Mercedes 500 SL (was für ein Auto)

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vega2000:

Mercedes 500 SL (was für ein Auto)

 
21.05.02 23:11

Im hermetischen Innenraum dieses rasanten Roadsters wird das ganze Für und Wider unserer Weltwirtschaftsordnung erfahrbar


Mercedes 500 SL (was für ein Auto) 669900
 
Will einer in der Weltstadt Hamburg mit einem Personenkraftwagen auffallen, muss er nach den Sternen greifen. Die Aufmerksamkeit der Hanseaten lässt sich nur noch durch das wirklich Exquisite mobilisieren. Wer sich allerdings im Mercedes Benz SL 500 durch die Stadt bewegt, darf sich der Anteilnahme sicher sein. Die interessierten Blicke, die die Scheiben meines zweisitzigen Testwagens durchdringen, lassen ahnen, was in den Passanten vor sich geht: Aha, denken sie, eine Witwe! Irgendein armer, alter Firmengründer wird hier wohl spurenarm beseitigt worden sein, und nun fährt die Drittfrau und Erbin mit dem silberfarbenen Vehikel zum Shoppen. Ganz abwegig ist dieser Verdacht nicht, denn in allen anderen Roadstern dieser Klasse, die mir auf meiner mehrtägigen Testfahrt begegnen, sitzen ältere Herren, ich meine damit sehr viel ältere Herren.
Vielleicht ist das Fahrzeug deshalb so kinderleicht zu bedienen. Bei aller aufwändigen Technik (belüftete und massierende Sitze, semiaktive Federung, elektrohydraulische Bremse, mitdenkende Automatik, Regensensor, automatische Verriegelung bei geringer Geschwindigkeit und so weiter) ist die Handhabung des SL 500 für den Laien leicht möglich. Um die verschlossenen Wagentüren zu öffnen, reicht es schon, beim Betätigen des Türgriffs den Autoschlüssel in der Manteltasche zu tragen. Ach, was heißt da Schlüssel! Es ist ein kleiner Gegenstand, der nicht einmal in ein Zündschloss eingeführt werden muss, der Wagen springt - befindet sich das Ding in seinem Inneren - auf Knopfdruck an.
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Der SL 500 fährt nicht, er gleitet. Irgendwie fühlt er sich nicht wie ein richtiger Sportwagen an. Der Motor heult nicht, sondern surrt diskret. Der Fahrer spürt die Straße nicht. Er ist entrückt, weit weg von den Unebenheiten dieser Welt. Auch von den löcherigsten Feldwegen lässt sich das Fahrzeug nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Die Landschaft wandert an den Fenstern aus wärmedämmendem Glas vorbei wie ein lautloser Film. Ein Schalterdruck, und das Autodach hebt sich, die Heckscheibe überschlägt sich einmal in Zeitlupe, und alles zusammen verstaut sich selbst im Kofferraum. Wer hinter dem Steuer dieses Autos sitzt, ist mit sich und dem Motor allein. Die Überholspur scheint für den Wagenlenker des SL 500 reserviert, der Platz rechts auf dem Beifahrersitz ist wohl für einen Bewunderer gedacht. Dreck, Gestank, Lärm oder unangenehme Anblicke dringen nicht vor in diese hermetische Welt des Wohlergehens. Und wenn doch, kann man ja das Dach schließen. Das ist Luxus.

Die Krone des Genusses ist das Überholen. Eine Landstraße sollte es sein und am besten eine lange Kolonne, deren Geschwindigkeit durch einen Lkw an der Spitze diktiert wird. Und dann als Einziger an allen vorbei. Die acht Zylinder sammeln grollend ihre Kräfte unter der Motorhaube, der Silberpfeil schießt auf die Gegenfahrbahn. Der Fahrer wird in den Sitz gepresst - ein Düsenjäger startet. Nie gekannte Zustände packen den Menschen am Gaspedal, aus Geschwindigkeitsrausch wird Größenwahn. Ist der Überholvorgang abgeschlossen und der Lastwagen samt Phalanx weit abgeschlagen, muss man keuchend und mit zitternden Knien am Straßenrand innehalten, bis das Herzklopfen abgeflaut ist. In dieser Erholungphase kann es dann passieren, dass die eben überholte Karawane wieder heranrückt und gemächlich vorüberzieht.

