Vielfliegerkarten der Abgeordneten abzuschaffen und durch Firmenkarten des Deutschen Bundestages zu ersetzen.

Selbst Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) schaltete sich in die Diskussion ein und begrüßt den geplanten Beschluss des Ältestenrats, "Miles & More"-Konten künftig offen zu legen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse strebt für das Parlament eine spezielle Flugmeilen-Bonus-Regelung mit der Lufthansa an. Der Parlamentarische Geschäftsführers der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, sagte am Mittwoch in Berlin, dabei werde mehr Transparenz und die Verwendung die Gutschriften ausschließlich nach den Regeln des Bundestages angestrebt.

Bisherige Anfragen der Bundestagsverwaltung seien allerdings von dem Unternehmen abschlägig beschieden worden, sagte Schmidt. Dabei sei seitens der Lufthansa immer wieder darauf verwiesen worden, dass dies in der Wirtschaft unüblich sei. Nach Auffassung der Firma werde durch eine Verwendungskontrolle auch das Ziel der Bonus-Regelung unterlaufen, Vielflieger durch private Vergünstigungen an die Linie zu binden.

Längst mahnen Stimmen, die Diskussion über die Vielflieger zu relativieren. Private Arbeitgeber legten zum Beispiel wenig Wert darauf, dass dienstlich erflogene Prämien auch dienstlich genutzt würden, schrieb am Mittwoch die "Süddeutsche Zeitung". Die Hälfte aller deutschen Unternehmen beließe das im Ermessen der Arbeitnehmer, schon deshalb, weil eine getrennte Erfassung und Abrechnung vom Verwaltungsaufwand her viel zu hoch sei.

"Warum tun wir so, als würde uns die Bonusmeilengeschichte gleich italienische Zustände bescheren?", kommentierte selbst die "taz" und mahnte: "Warum diskutiert niemand darüber, ob diese Regelung an der Lebenswelt von Politikern, wo Dienstliches und Privates oftmals nicht mehr zu trennen ist, vielleicht vorbeigeht?"  
Happy End:

Thierse rüffelt Lufthansa wegen Datenleck

 
31.07.02 18:21
In der so genannten Flugmeilenaffäre richtet sich das Augenmerk nun auf die Lufthansa. Die gezielten Anfragen der "Bild"-Zeitung bei Abgeordneten über Flugziele und Flugdaten im Zusammenhang mit Bonusmeilen sei kein Zufall, vermutet Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Die Daten könnten nur aus einer undichten Stelle an das Boulevardblatt gelangt sein.

Berlin - Das Schreiben des Bundestagspräsidenten lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Unter Angabe "detaillierter, interner Angaben über Flugdaten und Flugziele" seien in den vergangenen Tagen eine Reihe von Abgeordneten von Journalisten "eines Boulevardblattes" um Auskunft über die Verwendung ihrer dienstlich erworbenen Bonusmeilen gebeten worden, schreibt Wolfgang Thierse in einem Eilbrief am Mittwoch an den Lufthansa-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Weber.
An einen Zufall mag der Sozialdemokrat nicht mehr glauben, seitdem die "Bild"-Zeitung täglich neue Namen von Politikern nennt, die angeblich ihre dienstlich erworbenen Meilen bei Lufthansa für Privatflüge benutzt haben sollen. Es liege "jenseits jeglicher Wahrscheinlichkeit", so Thierse, dass die Informationen aus den betroffenen Büros der Abgeordneten stammten. Folglich, schlussfolgert der Bundestagspräsident, "können die Daten nur aus Ihrem Hause an die "Bild"-Zeitung weitergegeben worden sein."

Die Lufthansa selbst will "kriminelles Handeln" nicht ausschließen, wie ihr Datenschutzbeauftragter am Mittwoch gegenüber der "Frankfurter Rundschau" einräumte. Daten würden nur freigegeben, wenn der Betroffene ausdrücklich zustimme oder ein richterlicher Beschluss vorliege.

