eine EMail an meinen SPD-Landesverband geschickt. Habe mich ähnlich wie im Postin oben geäußert - bloß ausführlicher. Schröders Politik wurde von mir als populistischer Opportunismus bezeichnet - jedem es recht machen wollen und sich dann wundern wenn man zwischen allen Stühlen sitzt.
Und das ist die bisherige Reaktion - aber immerhin, es kam eine:
XYZ@MMMMM.com schrieb:
> Lieber XXXXXX,
>
> ich glaube, dass nur persönliches Engagement zu Veränderungen führt. Deshalb
> würde ich Dich lieber bitten, Dich überall, wo Du kannst, in der SPD wie
> außerhalb, für Deine Wertmaßstäbe einzusetzen. Die lange Geschichte der SPD
> ist, denke ich, eine Geschichte von hunderttausenden von Mitgliedern, die für
> ihre Ideale eingetreten sind, sonst gäbe es diese SPD nicht mehr. Sag das,
> was Dich ärgert, in Deiner Abteilung, im Kreis, maile es uns, misch Dich
> ein. Aber bitte schaus Dir nicht nur aus der Ferne an.
>
> Das wollte ich zunächst vorausschicken. Das Strieder-Interview habe ich nicht
> gehört, ich kenne die Pressemitteilung, was Versicherungsbetrug angeht und
> war von der Zahl erschrocken. Politiker müssen moralisch vorbildlich handeln,
> vielleicht sinkt dann auch die Zahl der Versicherungsbetrüger. Ich denke, der
> Hinweis von Peter Strieder war so zu verstehen, dass Politiker auch Menschen
> sind, somit von Zeitentwicklungen nicht frei, nicht frei von Verlockungen.
> Und es gibt sicher auch den einen oder anderen, der weniger von Idealen
> getrieben in die Politik geht. Gysi hat in seiner Rücktrittserklärung
> geschrieben, dass er dabei sei, "so zu werden, wie ich nie werden wollte,
> verbunden mit einem Verlust an Ansehen und Glaubwürdigkeit". Solche
> Selbstkontrolle und Überprüfung des eigenen Handelns ist vielleicht manchmal
> im Alltag gar nicht so einfach. Dazu stellt sich die Frage, ob man nicht
> einem einsichtigen Cem Özdemir oder Gregor Gysi auch die Rückkehr in die
> Politik vielleicht auf anderer Ebene erleichtern sollte. Moralisches Handeln
> müsste dann auch gesellschaftlich belohnt werden, es kann nicht sein, dass
> sich die Moral eines Koch in Hessen durchsetzt. Das treibt vielleicht auch
> Politiker manchmal dazu, Fehler nicht zuzugeben.
>
> Ihre Einschätzung von Peter Strieder kann ich nicht nachvollziehen. Es gab
> keinen Grund für Peter Strieder im vergangenen Jahr zurückzutreten. Er hat
> die Aufklärung in den Bankenaffäre als einer der ersten vorangetrieben.
> Sollte sich ihre Einschätzung auf den Kauf der Fondsanteile beziehen, dann
> gibt es auch hier keinen Grund: Es war kein Prominentnfonds mit zusätzlichen
> Vorteilen, sondern ein Fonds, der Ihnen bei einem Besuch der Sparkasse
> ebenfalls angeboten worden wäre. Dass dieses Geschäft auf tönernen Füßen
> stand, konnte zum Zeitpunkt des Kaufs ein normaler Kunde nicht ahnen. Die
> Anteile lassen sich auch nicht einfach zurückgeben, Peter Strieder hat aber
> die Anteile inzwischen mit Verlust weiterverkauft, damit die
> Verantwortlichkeiten in dieser Affäre nicht verwischt werden: Die, die die
> Fonds aufgelegt haben, hätten es besser wissen müssen.