Technologie des 21. Jahrhunderts erfüllt ein Steinzeitbedürfnis

Was macht dieses Auto mit mir? Die Vermutung, dass bei Fahrzeugen dieser Art der reine Darwinismus als angebliche Freude am Fahren daherkommt, ist mir nun Gewissheit. Jede Automarke ist eine Botschaft. Mercedes auch. Und speziell jener Wagen erfüllt mit der Technologie des 21. Jahrhunderts ein Bedürfnis aus der Steinzeit. Der Wunsch, dem Rudel mitzuteilen: Ich habe es geschafft. Ich bin ein Alphatier.
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Der SL 500 schenkt dem Fahrer nicht nur das Erlebnis von Überfluss und Überlegenheit, er schafft auch neue Einsichten in die eigene Person. Er zwingt auf langen, bequemen Fahrten zum Nachdenken über letzte Dinge. Über Gerechtigkeit zum Beispiel. Über den Kapitalismus, in dessen Inbegriff man eben Platz genommen hat, über Kinder, die unter Plastikplanen leben und an Diphtherie sterben, während man sich von den beheizten Lederpolstern den Popo wärmen lässt, über Verzweifelte, die sich an überfüllte Schiffe klammern oder in den Radhöhlen von Verkehrsflugzeugen festkrallen, während hier die Temponadel in Richtung 250 Stundenkilometer unterwegs ist. Kann man einen solchen Wagen ohne solche Gedanken fahren? Übertrifft nicht der Aufwand, den die Seele betreiben muss, um solch ungute Gefühle abzuwehren, den der Elektronik des SL 500?

Gott sei Dank kommen bald die Gegengedanken: Wollen wir wirklich alle im Trabi sitzen? Ist solch ein Auto nicht einfach die Trophäe dessen, der Erfolg hat und von dessen Erfolg wir alle profitieren? Muss die Wirtschaftswalze nicht am Laufen gehalten werden, damit Arbeitsplätze erhalten werden, damit wir weltökonomisch mithalten, damit es dem ganzen Land nützt und auch den anderen Ländern? Kann nicht auch jemand, der solch einen Wagen besitzt, ein feiner, gerechter, engagierter und grundguter Mensch sein?

Der Butler muss die Hutschachteln voraustransportieren

Der SL 500 bereichert den Fahrer nicht nur, er verlangt ihm auch Etliches ab. Zum Beispiel die Umstellung der Lebensgewohnheiten respektive Einschränkung der Lebensqualität. So sind dem SL-500-Fahrer ganze Stadtviertel Hamburgs verschlossen. Muntere Quartiere wie Altona, St. Pauli oder das Schanzenviertel mit ihrem hohen Unterhaltungswert können allenfalls noch in flotter Fahrt durchquert werden. Hier leben Punks, Autonome, Anarchisten und andere unorthodoxe Bevölkerungsgruppen, die für Zweisitzer der Luxusklasse wenig Sinn haben dürften.

Die stete Sorge um das Wohlergehen des Testwagens lässt bei mir keine frohe Stimmung mehr aufkommen. Die dauernde Suche nach Tiefgaragen oder bewachten Parkplätzen verschafft Einsichten in die tägliche Mühsal einer schwerreichen Existenz. Und der Kampf um den Fensterplatz, von dem aus man den Wagen im Blick hat, raubt die Freude an der Abendgesellschaft.

Wahrscheinlich bin ich der falsche Fahrer für dieses Auto. Es ist für Menschen gemacht, deren Bedürfnisse mit denen des Wagens übereinstimmen, die sich mit anderen Menschen treffen, die auch solche Autos fahren, auf deren bewachten Grundstücken sie dann parken können. Menschen, die bereit sind, nur wenig Gepäck mit sich zu führen, weil sie akzeptieren, dass der Kofferraum mit jenen Maschinen gefüllt ist, die die Heckscheibe so herrlich rotieren lassen. Die womöglich einen Butler haben, der die Hutschachteln und Beautycases schon alle voraustransportiert hat.

Wer diesen SL 500 besitzt, hat andere Bedürfnisse als ich. Oder er hat noch zwei weitere Autos - Limousinen, Großraumwagen, Kleinbusse -, in denen er seine Kinder transportiert, seine Koffer verstaut, seine Freunde kutschiert oder anderen sozialen Bedürfnissen nachkommt, für die der SL 500 in all seiner Pracht keinen Platz lässt.

Zeit

Elan:

@vega weisst Du was...???

 
21.05.02 23:20
Ich mag Dich


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Silberberg:

Ich finde den auch schön, aber der SL 55 ist

 
21.05.02 23:21
der oberknaller, da geht es richtig ab. 476 PS die dich bei 170 noch in die Sitze hauen und im nu auf 270 schießen, da ist dann leider Schlusss.
VMax ohne Sperre 330 . Und der Klang ist geil, wie ein Ami V 8 blubert der.
Hatte mal das Vergnügen einen zu fahren, von Hamburg nach Luxemburg. Dort wurde dieser dann ins Flugzeug verladen und nach Dubai geflogen. War dem Staatschef sein neustes Spielzeug.
Tja wenn man 150000,- Euro über hat, dann ist das das geilste was es gibt.

:-)))
vega2000:

@Elan

 
21.05.02 23:25
Muss ich mich jetzt versteckenm ? hahahahaha
Depothalbierer:

Als einziger die Kolonne überholen???

 
21.05.02 23:52
Ich lach mich scheckig. Leider sind es meist genau die Fahrer solcher Autos, die zu blöd sind, einen mit 70 km/h fahrenden LKW zu überholen. Und wenn man dann selbst überholt, machen sie die Lücken dicht.
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