Microsoft dominiert den Markt für Computerbetriebssysteme und benutzt seine Monopolmacht zur Einschränkung von Wettbewerb und Innovation." Im Kartellverfahren gegen Microsoft hat das Unternehmen von Bill Gates eine vorentscheidende Niederlage erlitten. Der zuständige Richter folgte in seinen veröffentlichten Tatsachenfeststellungen weitgehend den Vorwürfen der US-Regierung und mehrerer Bundesstaaten. Die Kläger beschuldigen den weltgrößten Softwarehersteller, er habe seine Marktmacht missbraucht, Konkurrenten rechtswidrig behindert und damit den Verbrauchern geschadet. Das Unternehmen habe sein Monopol bei Betriebssystemen für Personal Computer zur „räuberischen Taktiken" gegenüber Konkurrenten missbraucht und die Interessen der Verbraucher verletzt, stellte Richter Thomas Penfield Jackson fest. Microsoft habe seine ganze Markt- und Kapitalmacht gegen konkurrierende Firmen eingesetzt, sobald diese für Microsofts Stellung gefährliche Produkte entwickeln wollten. „Auf diese Weise sind Innovationen, die den Verbrauchern wirklich genutzt hätten, aus dem einzigen Grund nie verwirklicht worden, dass sie den Interessen von Microsoft im Weg standen", heißt es in den Feststellungen des Richters.
Neben den neuen Rekorden bei den High-Tech-Titeln war dies die dominierende Nachricht der vergangenen Woche, die jedoch erst am Freitag nach Börsenschluss die Wall Street erreichte und damit die Kurse nicht mehr beeinflussen konnte. Zwar hat das Gericht noch nicht formal entschieden, dass Microsoft gegen den sogenannten Sherman Antitrust Act ver-stösst und damit illegal arbeitet. Jedoch scheint der Weg für ein solches Verfahren nun geebnet.
Vor allem drei Kriterien zieht Richter Jackson als Argumentation in seiner 207 Seiten starken Schrift heran. Microsofts Marktanteil bei Betriebsssystemen für Intel-kompatible Betriebssysteme sei extrem hoch und stabil. Dieser dominante Anteil wird dar-über hinaus durch hohe Eintrittsbarrieren aufrecht erhalten. Schließlich hätten Konsumenten als Ergebnis dieser Barrieren keine wirkliche Alternative zu Windows. Damit würden auch Innovationen bekämpft. Jackson führt als Beispiel den Internetbrowser Netscape an, der wegen wirtschaftlicher Probleme der Mutterfirma nicht entsprechend weiterentwickelt werden konnte.
Investoren warten nun gebannt auf die Reaktionen an der Börse. Mit einem 2000er Kurs/Gewinn-Verhältnis von 53 scheint das höchstkapitalisierte US-High-Tech-Papier für solcherlei Nachrichten kurzfristig verwundbar. „Die Aktie könnte am Montag unter die Räder kommen", sagte Stevin Hoover, Fondsmanager bei Hoover Capital Management. Bereits im nachbörslichen Handel fielen die Papiere von 91 auf zwischenzeitlich 86 Dollar. Langfristig erwarten die meisten Experten jedoch nur geringe Auswirkungen auf das Microsoft-Business und den Aktienkurs. Sie verweisen darauf, dass ein abschließendes Urteil im Sherman Antitrust-Verfahren Monate später und auch erst dann komme, wenn die Regierung und das Unternehmen zuvor keine einvernehmliche Regelung gefunden haben. Und auch dann nehme die letztendliche Implentierung eines Urteil noch weitere Jahre in Anspruch, zumal längst noch nicht das mögliche Strafmaß feststeht. So könnte Microsoft zu Strafzahlungen verurteilt werden oder seine Lizensierungspraxis von Windows, das Betriebssystem sorgt für über 40 Prozent der Unternehmenseinnahmen, ändern müssen. Zudem ist es frag-lich, ob ein möglicherweise zerschlagenes Unternehmen Microsoft in Einzelteilen nicht mehr wert wäre, als als monolitischer Block. „Bei einem kurzen Anlagehorizont müssen Investoren mit Kursverlusten rechnen. Langfristige Anleger können sich jedoch zurücklehnen und sollten kurzfristige Dips nutzen", sagte Andrew Brosseau von SG Cowen. Die neue Börsenwoche dürfte also spannend beginnen.