Durch die Weitergabe der Daten ist die Lufthansa in eine peinliche Lage gebracht worden. Denn an Hand der Daten konnte die "Bild"-Zeitung auch persönliche Lebensumstände des in Verdacht geratenen Staatsministers im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, nachvollziehen. Volmer will sich nach Ende seines Urlaubes zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern.

Die Lufthansa reagierte unterdessen mit der Einrichtung einer "Task-Force". Ihr gehört unter anderem auch die Konzernsicherheit an. Zwar gebe es in der "jetzigen Situation keine Anzeichen für eine undichte Stelle", so ein Konzernsprecher gegenüber SPIEGEL ONLINE. Das Unternehmen habe aber "massives Interesse zu wissen, wer und wie irgendjemand möglicherweise aktiv geworden ist".

Vom Call-Center bis zum IT-Bereich werden beim Konzern alle Ebenen derzeit durchgecheckt. Der Kreis derjenigen, die Kenntnisse über Bonusstände erhalte, sei "sehr gering", so der Konzernsprecher weiter. Alle Mitarbeiter in diesem Bereichen würden einem Sicherheitsscheck unterzogen. Zudem müssten sie sich in ihrem Arbeitsvertrag zum Stillschweigen verpflichten. Anderenfalls drohten bei Verstößen Entlassung und/oder Anzeige.

Trittin kritisiert Lufthansa-Datenschutz

Bundesumweltminister Jürgen Trittin hielt der Lufthansa am Mittwoch einen zu laxen Umgang mit den privaten Daten ihrer Kunden vor. Zugleich versicherte er, für fünf private Flüge nur privat erflogene Bonusmeilen eingesetzt zu haben. Schon vor seiner Ernennung zum Minister habe er ein hohes Meilenkonto gehabt. Mit dienstlichen Meilen habe er zudem für dienstliche Zwecke einen Koffer bei der Lufthansa erworben.

Trittin stellte in Frage, ob die Lufthansa ihre Kundendaten ausreichend sichert. "Es scheint so zu sein, dass zumindest die Daten, die bei der Firma gespeichert sind, in einer Weise verwahrt werden, wo ich mal raten würde, nachzugucken, ob es denn mit dem Datenschutz alles so seine Richtigkeit hat." Er habe am Dienstag mit Weber telefoniert und mit ihm darüber gesprochen, wie es kommen konnte, dass Journalisten des Axel Springer Verlags ihn zu einem nicht von ihm veröffentlichten Abflugtermin erwartet hätten. Unterdessen bat Thierse den Lufthansa-Chef sich dafür einzusetzen, den Abgeordneten neben der Senatorkarte eine weitere für private Reisezwecke zur Verfügung zu stellen. Darüber hat laut Thierse seine Verwaltung bereits Anfang Juli mit dem Konzern gesprochen.

Zugleich setzte der Bundestagspräsident im Auftrag der Fraktionen Lufthansa-Chef Weber ein Ultimatum: Bis Donnerstag, 14 Uhr, soll Lufthansa eine Liste der Abgeordneten übermitteln, die "Miles & More"-Bonusflüge wahrgenommen haben, damit er diese an die Fraktionen weitergeben könne. "Nur so kann gewährleistet werden, dass sich einzelne Abgeordnete gegen öffentliche Vorwürfe wehren können, sie hätten Bonuspunkte aus dienstlich veranlassten Flügen zu privaten Zwecken verwendet, " schreibt Thierse weiter.

Absage an Thierse-Ultimatum

Darauf aber will sich die Lufthansa nicht einlassen. "Auf der einen Seite wirft uns ein Bundesminister Laxheit im Umgang mit dem Datenschutz vor, auf der anderen Seite sollen wir ihn nach dem Willen des Bundestagspräsidenten brechen - das geht nicht", so der Lufthansa-Sprecher gegenüber SPIEGEL ONLINE. Der Konzern schlägt nun Thierse vor, die Bundestagsabgeordneten aufzufordern, ihrerseits bei der Lufthansa um eine Dokumentation ihres aktuellen Bonuskontos zu bitten. "Wir wären dazu in dieser Ausnahmesituation unverzüglich bereit, um das Thema endlich zu beenden", so der Sprecher. Der Bundestagspräsident könnte dann anschließend die Abgeordneten bitten, ihre Konten offen zu legen.  
flexo:

Seifenoper

 
31.07.02 21:04
wie durch die obigen Artikel unterstrichen.
SchwarzerLor.:

MILES&MORE: POLITIKER im Zwielicht

 
31.07.02 21:43
So muß es richtig heißen. Die Freiheit der Presse zu beschimpfen erinnert mich an den verstorben FJ Strauß, der seinerzeit den Spiegel lahmlegen wollte wegen unliebsamer Berichte. Je mehr die Bild aufdeckt, umso besser. Ich les das Schmierenblatt nicht, aber Politiker mit Dreck am Stecken müssen gehen. Und wenn es 100 Bundestagsabgeordnete sind. Die Privat-Medien bieten zwar nur mindere Qualität bei der Unterhaltung, aber gottseidank betreiben sie immer noch knallharte Aufklärung. Und das die Schwerpunkte da etwas parteiorientiert sind, weiß man nicht erst seit heute! In jeglicher Richtung.
Schnorrer:

genau, bombe rein. Selbstmordattentäter SL

 
31.07.02 21:48
rettet den Korruptionssumpf davor, daß er ausstirbt.

PS: seit es Totalitarimus gibt, gibt es Ausbeutung durch Herrschende. Seit es Demokratie gibt, gibt es Ausbeutung durch Herrschende. Und wenn es eines Tages keine Staatsform mehr geben wird, weil nur noch zwei Menschen am Leben sein werden, wird Adam immer der sein, der Eva eins die Fresse haut, wennse mosert.
SchwarzerLor.:

Wirklich traurig.

 
31.07.02 21:53
Im Gegensatz zu dir habe ich immer noch Optimismus, daß diese Welt irgendwann zur Vernunft kommt. Was bei dir nicht zutrifft. Das merkt man bei jedem Kommentar, der nicht mal ansatzweise leider konstruktiv, sondern rein destruktiv ist. Es tut mir irgendwie leid für dich.
kunibert:

Psychopath? o.T.

 
31.07.02 21:55
Happy End:

@SchwarzerLord

 
31.07.02 23:01
Politiker mit Dreck am Stecken müssen gehen?

Was machen dann Leute wie Schäuble, Späth, Koch etc. noch bzw. wieder auf der politischen Bühne?

;-)

Und vielleicht solltest Du zwischen "knallharter Aufklärung" (oder sollte ich besser sagen "brutalst möglicher Aufklärung"?) und dem reinen produzieren von Schlagzeilen, ohne Rücksicht auf Halb- oder Unwahrheiten (erinnert sei z.B. nur an das legendäre Trittin-Demo-Foto - nur ein Beispiel von vielen) unterscheiden.

Für eine funktionierende Demokratie sind kritische Medien überlebenswichtig.
Sicherlich sind fast alle parteipolitisch gefärbt - die BILD-Zeitung nimmt jedoch eine Sonderstellung ein. Vor allem im Hinblick auf die (nicht vorhandene) Seriösität der Informationen. Und das ist ein Spiel mit dem Feuer...
Denn Marktschreierei und Propaganda allein haben nichts mit kritischen Journalismus gemein.... und das sollte man sich offen eingestehen, egal welches Parteibuch man bevorzugt...

Gruß
Happy End
PRAWDA:

@Happy End

 
31.07.02 23:10
Wir wissen alle, dass das keine Saubermänner sind.
Aber die Sozis und die Grünen tun immer so, als wären sie die besseren Menschen.
Ich kenne viele von denen in meinem Verwandten-, Bekannten- und Kollegenkreis. Alles die reinsten Schlawiner und Dummbabler, die nur ihren eigenen Vorteil
kennen, aber immer im Sinne von Gemeinwohl reden.
Das kotzt mich seit vielen Jahren an.
Genauso sind deren Politiker, die mich auch ankotzen.
Weg mit dem verlogenen Sozi- und Grünenpack.
SchwarzerLor.:

Ja, prawda, ganz genau.

