In den USA greift die belgische Interbrew mit den Marken Stella Artois und Beck's die niederländische Heineken an
Von seiner Lieblingsmarke Stella Artois kann sich der Rentner Jean-Paul De Boek leicht fünf Biere am Tag bestellen. Es ist magenfreundlich und sogar in der ältesten Bar von Brüssel, La Fleur en Papier D'oré, kostet ihn das Vergnügen gerade einmal 1,25 Euro pro Glas. In den erlesenen New Yorker Bars sähe es für Herrn De Boek dagegen schlecht aus: Selbst wenn er am Türsteher vorbeikäme - umgerechnet bis zu neun Euro pro Glas wären das Aus für den unbeschwerten Biergenuss. De Boek und seine Stammtischbrüder sind amüsiert: "In Belgien wird Stella doch von jedem Bauern getrunken," sagt er. "Die Amerikaner müssen verrückt sein." Geht es nach dem Hersteller, der belgischen Brauerei Interbrew SA, steht Stella Artois eine Zukunft als Edelmarke bevor. Indem man Kunden im Ausland für ein belgisches Durchschnittsbier Luxuspreise zahlen lässt, will das in der Universitätsstadt Louven ansässige Unternehmen seine Gewinnspanne steigern und den Konkurrenten Heineken NV vom zweiten Platz im weltweiten Biermarkt verdrängen. Umsatzstärkstes Unternehmen der Branche ist die US-Brauerei Anheuser-Busch.
Zum Marktriesen wurde Interbrew durch den Kauf beliebter Biermarken aus dem mittleren Preissegment in mehr als 20 Ländern. Oft behielten die Sorten auch nach einer Akquisition ihre Selbstständigkeit und wurden weiterhin als lokale Biere angeboten. Die Anonymität hatte ihren Preis: Die Interbrew-Aktie entwickelte sich um zehn Prozent schlechter als Heineken-Papiere. Erst die neue Stella-Strategie soll Interbrew auch international bekannt machen. Der Plan hat seine Tücken, denn letztlich geht es um ein Getränk, das die Belgier an Imbiss-Ständen in Plastikbechern konsumieren und von dem sie im Supermarkt 24 Flaschen für 7,35 Euro kaufen können. Doch Interbrew scheint unbesorgt: Schließlich sei auch Heineken im Ausland ein teures Importbier, während es in seiner niederländischen Heimat preisgünstig angeboten wird.
Die Niederländer waren Vorreiter in Sachen weltweiter Marken-Strategie und gehören zu den Börsenlieblingen der Branche: Heineken ist das meistverkaufte Exportbier in Europa und nach dem mexikanischem Corona das beliebteste ausländische Bier in den USA. "Interbrew hat scheinbar einige Seiten aus unserem Strategiepapier übernommen", meint Heinekens Vorstandschef Karel Vuursteen. "Aber Stella kann man wohl schwerlich als Erfolg bezeichnen." Gleichwohl, von nahezu Null auf 45 Millionen Liter stiegen Stellas Verkäufe in den USA zwischen 1999 und dem letzten Jahr. Doch der Abstand zu Heineken bleibt gewaltig: Mit 500 Millionen Litern jährlich steht der US-Markt für einen großen Teil der weltweit verkauften 2,2 Milliarden Heineken-Liter.
Die Rivalität zwischen Heineken und Interbrew ist erbittert. Heineken versucht erst gar nicht, sein Bier in Belgien zu vermarkten, und auch Stella wird in den Niederlanden fast nirgends gezapft. Beide Unternehmen behaupten von sich, die zweitgrößte Brauerei der Welt zu sein. Interbrew beruft sich auf das Absatzvollumen und Heineken auf den Umsatz, der mit 9,16 Milliarden Euro im vergangenen Jahr 20 Prozent über den Interbrew-Verkäufen lag. Mit der Stella-Strategie will Interbrew beim Umsatz aufholen. Überdies erwarb Interbrew im vergangenen Jahr für 1,79 Milliarden Euro das meistverkaufte Exportbier Deutschlands, Beck's. "Durch unsere Markenvielfalt glauben wir, Heinekens Ansatz schlagen zu können", sagt Hugo Powell, Interbrews Vorstandsvorsitzender. Mit inzwischen mehr als 200 lokalen und regionalen Marken sowie Vertriebswegen in über 100 Ländern konnte Interbrew den Gewinn in den vergangenen fünf Jahren auf 537 Millionen Euro verdreifachen, bei Verdoppelung des Umsatzes auf 7,3 Milliarden Euro. Trotzdem glaubte man, den wichtigsten Trend zu verpassen: den wachsenden Markt für renommierte "ausländische" Biere, die sich teuer als einheimische Marken verkaufen lassen, ohne in der Herstellung mehr zu kosten. Bevor man nicht als globale Marke anerkannt sei, würde man immer in Heinekens Schatten stehen.
