Märkte: Angst vor dem Flächenbrand

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Märkte: Angst vor dem Flächenbrand

 
23.03.04 11:51
Die jüngsten politischen Unruhen sitzen den Märkten im Nacken. Im Nahen Osten und darüber hinaus droht der Konflikt zu eskalieren - mit kaum abzuschätzenden Folgen nicht nur für die Finanzmärkte. Die Vorgaben der Wall Street sind schwach. Der Dienstag wird zur Zitterpartie.

New York/Frankfurt am Main/Hamburg - Politische Börsen haben kurze Beine, heißt es. Doch diesmal - steht zu befürchten - könnte es anders kommen. Bereits die Anschläge von Madrid haben schmerzlich in Erinnerung gerufen, die westliche Zivilisation ist und bleibt für jedwede Art von Terror verwundbar. Hatten sich die Märkte von diesem weltweit verurteilten Akt der Gewalt zunächst nur kurzfristig beeinflussen lassen, könnte die gezielte Tötung eines radikal-muslimischen, geistlichen Oberhauptes und Rollstuhlfahrers dagegen die arabische Welt aus den Angeln heben - mit ungeahnten Folgen auch für die Finanzmärkte.

Diese diffuse Angst vor einem Flächenbrand in der arabischen Welt hat die Börsen am Montag auf Talfahrt geschickt. Der Dax  markierte im Handelsverlauf den tiefsten Stand in diesem Jahr. An der Wall Street konnte der Dow Jones  nur mit Mühe die Marke von 10.000 Punkten verteidigen und verbuchte ein Minus von 1,2 Prozent. Der Nasdaq Composite  schloss 1,6 Prozent leichter bei 1909 Zählern. Die schwachen Vorgaben der Wall Street könnten den Handel in Frankfurt am Dienstag belasten und den Dax womöglich erneut unter die Marke von 3700 Zählern treiben.

Nahost: Die Chancen auf Frieden sind dahin

"Auge um Auge, Zahn um Zahn." Israels Regierung Scharon hat mit ihrem jüngsten Gewaltakt alttestamentarischer Provenienz die Chancen des Friedensprozess im Nahen Osten auf den Nullpunkt gebombt. Politische Beobachter befürchten, dass bislang gemäßigte Kreise in der gesamten arabischen Welt jetzt wanken und terroristische Banden ungeahnten Zulauf finden könnten. Die wütenden Massendemonstrationen Hunderttausender von Menschen nicht nur im Gaza-Streifen haben diesen Eindruck am Dienstag erhärtet. Politische Kommentatoren schließen selbst den Zusammenschluss des palästinensischen Widerstandes mit dem Terrornetzwerk der Al Qaida jetzt nicht mehr aus.

Die Road-Map muss auf Road-Show

Die Road-Map, der vom Nahost-Quartett EU, USA, Uno und Russland entwickelte Plan zur Lösung des Palästinenser-Problems ist zur Makulatur verkommen. Geht er doch von zwei grundsätzlich zum Frieden bereiten Parteien aus. Davon aber kann derzeit keine Rede sein.

Es mag vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung aussichtslos erscheinen, bei gemäßigten und zusehends frustrierten Kräften in der palästinensischen und arabischen Welt noch auf Verständnis zu stoßen. Dennoch dürfen beteiligte diplomatische Kreise nichts unversucht lassen: Sie müssen mit der Road-Map auf Road-Show gehen - und das nicht nur im Nahen Osten.

Sicher, die Probleme in der arabischen Welt sind mitunter andere und vielschichtiger als in dem derzeit noch regional begrenzten Konflikt zwischen Palästina und Israel. Dennoch: Werden die jetzt noch halbwegs reformbereiten Kräfte im Nahen und Mittleren Osten nicht erreicht, lassen sich die Wirkungskreise der Hamas und Hisbollahs dieser Welt kaum noch eingrenzen. Dann droht ein Flächenbrand, befürchten politische Beobachter, der den einst überwunden geglaubten Graben zwischen Orient und Okzident erneut tief aufreißen wird - mit kaum einzuschätzenden Folgen nicht nur für die weltweiten Finanzmärkte.