>
> Was die aktuelle Politik angeht, so gibt es hier sicher eine Bandbreite von
> Meinungen zu Einzelfragen in der SPD. Letztlich musste auch ein
> Interessenausgleich geschaffen werden. Größere Schulden hätten zur Abmahnung
> durch die EU geführt, aber auch das Vertrauen in den frisch eingeführten Euro
> international erschüttert - mit wahrscheinlich weitreichenden Folgen. Die
> "Steuererhöhungen" (Ökosteuer) haben zu einer Entlastung der Arbeitskosten
> geführt, nach dem 11. September wurde die Tabaksteuer erhöht. Aber die
> Steuersenkungen dürfen dabei nicht einfach übersehen werden, unter dem Strich
> haben die Leute heute mehr Geld in der Tasche als 1998, unter der
> Kohl-Regierung war das Realeinkommen dagegen gesunken (vgl. Berliner Zeitung
> von gestern).
>
> In der Hoffnung auf fruchtbare Diskussionen innerhalb unserer Partei
>
> Mit freundlichen Grüßen
> XYZ
> SPD Berlin
> Internet-Redaktion
> mailto. XYZ_LV-Berlin@spd.de
>
Lieber Genosse XYZ,
ich glaube, dass Du mich gründlich missverstanden hast. Meine 30-jährige
Parteimitgliedschaft habe ich ja wohl erwähnt - und deshalb verbitte ich mir
Belehrungen etwa hinsichtlich der Geschichte der SPD oder hinsichtlich der
politischen Einflussmöglichekeiten. Ich werte das als das was es ist - als
sozialpädagogische verbrämte Belehrungen vermeintlich "einfacher"
Parteimitglieder - und diese Belehrungen kommen im Kleide des typischen
Funktionärsjargon daher. Also: Forget ist - Du bist da an der völlig falschen
Stelle.
Dein zweiter Fehler ist, dass Du mir unterstellst, dass ich mich in die private
Kuschelecke zurückgezogen hätte - und zwar deshalb, weil ich mich zur Zeit wenig
in der Berliner SPD engagiere. Das ist eine sehr eingeschränkte Sicht der Dinge.
Vielmehr gilt das Gegenteil: Ich bin politisch recht aktiv - und ich glaube
sagen zu können, dass ich mehr politischen Einfluss habe als jeder
SPD-Kreisfürst in Berlin und vielleicht auch mehr Einfluss als alle
Kreisvorsitzenden hier zusammengenommen.
Nun zu der politischen Intention meiner EMail. Die Politiker in unserem Land
gelten alles alles andere als vertrauenswürdig. Und die letzten Skandale stützen
die gängigen Vorurteile - und zwar zurecht. Da gibt es nun kein Herumeiern mehr,
sondern der Abzockerei und den Abzockern muss Einhalt geboten werden. Das magst
Du vielleicht nicht verstehen - so Deine Verteidigung von Strieder, Gysi etc. -
aber das ist dringend erforderlich. Ein "Weiter so" kann es nicht geben. Dafür
spricht vieles:
- ein Blick auf die Alters- und Sozialstruktur unserer Partei (sowie anderer
Großorganisationen).
- die internationalen Erfahrungen (Frankreich mit dem offenkundig korrupten
Mitterand; die italienischen Sozialisten der Craxi-Partei haben sich völlig in
Luft aufgelöst).
- die Gefahr, dass sich neben den angestammten Parteien rechte Bauernfänger
etablieren können (siehe Le Pen, Schill, Haider etc).
All das kann man nicht ausblenden. Und man kann auch nicht mit so - mit Verlaub
- dämlichen Argumenten daherkommen, dass die sog. "Ökosteuer" (besser:
Rentensteuer) zu einer Entlastung der Arbeitskosten beigetragen hat. Man hätte
auch das tun können, was man schamlos von den jüngeren Generationen erwartet:
Den Rentnern zu sagen, dass ihre Renten nicht mit den Nettoeinkommen steigen.
Den heutigen Rentnern geht es so gut wie keinen Rentnern zuvor - das sei ihnen
gegönnt. Und es geht ihnen besser als den Rentnern nach ihnen - das sollten wir
den Jüngeren nicht zumuten.
Kurzum: Für mich stellt sich nicht die Frage, politisch aktiv zu sein oder nicht
- sondern die Frage: Wo engagiere ich mich. Vor allem ist zu erwägen, eine neue
politsche Bewegung zu gründen - und dann eine neue Partei, die
sozialdemokratisch ausgerichtet ist, aber nicht den inhaltlichen und
insbesondere personellen Schmodder der SPD mit sich herumtragen muss.
Gruß
XXXXXXXX (Karlchen_I)