 
01.08.02 06:56
Diese Gutmenschen tun immer so, als ob ihnen noch vor lauter Herzschmerz der 5millionsten Asylant am Herzen liegt, diese Heuchler.
@HappyEnd: Nur wenn unser System in der Lage ist, auch kleinere Verfehlungen wie Miles&More schnell und wirksam zu bestrafen, dann kehrt das Vertrauen der Bürger zurück. Kohl? Würde ich am liebsten im Gefängnis sehen. Schäuble? Ist als Ministerpräsident BW damals sofort zurückgetreten. Koch? Hätte meiner Meinung nach sofort abdanken müssen als die Lüge rauskam.
Und natürlich hast du Recht: Die Gebote der Fairneß und ordentliche Recherche müssen beachtet werden. Es kann nicht angehen, daß hier z.B. gegen den Willen seiner Freundin (Frau?, aber nein, denn Grüne halten die Ehe ja eher für ein Werk des Teufels) wie bei Trittin deren Bild in diesem Blatt landet. Wie er richtig bemerkte ist sie keine Person der Zeitgeschichte und nicht für die Öffentlichkeit und deren Kampagnen Gegenstand.
Ansonsten aber gilt: Und wenn noch 200 Dreck am Stecken haben. Wir müssen wieder höhere Moralvorstellungen in unserer Gesellschaft haben. Und da sind die Politiker nun mal Vorbild, auch wenn sie das manchmal nicht glauben. Hier schreckt schnelle Strafe genauso wie in der Alltagskriminalität.  
stewin77:

@sl

 
01.08.02 07:24
wer macht denn die gesetzt, die eine bestrafung untermauern? na, ich hoffe du siehst, ein TEUFELSKREIS !!!

gruß
SchwarzerLor.:

Problematisch.

 
01.08.02 08:47
Es ist anzustreben, daß Gesetze durch Politiker losgelöst von eigenen Interessen gestaltet werden. Eine mitunter sehr schwere Aufgabe, was aber keinen Betroffenen von seiner Verantwortung entbindet. Mehr Bewegung und Rotation wäre wünschenswert. Politiker, die 30 Jahre einem Parlament angehören haben den Bezug zur Realität und die gewollte Distanz zum eigenen Schaffen meist verloren. War mal ein ureigenes Anliegen der Grünen, was leider im Machthunger ad acta gelegt wurde.
SchwarzerLor.:

Und noch mehr Meilennutzer...

 
01.08.02 08:48
 
 
 

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ftd.de, Do, 1.8.2002, 7:29  
Weitere Abgeordnete wegen Freiflügen in Verdacht

In der Freiflug-Affäre stehen laut einem Zeitungsbericht weitere Bundestagsabgeordnete im Verdacht, Privatflüge über ihr dienstliches Lufthansa-Bonuskonto abgewickelt zu haben. In diesem Zusammenhang hat sich der Streit zwischen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der Lufthansa verschärft.

Betroffen seien die CSU-Bundestagsabgeordnete Renate Blank, ihr SPD-Kollege Klaus Lennartz und die PDS-Parlamentarierin Ulla Jelpke, heißt es in einem Bericht der "Bild"-Zeitung. Blank soll Australien-Flüge für sich, ihren Ehemann und den Sohn über ihr Bonusmeilen-Konto gebucht haben. Die Abgeordnete habe dagegen sagte, alle für diese Flüge eingesetzten Bonusmeilen habe sie durch private Flüge und Einkäufe mit einer Lufthansa-Kreditkarte und mit "wenigen privaten Flügen der Familie" erworben. Da es für jeden Euro Umsatz mit der Kreditkarte eine Bonusmeile gibt, hätte sie laut "Bild" für fast 500.000 Euro mit der Kreditkarte einkaufen müssen.

Lennartz habe über sein Gratismeilen-Konto z.B. Flüge seiner Ehefrau von Düsseldorf nach Helsinki und von Stockholm zurück sowie des Ehepaares Lennartz von Köln nach Rom abgerechnet. Auf Anfrage der Zeitung habe Lennartz über eine Kölner Rechtsanwaltskanzlei mitteilen lassen: Alle Privatflüge seien "durch privat erworbene Bonusmeilen und privat erworbene Flüge abgedeckt".