Stella in England erfolgreich
Bereits seit 1982 geht Stella über die britischen Schanktische, wo es inzwischen zum beliebtesten Import-Bier wurde. Die Entscheidung, Stella Artois zum weltweiten Aushängeschild von Interbrew zu machen, fiel im Frühjahr 1997. Der damalige Unternehmenschef John Thijs verwies auf die steigende Nachfrage bei Premium-Bieren und hielt die Marke für geeignet, gegen den niederländischen Rivalen ins Rennen zu gehen. Eigentlich wurde Stella im Jahr 1923 als Weihnachtsbier auf den Markt gebracht, sozusagen als Beiwerk zu Truthahn und Gänseleberpastete. Einer Vermarktung als achtbares Produkt eines Landes mit berühmten Brautraditionen sollte dies jedoch nicht entgegenstehen. Zudem würde der französisch-italienische Doppelname bei Kunden mit Hang zu ausländischem Luxus besser ankommen als der wenig exotische Schriftzug auf der grünen Heineken-Flasche.
Stella Artois wurde durch einstimmigen Beschluss der Unternehmensführung zum Flaggschiff in den USA erhoben. Wenn das Bier nur für genug Aufmerksamkeit in den Trendlokalen der Weltstädte sorgt, würde sich bald kein Barbetreiber der Marke verschließen können. New York galt als zentrales Ziel. Interbrew engagierte eine Gruppe von Partygängern und ließ sie die zwanzig exklusivsten Bars der Stadt ermitteln. Als nächstes wies man die Großhändler an, nur noch diese Lokale zu beliefern, und zwar mit Preisaufschlag: Während das Fass Heineken für 85 Dollar verkauft wurde, sollten die Händler 100 Dollar für die gleiche Menge Stella berechnen. Interbrew eröffnete "Bier-Akademien", um Barkeepern und Händlern Serviertechnik und Schanktemperatur näherzubringen.
Simon Bergson, Geschäftsführer des wichtigsten Getränkegroßhandels in New York erinnert sich, dass die Vermarktung des belgischen Bieres für seine Angestellten eine echte Herausforderung war. Die meisten hatten bereits Probleme, den Namen auszusprechen. Doch Stellas Verkäufe stiegen in Manhattan vergangenes Jahr um 95 Prozent und werden nach Bergsons Prognose bis zum Jahresende nochmals um 65 Prozent klettern. "Interbrew setzte eher auf Mystik als auf Realität", sagt Bergson. "Doch es funktionierte." Großhändler in Manhatten können den Bedarf an Stella kaum decken und in vielen Bars ist es das einzige ausländische Bier auf der Karte. "Stella ist das neue Trend-Bier," sagt Ted Werth, ein Internetunternehmer aus New York. "Heineken tranken unsere Eltern."
Gruß
Happy End
Von seiner Lieblingsmarke Stella Artois kann sich der Rentner Jean-Paul De Boek leicht fünf Biere am Tag bestellen. Es ist magenfreundlich und sogar in der ältesten Bar von Brüssel, La Fleur en Papier D'oré, kostet ihn das Vergnügen gerade einmal 1,25 Euro pro Glas. In den erlesenen New Yorker Bars sähe es für Herrn De Boek dagegen schlecht aus: Selbst wenn er am Türsteher vorbeikäme - umgerechnet bis zu neun Euro pro Glas wären das Aus für den unbeschwerten Biergenuss. De Boek und seine Stammtischbrüder sind amüsiert: "In Belgien wird Stella doch von jedem Bauern getrunken," sagt er. "Die Amerikaner müssen verrückt sein." Geht es nach dem Hersteller, der belgischen Brauerei Interbrew SA, steht Stella Artois eine Zukunft als Edelmarke bevor. Indem man Kunden im Ausland für ein belgisches Durchschnittsbier Luxuspreise zahlen lässt, will das in der Universitätsstadt Louven ansässige Unternehmen seine Gewinnspanne steigern und den Konkurrenten Heineken NV vom zweiten Platz im weltweiten Biermarkt verdrängen. Umsatzstärkstes Unternehmen der Branche ist die US-Brauerei Anheuser-Busch.
Zum Marktriesen wurde Interbrew durch den Kauf beliebter Biermarken aus dem mittleren Preissegment in mehr als 20 Ländern. Oft behielten die Sorten auch nach einer Akquisition ihre Selbstständigkeit und wurden weiterhin als lokale Biere angeboten. Die Anonymität hatte ihren Preis: Die Interbrew-Aktie entwickelte sich um zehn Prozent schlechter als Heineken-Papiere. Erst die neue Stella-Strategie soll Interbrew auch international bekannt machen. Der Plan hat seine Tücken, denn letztlich geht es um ein Getränk, das die Belgier an Imbiss-Ständen in Plastikbechern konsumieren und von dem sie im Supermarkt 24 Flaschen für 7,35 Euro kaufen können. Doch Interbrew scheint unbesorgt: Schließlich sei auch Heineken im Ausland ein teures Importbier, während es in seiner niederländischen Heimat preisgünstig angeboten wird.