Die Nervosität unter den Investoren haben am Montag diesseits und jenseits des Atlantiks nicht nur die Aktien von Fluggesellschaften und Touristikkonzernen zu spüren bekommen. Und die Angst der Märkte vor weiteren Anschlägen und Racheakten dürfte anhalten, auch wenn sich der Dax  am Dienstagvormittag zunächst leicht erholt zeigte.

"Es ist keine Frage, dass es eine breite Spanne geopolitischer Ereignisse gibt, die Anlass zur Sorge geben. Ob das nun Israel, Taiwan, Irak oder Spanien ist. Die Welt ist eindeutig ein unruhiger, gefährlicher Platz, und das demoralisiert die Anleger", kommentierte Hugh Johnson von der First Albany Corp am Montag die weltweite Talfahrt der Börsen.

Halten die Prognosen?

Zugleich zeigten sich die Anleger skeptisch, ob die Gewinne der Unternehmen jetzt auch so gut ausfallen würden, wie dies vorausgesagt wurde. Dabei böten nicht nur der hohe Ölpreis und der fortgesetzt hinter der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA hinterherlaufende US-Arbeitsmarkt Grund zur Sorge. "Es gibt viele Gründe über die Wirtschaft und die Gewinne 2004 und 2005 besorgt zu sein", hieß es von der New Yorker Wall Street.

Allianz: Goldman Sachs senkt Prognose

Nach Einschätzung von Händlern könnten sich heute die Aktien von Bayer  überdurchschnittlich entwickeln. Die Analysten von Lehmen Brothers haben den Titel von "Underweight" auf "Equalweight" hochgesetzt.

Ähnliche Meldungen, so im Falle der Allianz , waren am Montag allerdings angesichts der allgemeinen Unsicherheit an den Märkten verpufft. Merrill Lynch hatte die Aktien der Allianz am Vortag von "Verkaufen" auf "Neutral" hochgestuft. Am heutigen Dienstag wiederum haben die Experten von Goldman Sachs für 2004 ihre Gewinnprognose für den Allfinanzkonzern herabgesetzt. Den Gewinn je Aktie in 2004 sehen sie nun bei 4,39 Euro (5,82 Euro). In 2005 erwarten die Experten jetzt nur noch ein EPS von 5,13 Euro statt 6,00 Euro. Zugleich bestätigten sie den Titel mit "Underperform".

BMW: US-Start der der Baureihe Eins wird verschoben

Autowerte könnten ebenfalls in den Blickpunkt der Investoren rücken: Die DaimlerChrysler -Bank hat das Jahr 2003 erfolgreich abgeschlossen. Das Neugeschäft stieg um 10 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Weniger erfreulich für den Autobauer ist dagegen die Nachricht, dass die US-Behörde für Verkehrssicherheit jetzt Motorbrände bei PT Cruisern der Chrysler-Werke aus dem Jahr 2002 untersucht.

Wie das "Handelsblatt" zudem berichtet, wird BMW  den Verkauf der Baureihe Eins in den USA verschieben. Die Analysten der Citigroup senkten zudem bei Volkswagen  das Kursziel leicht.

Gute Nachrichten veröffentlichte bereits vor Handelbeginn Kontron . Nach einem starken vierten Quartal will der Miniaturcomputer-Hersteller Kontron im laufenden Geschäftsjahr kräftig wachsen und das Ergebnis überproportional steigern. 2003 erhöhte das im TecDax  gelistete Unternehmen bei steigenden Umsätzen das operative Ergebnis deutlich und übertraf dabei seine eigenen Ziele leicht.

www.manager-magazin.de/geld/marktberichte/0,2828,291903,00.html
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