Die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke flog im März 2000 auf Gratis-Meilen mit einem Partner von Berlin-Schönefeld nach Las Palmas auf Gran Canaria. Sie sagte dazu: "Ich benutze meine Lufthansa-Karte selbstverständlich auch für private Reisen. Diese bezahle ich natürlich auch privat. Dass dabei auch private Bonusmeilen anfallen, liegt auf der Hand."



"Klima der öffentlichen Verdächtigung"


Der Streit zwischen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und der Lufthansa verschärfte sich am Mittwoch. Thierse griff das Unternehmen am Mittwochabend in den ARD-"Tagesthemen" erneut wegen ihres Systems "Miles&More" an und verlangte Aufklärung über diejenigen Abgeordneten, die Bonus-Flüge wahrgenommen haben. "Unter Verletzung des Datenschutzes" seien Journalisten an Informationen gekommen, die nun für ein "Klima der Verdächtigung" sorgten. Das Bonusmeilen-System sei für das "öffentliche Ärgernis" der gegenwärtigen Affäre mitverantwortlich.


Lufthansa-Sprecher Klaus Walther reagierte empört: "Die Überprüfungen haben ergeben, dass der vertrauliche Umgang mit den Kundendaten im Einklang mit dem Datenschutz steht", sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Von Lufthansa würden keine Daten in die Öffentlichkeit gegeben. Thierse fordere das Unternehmen zum Rechtsbruch auf, nur weil einige Parlamentarier die internen Regeln nicht einhielten. "Das Lufthansa-System ist dicht", Thierses Vorwürfe einer Verletzung des Datenschutzes seien eine nicht belegbare Unterstellung, sagte Walther.



Wowereit bedauert Gysis Rücktritt


Der PDS-Politiker Gregor Gysi war am Mittwoch überraschend von seinem Amt als Berliner Wirtschaftssenator zurückgetreten. Mit der privaten Nutzung der Bonus-Flugmeilen, die auch durch Dienstreisen während seiner Zugehörigkeit zum Bundestag angefallen seien, habe er "einen Fehler begangen, den ich mir nicht verzeihen will", Während seiner politischen Arbeit habe er großen Wert darauf gelegt, sich moralisch fehlerfrei zu bewegen. "Mein Entschluss vom vorletzten Jahr, aus der Politik auszuscheiden, war richtig, die kurzfristige Revision ein Fehler. Deshalb habe ich meine politischen Ämter niedergelegt."

Die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer bedauerte den Rückzug Gysis. "Die Entscheidung in ihrer Konsequenz halte ich für überzogen", sagte sie in Berlin. "Gysi hat an sich sehr hohe moralische Maßstäbe angelegt." Zimmer zeigte sich überzeugt, dass die PDS auch ohne die Wahlkampf-Hilfe ihres prominentesten Mitgliedes den Einzug in den Bundestag schaffen werde.


Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bedauerte den Rücktritt des Wirtschaftssenators. "Ich muss ihn mit Respekt zu Kenntnis nehmen und bedanke mich für die fruchtbare Zusammenarbeit", sagte er. Der Senat will am Donnerstagnachmittag in einer Sondersitzung über die Nachfolge Gysis beraten.



"Zeitung macht Wahlkampf"


SPD-Generalsekretär Franz Müntefering erhob wegen der Berichterstattung über die Freiflug-Affäre schwere Vorwürfe gegen die "Bild"-Zeitung. Die Zeitung mache Wahlkampf, wenn sie die Namen "etlicher Gratisflieger aus dem Bundestag" - die "Bild" nach eigenen Angaben vom Mittwoch kennt - nicht sofort veröffentliche. "Das ist Wahlkampf für Stoiber, denn systematisch werden hier und sonst CDU/CSU geschont. Das ist Wahlkampf gegen das Parlament." Die "Bild"-Chefredaktion wies die Vorwürfe als "haltlos" zurück. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) warnte davor, die Affäre zu einem Hauptthema im Bundestagswahlkampf zu machen.

© dpa
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