Die Niederländer waren Vorreiter in Sachen weltweiter Marken-Strategie und gehören zu den Börsenlieblingen der Branche: Heineken ist das meistverkaufte Exportbier in Europa und nach dem mexikanischem Corona das beliebteste ausländische Bier in den USA. "Interbrew hat scheinbar einige Seiten aus unserem Strategiepapier übernommen", meint Heinekens Vorstandschef Karel Vuursteen. "Aber Stella kann man wohl schwerlich als Erfolg bezeichnen." Gleichwohl, von nahezu Null auf 45 Millionen Liter stiegen Stellas Verkäufe in den USA zwischen 1999 und dem letzten Jahr. Doch der Abstand zu Heineken bleibt gewaltig: Mit 500 Millionen Litern jährlich steht der US-Markt für einen großen Teil der weltweit verkauften 2,2 Milliarden Heineken-Liter.
Die Rivalität zwischen Heineken und Interbrew ist erbittert. Heineken versucht erst gar nicht, sein Bier in Belgien zu vermarkten, und auch Stella wird in den Niederlanden fast nirgends gezapft. Beide Unternehmen behaupten von sich, die zweitgrößte Brauerei der Welt zu sein. Interbrew beruft sich auf das Absatzvollumen und Heineken auf den Umsatz, der mit 9,16 Milliarden Euro im vergangenen Jahr 20 Prozent über den Interbrew-Verkäufen lag. Mit der Stella-Strategie will Interbrew beim Umsatz aufholen. Überdies erwarb Interbrew im vergangenen Jahr für 1,79 Milliarden Euro das meistverkaufte Exportbier Deutschlands, Beck's. "Durch unsere Markenvielfalt glauben wir, Heinekens Ansatz schlagen zu können", sagt Hugo Powell, Interbrews Vorstandsvorsitzender. Mit inzwischen mehr als 200 lokalen und regionalen Marken sowie Vertriebswegen in über 100 Ländern konnte Interbrew den Gewinn in den vergangenen fünf Jahren auf 537 Millionen Euro verdreifachen, bei Verdoppelung des Umsatzes auf 7,3 Milliarden Euro. Trotzdem glaubte man, den wichtigsten Trend zu verpassen: den wachsenden Markt für renommierte "ausländische" Biere, die sich teuer als einheimische Marken verkaufen lassen, ohne in der Herstellung mehr zu kosten. Bevor man nicht als globale Marke anerkannt sei, würde man immer in Heinekens Schatten stehen.
Stella in England erfolgreich
Bereits seit 1982 geht Stella über die britischen Schanktische, wo es inzwischen zum beliebtesten Import-Bier wurde. Die Entscheidung, Stella Artois zum weltweiten Aushängeschild von Interbrew zu machen, fiel im Frühjahr 1997. Der damalige Unternehmenschef John Thijs verwies auf die steigende Nachfrage bei Premium-Bieren und hielt die Marke für geeignet, gegen den niederländischen Rivalen ins Rennen zu gehen. Eigentlich wurde Stella im Jahr 1923 als Weihnachtsbier auf den Markt gebracht, sozusagen als Beiwerk zu Truthahn und Gänseleberpastete. Einer Vermarktung als achtbares Produkt eines Landes mit berühmten Brautraditionen sollte dies jedoch nicht entgegenstehen. Zudem würde der französisch-italienische Doppelname bei Kunden mit Hang zu ausländischem Luxus besser ankommen als der wenig exotische Schriftzug auf der grünen Heineken-Flasche.
Stella Artois wurde durch einstimmigen Beschluss der Unternehmensführung zum Flaggschiff in den USA erhoben. Wenn das Bier nur für genug Aufmerksamkeit in den Trendlokalen der Weltstädte sorgt, würde sich bald kein Barbetreiber der Marke verschließen können. New York galt als zentrales Ziel. Interbrew engagierte eine Gruppe von Partygängern und ließ sie die zwanzig exklusivsten Bars der Stadt ermitteln. Als nächstes wies man die Großhändler an, nur noch diese Lokale zu beliefern, und zwar mit Preisaufschlag: Während das Fass Heineken für 85 Dollar verkauft wurde, sollten die Händler 100 Dollar für die gleiche Menge Stella berechnen. Interbrew eröffnete "Bier-Akademien", um Barkeepern und Händlern Serviertechnik und Schanktemperatur näherzubringen.
Simon Bergson, Geschäftsführer des wichtigsten Getränkegroßhandels in New York erinnert sich, dass die Vermarktung des belgischen Bieres für seine Angestellten eine echte Herausforderung war. Die meisten hatten bereits Probleme, den Namen auszusprechen. Doch Stellas Verkäufe stiegen in Manhattan vergangenes Jahr um 95 Prozent und werden nach Bergsons Prognose bis zum Jahresende nochmals um 65 Prozent klettern. "Interbrew setzte eher auf Mystik als auf Realität", sagt Bergson. "Doch es funktionierte." Großhändler in Manhatten können den Bedarf an Stella kaum decken und in vielen Bars ist es das einzige ausländische Bier auf der Karte. "Stella ist das neue Trend-Bier," sagt Ted Werth, ein Internetunternehmer aus New York. "Heineken tranken unsere Eltern."
Gruß
Happy End